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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 22.07.1869
- Erscheinungsdatum
- 1869-07-22
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-186907225
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18690722
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18690722
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1869
- Monat1869-07
- Tag1869-07-22
- Monat1869-07
- Jahr1869
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 22.07.1869
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Anzeiger DMIatt dck Kinizl. BtM«rich>S md dik RW dtt Stadl Schm. M LÜZ. Donnerstag den 22. Juli. 1869. Bekanntmachung. Für die nächste Session deS Bundesratheß wird die Vorlegung eines Gesetzentwurfs über Kranken-, Hülfs- und Begräbnißcassen für Gesellen, Gewerbsgehülfen und Fabrikarbeiter beabsichtigt. Für diesen Zweck ist eine Uebersicht über den Stand der bestehenden derartigen Cassen in den einzelnen Bundesstaaten am Ende des Jahres 1868 zusammenzustellen. Der Anordnung der Königlichen Kreisdirection gemäß werden die Vorstände sämmtlicher hier bestehender derartiger Eassen hierdurch angewiesen, über die Gesarnmtzahl. ihrer Eassenmitglieder un Jahre 1868, über die Höhe der in diesem Jahre gezahlten Beiträge der Arbeitgeber und der Arbeiter, über die in demselben Jahre gezahlten Unterstützungsgelder und Verwattungskoften, sowie über den Vermögensbestand am Jahresschlüsse möglichst genaue und vollständige schriftliche Anzeigen bis zum 31. Juli laufenden Jahres uns einzureichen. Nichtbefolgung dieser Anweisung zieht eine Geldstrafe von fünf Thalern nach sich. Der Rath der Stadt Leipzig. Leipzig, am 5. Juli 1869. vr. Koch. Jerusalem. Finanzieller Wochenbericht. Ein Sehnsuchtsruf geht durch die civilisirte Menschheit (denn Civilisation ist nur, wo Börsen sind) nicht nach Geld, das in Hülle und Fülle vorhanden, sondern nach Actien. Ein Wiener Blatt pflegt von jeder neuen Emission zu rühmen, daß sie einem tiefgefühlten Bedürfnisse des Publicums nachkvmmt. Möglich, daß es recht hat. Das Geld macht seinen Kreislauf, freilich immer nur innerhalb gewisser jkreise, und häuft sich in den Fangnetzen, die ihm von geübter Hand gestellt werden, in ungeheuren Summen an. So lange sich das Capital der Speculation willig zu Gebote stellt, kann sie ihre Bockssprünge machen und immer höher klettern, ohne fürchten zu müssen dabei ein Bein zu brechen. Niemand vermag daher zu ermessen, zu welcher Höhe die Spielpapiere in den Treibhäusern der Syndikate noch emporwachsen werden, da jeder Maßstab dafür fehlt. Ein Vollolut - Haussier sprach einmal m einem Berliner Börsenblatt die sublime Idee aus, daß die Effectencourse sich immer dem eventuellen Zinsfüße anbequemen müßten. Dies zum Dogma erhoben, würde sich freilich noch eine weite Rennbahn für die Speculation eröffnen, ohne daß sie nöthig hätte wie jetzt jede Mehreinnahme einer Eisenbahn oder jedes projectirte Geschäft einer Bank mit procentweisem Agio zu es- comptiren. Freilich stände dann dicht neben dem Capital der tarpejische Fels; doch die Spieler lieben ja einmal Emotionen. Zwischen Himmel und Erde spielen ja alle diese Börsendramen ab, reich an wechselvollen Schicksalen, an Siegen und Niederlagen. Die Speculation ist eben dabei die alten Heiligenbilder im ganzen alten Glanze zu restauriren. Franzosen, einst bis über 900 getrnben, stehen nur noch 20 Procent unter dem höchsten Course, welchen sie je sahen, während Creditactien gleichfalls von ihrem äußersten Preise nahe an 400 nicht mehr so sehr weit ent fernt sind. So kehren denn die alten Zeiten zurück; auch darin, daß diese Spielwerthe das Vorrecht haben, viel theuerer bezahlt zu werden als die von der Anlage gesuchten Actien. Warum? — Giebt cs denn aber eine Appellation gegen den souverainen Willen der Speculation, die kein anderes Gesetz über sich anerkennt, so lange der Himmel ungetrübt ist. Kann cs aber ein Wunder nehmen, wenn unter solchen Verhältnissen die rurückgesetzten Capital- werthe gleichfalls zuweilen einen kühnen Anlauf nehmen jenen j nachzukommen, um den Abstand nicht gar zu groß