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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 08.07.1873
- Erscheinungsdatum
- 1873-07-08
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-187307084
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18730708
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18730708
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1873
- Monat1873-07
- Tag1873-07-08
- Monat1873-07
- Jahr1873
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 08.07.1873
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Erscheinl täglich früh 6»/, Uhr. Nebatti»» ,»t «rPkbttt», JohaaatSß-st« »S. Pmat«. Redacteur Fr. «Sitirr. ßvrrchstundc b. Redaction »l>, 1»—» Uhr »«ch»>NW« v», «—d u»r. Mwwu drr für dir nächst- hwmt Nummer bestlmmtm Amitr an Wochentagen bis Hihr Nachmittags, an Sonn- M Seittagen früh bis '/,9 Uhr. tütete stk Inscratcaanaahim: vtt» Klemm. UuiversttätSstr. 22. LaliS Lösche. Hainslr. 21, pari. Tageblatt Anzeiger. Amtsblatt des König!. Bezirksgerichts und des Raths der Stadt Leipzig. »MW» u.»o». Ztbaaaeueataprrl» mertklMgÜch 1 Atz. 1« Rar. uiel-lvsingLlloha 1Ä>lr. 24Ngr. Jede cinzchll Nummer V/, Rgr. Velegexeinplar 1 Ngr. Gebühren für ExtrabrUagea ohne Postbeförderung 1t Thlr. mit Postdesörderung »4 Lhlr. Zaferale «gcspaltenevourgoiszeil« U/,^gr. Größere L chnjtcn laut unserem Preiäverzeichniß. Xeclamra unter b. Xedaettoaostr ch die Spaltzeile 2 Ngr. W 189. Dienstag den 8 Juli. 1873. Bekanntmachung. Die »«ewtGrltltGe Hw»pft»«G der nnrd allen unbemittelten in hiesiger Gtadt wohnhaften Personen jeden Alter«, »wweewtlich auch scho» früher aetnepfte« Gr- »«chsene» zur -kevacrinatiw», hiermit angeboren und soll dieselbe von Mittwoch de« LK. Mut luufeudeu Juhres -Tachw»itt««S S Uhr au bt» auf Weitere- jede» Mittwoch »ou 8 Uhr -kachwiittag- a« du Grdgeschoh de- ulte« Mteolaifchul- GEhüude- am Nicolaikirchhose stattfiudeu. Wir fordern da« bethemgt« Publicum hierdurch aus, von vorstehendem Anerbieten recht fleißig Pachtlustige wollen sich in dem hierzu aus Douuer-tag de« L7. Juli d. I Dorueittag- Lt Uhr anberaumten versteigerungStermine au Rathsstelle einfindcn und ihre Pachtgebote thun. Die Versteigerung«, und Berpachtuugsbedinguugen liegen in unserer Marstall-Expedition im alten Johanni-Hospitale zur Einsicht au«, wo auch sonst etwa gewünschte weitere Au-kunft Über da« zu verpachtende Grundstück ertheilt werden wird. Leipzig, den 30. Juni 1873. Der Math der Stadt Leipzig. Vr. Loch Eerutti. DSbeanch zu machen. Leipzig, a« 7. «ai 187S. Vie MediLi«aiPoliseideh örde. Der Math her Stadt Leipzig. Der Stadtdezttk-arzt. vr. Loch. vr. Sonnenkalb. Schmiedt. Bekanntmachung, i Nachdem die durch da« Ableben de« Herrn v». mvck. Ltppert erledigte Stelle eine- Leichen- schauarzte« in hiesiger Stabt Herrn vr. weck. Sarl Duwa-, wohnhaft Hospttalstraße 21, I. übertragen und derselbe heute von uns in Pflicht genommen worden ist, dringe» wir die« hiermit mit dem Bemerke» zur öffentlichen Lcnutniß, daß Herr vr. Duwa- die LrzMche Leichenschau »on heute ab in dem Peter- Stadt« und Dorstadt-Btertel ausüben wirb. Leipzig, den S. Juli 1873. Der Math der Stadt Letpzta. vr. Loch. Bauer. Verpachtung. Da« Mruudftüäk der ehewaltge» ULdttsche» Ziegelei an der Lindenauer Chaussee, bestehend an« 2 