Dresdner neueste Nachrichten : 27.01.1929
- Erscheinungsdatum
- 1929-01-27
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- Urheberrechtsschutz 1.0
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- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id490223001-192901273
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id490223001-19290127
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-490223001-19290127
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner neueste Nachrichten
- Jahr1929
- Monat1929-01
- Tag1929-01-27
- Monat1929-01
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- Dresdner neueste Nachrichten : 27.01.1929
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Drede Neuefte Nachrichten ern-wäre- 0,40 »Ist fdsre KfeflnXedlllqe Un s Bangen-esse Bei stere- Zustellunn durch 2,25 K.«M. tm Agschw Miedåmomnmvfmå W usw M losm- 2 ROL M abhängige Tageszetiung postverua lur Mona- Jcrirrfrthl Lkzshkkpkossrukre EschenmsStowaker nuxsnzmäzäyst - Für Cknfæuexfresnahtnetqsestilnrchrgqugkägs « d c · . monamch »m U Neumond woman Inland wöchemnch m» Klub Mogols-den man Um Gewähr »Ö? übernommen werden. m Don es . und Industrie. Zeitung IYMKZM Einzellmmmcflsß«·m»Grgäkskkslgenq2o2k9pt s « Mai-W MW m AWMWMMY mess ZWUMHM « zernrnh Mr den Onødertehr Oammetnmnrner 24601. für den Jernverkehrl4l9l,2oo22,22oBl-27983 i Telenr.: Renefle Dresden « peitschen: Dresden 2000 Ihchrverrangie Ginfendeerr weder zurückgesrndr noch aufbewahrt - Im Falle ers-derer Gewalt Betriebsstörung oder Streits habe-s unsre Bezieher reinen Anspruch auf Nachlieferung oder Erstarkung M entspkechenpm Ema-m M. 23 Sonntag, U. Januar 1929 MVIL Jahrg Amerika verlangt ein neues Seerecht CVVWSØ über Geetechisionferenz und Geeciistung Reue Gchwierigkeii bei der Kegiemngsumbildung - 20. Geburtsng in Doom Die agrarifche Krankheit Die Not der Landwirtschaft, auch eines z» Momente, das Parker Gilbert in seinem Bericht mit ein paar erwähnenden Zeilen abtat, be " ginnt mehr und mehr zum Zentralproblem unsrer « inneren Wirtschaftspolitik zu werden. Heute weiß . »Ah der Stadien daß der Bauer nicht nur um den » Ertrag seiner Scholle, sondern oft um seine Existenz schwe- zu ringen hat. Und alle Ernsthaften bemühen · sich nicht nur um ein Verständnis der Zusammenhänge, sondern auch um einen gangbaren Weg einer Lösung. Daß es eine Weile dauerte, bis die Notlage der- Landwirtschaft wirklich erkannt wurde, bis die breite « Oeffentlichkeit den Notrufen das Gehör schenkte, das ihnen zukommt, ist nicht zum wenigsten Schuld der Landwirtschaft selber. Sie hat ihre Sorgen stets in sp krafer Farben geschildert und so laut vorgetragen, daß jeder glaubte, davon ein beträchtliches Maß ab ziehen zu dürfen, um sich die Wirklichkeit vorstellen zu können. Leider sind fast alle landwirtschaftlichen Ver : anstqltungeu auch heute noch durch ein Uebermaß von Stimmenaufwand gekennzeichnet Man malt die Lage i schwarz in schwarz, stellt einen allgemeinen Zusammen « drurh in Aussicht, wenn nicht . . . Und unterläßt dabei T· nicht« sitt das »Wenn nicht .. .« mehr oder minder pkiizisierte Drohungen zu formulieren. Der Gut willige sucht dann nur zu ioft vergeblich nach dem positiven Kern der Behauptungen und nach den posi tiven, die Landwirtschaft auch als Teil der Volks - wirtschaft berücksichtigenden Vorschlägen. Man sollte doch meinen, daß niemand anders als der Agrarier selber nicht nur von seiner Not, sondern auch von den Mitteln, wie ihm im Rahmen der ganzen Wirtschaft und ohne Beeinträchtigung andrer Erwerbszweige zu . helfen sei, die lebendigste Anschauung habe. « Dabei fehlt es keineswegs an den nötigen theo .