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01-Frühausgabe Dresdner Nachrichten : 22.06.1906
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1906-06-22
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19060622015
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1906062201
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1906062201
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Nachrichten
- Jahr1906
- Monat1906-06
- Tag1906-06-22
- Monat1906-06
- Jahr1906
- Titel
- 01-Frühausgabe Dresdner Nachrichten : 22.06.1906
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M begrübe», daß einzelne Gastwirtbvereine. so die in Duisburg «nd Berlin, eigene Brauereien ins Leben gerufen Hallen, um von den Brauereibesitzcrn unabbäirgig zu lverdcn und ihren Gästeo das Bier zu dem alten Preise adgcben zu können. Er fordere daher auch alle anderen Vereine zur Selbsthilfe auf gegenüber den „Ehrenmännern", mit denen man es in der Person mehrerer Brauertibesttzer und ihrer Direktoren zu tun «ab«. lSchr richtig! Beifall-! Reiclzsaigsabgeordneter Aroelich-Potsdam: Wdht das Aergste. was einem heute passieren könne, sei daS: Neichsschatzsekretär zu werden. Ver steht er sein Fach, holt er überall krallig Steuern heraus, so sei er allerseits Angriffen auSgefetzt, bringt er nichts zu Wege, werde er lucanisiert. lHeiterkeit.j Seine freunde und er hätten gegen die Brausteuervo>lage gestimmt (Bravo!!, weil sie gewußt hätten, da« aus derselben eine Konsumstcuer werden würde, da die Brauereien diese neue Steuererhebung nicht allein tragen könnten rejp. wollten. Er sei mit dem Ergebnis der Finanz- reform nicht zufrieden, denn die vorhandenen Neichsoefizits würden kaum gedeckt, schon hapert es an allen Enden, und an eine ordentliche Schuldentilgung sei gar nicht zu denken. Vpr allem habe man auch wieder geschont die Riesen de r m ö ge n. Man wagt sich hier nicht heran, man befürchtet, daß die Grosjkapitalisten auswandern würden. Tagegen ließe sich aufwarten mit einer kräftigen Auswanderstcuer aus größere Vermögen, Tantieme»-, Eoupviislener. eine weit kräftigere Ver mögens- und schließlich eine progressive Neicl>seinkoi»mensteuer. Letztere sei sehr wohl möglich, nur müßten natürlich alsdann die einzelnen Staatssteuern darauf zugcschnitten werden. ES sei im Reickre gesetzlich sehr viel einheitlich geformt, warum sollte es nicht möglich sein mit Beziehung ans die Steuern? Viele Kapitalien würden im Auslande in exotischen Werten angelegt, hier wäre eine Emissionsslciier für ausländische Papiere recht empfehlenswert. Unlängst habe ein B r a u e r e i b e s i tz e r 5 6 Millionen hinterlasse», der nur 4 Mil- lionen versteuerte. l-Hört! Hört!! Also eine kräftige Coupon st euer wäre auch nicht zu verachten. Es müsse überhaupt dem Anwachsen des Großkapitals mehr entgegen- gearoeitet werden. (Lebhafter Beifall.! Spielvorgänge betraf ein Antrag des Vereins Grünberg und der südöstlichen Zone, der eine Aenderung der strafgesetzlichen Bestimmungen bei Hasardspielen wie folgt verlangt: „Zu 8 284. Ter Glücksspieler ist bedingungslos zu bestrafen. 