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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 18.03.1867
- Erscheinungsdatum
- 1867-03-18
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-186703184
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18670318
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18670318
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1867
- Monat1867-03
- Tag1867-03-18
- Monat1867-03
- Jahr1867
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 18.03.1867
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1868 ES ist uns täglich: da- Christenthum wird noch die Weltreligion werden; eS hält seinen Triumphzug über die Erde; die Heiden fühlen daS Ende ihrer Religionen herannahen und auch dar Volk Israel wird noch ein christliches Volk werden. Die Existenz dieses wunderbaren Volkes selbst zeigt, daß Gott eS aufgespart hat für eine Zukunft; gehört aber die Zukunft Jesu Christo an, so gehört ihm auch Israel an. Im Grunde der Seele lebt in diesem Volke noch die Hoffnung der Väter; einst werden sie Ihn erkennen, den sie gekreuzigt haben, und je länger sie Den geschmäht haben, der doch die Erfüllung ihrer Hoffnungen war, um so treuer wird dann auch ihr Glaube und ihre Liebe sein. Mit dieser Zukunft ISraelS wird nach dem Worte des Weis sagung zusammenfallen eine Zeit der Gleichgültigkeit und deS Abfalls in der Kirche. Diese Zeit bereitet sich allem Anscheine nach schon jetzt vor, denn offenbar bahnt sich eine Scheidung der Geister an in christliche und nicht christliche. Wann diese vollzogen wird, weiß nur Gott. Wenn aber das christliche Lager dem nicht- christlichen sich mit rücksichtsloser Entschiedenheit gegenüber gestellt haben wird, dann wird schwerlich der Geist der Toleranz einen Jeden ruhig seines Glaubens leben lasten. Die Schrift wenigstens spricht von einer Zeit der Verfolgung, welche über alle Bekenner Christi am Ende sich erstrecken werde, von einer Zeit schwerer Versuchung für alle Christen, denn auf der Seite der Feindschaft wider daS Bekenntniß Jesu werde nicht bloS die Gewalt stehen, sondern auch die öffentliche Meinung und der Fortschritt des natürlichen Geisteslebens. Diese Entwickelung deS religiösen Geistes setzt die Schrift in Verbindung mit dem Gang der Völkergeschichte. Sre stellt in Aussicht, daß auf die Zeit der Trennung der Völker eine Zeit großartiger Einigungsversuche folgen, die Zrtt der großen Weltreiche wieoerkehren und ihr Ziel finden werde in einem großen Weltbeherrscher am Ende, der die Erde sein Reich nennen werde. Aber so groß seine Macht, so groß werde auch sein Hochmuth sein, er werde göttliche Ehre für sich in Anspruch nehmen, und wer sich weigert ihm zu huldigen, der werde als Feind der staatlichen Ord nung gelten. Wenn aber die Bedrängniß der Gläubigen in der Endzeit unerträglich geworden, werde ein unmittelbares göttliches Eingreifen stattfinden, dann werde Christus, der Herr und König der Gemeinde, erscheinen und dieser zum Sieg und zur Anerkennung in der Welt verhelfen. Mit der Vollendung der Gemeinde steht im Zusammenhang die Vollendung der Welt zur vollkommenen ewigen Welt GotteS. Die Entwickelung der Geschichte ist nicht bloS eine Entwickelung der guten Mächte, die in ihr thätrg sind, sondern auch der Macht der Sünde, welche durch keine Anstrengung des Guten je überwunden werden kann. Ein stärkster Ausbruch des Bösen nach einer langen Zeit deS Gebundenseins wird nach der Lehre der Schrift die letzte Welt- katastrophe herbeiführen im Endgericht, in welchem Gott die sitt lichen Gegensätze für immer von einander scheidet. Dieses ab schließende Gericht GotteS am Ende ist das Weltgericht, in welchem die göttliche Gerechtigkeit daS letzte Wort sprechen wird, — ^aS Wort der Vergeltung, denn es ist das