· reiiikhen Erkenntnissen und «Einsichtell. Die deutsche Wissenschaft hat gerade dem Agrarproblem sehr große · Aufmerksamkeit gewidmet uwd die mit ihm zusammen « hängenden Fragen sehr sorgfältig untersucht. Wir erinnern an die Arbeiten Serings, deren Ergeb nisse wir seinerzeit hier ausführlich besprachen; wir erinnern an das grundlegende Werk von A e r e b o e, dem wir ebenfalls gleich nach Erscheinen einen aus " sührlichen Leitartikel widmeten. Gerade Aereboe, dem autoritative Fachkenntnis wohl niemand absprechen dürfte, hat ein Programm gegeben, das vom Ganzen - her gedacht ist und alle Details durchaus fachgerecht , berücksichtigt Wir hörten bisher nichts davon, daß die Landwirtschaft sich die hier gegeben-en Lehren zu eigen gemacht oder sich auch nur offiziell mit ihnen ; auseinandergesetzt hätte. Freilich: sehr bequem ist das, was die wissenschaft-- . liche Forschung und Erkenntnis feststellte, für die Landwirtschaft nun gerade nicht. Aber kann man über ; Rot klagen, wenn man sich weigert, von den Ver » inderungen der Struktur in der Wirtschaft Kenntnis · zunehmen und die Folgerungen nachzudenken? Es geht heute darum, daß auch die Landwirtschaft, will - , sie rentabel bleiben, steh dem Jndustrialisierungsprozeß der Wirtschaft nicht länger entziehen kann. Diese j AlsdustrialifierunM wird fich in agrarifchen . Bezirken ganz anders vollziehen und wird auch ganz .- Weis aussehen als der gleiche Vorgang in der Jn dlkittte Der springen-de Punkt ist, daß auch die Land- Wkkkjckiait die rein empirische Wirtschaftsweife zu gunsten einer rationalen Betriebsführung aufgeben z Muß. Der Zollschutz, der sie vor dem Kriege vor dieser « Ufnstcllung bewahrte, ist heute nicht mehr wirksam, UJES Hering nachgewiesen hat« Aber selbst wenn er - es ware, wäre er zu teuer, als daß das verarmte, auf die Weltwirtschaft so stark angewiesene Deutschland lsz ihn sieh leisten könnte. . HW hilft kein Ausweichen und kein Drohen, auch : nicht das Liebiiugeln mit Mitteln, die aller westlichen Wcrtschttstsmeife entgegengesetzt find. Noch vor kurzem haben wir auf der »Gut nen Woche« in Dresden PHFSU Müssen, daß man mit dem Gedanken eines Ge keldemonopols spielt, wenn die Regierung der Land wirtschaft nicht zu Willen sein sollte. Gerade zur rechten Zeit ist nun von dem bekannten lenenser Nationalökonom C. v. Diese ein schmales Heft, »O etreidem o n o p o l P« Verlagsbuchhandlung Paul Vaters, erschienen, das diese Frage eine ika St studio untersucht und dringend vor solchen Ex perimenten warnt. Wir möchten die knappe, sich auf wissenFaitciches Material stützend- Schriit, deren ein- SIIUS edankengiinge sich nicht kurz formulieren lassen Jud Mk also auch nicht wiedergegeben werden ktinnen, en asiatischen Kreisen sehr dringend zum Studium empfehlen Es geht unfres Erachtens auf die Dauer Licht an, daß die Landwirtschaft que wissenschaftliche dtkenntnis ignoriert. Jedenfalls scheint uns, daß ann die Behebung der Not kaum irgendwelche Fort schkktte machen wird. Ihre Ursachen reichen nun ein mal ZU Mi, als daß man ihr mit Tagesfotderuniiett benommen-im · - ’P. I« . Die Zinanzanfptiikhe der Länder Grundfåhliche Anerkennung der Forderungen, aber keine positiven Ergebnisse B. Berlin. 26. Januar. lEig. Drahtberichy Die giestrigen Besprechungen des Reichskanzlers mit den Ministerpräsidente und Finanzministern der sogenannten Eisenbalbnlä nde r haben, wie ja vorauszusehen war, einstweilen noch zu keinem Ergebnis gefiishrt Wie uns berichtet wird, sollen sie indes, und zwar schon in allernächster Zeit, fort gesetzt werden. Ueber den Inhalt der Aussprache wird auf Wunsch des Kanzlers strengstes Still schweigen gewahrt. Allerdings läßt die Reichsregsies rung durch den amtlichen Draht so viel erklären, daß »die Reichskegiernng ans Grund der ge wonnenen Uebetsichi eine Vorlage ans arbeiten wird, die in einer fiir die nächste annnit in Aussicht genommenen erneuten Ans snrache gnr crdrternng gestellt werden soll.