Wohnhäusern, in deren Einem ei» Stall, Hosranm, 2 Gärten, Obstplantagen und 3 Icker 290 mR. --- 2 Hectar 17,7 Ar Feld, soll «»« L. Oktober d. I. au auf 8 Jahre « b« Meistbietende« anderweit verpachtet werden. Dritte Generalversammlung Irr Gesellschaft für Verbreitung von Volksbildung. » * Leipzig, 7. Juli. vr. Hirth hatte seinem Vorträge „Uber die Volksbildung al» sociale und politrfchc Frage" eine Anzahl Thesen zum Grunde «legt, welche er vom Katheder auS weiter aus- führte und in schlichter derdkörniger Darstellung begründ Nc Die erste dieser Thesen lautete: Um unversöhnlicher Gegensatz zwischen Capital und Arbeit brsirht nur s» lange, al« ganze BollS- classr« in ihrer LrbritSsphäre beschränkt und zur «rsrirdignng ihrer materiellen Brdürfvifie zur Benutz, ttma »iebnrr Arbeiten gezwungeu find. Unter diesem Verhältnisse seiner Folge manaelhafter Bolttbildung) leiben direct auch unbemittelte Gebildete (namentlich Gelehrte Lehrer, »erzte, Lomptoiristev, Techniker,c). da brr Schutzzoll, drr dem Capital auS dem niedere» Calturgrad brr unteren «lassen erwächst, de» «mwu- »eptzeru gegenüber den Arbeitenden überhaupt zu Oute kommt, de» erstrren eine sociale Uebermacht ver leiht, welcher g7genübrr die reine persönlich« und mora- lisch« Tüchtigkeit über Gebühr an Bedeutung vnliert. In einem durch »nd durch hoch cvltivirteu Bolle, wo es bei vollkommener Gewerbesreiheit und Freizügigkeit jede« Einzelnen vermöge allgemeiner Vorbildung und »nfielligieu lxicht fällt, entweder einen neuen Berus zu rrgreisrn (, um'zusattrln") oder um- und auSzuwauderu, «nd nicht d,r Arbeit da« Capital, sondern da« Capital die Arbeit aussuchrn wüsten. Gediegene ««Unbildung ist da- einrigr Mittel, um zur friedlichen Theilung deS Capital« zu'kommen. Hieran knüpfte er die zweite These unter fol gender Kormulirung: Die Arbeit erhält den Staat. Da der Fort- bestand der materiellen und geistig« Güter, überhaupt der Cultur, ven der Güte und dem ethischen Werth« der Arbeit abhäogt. so hat die Gesammtheit rin hohes Iutenssr daran, daß alle Einzelnen in dt« Lage kommen, ihr« natürlichen Anlagen und Fähigkeiten voll zu ver- werthrn. Die orgautfine Lulturgemeiuschatt kann «S nutzt dem Belieben ihrer Mitglieder überlassen, ob sie sich di« Livilisation aneignen oder auf dem niedrigen Cnlturgrad halbwilder Völker verharren wollen Di« Gleichheit vor dem Gesetz«, die Theilname Aller an der RechtrvUduna vermittelst de« allgemeinen WahlnchtS, die «Igmitire Wchrpflicht und jede sonstige Mitwirkung im össv-tlichen Leben setzt vielmehr eine strenge Coutrole de« Staate« über den Bildungsgrad jedes Einzelnen voran«. Uvgebildetr Masse» werorn zum Spielball aller «»glich«« unlauteren Speculationen, verfallen al» Classr ans Generation«« hinaus dm entnervend« lunmrkungrn der niedere» Handarbeit rud drücke» dir »malischen und körperlichen Fähigkeiten des BolkeS herab; ausgrNärt über ihre Gleicbbereck>tigmia mit dm Besitzenden und Gobitdeten, den« ans dem Boden de« hmtlgm Privatrecht« wirksam Toncmrrenz zu mach« sie nicht in drr Lag« find, sehen fie ihr einzige« Heil im aewalisamm Umsturz aller socialen und politischen Brr- htlwisse, verbinden sich m,t dm gefinvungsverwandten E rmevttn im Ausland« und untergraben so dm Pa- lriotismu«, bi« wichtigste Stütz« de« StaatSwahle«. Decher