8 285 soll folgenden Zusatz er halten: Es sei denn, daß der Inlxiber eines össentlichen Ber- samnilungsortes alle ihm zu Gebote stehende» und zulässigen Mittel in Anwendung gebracht habe, um das Glücksspiel zu ver hindern." Weiterhin wurde ein Antrag des Vereins Sagan und der südöstlichen Zone angenommen: „Ter Gaslwirletag wolle beschließen, daß Schritte getan werde», »m eine Aende rung im Strafgeseßbuch herbeizuführcn, daß die Trunkenbolde, welche auf der Liste stehen, durch das Gesetz bestraft werden können und Gastwirte nur dann, wenn solche ein Verschulden trifft.* Zum Schluß der Mittwoch-Sitzung stimmte dann der Gastwirtetag noch folgendem Anträge Gelsenkirchen zu: Der Gastwirtetag wolle beschließen: Der geschästssührende Ausschuß wird beauftragt, bei dem Herrn Minister des Innern dahin vorstellig zu werden, daß der .Herr Minister die von der Polizei, Verwaltung der Stadl Gclscnkirchcn in letzter Zeit beliebte Ver Wegerung der 'Konzessionierung des Schalterverkanfs in solchen Höllen, wo cs sich um alte, lange bestehende Geschäfte handelt, aufhebt.* — Zur Einweihung der B i s m a r ck s ä u l e. Tie von der Dresdner Studentenschaft aus dem sogenannten „Thon berge" oberhalb Räcknitz errichtete Bismarcksäule steht auf ge schichtlichcm Boden. Sie erinnert uns nicht allein an sie »Wiedcrcrstehuiig des Deutschen Reiches durch den großen 'Deutschen Bismarck, sondern auch an die schmachvollste Zeit Deutschlands, unter Napoleons Zwinghcrrschast. Die Morgen röte der Befreiung von diesem Joche ging gewissermaßen von hier aus, war die Schlacht bei Dresden doch der letzte Sieg auf deutschem Boden, den der gefürchtete Tyrann erfochten hat. Das Denkmal unterhalb der Säule ist ein Denkstein des blutigen "27. August 1813, an dem der in russische Dienste getretene ehe malige französische General Moreau auf dieser Hohe an der Seite des russischen Kaisers Alexander tödlich verwundet wurde. Das Denkmal besieht in der Hauptsache aus einem Würfel von Sr>en:t, der von dem einst bei Meißen lagernden, mit vielen Runen bedeckten Riesensleine stammt, den der damalige Genera-lgouverncur von Sachsen, der russische Fürst Repnin. zersprengen ließ. Ein Jahr nach der denkwürdigen Schlacht, am 26. August 1814, wurde das Denkmal, vielleicht auf sächsisch Kasten, gesetzt. Schade, sehr schade ist die Ver nichtung des Riesensteines, dieses Zeugen aus grauer Vorzeit unseres Vaterlandes. Ein Stein aus dem Plancuschen Grunde für das Denkmal eines Verräters an seinen' Lande und seinem Volke wäre dazu gut genug gewesen. Ein Ueberlänfer war Moreau doch, denn nur aus Haß und Rache gegen Napoleon kämpfte er gegen diesen, der seine» ehemaligen Freund und Kameraden schmachvoll geling behandelt hatte und ihm sogar nach dem Leben trachtete, sodoß er nach Amerika flüchten mußte, von wo ihn Kaiser Alexander zu sich berief. Unter dem Steine liegen nur die zerschossenen Beine Moreuus, die ihm in Nöthnitz obgenomnien werden mußten, wohin man ihn bei dem Rückzuge der Verbündeten geschasst hatte. Er starb dann am 2. Septem ber 1813 in Laun in Böhmen. Seine Leiche wurde später in Petersburg beigesetzt. An diese Tatsachen hier zu erinnern, kann nicht schaden, da man oft, amDenkmal stehend, dasiinalaub- lichste Zeug über die Veranlassung zu der Errichtung desselben selbst von Leuten zu hören bekommt, von denen.man annehmen inüßte, daß sie mit der Geschichte vertranter sein sollten. Ein der Bismarcksäule würdigeres Denkmal könnte vielleicht dem Moreausteine gegenüber gesetzt werden, und zwar einem deutschen, in Sachsen geborenen Helden