« Es dürfte indes verfehlt sein, in der grund sätzlichen Anerkennung der Länderforderuns gen durch das Reich, die ohne Zweifel in der Antiins digung eines vom Finanzminsisteriurn oorzulegenden Gesetzentwutfes zum Ausdruck gelangt, das wesent liche Moment des gestern erzielten Ergebnsisses zu erblicken. Vielmehr scheint das Schwergewicht in dem »von possumus« zu liegen, mist dem die Reichsregies rung nach wie vor den Forderungen der Eisenbahn liinder begegnet. Dafür spricht auch, daß gestern, so weit wir uns unterrichtein konnten, positioe Bor schliige iiber eine finanzielle Unseinandersesnng ssisthen sei-I nnd Andern noch ur nicht erdrtert worden sind. Die Besprechungen werden zunächst heute fortgesetzt. Der fächsifche Ministerpräsident Heldt hat gestern abend unmittelbar im Anschluß an die Kon ferenz Berlin wieder verlassen. Der Finanzmiuister Weber war durch plötzlich-e Erkrankung an Grippe verhindert, an der Aussprache teilzunehmen Die Forderungen Sachsen- « Dresden-. 26. Jammr Zu den am Freitag abgehauenen Besprechungen zwischen dem Reichskanzler und den Vertretern der Eisenbahn-Minder lisber deren vermögensrechtliche Forderungen erfahren wir, daß Sa ch se n bei den Be ratungen wiederholt das Wort ergriffen hat. Die Vertreter Sachsen-s legten den bekannten Standpunkt der sächsischen Regierung dar und hielte-n daran fest daß Sachsen in irgendeiner Weise den Rest der Eisen bahnentichädignna, wenn anch vielleicht nicht in Kanitalsorny so doch in der Anerkennung seiner Zins ansuriiche erhalten ums-. Diese Ansprüche belaufen sich bekanntlich aus tun-d 865 Millionen Papier-mark Die fächsische Regierung hat diese Forderung wnter weitestem Entgegenkommen an das Reich aus 6638 Prozent des Goldmrtses = rund 560 Mil lionen Mark beziiferi. In dieser Höhe erscheinst die Forderung auch in der bekannten heim Staats. gerichtöhof eingereichten Klasse Sachsens nean das Reich. Außerdem hat Sachsen noch aus Wasser straßen eine Fovderung non rund 20 Mil lion-en Mark. Die Verhandlungen sollen, wie wir hören, in 8 bis 14 Taan fortgesetzt werden. Bis dahin will man die Stellungnahme des Reichskabinettö zu all diesen vermögensrecht lichen Ansprüchen der Länder herbeiführen i »Im-Weit der Meere !" Kellogg für die Geerechiskonfecenz Sonderkabeldisenst der Dresdner Neuesten Nachrichten . J- Wafhiugton, sti. Januar. fDnrch United PreßJ Kel logg hat den Antrag des Senators Borah zum Marinebanprogramm der Vereinigten Staaten bereitwillig angenommen, wonach vor 1931 eine Konfereug einberufen werden foll, die die Rechte der Schiffahrt anf dem offenen Meere regelt. Kellogg weigerte fich, tibcr die Ausführungen Borahs, wonach diefe Rechte den Hanntfaktor in der augenblicklichen Rinalität zwifchen den Vereinigteu Staaten nud England bilde ten, eine Erklärung abzugeben. Er betonte nur, daf dies eine febr wichtige Angelegenheit ift. Geerüsiungen der Mittelmeerßivalen 13 neue italienische Krieg-schuf- Sonderdienft d. r Dresdner Neuesten N a ch r i ch t e n Pkösideni Coolidge pessimistifch Sondersadeldienft der Dresdner Neueften Nachrichten J: anbington, Sit. Januar. fDnrch United PrefzJ Zn dem Vorfchlng Scnator Borahs, betreffend einer internationalen Konferenz znr Feftlegnng der Freiheit der Meere nnd befonders der unbehin derten nentralen