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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 05.03.1860
- Erscheinungsdatum
- 1860-03-05
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-186003055
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18600305
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18600305
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- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1860
- Monat1860-03
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- Monat1860-03
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- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 05.03.1860
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936 st 's' 1» I j? IÄ Von VM an war die religiöse und gesundheitliche Frage über dM Kaffee für den Orient entschiei^n, — nW q^er die politische'; denn nachdem zahlreiche Kaffeeschenken eröffnet worden waren, wurden diese zuyi Sammelplatz der Opposilion-parm von Kairo, welchi bei der Kaffeetasse eben so die Pfeile ihrey Spottes und 'ihr/s Miyfalleüs zufpltzten und vertheilten, wie dies einige Jahrhunderte später Voltaire und seine Genoffen in dem „6»kö kroeope" (rue äs Isneienns eom^äls) mit Erfolg in Paris thaten. Die türkische Regierung aber fand es ungleich leichter und bequemer, anstatt die Ursache gerechten Mißvergnügens zu beseitigen, die Kaffeehäuser schließen zu lasten, wie auch 1525 und 15r34 geschah. Hierdurch kam wiederum für einige Zeit der Kaffee in Mißkredit, aber nur öffentlich; im Geheimen würde er fortgetrunken, und hundert Jahre später (1630) waren in Kairo über tausend Kaffeehäuser wiederum geöffnet, in welchen man sich aber nicht me!)r mit Politik beschäftigte, sondern auf trivialere Weise durch Märchenerzähler und Tänzerinnen unter halten hieß, — — „und vielleicht datirt sich von dort an der Verfall deS oSmanischen Reiches", fügt ein geistreicher Schrifsteller bei Erwähnung dieser Thatsache hinzu. Allmälig rückte uns der Gebrauch des Kaffeetrinkens und der öffentlichen Kaffeehäuser näher. 1551 wurde das erste in Kon stantinopel gegründet. In Europa war Leipzig die fünfte Stadt, welche ein Kaffeehaus besaß. Nachdem Venetianer zuerst den Kaffee als Handelswaare nach Europa gebracht hätten (1615), und der selbe in Rom als Getränk Beifall gefunden, führte ihn ein Kauf mann, Namens Edward, aus der Levante in größeren Mengen nach England ein, und durch seine Vermittelung entstand in Lon don 1652 das erste Kaffeehaus, in welchem angeblich eine vom Kaufmann aus Smyrna mitgebrachte griechische Sklavin als Hebe den braunen Trank kredenzte. In Wien eröffnete 1683 der be rühmte Kolschützky das erste Kaffeehaus, indem er für seine kühne That: zweimal den Weg durch das Türkenlager zur Stadt und zum Herzog von Lothringen gemacht zu haben, um Entsatz her beizurufen — als einzige Belohnung vom Grafen Stahremberg sämmtlichen im türkischen Lager erbeuteten Kaffee nebst der Be rechtigung sich erbat, denselben als Getränk öffentlich zu verkaufen. Der kühne Retter Wiens bewies sich als kluger Kenner seiner Zeit; die scheinbar geringfügige Belohnung wurde für ihn die Quelle des Reichthums und des Ansehens. — Nach den beiden europäi schen Hauptstädten London und Wien kamen die deutschen Han delsstädte an die Reihe, die friedliche Eroberung einer „Kaffee schenke" zu machen. Nürnberg 1686 — Hamburg 1687 — und Leipzig 1694. In Leipzig richtete der „Hofchocoladierer. Johann Lehmann" in der kleinen Fleischergasse ein Kaffeehaus ein mit dem Schilde: „Zum arabischen Kaffeebaum". Friedrich August der Starke er probte daselbst zum ersten Male das neue Getränk und dankte für den seltenen Genuß durch Uebersendung jener noch jetzt über dem Eingänge des Hauses befindlichen Bildhauerarbeit, welche einen Kaffee trinkenden, halb abendländisch gekleideten Türken unter einem Baume