990 Zeit sich selbst Notizen über die persönlichen Verhältnisse seiner Gerichtsuntergebenen zu verschaffen wissen wird, und überdem ist zu bemerken, daß nach der allgemeinen Einfüh rung des Gerichtsstandes des begangenen Verbrechens bei den sehr häufig von auswär tigen Personen verübten Verbrechen auch dem Ortsrichter eine solche persönliche Kennt- niß ermangelt, die er bezüglich des in Untersuchung befangenen Individuums erst durch Communication mit dem Richter des Wohnorts zu erlangen suchen muß. Sodann scheint der ad 3-) angeführte Grund von gar keiner Erheblichkeit zu seyn, da wohl schwerlich ein Fall bekannt seyn möchte, wo auch bei der jetzt sehr häufig vorkommenden Transpor- tirung der Verbrecher von einer Gerichtsstelle zur andern, wie z. B. bei Ergreifung von Verbrechern in amtfäßigen Gerichten, bei Ermittelung, daß der ergriffene Jnculpat das letzte Verbrechen in einem andern Gerichtsbezirke begangen und sonst ein solcher Trans portal Gelegenheit gefunden habe zu entkommen, und es übrigens einem Ortsrichter, wenn ihm ja die Mittel zu einer sichern Transportirung eines gefährlichen Verbrechers ermangeln sollten, frei stehen würde, dessen Abholung durch das Criminalgericht selbst zu veranstalten, welchem doch wohl die nöthigen Mittel hierzu nicht ermangeln würden. Ferner ist ad 4.) zu berücksichtigen, daß ja auch jetzt schon sehr häufig die Gerichtsstelle nicht an dem Orte des begangenen Verbrechens sich befindet, wie öfters bei Patrimonialge- richtsdörfern und durchgehends bei unmittelbaren Amtsdörfern der Fall ist, mithin auch jetzt schon zuweilen die Nothwendigkeit eintritt, daß der Richter von der Gerichtsstelle an einen auswärtigen Ort sich verfügen muß; und es würde, wenn der Criminalrichter auch für ndthig finden sollte, eine solche auswärtige Handlung in Person zu expediren, bei einer hinreichenden Besetzung des Criminalgerichts hieraus weit weniger eine Stockung in den laufenden Geschäften zu befürchten seyn, als bei den oft ganz einzeln stehenden Patrimonialrichtern. Was endlich ad 5.) den mit der Errichtung der Criminalgerichte verbundenen Aufwand anlangt, so dürfte die Furcht vor dessen Unerschwinglichkeit wohl übertrieben seyn. Ohne jetzt die Zahl der zu errichtenden Criminalgerichte festsetzen zu wollen, wobei auf die geographische Lage und die Bevölkerung der in Einen Gerichtsbezirk zu vereinigenden Ortschaften Rücksicht zu nehmen seyn möchte, ist nur zu bemerken, daß theils schon mehrere eigene Criminalämter existiren, welche nur von allen andern Geschäften frei zu sprechen, und deren Wirkungskreis dafür auf die in ihrem Bezirke liegenden Patrimonialgerichtsstellen auszudehnen seyn dürfte; theils würden bei Constituirung der Criminalgerichte an solchen Orten, wo bereits königl. Aemter sich befinden, sowohl theilweife die Amtsgebäude, als auch die vorhandenen, vielleicht nur hin und wieder einer Vergrößerung bedürfenden Amtsfrohnfesten benutzt werden können, und ein großer Theil der Unkosten für das neu anzustcllende Personale würde durch die bei dem Wegfall der so viele Zeit raubenden Criminalarbeiten mögliche Verminderung der in den Civilämtern nöthigen Officianten compensirt werden.