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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 22.04.1847
- Erscheinungsdatum
- 1847-04-22
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-184704229
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18470422
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18470422
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
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- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1847
- Monat1847-04
- Tag1847-04-22
- Monat1847-04
- Jahr1847
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 22.04.1847
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1262 Lichte einer selbst nur oberflächlichen Prüfung weichen werde. Eben so darf man auch wohl sagen: Gott Lob, deutscher Sinn und deutscher Takt hat auch hier das Rechte bald ge funden und das Verwerfliche auf die rechte Weise gewürdigt. Oder man könnte mich endlich auch fragen: wie kommst Du daraus, gegen eine Idee zu sprechen, von welcher, hier zu Lande wenigstens, Gott sei Dank noch nickt die Rede ist, und gegen welche der natürliche richtige Ginn Unseres Volkes schon längst mit Erfolg sich gesträubt hat. — Hierauf hätte ich nun einmal schon zu erwiedern, daß ich eben zu solchen Jünglingen spreche, deren Aufgabe es ja ist, sich Kennt nisse für ihren Beruf auch in der Ferne zu sammeln, und daß eS Euch, die Ihr jetzt jenen Ideen fern steht, wohl be stimmt sein könnte, auf Euren Reisen und Wanderungen dereinst Jüngern jener verderblichen Lehre zu begegnen, und in der That haben ja auch^ die Apostel jener Doctrin sich am meisten an junge Handwerker gewendet und diese vorzugs weise verblendet und verführt. Dann aber liiße ich überhaupt zu meiner Entschuldigung wohl sagen, daß Alles, was lockt und glänzt, obgleich sein Schimmer ein falscher sei, doch immer verführerisch ist, .und schon darum ist es gut, das Falschejund Jrrthümliche solcher Theorien nachzuweisen. Ich sagte, jene Lehren und Ideen seien lockend und glänzend. Denn da wird die falsche Verheißung vorgehalten, daß bei gleichem Antheile an den äußeren Gütern des Lebens die Sorgen wegfallen, die an dem Menschen nagen, wenn er nach äußerem Gut und Lebensunterhalt streben müsse. Da wird ferner wie in einem Zauberspiegel ein Leben der Zukunft gezeigt, in welchem der Unterschied der Stände hinwegge nommen und eine allgemeine Gleichheit hergestellt werden könne Da wird die lockende Verheißung gepredigt, daß bei gleicher Arbeit auch Allen gleicher Lohn werde, die Ueberlistung wegfalle, und was dergleichen Lehren und Verheißungen mehr sind. Thörichte Ansichten und Schwärmereien, bei denen so manche wichtige, tief in der Natur des Menschen und der menschlichen Gesellschaft liegende Momente vollkommen über sehen werden! Man brüstet sich in eitlem Wahne, damit ein Heilmittel für die sieche und kranke Zeit zu haben, und übersieht doch, um mit einem geistreichen deutschen Schrift steller zu reden, daß dieß eben so wenig das rechte Heilmittel ist, als es etwa das Gelüste des Kranken ist, sich aus dem Fenster zu stürzen, um der Beklemmung zu entgehen, die ihn befangen halt. Der Communismus, wie er sich in den Köpfen unprak tischer Schwärmer ausgebildet hat, steht in jeder Beziehung im grellsten Widerspruche mit der menschlichen Natur und mit derjenigen höheren Stufe des Völkerlebens, aus welche unsere Zeit sich schon längst erhoben hat. Ungleichheit im Erfolge der Arbeit, und damit Ungleichheit im Besitze, ist in der Verschiedenheit der menschlichen Kräfte und der Arbeit selbst, so wie in den tiesgewurzelten bürgerlichen Verfassungen nothwendig gegründet. Ueberall, wo die Völker von dem einfachen Leben des Hirten und des Ackerbauers zu Industrie und Handel, zu Kunst und Wissenschaft sich wendeten, ist sie vorhanden. Der kommunistische Wahlspruch „Alle für Jeden, und Jeder für Alle" hat auf den ersten und ober flächlichen Anblick etwas Glänzendes und Bestechendes. Wie die Lüge und der Jrrthum in der Regel mit glänzenden Waffen sich rüsten und gerade oft die edelsten Ideen von ihnen gemiß- braucht werden, so ist es auch mit diesem Wahlspruche im Munde des Communisten. Denn er übersieht eben oder will eS nicht sehen, daß Jeder für Alle viel weniger wäre/als er sein kann, wenn er nicht zugleich daß unveräußerliche, von keinem