Wort des Richters. In mächtig ergreifenden Bildern beschreibt die Schrift dieses l.tzte Gericht, wie der Mund des Richters daS Urtheil spricht, welches über daS ewige Geschick entscheidet, über Verdammniß oder Seligkeit. Es ist ein erschütternder Gedanke, der Gedanke der Vervammniß. ES ist zwar die ewige Liebe, welche auf dem Stuhle deS Gerichts sitzt, aber auch die heilige Liebe. ES ist Jesus Christus, unser Erlöser, der daS Gericht hält, aber der Erlöser ist auch der Richter. Zwar daß Jesus daS Gericht hält, darf uns gew,ß machen, daß dir göttliche Gerechtigkeit ihr letztes Wort erst dann sprechen wird, wenn die ewige Erbarmung sich erschöpft hat; aber dann wird sic auch der Gerechtigkeit dm Platz abtreten. ES ist schwer zu denken, daß Gott verdammen könne, der doch die ewige Liebe ist; aber wenn die ewige Gnade sich müde gearbeitet hat an einem Menschen, was soll sie dann noch? Hier hat selbst Gottes Macht ihre Grenzen, denn er selbst hat ihr diese gesetzt. Gewiß geht Keiner verloren, der sich retten lassen will von der rettenden Gnade; aber wer ihr sein Herz völlig und für immer verschließt, der wird von Gott und seiner Gemeinschaft ausge schlossen, wird unselig. Denn daS ist die Unseligkeit: fern sein von Gott, ohne Gemeinschaft mit Dem, welcher den ewig nagenden Hunger der Seele allein stillt, der den Unfrieden deS schuldigen Gewissen« allein wegnimmt, der allein daS Licht unsrer Seele, unser Trost und unsere Freude ist; verwiesen sein auf sich allein, in die ewige tiefe Einsamkeit, in jene nächtige Stille des Tode-, wo die Seel« keine andere Gesellschaft hat als die Qual der Er innerung und die Nacht der Hoffnungslosigkeit. Schon dies zu denken, vermögen wir kaum zu ertragen; was wird eS erst sein, di« Thatsache ertragen zu müssen! Dagegen nun die Seligkeit.der Seligen! Unsere Gedanken sind viel zu enge, um die Größe der Sache ander- zu fassen, als nur in den Bildern der Ahnung, unsere Sprache viel zu arm, um auch nur die Ahnungen unseres Herzens in würdige Worte zu kleiden, bi- wir einst dort mit neuen Zungen das offen bar gewordene Geheimniß der ewigen Liebe verkündigen. Dann wird nickt Tod und Sünde mehr sein, sondern was wir Großes, Edles, Wahre- und Gute- in der Seele getragen, wird Wirklich- - teit, unsere Wirklichkeit sein. In dieseüt irdischen Lebe« stad wir mit uns selbstnicht im Einklang. Wissen und Wollen, Wol len und Können, Können und Thun stehen im Widerspruche mit einander; dort wird unser Dasein die Harmonie unseres WeseuS sem, in welcher sich unsere Bestimmung erfüllt. Und unserer Harmonie mit uns selbst wird die Harmonie der Welt entsprechen. Wir werden leben in der Gemeinschaft der Seligen, in der Ver einigung aller der Heiligen zu einem großen Volke GotteS, welch« vom Anbeginn der Welt über die Erde dahingegangen sind; wir werden sie sehen alle die heiligen Ideale unseres Geistes, die Gelieb ten unseres Herzen-.- In ihrer Mitte aber Den, welcher Gottheit und Menschheit m Einem vereinigt, der uns zu GotteS Kmdern gemacht hat. Dann wird sein Werk zu Ende, sein Beruf erfüllt sein, dann übergiebt er die erlöste Welt den Händen des Vater-, und Gott wird Alle« in Allen sein. „ Alle- Vergängliche- ist nur ein Gleichniß", die Wirklichkeit von Allem ist Gott. Gott ist der Ursprung und das Ziel unseres Geistes. Wir werden am Ziele sein, denn wir werden der Gott sein. Und Gott wird Alles in Allem sein. Dann werden alle Räthsel deS Daseins gelöst, all« Widersprüche deS Lebens aufgehoben fein in dem vollendeten Lebe« der Welt der Verklärung und ihrer göttlichen Harmonie. DaS ift daS Ziel aller Dinge, auch unser Ziel, daS Ziel der Fragen unseres Geistes und der Sehnsucht unser- Herzens. Damit war auch der Redner selbst an dem Ziele seiner Vor träge angekommen; er schloß dieselben mit einem Aufblick zu Gott und mit dem Wunsche, daß der Herr sein Wort segnen möge. Die letzten Worte großer Männer. Der Gedanke, die letzten Worte und Handlungen bedeutender Menschen aufzuzählen und in einem Buche zu vereinigen, ist nicht neu. In unseren Tagen hat ein Engländer ein förmliches Todten- rezister nach alphabetischer Ordnung angefertigt und herausgegebeu. Dem W.