der Befreiungs kämpfe, dem tapferen Führer einer kleinen, gber ruhmvollen Freischar, Ferdinand v. Schill, Major im König!. Preußischen 2. Brandenburger Husaren-Regiment, geboren am 6. Januar 1776 in Wilmsdorf bei Dresden, gefallen am 31. Mai 1809 in Stralsund. Diesem heldenmütigen Vorkämpfer der Befreiung Deutschlands neben der Ebrensäiile des Wiedererrichters des Deutschen Reiches, ein Denkmal zu setzen, muß uns Ehrensache sein, und man sollte die Gelegenheit benützen, bei der bevor stehenden Feier diese Sache anznregeli, die gewiß nicht bloß bei den Studierenden, sondern auch in weiteren Kreisen Anklang finden wird. Die geringen Kosten, die die Beschaffung und Ausstellung eines einsamen Denksteines mit Inschrift ver ursachen. dürsten wohl bald ausgebracht sein. —L—. — Der Bczirks-Obstbaii-Vercin „Oberes Elbtal" hält am 7., 8. und 9. Juli in ,-Donaths Neuer Well" in Tolkewitz eine Hrüh obstschau ab. Der Stand und die Entwicklung der Früchte sind Heuer dem Unternehmen günstig, der Anbau und der Verbrauch von Frühobst sErdbeercn, Himbeeren, Johannis- und Stachelbeeren und Kirschen! hat auch im Bereiche des Elb- tales außerordentlich znaenommen, sodoß sich der Bezirks-Obst- bau-Verein „Oberes Elbtal" der schönen Aufgabe zu unter ziehen entschlossen hat. den Züchtern von Frühobst eine Gelegen heit zu geben, ihre Erzeugnisse aus einer Frühobstschau aus zustellen und alle die Sorten vorzusühren, die bei ihnen gut ge deihen und die besonders gute Eigenschaften und Vorzüge haben, um zur Erweiterung des Absatzgebietes beizutragen und das größere Publikum für unser Frühobst mehr zu interessieren und zu zeigen, welche Hülle von vorzüglichem Frühobst auch in unseren Lagen gezogen wird. Mit der Ausstellung soll ein Klein- und Großverkaus von Obst und drei Obst verwertungskurse am Sonnabend, vormittags 10 Uhr. Montag früh 10 Ubr und nachmittags 4 Uhr verbunden wer den, die Herr Obstlxiiiwanderlebrer Wolanke aus Wurzen übernommen bat. Die Beschickung steht allen sächsischen Obst züchtern frei, Platzmicte wird für Früchte n-icht erhoben. Die Preiszuerkenniing erfolgt durch eine Kommission, die die besten Leistungen durch Plakate <1., 2. »nd 3. Preis! auszeichnen wird. Programme »nd Anmeldcsckv'ine sind beim Vereins-Vorsitzen den, Herrn Paul Hauber, Baumschulenbesitzer in Tolkewitz- Dresden. zu entnehmen, die Anmeldung muß bis 6. Juli an gleicher Stelle erfolgen. Außer für Frühobst sind auch M- teilungen für eingemachtes Obst. Obstsäfte und Obstwein«, Obstkonserven und Gemüse errichtet. — Streik. Unterstützung kein persönliche» Darlehen. Die Leitung des Buchbinder - Streiks m Leipzig Hot die Streikenden zur Unterschrift eines Reverses ver anlaßt, wodurch sie sich verpflichten, falls sie vor der durch den Verband erfolgten Beendigung des Lohinciinvses die Arbeit »jeder aufnchuie» sollten, die empfangen« Streikunterstützung «t» eü» persönliches Dartcheu mm X. autuerkennen und an diesen zurückzuzahlen. Dazu erklärt der Verband deutscher Buch- bindcreibesitzer öffentlich, daß ein solches Schuldancrkenntnis ungültig und rechtSunwirksam sei, daß Unterstützungen aus einer Streikkasse nach tz 152 der Neiaisgewerbeordnung nicht zurückgefordert werden konnten und Lab die Drohung mit Klage aus dem Reverse nach tz 153 der Gewerbeordnung und ge gebenenfalls nach tz 253 des