Schiffahrt während künftiger Kriege, äußerte sich Präsident Cop lidg e. wie im Reif-en Hanfe erklärt wird, in ziem lich pefsiiniftifcher Reife. Wie es beißt, fei der Prä sident der Ansicht, dan mit einer derartigen Konferenz recht wenig zn erreichen fein würde, da in die Er -« fahrnngen des Weltkrieges bereits znr Ge niige zeigten, dnfz anch bei einem künftigen Kriege der nentracen Schiffahrt, feitens der kriegfiibrenden Staaten keine befonderen Rechte zugebilligt werden würden. Beziiglich der Zeitklnnfel im Flottens bannrs g r a m in gab der Präsident der Ansicht Ausdruck, dafz sie fchon vom rein finanziellen Stand nnnlt ans wegfallen follte. J: Rom, Is. Januar. lDurch United Pres) Dreizehn neue italienische Kriegsschisse sollen vom Juni dieses Jahres an aus Stapel gelegt werden. Dieser Entschluß wurde in einem Kab i n e t t s rat. der vier Stunden andauerte, gefaßt Die Kriegsschisse werden zwei Zehntausend-Tonneu-Kreuzer, zwei Ans klärnngsschisse, vier Zetsidter und fünf Unterseeboote sein. Retter französischer SchlachtkrenzeriTyp Geh-Weing- Borwände B. Berti-n W. Januar. tEigener Drabtbevicht) Die Meldung des »Da-ils- Telegraph«, daß die franzöfifche Admiralität den Bau eines neuen Schlachtkreuzevaps plan-e, und daß hierin die Reaktion auf den Bau des deutschen Pan-ker kreuzers A und die Groenevfche Denkfchrift zu fehen fei, hat in hiesigen politischen Kreisen, ja man darf vielleicht sagen: übemll, wo man die Vorgänge tm öffentlichen Leben mit wachem Interesse verfolgt, Entrüftung und Erstaunen hervorgerufen. In der Tat ift die-je Motivierung bei aller Keckbeit grotesk. Es ift diesfso ungefähr die Man-iet, mit der der Wolf an des Baches Rand fich mit dem Lamm über die Trübung des Wassers unterhält Die ~Germania" bemerkt zu dem Gesasel des »Dailn Telegraph«: »Vedeutete schon der Genser Vorstoß Vriasnds gegen die Bedroshlichkeit der deut schen Cadres-Armee eine Attacke gegen den gesunden Menschenverstand so klingt aus England, das noch immer den Anspruch aus das Polizeirecht der Meere des-itzt, ein solcher Vorwurf gegen die deutsche Lili.putslotte geradezu humoristisch« Und an einer andern Stelle, nachdem das Zentruntsbladt die englischen und französischen Seerüstungen beleuchtet hat: »Wenn eines Tages diese Riesenslotten auseinanderprallen, dann wird man doch nicht der Existenz eines deutschen Kreuzers die Schuld geben wogen, der dem Küsstenschntz sür eine durch den Versai er Vertrag abgeschnittsene deutsche Provinz dienen soll?« Wilhelm, der loiähkige Wilhelm 11., der nach Prinzenart friih in die Armee eintrat, der früh heiratete und früh auf den Thron kam, hat in seinem Leben viele Jubiläen feiern lönnen. Nun wünscht er, daß man auch feinen siebzigsten Geburtstag noch festlich begehe. Ein schlichter Abglanz nur von dem, was wir hätten schauen dürfen. wen-s ihn dcs Purpurs Maiestät noch heute um-gürtete. Doch ansehnlich genug für einen, der Krieg und Krone verloren und landfliichtig istreiten wir uns nicht um Worte) in fremdem Gewahrs sam seinen Abend herbringt Man könnte Wilhelm li· beneiden um diese Gabe, die Feste zu feiern, wie sie fallen. Unberührt von dem fürchterlichen Schicksal, das ihn von del Höhe riß und fein Volk schier zer malmte. Er hat die Tragödie seines Lebens, die leider auch dsie unsre ward, vermutlich nie ganz begriffen. Man möchte dem alten Mann nicht ohne Not wehe tun. Hätte wohl auch, wenns es in Doorn bei einer stillen Feier im Familienkreis blieb, des Entamteten in leiser Wehmut nnd nicht ohne Mitleid gedacht. Das Trara, das man nun schon eine Woche um diesen 70. Geburtstag macht, der kecke, in Versammlungen, Blättern