In vielen Techniken gelangt Schrift zur Anwendung. Der Maler spricht von granierter Schrift, wenn er mit dem Pinsel und nicht zu flüssiger Farbe rauhe, nicht deckende Grundstriche erzielt. Er kann auch in eine frische Farbe mit einem breiten Hartgummi Schrift drücken, so daß der Grund hervorkommt. Der Maurer kratzt Schrift in verschiedenfarbige Putz schichten (Sgraffito), der Bildhauer schlägt sie in Stein oder modelliert sie für den Guß in Tön. Der Schmied formt Buchstaben aus Eisen und Stahl, der Tischler aus Holz. Viele Möglichkeiten der Anwendung, vom Schriftsatz bis zur Leuchtschrift, begegnen uns täglich. Im Selbststudium müssen wir mit dem Einfachen be ginnen und erkennen, daß jede gut leserliche Handschrift besser ist als eine schlecht kopierte historische Schrift. Wichtig ist, daß wir eine persönliche Form finden und zu gleich leserlich bleiben. Alle Buchstaben müssen erkenn bar sein. Denn wir gehören nicht zu jenen rücksichtslosen Menschen, die mit anscheinend genialer Unleserlichkeit ihre Briefpartner verärgern. Die gute Schrift fängt bei der Handschrift an! Um eine Fraktur oder eine gotische Textur richtig an wenden zu können, müssen wir nicht nur die „gebroche nen“ Grundstriche, sondern auch geistige Beziehungen kennen, ohne die jede übernommene Schrift hohl bleibt. Hier setzt die eigentliche künstlerische Arbeit ein, die über unsere ersten handwerklichen Bemühungen hinausgeht.