Reichsstrafgefetzbuchs wegen Er pressung strafrechtlich verfolgt werden könne. Außerdem aber verstoße es nach tz 138 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gegen die guten Sitten, Personen zum Ausharren im Streik zwingen zu wollen, bis es einem Dritten gefalle, diesen für beendet zu erklären. — lieber die Duellaffäre. der ein Leipziger Stu dent zum Opfer fiel, schreibt die „Saale-Ztg.": Zu dem Duell. daS am Mittwoch in der vorigen Woche zwilchen dem Referendar Welsch und dem Agronomen Hans in der Heide auSgesochten wurde, ist weiter zu nielden, daß der durch einen Brustschutz schwer verletzte H. im „BeramannSlrost" darntederlicgt. Die Nachricht von seinem Tode bestätigt sich nicht. Da mit dem Sachverhalte der ganzen Angelegenheit von beteiligter Seite allzu sehr hinter dem Berge gehalten wirb, ist es erklärlich, daß ver schiedenartige Gerüchte m der Stadt laut werden. W. soll schon mehrere Duelle hinter sich und sich vorher auf Pistole gut ein geschossen haben. Die Ursache zu dem Duell soll eine „tätliche Beleidigung" sei». Die beiden sollen in Leipzig um Geld gespielt haben, dabei soll eS z» Streitigkeiten gekommen sein. Nach einer anderen Mitteilung soll der eine dem andere» Geld geborgt haben und, als jener dir Summe zurückfordertc, soll sich dieser für „be leidigt" betrachtet haben. — Freitag dc» 29. Juni mittags 12 Uhr findet KreiSauS- jchuß - Sitzu » g statt. — Der zweite Termin der La n d r en t e n und Landes kult u r r e n t e u aus das Jahr 1906 ist spätestens am 30. Juni zu entrichten. — Zusvlge einer Anregung der preußischen Negierung habe» nach einer Verordnung des Königl. Ministeriums des Innern in Zukunft Abschiebungen a usländlscher Zigeuner, soweit sic mittels Transportes erfolge», nur »och über die Reichs- grenze, nicht aber über die Landcsgrenze nach einem benachbarten Bundesstaate zu erfolgen. — Das Picknick der „Dresdner Liedertafel" bei der Barbara-Kapelle war ungemein zahlreich besucht. Herrlich ließ es sich-bei dem prächtigen Wetter im schönen Walde früh- stücken, wobei die Lieder froher Mämierkehlcn mit den Klängen der Schröderjchen Musikkapelle wechselten. Dann erschien der Einsiedler aus der Kapelle, das Getier des Waldes mit sich führend, und mit scherziwsten Worten Fröhlichkeit und Humor weckend, in der warmen, heiteren Weise, wie sie Tr. Pötzsch eigen ist. Frl Münckcheinr vom Residenztheater kam als Barbara, doch nicht als büßende, sondern mit Blättern und Blüten geschmückt, und begrüßte mit poetischen Worten von Rickyrrd Ulbricht die waldfahrenden Sänger, ihre einst Ernstein geweihte Stätte jetzt dem Frohsinn, der Fröhlichkeit darbietcnd. Der,ganze Tag verlies in Lust uns Freude, bis am Abend die Rückfahrt nach Dresden von Scifersdorf erfolgte. — In Rade beul haben bei der Firma Gcbr. Gebier vor gestern wieder etwa 200 Former die Arbeit nieder gelegt. Sie haben in den letzte» Tagen, nachdem, wie es schien, aus Grund der sogenannten „Friede»sbedi»a>iiigeii" Einvernehmen hergestellt war, dittch den Arbeitsausschuß neue Lvhiiforderunge» erhoben, die die Arbeitgeber nicht bewilligen konnten. zuneigt, wird allein richtig bandeln, wenn er seinen Berus out- gibt. Täte er es nicht freiwillig, jo miißie die Behörde dies Aus- geben erzwingen. Hierzu l,vorüber übrigens nur dem Kirchlick>en Disziplinarhoi die Enochcidung zuitehen