darftellt. Das seltsame Kunstwerk wurde 1718 am Hause angebracht und prangte damals in reicher Vergoldung. Au jener Zeit wurde der Kaffee gebrannt eingeführt; ein Pfund des selben kostete 1 Thlr. 16 gute Groschen, was etwa dem gegen wärtigen Geldwerthe von 4 bis 5 Thalern gleichkommen dürfte. — Ein anderes berühmtes Kaffeehaus besaß Leipzig in dem Eckgebäude des BrühleS und der Katharinenftraße, welches 1702 der damalige Bürgermeister vr. Romanus erbaute; im Hofe des Gebäudes be fand sich das „Richtersche Kaffeehaus" (bis zum Jahre 1790), welches damals mit Auerbachs Hof sich Ln den Vorzug theilte, während der Messen Sammelplatz der eleganten Welt zu sein und hierdurch eine Merkwürdigkeit wurde. Die Erbschaft der Richterschen Kaffeeschenke überkam das Kaffee haus von Klassig (seit 1846 Europäische Börsenhalle), welches früher bei Einheimischen und Fremden sehr in Gunst stand, und in dessen vielbesuchten Räumen wohl mancher Leser dieser Zeilen heitere Stunden verbracht hat. Seit dieser Zeit hat kein Kaffee haus zu ähnlicher Berühmtheit sich in unserer Stadt emporzu schwingen vermocht. Ob dies deshalb geschah, weil der braune Labetrunk der Levante jetzt in allen Familien heimisch ist, wodurch dem WirthShause der Reiz der Neuheit und der Seltenheit ab geht — oder deshalb, weil alle Kaffeehäuser unserer Stadt so vor trefflich einaerichret sind und geleitet werden, daß keines derselben von hervorstechender Vorzüglichkeit erscheint — darüber mögen An dere entscheiden. Die Wirkungen deS Kaffee's. — Aehnlich wie der Tabak, der Wein, der Branntwein und die meisten Gewürze, wurde auch der Kaffee ursprünglich nur als Heilmittel empfohlen und angewendet, und zwar erwies man auch ihm die gewöhnliche Vorliebe, so lange er noch neu und wenig bekannt in der Phar- macopoe war, erblickte in ihm eine Panacee gegen alle möglichen Leiden und Gebrechen, bis er sich in die Hauswirtschaft al- „Gettußmittel" eingedrängt hatte, worauf man ihm in gelehrten Schriften den Krieg erklärte, ohne dem von Männern und Frauen als Liebling aufgenommenen Trank seine Eroberungen streitig machen zu können. Da- älteste Urtheil über die Wirkungen des Kaffee's soll der alte arabische Arzt Rhares (^ä reemp Mansorem Ud. 1H. M. 22) ausgesprochen -al^n; ^ä ^ im -/Jahrhundert unserfr Zerttechüvna schneb, so wurde dies ein DechelS für die lange Bekanntschatt der Araber mit dem Kaffee seiü, wenn anders die Sylle richtia gtdeutet wyd. Rhaze- (odep Abu BÜr el Mzi) bezeichnet oer Achtung seiner Zelt gemäß zunächst^ das Tem. perament deS Kaffee und nennt es „heiß und trocken". Von der Wirkung der Bohnen rühmt er, daß sie dem Magen zuträglich seien und gegen den üblen Geruch des Schweißes, so wie gegen Kahlköpfigkeit sich nützlich erwiesen. So überraschend uns heute diese angeblichen Wirkungen des Kaffee's erscheinen, so waren doch die Besitzer der ersten Kaffeehäuser mit denselben noch keines- wegeS zufrieden, sondern ließen an den Straßenecken Plakate an schlagen, in welchen die vielen herzstärkenden Eigenschaften „dieser neuen, nützlichen Arzenei" in gehörige- Licht gesetzt und die Leser freundlich eingeladen wurden, durch Besuch des Kaffeehauses sich von der Wahrheit zu überzeugen. Von den medicinischen Wirkungen hat bis uir Gegenwart der Kaffee nur die eines HülfSmittelS wider die FHgen einiger narkotischen Gifte, namentlich de- Opium, und wider unmäßigen Täkakgenüß beibehalten. Erst im vorigen Jahre ist er von kompe tenter Seite als erprobte- Mittel gegen Erstickungen durch Kohlen dunst nachdrücklich empfohlen worden; man soll dem Erstickten zur Wiederbelebung starken schwarzen Kaffee einflößen, oder, wenn er nicht mehr schlucken kann, in Form eines Klyftieres beibringen. Bei der größten Zahl seiner Verehrer ist der Kaffee nicht durch die erwähnten medicinischen Wirkungen beliebt geworden, sondern dadurch, daß