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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 09.02.1862
- Erscheinungsdatum
- 1862-02-09
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-186202099
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18620209
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18620209
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
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- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1862
- Monat1862-02
- Tag1862-02-09
- Monat1862-02
- Jahr1862
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 09.02.1862
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anderen Contracts, einer Schenkungs-, Cessions- und anderen Urkunde, eines Erbtheilunas- und anderen NecesseS, ingleichcn eines Successions-, Ehestistungs- und anderen Vertrags, wegen Treffung eines außergerichtlichen Vergleichs oder Accords u. s. w., mit seinen Constituenten ein Privatabkommen zu treffen", eine Vorschrift, deren es, genau genommen, nicht einmal bedurft hätte, da in Fällen, wo keine gesetzliche Taxe existirt, Privatvereinigungen über die Gebühren statthaft erscheinen müssen. Endlich kann es 3) wohl auch keinem Zweifel unterliegen, daß ein Notar oder Sachwalter bezüglich aller und jeder von ihm bereits verdienter und zuliquidirter Gebühren seinem Clienten oder der betref fenden Zahlungspflichtigen Person auf deren Ersuchen einen Remiß gewähren darf, ohne daß solches als eine unehrenhafte Handlung anzusehen wäre. Dahingegen dürfte im Uebrigen, also abgesehen von diesen Auönahmefällen, rücksichtlich der von den Advocaten in den vor Gerichten und andern Behörden zu betreibenden Angelegen heiten, also bei der eigentlichen Proceß Praxis nach den Vor schriften in Cap. II. der neuen Taxordnung zu liquidirenden Kosten, ingleichen in Betreff der Gebühren der Notare die oben gestellte Frage zu verneinen sein. Die Advocatenordnung für das Königreich Sachsen vom 3. Juni 1859 weist nämlich dem Advocatenvereine und zwar der Advocaten- kammer in erster, der Versammlung des Advocatenvereins in zweiter Instanz eine Disciplinarstrafgewalt über seine Mitglieder zu, und zwar sud 1 wegen mit der Ehre des Standes nicht vereinbaren Betragens, möge dasselbe bei oder außerhalb der Ausübung des Amtes Vorkommen, insbesondere auch „wegen unehrenhafter Mittel, sich Aufträge zu verschaffen", und es können nach tz. 52 in einem solchen Falle als Disciplinarstrafen schriftlicher Verweis durch die Advocatenkammer und mündlicher Verweis vor der Kammer durch den Vorstand derselben auferlegt werden. Die Notariatsordnung von demselben Tage enthält aber tz. 86 die Bestimmung, daß die den Advocatenvereinen in den tztz. 51 flg. der Advocatenordnung eingeräumte Disciplinarstrafgewalt gegen ihre Mitglieder auch dann Anwendung leiden solle, wenn dieselben bei Ausübung des Amtes eines Notars sich eines mit der noth- wendigen Ehrenhaftigkeit des Berufs eines solchen nicht verein baren Verhaltens schuldig machen, insbesondere unehrenhafte Mittel anwenden, sich Kundschaft zu erwerben, oder wenn sie die ihnen als Notare obliegenden Amtspflichten in einer Weise ver letzen, durch welche das Vertrauen in das Institut des Notariats geschwächt wird. Soviel ist gewiß, daß es von jeher als unehrenhaft gegolten hat, wenn Sachwalter sich mit sog. Winkeladvocaten (Zutreibcrn), welche wohl gar erst die Parteien in den Schenken zusammen hetzten, um ihnen Anlaß zum Beginn rechtlicher Streitigkeiten zu geben, in Verbindung setzten, um durch dieselben Aufträge zuge wiesen zu erhalten, und solche dafür besonders honorirten, anstatt dem Treiben derartiger verächtlicher Menschen mit Entschiedenheit