ba« Recht und die Pflicht b«S Staate«, all« StaatSbrwohner vor Eintritt der Volljährigkeit znr Au» »ahme höherer Cultur zu zwingen. (Schulzwang) 111. «er «S unternimmt, eine "Ehe m schließen, hat Re« in der BorauSfitznng zu thun, daß die Jugendzeit seiner Kinder dm vom Staate eiliges« tzteu Blidungs «nsialtm angetzvrt Die Unterhaltung dieser Anstalten Rach dir Gesammtheit bildet dm kärglichen Ausgleich sttr dt« großen Opfer, welch« die Familien durch die Sorg« um die Erballung, die häuslich« Erziehung, die «echoe und leidliche Gesundheit der jungen StaatSan- M'igm bring«. Die Abwälzung der durch die Bit- Rm-Sanstaltm de» Staate« erwachsenden Kosten auf Provinzial-, KrriS-, G.meiude- oder sonstig« Verbände «der gar aus die Familien selbst, ist durch Nicht« zn nchiettigm; die Forderung der „Selbstverwaltung" aas de« Gebiete de« Schulwesen« kann sich wohl auf di« Schnlanfficht, nicht aber auf die finanziellen Lall« erstreck«, da e« dicht und dünn bevölkerte, reichere und ärmere Gmreindrv. Lreis« und Provinz« giebt und da der Schulanswand t» umgekehrt« Brrhältniß za de, BoUSdichttgkeit und der Stennsähi gleit,» wachs« rflegt; rbmso wie r« unstatthaft sei» würde, di« Mtti- tairanSgatm pro Kops nach Gemeind« oder Kreis« z« nhedeu. Die Theilung der Schullasten zwischen Staat. KrriS, Gemeind«, Kirche und Privat« aber ist eine Halbheit und wird nimmermehr eimu gedeih- Uch« Auischwung des BolkSschnlwesms zulast«, da er- sabruiigSmäßig staattiche Institution« nur dann energi scher Durchführung sicher find, wenn den gesetzgebend« Factor« das Bewußtsein der volle» Brrantwortuvg inuewohut. Cultur- und Schulgemeinschaft müssen einander decken; entsprechend der Gestal tung unseres social« und «irthschafelichen Lebens ist die weiteste Gemeint chaft auch die beste und gerechteste, also bet unS: daS Deutsche Reich. IV. Ziel und Inhalt des BolkSuntenichtS in Ele mentar- und FortbiidnogSschu'.en richten sich nach den Culturbedüistnifl« der nationalen Gesammtheit, erst in zweiter Linie nach etwaigen provinziellen oder Berufs- wterrfi«: auf kein« Fall darf da» Maß der gewährt« Bildung für verschiedene Bolksclassen größer oder geringer sein, und ebensowenig soll in dieser Be ziehung rin Unterschied zwischen Stadt und Land bestehen. Der Staatsunterricht muß dem Einflüsse aller einseitig« Interessengemeinschaft«, vor Alle« der religiös« Eon- fesstou«, entrückt sein; seine Hauptaufgabe ist. die jungen SiaatSdürger zu sclbMändrg denkend«, streng sittlich« »itz «Mgnnein anstellig« Mensch« zu mach«. Wea», Sri allgemeinem SchMzwana neben gut« Volksschulen schlechte, mit ungenügenden Lehrkräften und Lehrmitteln versehene existirm, so sind die letzteren rin Raub au d« behelligten Bolkskreism, indem fie die Kinder schlecht bewehrt dem Kampf« ums Dasein preir geben und die Eltern um die ErzirbungSkofim betrügen; schlechte Ele mentarschulen sind aber auch eine Versündigung gegen d« Staat selbst, da in einem StaatSwes« mit voll- kommen freier Personrnbewegmig jede locale Unter lassungssünde auf dem Gebiete drr Volkserziehung sich mehr oder weniger fühlbar auch an der Gesammtheit rächen muß. V. Uatrevnbar von der Echulfrage ist dir Steuer- frage, indtm jede großartige Schulreform die Flüssig, macbung neuer Geldmittel voraussrtzt. Da daü ge sicherte Einkommen