ßbegierigen ist dadurch ein bequemes HülfSmittel in die Hand gegeben, wenn er über die letzten Augenblicke menschlicher Größe Auskunft haben will. DaS Buch zeigt eine englische Fär bung; aber auch viele Celebritäten anderer Länder haben ihren Platz gefunden. Von den Helden deS AlterthumS erfahren wir vrele „letzte Worte" schon auf der Schulbank. Wir wißen, waS SokrateS, was EpaminondaS, waS Philipp von Macedonien, was Cäsar in ihrer Sterbestunde geäußert; wir haben uns über AogustuS kühle letzte Frage: „ob er seine Rolle auf dem Welttheater gut gespielt", als eifrige Scholaren pflichtschuldigst gewundert und sind bei Gelegenheit der hundertjährigen Jubiläen auf Schillers ,. Immer heiterer" und Goethe'S „Mehr Licht!" wiederholt aufmerksam gemacht worden. Alks das giebt Mr. Kaines in frinem Buche in schlichten, etwas trockenen Worten. Einige originelle, weniger bekannte Lebensschlüffe erwähnen wir nach Mr. KaineS Angaben. Ludwig XI. von Frankreich, einer der Begründer der neuen poli tischen Schule, dem sein lebenlang Macht vor Recht ging und der im Annectiren, sowie im Abfinden mit dem Himmel und seine« Heiligen für Machtpolitiker immer ein strahlende- Beispiel bleiben wird, fühlte gegen sein Ende starke Angst. Er reiste unruhig von einem Orte zum anderen, ließ häufig Musikanten um sich ver sammeln, welche ihm, um den Schlaf von ihm fsrnzuhalten, Vor spielen mußten, und rief auch fromme Leute herbei, damit für ihn gebetet werde. Die große, unerbittliche Annexion deS Tode- be rührte ihn so unangenehm, daß er schließlich Blut von Kmder« trank, weil ihm gesagt worden war, er könne sein Leben damit erhalten. Fontenelle, über 90 Jahre alt, wurde auf seinem Sterbe bette gefragt, ob er einen Schmerz fühle. Seine letzten Worte waren: „Ich fühle nur Eine Schwierigkeit: zu existrren." AlS Lord Chesterfield, der bekannte Classiker der Höflichkeit und de- AnstandeS, in den letzten Zügen lag, meldete man ihm den Besuch eine- Freundes. „Geben Sie ihm einen Stuhl!" seufzte Chester field und verschied. Seine gute Lebensart hatte ihn bis zum Tode nicht verlaßen. Der Skeptiker Diderot betrachtete den Tod als eine dumme, wüste Viertelstunde. Er stützte sich üüf feine Ellbogen, aß eine Aprikose und antwortete den Ermahnungen seiner Frau, sich auf das Kommende vorzubereiten: „blais quo ckiadle vouler-vous qus eela me ka88e?" Sie entgegnet« hierauf noch einige Worte ; aber er hörte sie nicht mehr. Er war schon gestorben. Andre Chenier verfaßte im Jahre 1794 im Gefängnisse ernrS seiner schönsten Ge dichte, in welchem er die Erwartung seine- nahen Tode- auS- spricht. Gerade hatte er die Worte niedergeschrieben: Ke sommeil cku tombeau pre88era ma paupjöro — als man in seine Zell« eintrat und ihn zum letzten Gang (nach der Guillotine) abholte. DantonS letzte Worte auf dem Schaffst waren zu Herault- Se'chelleS: „Unsere Köpfe werden dort (auf de-Scharfrichters Sack deutend) zusammenkommen", und zum Scharfrichter: „Zeige dem Volk meinen Kopf ; er ist deS Sehen- werth." Mit den auf dem Schaffst gesprochenen Abschied-Worten au« der französischen Revo lution könnte man allein einen ganzen Band füllen. Patriotismus, Parteiwuth, Ingrimm, kalte Todesverachtung, so wie die höchste und edelste Ergebung haben da gar manche- denkwürdige Wort hervorgerufen, da- der Aufzeichnung werth wäre. Georg IV. vo«
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