tuf ankommen zu lassen. Allein es würde auch sicherlich Tendenz der Advocaten- und Notariatsordnung, welche nach Aus weis der Motiven (s. Mitteilungen vom Landtage 1857/58, zweite Kammer, Band 1, S. 748) hauptsächlich mtt bezweckt, „den Advocatenstand in der allgemeinen Achtung zu heben, dadurch aber zugleich das Vertrauen zur Rechtspflege zu erhöhen, und das Publicum zn vergewissern, daß diesem Stande künftig nur Männer von Geschäftstüchtigkeit, Rechtschaffenheit und regem Pflichtgefühl angehören können", wenig entsprechen, wollte eine Advocaten kammer es zulassen, daß einzelne Sachwalter oder Notare, um die Collegen in der Praxis zu überflügeln oder sich überhaupt eine solche zu begründen, mit einzelnen Mitgliedern des Handels- und Gewerbestandes oder mit andern Leuten, welche sich eines Sach walters oder Notars oft bedienen müssen, in voraus ein Abkommen wegen Verwilligung eines Rabatts bei Berechnung der Proceßkosten oder der Notariatsgebühren treffen oder wohl gar ihre diesfallsigen Dienste zu billigeren Preisen in öffentlichen Blättern anbieten dürften. Die Ausübung der Kunst, des Handels und der Gewerbe, welche nur emporblühen können, wenn sie von Taxen und sonstigen Beschränkungen unberührt bleiben, bringt es von selbst mit sich, daß Jeder seine Waare um die ihm beliebigen Preise loszuschlagcn sucht und selbst dann, wenn er sog. feste Preise hat, nach Befinden noch Rabatt oder Sconto verwilligt; ja selbst den nach der Leipziger Mäklerordnung vom 7. März 1818 zl Vermittelung der Handelsgeschäfte an gestellten öffentlichen Beamten (Mäklern oder Sensalen) bleibt es (vgl. tz. 23) unverwehrt, durch besondere Uebereinkunft mit den Kausscontrahenten, die sich ihrer zu Vermittelung von Geschäften bedient haben, niedrigere Sätze als die taxmäßigen zu stipuliren und dadurch den Collegen Con- currenz zn machen. Advocaten und Notare nehmen jedoch eine solche Stellung im Staate ein und sollen sie jedenfalls nach dem Willen des Gesetzgebers einnehmen, daß jede Concurrenzmacher« der gedachten Art als eine unehrenhafte, der Disciplinargewalt der Advocatenkammer unterworfene Handlungsweise sich darstellt. Lu-enbekehrungs-Versuche in Leipzig. Im Lager jener Partei, welche Lessing's berühmtes Märchen „Vor grauen Jahren lebt' ein Mann in Osten" rc. als ein Symptom arger Häresie verabscheut, ist zwar in Bezug auf die Heidenmission vollkommene Uebereinstimmung, dagegen über die Frage der Iudenbekehrung eine tief gehende Meinungsverschieden heit zu bemerken. Als Hauptvertreter der einen Richtung ist der gewaltige Prediger Harms in Hermannsburg zu betrachten. Dieser weist die Iudenmission kurz und entschieden von der Hand und meint: „wem wirklich an der Bekehrung Israels gelegen ist, der wende sich mit aller Macht auf die Bekehrung der Heiden; wenn die Fülle der Heiden eingegangen sein wird, dann wird auch Israel noch cingehen, und dann ist das Ende da". Die „Predigt an das Iuvenvolk" hält Harms für nutzlos, denn dasselbige Volk sei verstockt; Einzelne würden wohl von selbst eingehen, es sei ihnen ja auch allenthalben Gelegenheit dazu geboten, da sie mitten unter der Christenheit leben und die Kirchen ihnen offen stehen. Die Anhänger der andern Richtung sind ängstlicher besorgt um das Seelenheil ihrer israelitischen Brüder und werfen, wie es z. B. kürzlich im „Pilger aus Sachsen" geschehen, die Frage auf: „Sollen und dürfen wir die Juden in dem jetzigen Geschlecht und in den künftigen Generationen, bis rum Ende der Tage hin, ruhig und gleichgültig zum Teufel fahren sehen? Denn wer nicht glaubt wird ja eben nach dem Wort des Herrn verdammt. Sollen und dürfen wir als Priester und Leviten ruhig und theilnahmlos an Dem