der Staatsbürger und die Ansamm lung privat« Vermögens nur möglich ist unter dem Schutz« des Staates; da erfahrnngsmäßig Einkommen und Vermögen desto leichter und mühclofer wachsen, je größer fie sind; ja es weder im Interesse des Staates noch im Geiste unseres heutig« Rcchts liegt, die durch daS Privatrecht dem Fleiß und der persönlichen Tüch tigkeit gewährte Prämie in cinrm der Entwickelung dieser Eigenschaften nicht mehr entsprechenden Maße anwachsen zu lass,»; da der Staat durch die Arbeit eihaltm wird »nd dahin wirk« soll, daß die Arbeit fre, bieib« und nicht vom Großcapitale gedrückt und beherrscht werde; da endlich dir gegenwärtige ungesunde nnv gefahrdrohende Bertheilung de« Nationalreichchums nur möglich ge worden ist durch den nieder» Cnlturgrad der großen Mast«, durch frühere Unterlassungssünden des Staates; und da eS nur der Billigkeit entspricht, wenn drr Aus gleich dieses Mißverhältnisses auf dem Wege seines Ent stehen» gesucht wird, so ist dir Schulreform anzuweis« auf die Erträgnisse einer progressiven Einkommensteuer, und zwar «veuluell zunächst nur auf Sttuerzuschläge bei d« größer« Einkommen Da aber eurerseits die Volksbildung eine nationale sein muß, und andrerseits die Bildung deS Privat Vermögen« und -Einkommens innerhalb der nationalen Cultur- und BrrkehrSgemeiu- schast stattfindet, so muß eine solche Steuer gleichmäßig tm ganz« Deutsch« Reiche zur Erhebung gelangen und nach gleichmäßig« Giuudsätzm der national« Ge sammtheit zu Gute komm«. Am Schluß faßte er seine Wünsche in folgende« Postulat zusammen: VI. Rach alledem find al« allernächste Forderungen von all« Patriot« und Kreunden einer friedlich« Ent- Wickelung unserer social« und politischen Verhältnisse auszustell« und von den ehrlich« Partei« zu rur- seLtm: ein Reich«.Schulgesetz und zur Erhaltung dcr Schulen eine progressiv« Reichs-Einkommensteuer. Beide Forderung« setzen allerdings «tue fortwährende Coutrole seiten« de« Reiche« und snner gesetzgebend« Factor« voran«, ohne im Urbrtgm die Verwaltung drr Schulen dvrch die Einzelstaatrn und dt« Selbstverwaltung inner- halb der Gemeind« auSzuschließ«. Die Versammlung »ahm die Rcde vr. Hirth'« mit den Zeichen allgemeinsten Beifall« auf. Die eigentliche Tagesordnung hob nun an durch Mittheilung tze« Wesentlichsten au« dem in ein zelnen Exemplaren gedruckt vorliegenden umfang reicher» Jahresberichte Über da« Bereinsjayr 1872—7S, erstattet vom Eentralau«schuß, vor- getragen dom Secrrtatr de« Vorstandes vr. Leibtng. Der Bericht spricht von der Organisation, sodann von den Leistungen de« Verein« und giebt ein umfangreiche« nach Staaten und Provinzen geordnete« Mitgliederverzeichniß für da« Ge, schäftSjahr (1. Aprtl 1872 bi- dahin 1873). Die Leistungen beziehen sich zunächst aus die vom Vereine angestrebtc obligatorische Fortbildungs schule und die in dieser Hinsicht gethanen zahl- und erfolgreichen Schritte, sodann auf die Wander vorträge in den Provinzen, auf die Gründung von BolkSbibliotheken, die Organisation von Bil dung-Vereinen (276 Bereine gehören der Gesell schaft al« körperschaftliche Mitglieder an); ferner auf die Thtitigkett der Zwcigvereine, Provinzial- unb Bezirksverbände; herausgegebene und ver breitete Schriften, Förderung de« Bildungswesen« durch die deutschen Genossenschaften, endlich