Schröder, Dichter n. Bach sich das Geheimnis des dichterischen Vorganges aus dem einfachen Grunde, weil er über dem Geheimnis, das er in jedem und für jeden von ihm be troffenen Einzelnen ist, ein allgemeines, ein Menschheitsgeheimnis ist, und zwar in wesentlich höherem Sinne als in dem, der uns auch von einer etwa in vielen tausend Individuen wütenden Krankheit als von einem allgemei nen, von einem Menschheitsübel reden läßt. Weil es ein solches im höchsten Sinne allgemeines Geheimnis und Rätsel ist, darum ist es niemals durch das vom Einzelnen gegen den Einzelnen, meinetwegen auch gegen sich selber gerichtete Experiment zu erforschen und zu deuten. Soll irgendein redlicher und zweckdienlicher Versuch seiner Erforschung und Deutung gemacht werden, so fällt diese Aufgabe der Spekulation zu. Ich kann und will nun freilich hinsichtlich solcher spekulativen Deutung noch eines tun, ich kann und will Ihnen und mir den Gott nennen, der der Hüter dieses Geheimnisses ist. Es ist der Gott, den viele für den geschwätzig sten halten, wiewohl er in Wirklichkeit der schweigsamste aller Götter ist. Sein Name ist Eros. Ein erotisches Geheimnis ist es, das zwischen dem Dichter und dem Buch, d. h. also dem Dichter und seinem Gedicht obwaltet, ein ero tisches Geheimnis, wie aller sittlicher und aller handelnder Impuls, wie aller Aufbruch des Gedankens, alle Zu- und Abneigung, aller Haß, alle Liebe, alles was dies wunderbare Leben auf dieser wunderbaren Erde erhält, fördert, weiter fristet, ein solches Liebesgeheimnis ist. Wie anders könnte das um den Poeten und mit ihm um jeden Künstler und sein Werk waltende Geheimnis das schöpferische, das Geheimnis eines Zeugungsvorgangs sein, wenn es kein Geheimnis des Eros wäre? Nachdem wir nun diese allgemeinste Formel — nicht „Lösung“, beileibe nicht! — des uns beschäftigenden Rätsels gefunden, wollen wir sie keines falls noch weiter verallgemeinern und etwa gar andeuten, es bilde einen Be standteil des Welträtsels oder sei gar dies Rätsel selbst. An solchen Gedanken spielen, die jede Diskussion und Untersuchung aus den Angeln heben, haben sich die Romantiker ergötzt und freilich mit dem Erfolg, daß sich ihr geistiger 20