er gleich dem Weine den Ehrentitel eines „sorgen brechenden" Trankes verdient: er heitert auf. Wir können es uns nicht versagen, zur Bekräftigung dieser Angabe die Worte deS berühmten Chemiker- E. v. Bibra (die narkotischen Genuß mittel, 1855, S. 24) mitzutheilen: „Wer nur halbwegs gewohnt, sich selbst mit einiger Aufmerksamkeit zu beobachten, hat ohne Zweifel die Bemerkung gemacht, welche Veränderungen auch nur eine geringe Quantität diese- herrlichen Getränke- auf uns her vorbringt. Es giebt düstere, bittere Morgenstunden, an welchen nicht die sogenannte rosige Aurora uns lächelnd weckt, oder holde Träume sendet, sondern an welchen die Sorge an unserem Lager steht und unsere Vergangenheit in liebenswürdiger Aschgrauheit zeigt und den Trauerschleier der Zukunft nur lüftet, um uns trau rige Bilder errathen zu lassen, von Perfidie und Undank des lieben Nächsten, von einer ziemlichen Anzahl höchst eigener, eben nicht ganz verständiger Streiche und von der gänzlichen Zerstörung un serer Wünsche und der Nichtigkeit unsere- Streben-. Wie rasch aber verwandelt sich diese düstere Fernsicht in eine lächelnde Hoff nung, ja in kräftige Thätigkeit, wenn ihr in eure stille Studir- ftube getreten seid und den Trank der Levante geschlürft habt, und besonder- wenn es euch vergönnt ist, dieser Speise de- Himmels das Salz beizufügen; denn so nennen die Türken den Tabak, um damit zu bezeichnen, wie Tabak und Kaffee unzertrennlich sein sollen. — So wirkt der Kaffee nicht bloS erheiternd und stärkend, sondern er regt auch unbedingt zu erhöhter geistiger Thätigkeit an und macht unS nicht blos fähig, körperliche Strapazen leichter zu ertragen, sondern erlaubt uns auch, die Nacht hindurch am Schreib tische mit ungeschwächter Geisteskraft arbeiten zu können." Die Diätetik muß freilich den Eindruck dieser Lobrede auf den Kaffee dadurch schwächen, daß sie auf da- Gefährliche und Nachtheilige hiywejst, welche- in der Nachwirkung desselben liegt, dafern er als geistige- Erregungsmittel unmittelbar vor oder während der Arbeit gebraucht wird. Mag er auch ein oder einige Male ohne bleibenden Nachtheil in solcher Weise benutzt werden können, so ist doch sicher seine wiederholte oder gar regelmäßige Verwen dung in den meisten Fällen unheilvoll. Wenn die Überlieferung wahr ist, so hat Deutschland den verfrühten Tod seine- national sten Dichter- (Schiller) um dieser Gewöhnung willen zu beklagen. Neben jener allgemeinen erregenden Wirkung auf die Central organe de- Nervensysteme- bemerkt man nach Kaffeegenuß noch eine zweite, welche durch die Nerven des MagmS zu unserer Wahr nehmung gelangt: der Kaffee sättigt scheinbar für kurze Zeit. Auf welche Weise er die- thue, läßt sich zur Zeit noch nicht er klären; wohl aber vermag may die Einwirkung zu erkennen, welche die- Getränk auf den Inhalt de- Magen- au-übt, wenn man die Bestandteile der Kaffeebohnen berüsksicksiigt. Außer einer kleinen Menge Pflanzen - Eiweiß und Pflanzen- Käsestoff nebst Zucker (welche drei Stoffe die Schuld tragen, daß rohe, mit Wasser übergossene Kaffeebohnen schnell in Währung übergehen, eine saure, trübe Flüssigkeit liefern, und baß auch nur feucht aufbewahrte Bohnm schnell verderben) finden wir Pflanzen faser als den Hauptbestandteil de- Kaffee'- und außerdem etwa 3 bi- 4»/o unorganische Bestandteile: Kali, Natron, Phosphor säure, Magnesia, Kalk, Kieselsäure, Chlor, Eisenoxyd, Schwefel säure. Diese Bestandteile sind ohne erheblichen Einfluß auf die „Wirkung" de- Getränke-. Unter die wirksamen Stoffe müssen wir zuerst da- Kaffel'n rechnen, eine nicht flüchtiae Pflanzenbase, welche Krystalle bildet und im Kaffee dem Verderben nicht unter worfen, sondern ein Körper von großer Beständigkeit ist (stärkere Säuren und Alkalien greifen es bei gewöhnlicher Temperatur nicht
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