imirdej sehli aber im Fragesalle die erforderliche Unterlage. JcocnfaUs hat Pfarrer Korell weder unmittelbar noch mittelbar zugegeben, sein Verhältnis zur Sozialdemokratie sei ein freundliches. Solange er selbst Wahlkandidat war. l>al er auch die Sozialdemokratie bekämpft. Sein Verhalten, soweit es ihm mit Grund zum Vor- wurs gemacht wird, ist deshalb kein solches, um ihn des sür eine fernere segensreiche Ainlswirkiaiwkeil ersordcrlichen An sehens und Vertrauens unwürdig erscheinen zu lassen (Dis- zipliiiargesetz tz 5, Ziffer 1!, aber ein solches. daS mit den be- sonderen Standespsiichlen eines Geistlichen unvereinbarlich und geeignet ist. die Achtung und das Vertrauen, die sein Berui erfordert, zu beeinträchtigen IDiszipUnargesetz tz 10s. Pfarrer iKorell mußte einsehen, daß seine B e r u s s pflichten, solange er im Amte blieb, seinen vermcirulichen politilchen P a r t e i pflichten vorgingen. Er mußte dies „in so mehr ein- sehen und danach Handel», als die sraqliche Reichstagewahl durch ganz besondere Uinsläude nötig geworden war." Der Fall Korell. Die Mittwochs-Nummer der amtlichen „Dcirmst. Ztg. bring! eine-O. K. lObcrkonsistorium! gezeichnete Veröffentlichung, die sich mit der Disziplinierung des Pfarrers Korell in Königslädten besaßt und in der die gegen den Pfarrer wegen seines Verhallens bei der Neichstagsstichwahl sür „Es steht fest, daß Pfarrer Korell sür die aus den 25. Apri! d. I. anberauiiite Reichstagswahl sür den Bezirk Darmstad!.Groß- aerau als Kandidat des „Wahlausschusses der vereinigten Liberalen" ausgestellt wurde, und daß er für seine Wahl und gegen die Kandidaturen Stein lbürgcrliche Parteien! und Verl- hold (Sozialdemokrat! mit starker Agitation tätig war. Es bleibt hier des Näheren unerörlert, daß es bcdc»k!:ch und des halb unerwünscht ist, wenn ein Geistlicher da, wo so entschiedene politische Gegensätze herrschen, Gegenstand und Milvcraastaltcr einer solchen Agitation wird. Gewiß ist, daß die seinen und sehr empsiudlichen Beziehungen des Geistlichen zu einem Teil seiner — doch auch politisch geschiedenen — Gcineindcglicdcr nvtlcidcn müssen, und daß hierdurch seine dienstliche Stellung und Tätig, keil in der Gemeinde schwer gefährdet zu werden droh:. Aber genügender Grund zu disziplinarischem Vorgel!-':, gegen den Geistlichen wird durch eine solche Haiidliingswciic nicht gegeben Es scheidet deshalb hier alles aus, was bis zu dem Zeitpunkt geschah, wo Pfarrer Korell in der Hauptwahl unterlag und nun die Stichwahl zwischen Stein und Berthold nötig wurde. Da- gegen ist von großer Erheblichkeit, wie 'sich Pfarrer Korell zu dieser Stichwahl stellte. Er erließ eine Erklärung „An meine Wähler" also lautend: An meine Wähler! Ter 25. April hat mich nicht in die Stichwahl gebracht! Meine persönliche Ausgabe sür die Ncichstagscrsatzwahl 1906 ist erledig!,, ich lege meinen Auftrag zurück in die Hände des Wahlausschusses der „vereinigten Liberalen". Heurig bleibt mir nur die Pflicht, Dank, herz lichen Dank allen meinen Wählern z» sagen, daß «sie mir ihr Vertrauen geschenkt haben. Eines hat das Wahlergebnis mit unbestreitbarer Deutlichkeit erwiesen: der entschieden sozial ge richtete Liberalismus hat festen Boden in der Wählerlchast des Wahlkreises Darmstadt-Großgerau. Von 1900 sreisinuige» Stimmen ist die Zahl der „vereinigten Liberalen" auf 