GOETHE daß Goethes Leben, im naiven Verstand des Wortes gescheitert ist? Goethes Vollendung ist eine Frucht der Ehrlichkeit dieses notwendigen Scheiterns. Goethe sucht seinen Beruf und sucht seine Ehe. Sein Schweifen bezeugt, daß es in beiden Fällen nicht getan ist mit der Freiheit abstrakter Wahl, in der die Aufklärung die Frage gelöst sah. Die se pathetisch verfochtene Freiheit der Wahl war ihrerseits schon eine Auflockerung gegenüber der Gebundenheit des ständischen Lebens, das in den Beruf und in die Ehe wie in große Selbstverständlichkeiten hinein wuchs. Es kam ein Gefühl dafür auf, daß hier wirklich etwas zur Frage stand. Goethes Leben geht dieser Frage über die billige Lösung der Aufklärung hinweg auf den Grund. Er begreift, daß mit der Freiheit privater Entscheidung nichts ge tan ist, sondern nur mit einem Einleben in die geschichtliche Welt. Daß geschichtliches Leben eine umfassende Aufgabe ist, deren jedes Ein zelleben in Beruf und Ehe nur teilhaft wird. Wo aber nirgendwo aus dieser Teilhaftigkeit an der geschichtlichen Aufgabe heraus gelebt wird, wo Goethes Suche nach der Einordnung seiner