werden ru lassen? Die drei Spielsxrpiere — Franzosen, Lombarden, Credit — gleichen gewissermaßen den drei Ringen Boccacios oder in Lessings Nathan. Welches ist der echte? — Die Börse hat sich früher lange Zeit genug mit der Äsung dieser Frage abgequält, und dieses Grübeln hat ihr viel Geld gekostet. Später ist sie zu der Ansicht gekommen, daß es für ihr Seelenheil, d. h. für ihren Geld beutel am besten wäre, alle drei für echt zu halten. Daß zeigte: wiederum der Verlauf dieser Woche, in welcher alle drei Werthe einen neuen Aufschwung nahinen, wenn auch die Hauptehre den: Franzosen zufiel, dlesem aus alten Baisseveilletäten von der Ber-! liner Speculation am scheelsten angesehenen Effect. Freilich ist die Ehre zur Mitgliedschaft des Franzosencultus zugelassen zu werden eine stark kostbare und eignet sich nur für Solche, die entweder viel oder die nichts zu verlieren haben; mdeß ist sie eigentlich nicht theurer als bei den Lombarden; denn eine Rente voll 14 Thlr. bei circa 230 entspricht einer gleichen von 8^ Thlr. bei 150. Beide Werthe haben sich also einander nichts vorzuwerfen. Wie ärmlich nehmen sich dagegen die Course von Oberschlesischen, Potsdam-Magdeburgern mit 15 und 17 Thlr. Dividende aus, die bescheiden in den 180 und 190 sich bewegen. Doch mit den Syn dikaten kämpfen Götter selbst vergebens. Anfangs des vorigen Decenniums hatte ein Redner in einer Leipziger Generalversammlung den spaßhaften Einfall, als Grund zur Verkeilung möglichst hoher Dividenden die drohende Ent- werthung des Geldes durch die großen Goldfunde geltend zu machen. Jndeß sind noch ganz andere Gruben abgebaut worden, um die Welt zwar nicht mit echtein Metall, aber doch mit Surro gaten zu überschwemmen: die Notenpresse ist's, welche mir Cali- ornien und Australien wetteifert, alle Zaubermärchen von uner- chöpflichen Schätzen zur Wirttichkeit zu machen. Was bleibt da dem unglücklichen reichen Manne, um die vollständige Entwerthung seines Vermögens zu verhüten, anders übrig, als Actien zu kaufen; zumal, wenn es so fortgeht, es zuletzt vielleicht gar noch dahin kommt, daß er sich glücklich schätzen kann, wenn er für sein Geld welche erhält. Glücklich der Arme, welcher aller dieser Sorge ent hoben ist. Für ihn ist das Geld noch immer ebenso kostbar wie lher. Was wir vor unfern Augen täglich sich vollziehen sehen, dieses unaufhörliche, sprungweise Steigen einiger österreichischer Spiel papiere, diese Satyre auf allen menschlichen Verstand zeigt wiederum, daß die Coursbewegunaen m den Händen einiger Weniger sich befinden. Die einzige Erklärung, weswegen die Syn dikate im Schweiß ihres Angesichts sich so abmühen, könnte darin gefunden werden, daß sie die Welt auf die türkischen Loospapiere vorbereiten wollen, und freilich, um diese Speise schmackhaft zu finden, dazu gehört ein tüchtiger Champagnerrausch. , - - - stiege m Sturmeseile von 756 bis 835, also jeden Tag durchschnittlich circa 16 Francs (!), überholten also den abgelösten Coupon von 40 Francs weit. Falls die Einnahmen im Maaßstabe der letzten Wochen fortwähren, kann es keine Frage sein, daß die Bahn eine ansehnlich größere Dividende als für letztes Jahr zu vertheilen im Stande sein wird, ohne die Reserven anzugrelfen, da wie bei allen Pereireaten-Instituten der gesetzliche Reftrvefonds, welcher voll ist, gar zu niedrig angesetzt worden. Der Fortschritt in Lombarden, in welchen die Speculation etwas schüchterner, erstreckte sich von 526 bis 560. Die Course der Rente und Italiener zeigt folgendes Tablean: Rente 71,47. 71,57. 71,70. 71,90. 71,80. 71,82. Italiener 54,50. 54,55. 54,85. 55,25. 55,5. 55,40. Rente hatte bereits vorübergehend den 72er überstiegen. In Türken war viel Spiel; doch wurden sie später durch Realisationen gedrückt. Vielleicht steigen auch sie Uber Pari; in unserer Zeit ist nichts mehr unmöglich. Sind sie doch ein eben so gutes Stück Papier wie jedes andere. — Auch der Vicekönig von Aegypten soll, trotz seines Versprechens, in 5 Jahren keine Anleihe machen zu wollen, auf eine neue sinnen. DaS Tribunal hat wirklich dem Anträge des Staatsanwalts
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