5800 ge stiegen. Sic sind schon nach diesem erste» Versuche zwciseilos mit die stärkste der sogenannten bürgerliche» Parteien: die Reaktion und die Sozialdemokratie, denen ich eine beträcht liche Zahl Stimmen abaeiiommeii habe, könne» nicht mehr über die „vereinigten Liberalen" spötteln. Tic Wahlziffcrn zeigen jedem, der schcn will, daß da? Mandat nur durch den Liberalis mus erobert werden kann, der von links Stimmen gewinnt und sesthält. Ich höre, dast hie und da Enttäuschung vorhanden ist, weil wir nicht i» die Stichwahl gekommen sind. Nun: auch ein morscher Baum fällt nicht aus einen Hieb. Wir haben aber durch den 25. April geradezu die Pflicht, initzuwirken an den großen Ausgaben des Liberalismus in unserem deutschen Valcrlaude. Liberale! Organisiert Euch! Arbeitet, daß die Freiheit und Wohlfahrt und durch sie das Vaterland steige. Glückauf! Königs slädtcn, am 26. April 1906. ÄdojfKore > l. Es muß hiernach angenommen werden, daß er di: Wahl Bcrtholds nicht positiv beförderte, aber er hat sie offenbar be- fördert durch das, was er unterließ und was er nicht hätte unterlassen dürsen. Es war ihm nicht zuzumuten, daß er zur Stichwahl öffentlich Stellung nahm, oder gar, daß er sich für Stein erklärte: aber er muhte als Pfarrer unmißverständlich zeigen, da^ er nicht, wie ge glaubt wurde, und »ach der anaezogenen Sache geglaubt werden mußte, die Wahl Bcrtholds billiae. Dann blieb seinen Wählern immer noch die Möglichkeit unbeeinflußter Entschließung, z. B. auch völliger Stimmenthaltung. Pfarrer Korell hat aber etwas Derartiges nicht erklärt und hat so dieMeinuna, er fei nunmehr für Bcrtholds Wahl, mittelbar gefördert. Ob er dies wollte, läßt sich nicht nachweiien. Es ist aber anzunebmeii. daß er dem Wahlausschuß, der seither fo umfassend und stark sür ihn gewirkt lrattc, mit dem er deshalb eng verbunden war und dem er Dank schuldete, nicht die Plane kreuzen wollte. Man kann ein solches (Gefühl verstehen: aber wer dieses Gefühl hegt und in die Tat überführt, muß wenigstens in der Lage lein, durch eine solche Handlungsweise nicht höhere Pflichten zu verletzen. Pfarrer Korell aber war Geistlicher und deshalb hierzu nicht in der Lage'er batte solche Pflichten und er hat sie verletzt. Es steht fest, daß die S o z ia ld e m o k ra t i e sich selbst als eine revolutionärePartei erklärt und Gegnerin der bestehen den Gesellschasts- und Staatsordnung und (trotz dem Satz, die Religion sei Privatsache, und unbeschadet etwaiger persönl chcr Kirchlichkeit der einzelnen Sozialdemokraten! eine Feindin von Kirche und Religion ist. Die Amtspflicht eines evangelischen Geistlichen und die revolutionäre Sozialdemokratie als solche stehe» io direktem Gegensatz zneiuander. Lin Geistlicher. der rdr Deutsche Pressevertreter io England. Tie deutschen Pressevertreter find Mittwoch nachmittag 4hß Uhr in London? eingctrosfcn. Wie einem Teile der Leser schon kurz gemeldet, wohnten die Herren abends m His Majestys Theatre der Vorstellung bei und »ahmen dann an einem von dem Direktor des Theaters lZeerhohm Tree veranstalteten Essen teil. Außerdem ivarcn der deutsche Botschaftsrat von Stumm. Freiherr von Eckhardstein, der Dramendichter Piners, der Schauspieler Irving der Jüngere .und andere hervorragende Persönlich keiten aus der Literatur- und Kunstwclt erschienen. Direktor Bcerbohm