Stif tungen persönlicher Mitglieder der Gesellschaft. Während der gestrigen Verhandlungen ward eine neue schöne Stiftung eine« ungenannt bleiben den Mitgliedes angemctdet, bestehend in einer Dotation von 2000 THaler» als Gchnlt eine« neuen für die Gesellschaft wirkenden Wander lehrer«. eine Mittheilung, für welche man über Aufforderung de« Präsidenten durch Aufstchen von den Sitzen dankte. Franz Duncker (Berlin) al« Schatzmeister der Gesellschaft trug nun den Cassenbericht vor. Die Einnahme pro 1872,73 betrug 12,373 Thlr., die Ausgaben - - beliefen sich auf . 4,823 - Bestand 7,548 Thlr. Die Zahl der zahlenden Mitglieder erhob sich von 1457 auf 2248, die Beiträge hoben sich von 6296 auf 8484 Thlr. Redner constatirte mit freudigster Gcnugthuung, daß die junge Gesell schaft bereit« so wert gelangt sei, im Jahre bei 10,000 Thlr. für Bilvungszwccke auszubringen. Die größte Mitgliederzahl hat Preußen auizu- weisen (l644), während Leipzig einer der stärksten, beziehentlich dcr stärkste Zwcigverein ist. Die Tagesordnung brachte nun den Bericht de« seit Neujahr für die Gesellschaft reisenden und durch populäre Vorträge wirkenden Wander lehrers vr. Lindwurm, eine« in Leipzig durch seine 1866 in Braunfchweig erschienene fulminante polemische Schrift „Grundzvge der Staats- und Privalwirthschastslchre, nebst einer Darlegung ihre« Verhältnisse« zur Jurisprudenz und andern verwandten Wissenschaften" wohlbekannten Natio nalökonomen. Sein Bericht ward mit stürmischem Beifall ausgenommen. Es ging daran« hervor, daß Redner im ersten Semester d. I. 77 Orte be sucht und 94 Vorträge (7 auf je 10 Tage) ge halten hatte. Da« Lebe« in den Vereinen schil- derte er mit den lebhaftesten Farben, namentlich verweilte er bei der Behelligung der Frauen an dem VcreinSwerke und erkannte m derselben einen durchaus nicht zu verachtenden Factor. Mit einem polemischen Anlause gegen Gegner, von denen man in der Versammlung bi« dahin äußer lich nicht« gemerkt hatte, bedang sich der „schnei dige" de« Wortes sehr mächtige Redner für seine Wirksamkeit Gedankenfreiheit au«, wie Marquis Posa. Ter 4. Punct der Tagesordnung führte eine kurze Debatte herbei. Redactenr A Lämmer« (Bremen) berichtete über die Herstellung von gewissen Betriebsorganisationen zur Beschaffung und Verbrcitung von Jugendbibliotheken und V olksliteratur. Kran »D uncker bethelligte sich an der Debatte durch Millheitunq Dessen, Wa der EentralauSschuß in literarischer Beziehung biSber geleistet habe und noch zu leisten gedenke. Aus Antrag de« Vorsitzenden erhob sich die Versammlung zum Ausdruck der Hochachtung vor der rühmlich e,fr,gen einschlägigen Tbätigkcft ge- rade der Bremer Mitglieder der Gesellschaft. Ein längerer Wort- und heißer Jdeenkamps entspann sich bei dem nächsten Gegenstand, dem Antrag von Ludwig Wetzl (Frankfurt a. O.)' auf Erlangung eine« ReichsschulgesetzeS mit obligatorischer Fortbildungsschule. Antragsteller zog schließlich, obschon er sich von keinem der Redner al« widerlegt ansehcn zu können erklärte, den Antrag selbst zurück und ließ nur über den dritten Punct ferne« Antrages abstimmen, dcr da lautete: „Zunächst ist dahin «u wirken, daß tu da« in AuS- sicht stehende preußische Unterrichtsgesetz die Kon- bildnngSsckult al- obligatorisches Institut mit aus- genommen