gerechten Staate ihm verkümmerte Recht hätte, für sich zu sein und seine Eigenthümlicbkeiten auch in eigenthüm- lichen und darum ausschließlichen Verhältnissen zur Sachen welt auszuprägen. Schon aus diesem Grunde und von dieser Seite beleuchtet, pellt sich der EommunismuS nicht als das dar, was zu sein er hochmüthig vergiebt. Er spiegelt dtt Welt vor, er sei ein Fortschritt, er führe zier Freiheit. Nein, er ist, richtig be trachtet, ein Rückschritt, bindet dem Einzelnen die Hand und führt zu geistiger und materieller Sklaverei. Was nur in der Reibung des frischen Lebens gedeiht und erblüht, Kunst, In dustrie, Handel und Wissenschaft, das will er, als wäre eS von gestern und heute, einem nichtigen, leeren Phantasiegebilde opfern, und gingt es nach ihm, so möchte er die mühsam errungenen Resultate der Jahrtausende opfern, um die Welt in den vermeintlichen Ur- und Normalzustand zurückzuschrau ben. Greift er doch auch selbst das Höchste, waS eS giebt, die Religion und die Sittlichkeit mit seine« Träumen an und setzt an die Stelle dessen, was die ganze Geschichte bewährt hat, und was mit innerer Nothwendigkrit ««s der Mensch heit selbst sich herausbilden mußte und herausgebildet hat, die nichtigen Theorien abstrakter Afterweisheit, um auf geeb netem oder vielmehr verflachtem Boden ein Gebäude aufzu- richten, das — selbst wenn eS aufgerichtrt werden könnte — nicht von heute bis morgen stehen kann. Der Communismus, indem er gegen alle Erfahrung der Geschichte sich empört, übersieht geflissentlich auch ferner die bedeutsame Wahrheit, daß es eben Gottes Wille ist, durch verschiedenen Erfolg der Bestrebungen und der Arbeit und damit durch verschiedenen Besitz die Menschen an einander zu knüpfen und mit einander zu verbinden. Gott giebt selbst verschiedenen Segen in der Natur, um durch die Ungleichheit der Ernten den Menschen mit dem Menschen zu verbinden; denn einer soll den andern tragen und unterstützen. Nicht alle Produkte, weder die zur Nothdurft, noch die zur Ver schönerung und Erheiterung des Lebens dienenden, werden überall und in allen Gegenden gewonnen. Die Weisheit Gottes hat durch die Mannichsaltigkeit und durch die Ver keilung seines mannichfaltigen Segens die Menschen mit einander verbinden wollen. Dächten wir uns jenes Mittel weg, wie würde der Abgeschlossenheit, der egoistischen Selbst genügsamkeit und Trägheit Thür und Thor geöffnet sein! — Wie viele Antriebe für die Thätiakeit des Menschen wür den, wenn jene Ideen wirksam werden könnten, hlnwegfallen! — Man sage uns hier nicht: der Mensch hat eben erst dann sittliche Größe, wenn er ohne Aussicht auf bevorzugenden Erfolg für Andere wirkt; und er soll eben bei dem, was er für Andere thut, sich zunächst nicht von der Aussicht auf den Lohn, der ihm für seine Arbeit wird, leiten lassen. DaS klingt zwar an sich ganz schön, aber in die Menschenwelt, wie sie einmal ist, läßt sich dieser Gedanke nicht vollständig einführen. Auch der äußere Lohn ist ein Mittel, durch welches die menschenerziehende Weisheit Gottes unS bildet, und ein Frevel ist es zu meinen, daß man diese Ordnung Gotte- willkührlich stören könne; denn sie hängt zu sehr mit der doppelten Natur des Menschen, der sinnlichen und geistigen, zusammen, und ihr gemäß ist von höherer Hand dre ganze Einrichtung der Menschenwelt gestaltet. Ort und Zeit gebietet mir, über den reichen Stoff, der sich mir hier wohl darbieten möchte, kürzer zu sein, und es möge darum bei diesen nur flüchtigen und allgemeinen An deutungen sein Bewenden haben. Man verzeihe mir, wenn ich, der ich oft von dieser Stelle zu sprechen gehabt habe, heute auf eine unerfreuliche Erscheinung in unserer Zeit hinwieS, von der alle Redlichen und Einsichtsvollen wünschen müssen, daß sie sich nicht weiter verbreiten, sondern bald überall in ihr Nichts zurücksinken möge! Nicht scheiden aber kann ich von dieser Stelle, ohne den Wunsch auszusprechen, daß auch diese bescheidene Anstalt an ihrem Lheile das Ihrige mit dazu beitragen möge, einem künftigen Geschlechts wohl unterrichtete Bürger zuzusühren, welche ihrem Vaterlande oder dem Lande, welches sie einst gastlich aufnimmt, durch Gesinnung und That Ehre machen und thätig sein mögen zum wahren Wohle der Menschheit. Was hier ausgesäet wurde, daS resse zu einer schönen Ernte!
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