Tree hieß die Gäste in deutscher Sprache in London willkommen. In einer Versammlung des Bezirks London des Institute os Journals st s -wurde einstimmig eine Resolution angenommen, welche die deutschen Redakteure bei ihrem Besuche in England herzlich begrüßt und die Hoffnung ausspricht, daß der Besuch dazu beilragen möge, die guten Be ziehungen zwischen beiden Nationen fernerhin zu festigen. — Der Londoner „Daily Telegraph" bestreuet, daß die Presse Krieg und Frieden machen könne, er gibt ober zu. daß die Presse Be- dingungen schaffen könne, aus denen Krieg und Frieden her- Vorgehen. Zwischen der deutschen und der englischen Presse habe es viel zu viele Vorpo st engefechte gegeben. Vorpostcngesechte könnten zu einer allgemeinen Aktion fuhren, die Presse eines jeden Landes sei sozusaaen der Vorposten des Auswärtigen Amtes und die Hand voll Leute, welche den Vor posten bilden, sollten sehen, daß nichts geschieht, was die höhe ren Stellen zur Aktion zwingt. Das Blatt bezweifelt nicht, daß das Fraternisieren der englischen und deutschen Redakteure viel zur Anerkennung dieser Grundsätze beitragen werde. Aus diesem Grunde und wegen der Notwendigkeit, die freundlichsten Beziehungen mit Tcnlschland zu unterhalten, heißt der „Daily Telegraph" die deutschen Redakteure aus das herzlichste will- kommen. Ter „Standard" s./reibt: Es besteht kein Grund, warum Deutschland und England nicht Freunde sein sollten, selbst wenn aber das Echo der jüngsten Vergangenheit verhindern sollte, daß wir jetzt eng befreundet werden, so könne uns nichts hindern, freundliche, gegenseitig rcfpektvol le Nachbarn zu werden. Der Besuch der deutschen Redak teure werde wesentlich dazu beitragen, dies herbeizuführen. Der „Mornina Leader" bemerkt, keine vernünftige Person werde auch nur hoffen, daß der Besuch eine vollständige plötzliche Sympathie zwischen England uns Deutschland im großen wie im einzelnen lierbeifübren werde, doch wenn der Besuch nur klarer mache, daß in Enaland und Deutschland die Interessen der Demokratie dieselben seien, und daß das größte aller Interessen der Friede sei. dann werden sich die Ver- anstalter des Besuches um beide großen Nationen wohlver dient gemacht haben. Die Memoiren des Generals AndrL Gerade fetzt, in den Tagen der Revisions-Verhandlungen des Treosus-Prozesses, tritt, wie schon kurz gemeldet, General Andrö, der Kriegsminister des Kabinetts WaldeckDtousseau, mit seinen Tagebuchblältern hervor, welche die Erinnerung an die Zeit heftigster innerer Kämpfe zwischen der bürgerliche» und militärischen Gewalt in Frankreich wieder auffriscben. Andrö batte die Mission übernommen, das Heer von der Ueoer- macht der nationalistisch-klerikalen Elemente in allen höheren K'oiiiiiiaiidostellen und insbesondere im Generalstabe zu befreien, und cs ist bekannt, welche erbitterten Widerstände im eigenen Lager er hierbei zu überwinde» hatte. Aber auch vom Aus lände her ivurde eine Einwirkung versucht, um der drohenden R cp» b l i ka n i si e r u ng der französischen Armee Einhalt zu tun. Der frühere Äricgsmimfter Andrö gibt nun in seinen im „Matin" erscheinenden Memoiren Ausschluß über einen f ra n z ö s i s ch - r » s j i s ch e n Zwischenfall , wel- cher seinerzeit großes Aussehen erregte, über dessen Ursachen jedoch unrichtige Versionen verbreitet waren. Man hatte da- mals, vor