Festbericht fllier die Entwicklung der Realschule zu Mittweida ihres Bestehens, während der ersten 10 Jahre Gegeben vom Director bei der Feier des 10jährigen Stiftungsfestes am 29. Februar 1880*). (Vergleiche den Anhang.) „Den Demüthigen giebt Gott Gnade“. Dieses Wort ist zur glänzenden Thatsache in der gesammten Geschichte des Christenthums geworden, welches, nach dem Gleichnisse des Herrn, unscheinbar und klein, wie ein Senfkorn, in den Schooss der Menschheit gelegt wurde, aber unter dem Thau der göttlichen Gnade desto kräftiger, wurzel- und fruchtreicher sich fortentwickelt hat. Die Demuth, welche eine Maria befähigte, die Mutter des Herrn zu sein, sie aber auch in den Augen der Gläubigen des schwärmerischen Mittelalters mit göttlichem Glorienschein verklärte, die Demuth, kraft deren ihr göttlicher Sohn die Dornenkrone trug, aber auch erhöht wurde als der König seines Gnadenreiches, welchen die Christenheit wieder erwartet: diese Demuth wollen wir nicht verleugnen, indem wir nach so kurzem Bestehen unserer Realschule ihr Stiftungsfest in ausser ordentlicher und feierlicher Weise begehen; nicht Selbstüberhebung soll uns treiben, wenn wir erinnern an das Werk der Gründung und der ersten Entwicklung der Anstalt; nicht wollen wir unser Werk schon nach zehn Jahren in das Licht der Eitelkeit stellen und es dadurch des Saftes und der Kraft berauben, deren es zu seinem Fortbestände so sehr bedarf; nicht haben wir aus der Feme verehrte Gönner, liebe Freunde und Schüler eingeladen, um uns eine Krone zu winden, welche, anstatt uns zu verklären, uns je mehr und mehr zu einer in den Staub drückenden Last wer den würde — kurz, das heutige Stiftungsfest soll nicht eine Verleugnung der edelsten christlichen Tugend sein. Wohl aber erhebe heute unsere Herzen die Demuth, w'elche des Muthes nicht ent behrt, des Muthes, der uns freudig auf blicken lässt zu dem Geher aller guten und vollkommenen Gabe, zu dem Vater des Lichtes, des Muthes, der ihn uns preisen lässt für den Segen, welchen er unserer Anstalt verliehen hat, ihm danken lässt für die grosse materielle Hülfe, welche er aus der Hand der Regierung uns zuwendete, für die opferfreudige Theilnahme, welche die Gemeinde je mehr und mehr ihr widmete, für die Liebesgaben, welche einzelne Freunde ihr spendeten, für die treue Anhänglichkeit, mit welcher die ehemaligen Lehrer und Schüler mit uns verbunden blieben, für die Sittsamkeit und den Fleiss, mit denen unsere Schüler unsere Arbeit krönten, uns danken lässt für die grosse Güte und Gnade, dass Gott uns vor besonderen Heimsuchungen behütet hat. Dir, Herr, sei Preis und Ehre von uns jetzt und zu allen Zeiten! *) Dieser Bericht wird anstatt der Programm - Abhandlung auf besonderen Wunsch veröffentlicht.