vorübergehen, der unter Mörders Hand gefallen ist? Liegen aber nicht die Juden, nach des Herrn Rede, unter der Hand des größten Mörders von Anfang?.... Ohne Wort und Predigt kommt kein Mensch zu Gott, am allerwenigsten ein Jude." Ein rechtes Rüstzeug dieser Fraction ist der Pastor Becker aus Königs berg, der namentlich die Leipziger Messen als vorzüglich passend für das Bekehrungsgeschäft erachtet. Dem Wunsche dieses Send boten, während der Messen öffentliche Missionsvorträge zur Be lehrung der zu dieser Zeit außerordentlich zahlreich hier versam melten alttestamentlichen Glaubensgenossen halten zu dürfen, hat zwar die zuständige Behörde nicht willfahrt. Das hält aber na türlich den begeisterten Mann nicht ab, mitten in dem Handels gewühl und der Sinnenlust der Messen sein Netz auszuwerfen und unablässig zu forschen, ob nicht hie und da ein Samenkorn auszustreuen sein möchte. Daß seine Bemühungen, obwohl sie schon mehrere Jahre nach einander fortgesetzt wurden, irgend einen nennenswerthen Erfolg erzielt hätten, davon hat freilich noch Nichts verlautet; allein Herr Becker hat den tröstlichen Grundsatz, die Mission unter den Juden sei nöthia und sei Christenpflicht, „selbst dann noch, wenn es gar keine Erfolge gäbe". Die Art und Weise, wie Herr Becker seine Bekehrungsversuche ins Werk setzt, mag aus folgenden zwei Beispielen, die er selbst erzählt*), ent nommen werden. Anknüpfend an die obige Aeußeruna des Pastor Harms, daß die Juden mitten in der Christenheit leben und ihnen die Kirchen offen stehen, ruft Herr Becker aus: „Ja, sie leben mitten unter der Christenheit, aber was hören und sehen sie da! Gott sei es geklagt! Hat nicht fast Alles in der Christenheit der entsetzlichste Unglaube überschwemmt? Erst unlängst sagte mir ein Äude m Leipzig in einem Kreise von andern: „Keiner unter den Christen glaubt Das was Sielehren".... Meine Erfahrungen unter den Juden sind im Allgemeinen der Art, daß ich unter ihnen viel bessere Gelegenheit zum Anknüpfen eines Gesprächs über biblische Wahrheiten finde als unter den Christen, gar häufig auch größere Empfänglichkeit. Ja, es ist mir leider oft genug vorgekommen, daß sogenannte Christen, wenn ich mit Juden in einem ruhigen Gespräche begriffen war, dazwischen fuhren und das Ganze aus einander rissen. So ging es, um nur Einen Zug anzuführen, vor einem Jahre einmal in Leipzig. Ick hatte em Gespräch mit vier oder fünf polnischen Juden angeknüpft; es wurde interessant, die Juden konnten über die Stelle, welche ich ihnen in einer he bräischen Bibel aufschlug und erklärte, nicht wegkommen. Dem Einen standen dicke Schweißtropfen vor der Stirn; alle ihre Ein- würfc wurden durch das Wort Gottes besiegt; das schien tiefen Eindruck auf sie zu machen. Da auf einmal fuhr ein dem An sehen nach christlicher Kaufmann oder Fabrikant, welcher dem Ge spräche eine Zeit lang zugehört hatte, dazwischen, machte mir Vor würfe, daß ich die Juden in ihrem Glauben irre mache, und schrie: „Die Natur, die Natur, weiter brauchen wir Nichts. Und wenn zehntausend Pfaffen kämen, sollten sie mich nicht irre machen." Ich antwortete ihm, daß ich ihn als einen Abgesandten des Teufels betrachten müsse, da er unser ruhiges Gespräch störe, doch dafür werde ihm einst auch sein Meister lohnen, mit dem er, wenn er so bleibe, zur Hölle fahren würde. Indeß athmeten die Juden auf, fingen an zu lachen, hingen sich an Jenen und gingen mit ihm hinweg!" Erfreulicheres ist Herrn Becker ein ander Mal widerfahren, wo der Böse nicht störend dazwischen trat. Er traf mit zwei russischen Juden aus der Gegend von Wilna zusammen, welche *) Vrrgl. Nr. 3 und 5 de- Pilger- au- Sachsen.
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