fünf Jahren, behauptet, daß der russische Miiitär- Attachs Murawicw dem Kabinett Waldeck-Rousscau unan- genehm geworden sei, weil er in einem russischen Blatte eine scharfe Kampagne gegen den Kriegsminister Andre inspiriert und ihn beschuldigt hatte, daß er die Armee desorganisiert und dadurch die militärilche Kraft des Zweibundes geichädlgt habe. Nach den jetzigen Mitteilungen Andres war der Vorgang noch viel ernster. Andre erzählt, daß er bald nach seinem Amts antritt die antircpublikanisch gesinnten Generalstabsoffiziere ves Kriegsministeriums durch republikanische ersetzt batte. Kaum war diese Maßregel bekannt geworden, als Obeiyt Mura- wiew bei ihm erschien und in anmaßendem Tone er klärte, daß er in seiner Eigenschaft als Vertreter einer ver bündeten Macht ilm ersuchen müsse, seine Entscheidiing ziiriick- zuziehcn. „In mir", fo schreibt Andrö, „kochte der Zorn ans. „Mein Herr," erwiderte ich, „ich empfange nur vom iran- zösischcn Parlament Befehle/ Hieraus ries Murawiew: „Unter Viesen Umständen, Herr Minister, muß ich 'Fönen sagen, daß Sie gegen die Allianz verstoßen." Schon wollte ich derb werden, aber ich besann mich noch. Es konnte ja in dem mir unbekannten Allianzvertrage eine Klausel, betreffend die Zusammensetzung der beiderseitigen Gcncralstäbe, enilialten sein, »nd, meinen Zorn bemcistcrnd, erklärte ich: „Genug davon, diese Unterredung kann nur durch Vermittlung des Ministers des Aeußern fortgesetzt werden. Wollen ^ic sich ent- fernen!* Ich begab mich sodann zu Waldeck-Rousscau, wel cher sagte: „Das ist abermals ein Streich Ibrer General, stabslculc, welche sich hinter Murawicw gesteckt haben. Be- ruhigen Sie sich, im Allianzoertrage steht nichts derartiges. Wenn dies der Fall wäre, bliebe ich nicht Ministerpräsident. Wir sind Herren in unserem Hause, geben Sie zu Dclcafsö, er wird da -Ordnung schassen." Dcicassö bestätigte zivar die Erklärung Waldcck-Ronsscaus. aber er tvar sichtlich nnangenebm berührt. Er meinte, cs wäre besser gewesen, wenn diese Ge schichte vermieden worden wäre. Man dürfe niemand vor den Kopf stoßen. Gleichwohl vcranlaßtc Dcicassö alsbald die A b - berufungMurawicws, welcher durch Oberst Lazarew, einem klugen, diskreten Diplomaten, ersetzt wurde." TaneSneschichte. Deutsches Reich. Der Kaiser wird seine Fahrt nach Nor wegen srüber als in den Variablen antrete». Die Kaiserslotlillc. Hamburg, Leipzig. Sleipnkr. soll schon am 1. Juli Kopervik nördlich von Stavangcr anlanse». Von dort aus ist Diontbcim (» etwa 1 Tagen beauein zu erreiche». AlS nördlichster Anlaushasen wird TromSö angegeben. Die aktive Schlachtslotte gebt Mitte Juli glkichiallS »ach den nordischen Gewässern und besticht mebrcrr nor- wegiiche Häsen zur Koblcncrgänzung. Die Ueduncissabrt wird Mitte Anglist beendet sei». Demnach werden die Kaiserslottlllc und die bciinische Kampsflotte gleichzeitig die norwegischen Ge wässer befahren. König Wilkiem H. von Württemberg konnte gestern den Gedenktag seines vor vierzig Jabrcn erfolgte» Eintritts in dc» Militärdienst begeben. Geboren am 25. Februar 1848. trat Prinz Wilhelm am 21 Juni 1866 als Leutnant in das 3. Reiter- Regiment rin. Ter König ist Ehcs dcS vlkußischcu Kürasstu» Regiments Ln 5. Dresdner? Nachrichten. -tr. L«v. Sette S. »» Freitag. 22. Juni LvtX
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