und Blättchen immer wieder unternommene Versuch, die schmerzlichsten Tatsachen deutscher Ge schichte in ihr Gegenteil umzubiegcm lassen, bedauer lich genug, derlei Vorsätze nicht reifen. Amte-us mihi Plato, magis amios veritas. s-«t ) Da Wilhelm II» umrauscht von einer Flut von Spenden, von schwülstigen Büchern und noch schwül stigeren Artikeln sein sünfundzwanzigjähriaes Regie rungsiubiläum beginn, schrieb ich diese Sätze: »Herr, Deine Wege sind nicht unsre Wege. Dein Patri archalismus, dek übrigens in den Gesetzen dieses Landes keine Unterlage findet, ist uns fremdartig nnd Dir schadet er nur. Die von Dir bevorzugten Symbole sichtbarlicher Kaiserherrlichkeit, das steife Zeremoniell und der bunte Prunk lassen uns kalt- Dem einen oder andern aber kräuseln sie gar spöt tisch die Lippen. Wir sind empfindlich und reizbar geworden gegen Eingrisse in unsre private Sphäre, und wünschen nicht darüber belehrt zu werden« was wir zu glauben, was wir ais schön und verehrungs würdig zu empfinden haben. Wir können auch nicht zugeben. daß der Patriotismus notwendig eins sei mit der Anhänglichkeit an die in Preußen und im Reich regierende Familie. Wir verkennen keinen Augenblick die Verdienste, die sich das in der Mehr zahl seiner Glieder sehr tüchtige, ehrbare nnd pflicht bewußte Hohenzollerngeschlecht um die Geschicke der Deutschen erworben hat; aber der Begriff der Na tion geht uns denn doch ein gut Teil höher. Vor allem hat Deine Art« die Geschäfte des Landes im Innern wie nach außen zu führen - man hat es mit einem Schlagwort wohl auch das Jmpulsivische genannt —« dies Handeln und noch mehr das Spre chen aus dem ersten raschen Eindruck heraus, uns nicht zufrieden macht und den Glanz Deines Namens nicht erhöht. Wir bestreiten Dir nicht Deine lauteren Absichten und sind nicht blind gegen Deine Talente und Verdienste. Aber bei allen Deinen Gaben und Deinem redlichen Eifer tras Dich im Grunde ein tra aisches Los: Du hast die besten und ehrlichsten Desner Volksgenossen nicht verstanden. Es war ein kühles, oft bitteres, fast immer innerlich fremdes Aneinander· vorbeigehen« . . . f . 111 Das war im Juni 1913. Ein Jahr später brach der Weltkrieg aus. Wilhelm 11. hat ihn nie gewollt: gewiß nicht. Was, wenn er mit dem Dreizach der ge panzerten Faust und schimmernden Wehr drohte, ihn leitete, war wohl immer nur der dem Kaiser an die Wiege gebundene Drang, irgendwie sich in Szene zu » setzen, vielleicht auch das aus dem Unterbewußtsein ausbrechende Verlangen, über die innere Unsicherheit, die ihn nie verließ, mit lauten Gebärden hinwegzu kommen. Doch ist an dem »Mechanismus der Entente«, der in die Katastrophe trieb· der Kaiser nicht ohne Schuld gewesen. Nicht er allein, versteht sich. Man soll, scheint mir, überhaupt sich hüten, die schwere Heimsuchung, die das Regiment des letzten Kaisers sür die im Reich zusammengeschlossenen Deutschen be deutete, mit einem Schlagwort zu erfassen. Wer als wucher, immer wieder auss neue erschütterter Bei obachter, die dreißia Jahre wilhelminischen Kaiser· tums miterlebte und durch die Aktenpublilationen und die Memoirenflut des letzten Jahrzehnts sich durcharbeitete, wird finden, daß die Dinge hier anders lagen als beim Schillerschen Wallenstein. Nicht das »Lager« erklärt den Kaiser, sondern dieser Kaiser er klärt sein Lager. Wilhelm 11. ichus und erzog sich die Umwelt, die er brauchte und die ihn trug. Weil der Kaiser vor ernsthaften Entschließungen bewahrt fein wollte· weil er im Zweiselssall lieber mit Rußland ging als mit England, haben die Holstein und Biilow
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