Vom ersten bis zum sechsten Lebensjahre es sich nunmehr bewußt als Einheit im Unterschied zu der gesamten Umwelt zu fühlen beginnt. Das alles kommt all mählich, nicht mit einem Schlage, bei dem einen früher, beim andern später. Das neue Ich fühlt sich in harmloser Selbstverständlich keit als Mittelpunkt der Welt, um den sich alles dreht. Alles, was das Kind erlebt und empfindet, wird von ihm auf die Umwelt übertragen. Dabei wird kein Unterschied gemacht zwischen Menschen, großen und kleinen, Tieren und leb losen Dingen. Ein Topf steht auf dem Herde und kocht über; ,,Der Topf macht weine-weine!" sagt das Kind. Der Schorn stein auf dem Elbdampfer wird unter der Brücke umgelegt; „Esse macht schlafi-schlafi" erklärt das Kind, und nach der Brücke; „Esse hat ausgeschlaft." Ein Dreijähriger kam als Neujahrsgratulant zu der Gemeindeschwester, die bei seiner kranken Mutter ein- und ausgegangen war; sein Wunsch lautete: „Daß de gesund bleibst und scheene folgst!" So hatte wohl die Mutter zu ihm gesagt, so gab er es weiter. Egoisten sind sie von Natur, die kleinen Menschen: alles wollen sie haben. Eine gewisse Schlauheit kommt unver hohlen schon frühe an den Tag: Bärchen und Wauwau müssen, wenn sie sich gestoßen haben, ihr Stück Zucker be kommen, um dann für ihre Person großmütig zu verzichten, damit der süße Trost in einen andern Schnabel wandern kann. Doch finden sich auch altruistische (lateinisch alter = der andere) Triebe schon sehr frühe. So borgte ein Kind dem Vater, der krank zu Bette lag, sein Bärchen, den eigenen, unentbehrlichen Schlafkameraden und Tröster in allen Nöten, in dem Gefühl: „Wenn das nicht hilft, dann weiß ich's nicht!" So streichelte ein Kind den Stuhl, der umgefallen war: „Armer Stuhl hat bumm gemacht." Eltern sollten ihre Kinder fleißig beobachten in ihrer Ent wicklung, sollten sich auch ein Büchlein anlegen und auf schreiben, was besonders bemerkenswert scheint. Aber ja nicht die Kinder merken lassen, daß man sie beobachtet! Ja nicht Vorstellung geben, wenn die liebe Tante oder der gute Onkel kommt: „Ach, sage noch einmal, Fritzchen, was du gestern gesagt hast!" Fritz weiß glücklicherweise gar nicht, was er gestern gesagt hat. Man macht die Kinder da durch schüchtern und befangen. Späterhin werden sie eitel,