werde.' (Angenommen.) Mit diesem Anträge in engem Zusammenhänge stand ein anderer, den vr. Leibiug einbrachte und zu welchem Graveur Ter hold (Leipzig) ein denselben verallgemeinernde« Amendement stellte. Antrag und Amendement wurden apart verhandelt und ebenso angenommen, so daß die Resolution Leibing-Gerholo nun lautet: „Ja Erwägung, daß in da« Budget d«S Unter- richtSmünsterwms für >874 di« für die Uutr- tützuuz obligatorischer gewerblicher Fortbildung«, chaleu in der ganz« preußischen Monarchie er- orberlicheu Summen ausgenommen werden sollen, ordert der EentralauSschuß all« seine persönlich« und corporative» Mitglieder auf, für Ergreifung und Durchführung gleicher Maßregeln in allen deutschen Staaten rinzutre en." Aus die Debatte kommen wir später zurück. Fünf Uhr schlossen die Bcrhandlunaen, und man begab sich zur Tafel in den großen Saal. Herr Hoffman» hatte e« an Nicht« schien lassen, um die Tafelrunde nach de« Tage« heißer Arbeit an Speise und Trank trefflich zu er quicken. Tasclpräsident war vi. Genfel. Selbiger er- öffnete mit einem frischen Trinkspruch auf dre Gesellschaft für Verbreitung von Volksbildung unv ihr Obsiegen in dem Kampfe gegen Unwissenheit und Finsterniß. Folgte dcr Toast Kranz Duncker'« aus Leipzig, die Stadt, in der dessen Vater seine Buchhändlerlehrjahre begonnen, deren Ehrcnbürger Derselbe nachmals geworden, auf da« Gedeihcn de« spät, aber um so imposanter zum Ganzen gekommenen Leipziger Zweigverein«. Die Dankantwort gab vr. Georgi mit An ziehen de« alten Leipziger Spruche«: vipsi» roll orspeotari, „Leipzig will abgewartet sein", durch einen Toast auf Schulze - Delitzsch al« Repräsen tanten humaner, idealer Bestrebung zum Wohlc der Gesellschaft. Schuzc-Delitzsch erhob sich sofort zu längerer Gegenrede und Auslassung über den Begriff der Nationalität und nationalen Regeneration, welche er in der Theilung der Culturarbeitrn der Mensch heit fand, wie er unsere politische Neugestaltung als auf humaner Cultur errungenschift beruhend. Nicht« weniger al- auf da« Phantom einer Weltherrschaft, wie die römische, hinstrebend hin- stellte. Die staatliche Neugestaltung sei uns Mittel zum Zweck und diese» Ziel sei eine reine civilisatorische Bewegung. Schulze - Delitzsch ließ trinken „auf die nationale Zukunft »nsere« Volke«, daS Friedensbanner de« Welttheiles." (Donnernder Beifall) vr. Schuster ließ die Volksschule, vr. Max Hirsch da« vündniß zwischen Bildung«- und praktischen Reformbcstrebungen der Gewerkvereiue leben, worauf sich Schulze-Delitzsch noch ein- mal zu einer fulminanten Auslassung Uber die sociale Frage erhob, indem er namentlich be- tonie, daß die besitzenden Classen keinen größer» schwer wieder gut ru machenden Kehler begehen könnte», al- wenn sie durch stet« ableh- nende« Verhalten gegen die Arbeiter schichten letz tere in die für sie setber sehr gefährliche Position hincindrüngte«, sich al« eine besondere Classe im Gegensätze zur übrigen Gesellschaft zu fühlen und zu orgamsireu. S-chulze-Delitzsch redete eine«, »te er e« nannte, geistigen, d. h. mit Schätzen de« Geiste« verschwenderisch und dennoch unendlich productiv wirthschastendcu Eommunismu« im edelsten Sinne da« Wort, donnerte aber auch unbarmherzig über die Bcr- i I -
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