Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 26.03.1880
- Erscheinungsdatum
- 1880-03-26
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- Public Domain Mark 1.0
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188003266
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- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18800326
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- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18800326
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- Images teilweise schlecht lesbar
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1880
- Monat1880-03
- Tag1880-03-26
- Monat1880-03
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- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 26.03.1880
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Erscheint tLglich früh 6'/. Uhr. Uesoltl», GepedM»» Johauoisgassr »S. ZPMtzß»»»«» »n »ebonio,: v»r»tttag« I«—12 ltyr. Nachmittag« 4—S Uhr. M» dt» M^at« rtn«r<and«rr «an». »«»«« ««ch, fi» d,« R»dacr»»a »tcht »crdlndltch. ae »er für die nächst» Nummer defttmnttn» an «ochentageu dts Nachmittaas, au Louu- . .esttageu früh bis '/^9 Uhr. L> tzeaFüstte» flle Z»s. Auixchm«: Ott» Memm. Umversttätsstr. 22. LmU- Lüsche. Katharinenstr. 18,p. «tt dis Uhr. MWger.TaMV Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichk, Handels- wd Geschäftsverkehr. Auflage 16.0Ü0. Td„»r«e»t«»rti» viertelt- 4'/,Mk„ mcl. Brinaerlohn b Ml., durch die Post drzoge» « VN. Jede einzelne Nummer 2b Pf. Belegexemplar 10 M. Gebühren für Extrabeilagen ohne PostbrsbrLeruiig SS Mk. Mit Postbefvrdrrrmg 48 Ml- Lustratr Lgesp. Prtitzeile 20 Pf Größer« Schriften laut unserem PrriSverzeichniß — Tabellarischer Satz nach höherem Ta ns. Urrlmoe, „In dem Ur»«ctt»»^sttch di« SpaltzeU« 40 Pf Inserate find stets an d. Lrpedtttsu zu senden. — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung pr»«niu»«-r»a>1a oder durch Poftvorschuft. Hl. Freitag den 26. Mürz 1886. 74. Jahrgang. Bekanntmachung. Auf die für das Jahr 1879 festgesetzte Dividende der Reiebsbankamheile im Betrage von 5 Proe. wird die Restzahlung mit LS Mark für den Dividendenschein dir. 12 vom 25. d. M. ab bei der Reichsbankhauptcasse zu verli«, bei den Reichs- bankhauptftellen zu vremeu, VreSlau, «öl», ranzt-, Dortmund, Frankfurt a. M, Hamburg. Hanno- »er. aSuiß-derg i. Pr, Leipzig, Magdeburg. Mannheim, München. Posen. Stettin. Straszburg i. E und Stuttgart, bei den Rerchsbankftellen zu Aachen. Augsburg, Bielefeld, vraunfchwetn, Vromberg, «»Hel. Chemnitz, Coblenz, Crefeld, Dresden. Düsseldorf, Elberfeld, Elbing, Emden, Erfurt, Essen, Flensburg. Frankfurt a. O, «era, «letwist, Glogau, Görlitz, Graudcnz, Halle a S., Karlsruhe, Mel, Laudüdrrg a. W„ Liegnitz, Lübeck, Mainz, Memel, Metz. Minden. Mülhausen i. E, Münster, N«rdhause», Nürnberg, Osnabrück. Siegen, Stralsund, Stolz», Thorn, Tilsit und bei den Reichsbank- Commanditen zu Vö-li» und Insterburg erfolgen. Berlin, den 19. März 1880. Der Reichskanzler. v. Bismarck. Gewerbekammer Leipzig. Von heute ab befindet sich unser Bureau Petersstrasse 20 — Passage Ledig — Treppe L, 2. Gt. Leipzig, den 2». März 1880. W Höckel, Bors. Auctio». Im alten Daudstummen-Jnstitutsgrnndftücke Nürnberger Straße Nr. 34 sollen Dienstag, den 30. März d I. Vormittags 10 Uhr ca. 100 Stück gebrauchte hölzerne Bettstellen, I WaschroUe und einige andere Gegenstände meistbietend ver steigert werden. Die Erstebungsbeträge sind gleich nach dem Zuschläge zu erlegen und die erstandenen Ge genstände noch im Laufe des lages wegzuschaffen. Leipzig, am 23. März 1880. Universitäts-Rentamt. Graf. Städtische Gewerbeschule. Zum Besuche der Ausstellung der Schülerarbeiteu, welche in der 2. Etage deS Schullocales östlicher Flügel der lll. Bürgerschule, Grimmaischer Steinweg 17/18, vom 23. bis 30. tmj. stattfindet, beehrt sich im Namen deS Lehrer-Collegiums hierdurch ergebenst einzuladen Leipzig, am 20. März 1880. Der Direktor: Nieper. Geöffnet ist die Ausstellung von Vormittags 10 bis Mittags 1 Uhr. Städtische Gewerbeschule. Mehrfach kundgegebenem Wunsche entsprechend wird die Ausstellung von Schülerarbeiten während dieser Woche außer den Besuchstundcn von Vormittags 10 bis Mittags I Uhr am Donnerstag und Sonnabend auch in den Abendstunden von 6—8 Uhr geöffnet sein. Leipzig, am 24. März 1880. Der Direktor: Nieper, Prof. MMairische Lage der Schweiz. E« gewinnt immer mehr den Anschein, als wolle Frankreich in einem Kriegsfälle niit dem Deutschen Reiche sich leichten Sinnes Uber die Neutralität Belgiens und der Schwei; hinwegsetzen. Dennoch reift die Frage der Wehrfähigkeit der Schweiz einer ziemlich langsamen Lösung entgegen. Bor Kurzem fand in Bern eine von Ossicieren der eidgenössi schen Armee einberufene Volksversammlung zur Berathung der Frage der Landbesesti^ung statt. Die Versammlung, an der sich alle Münde be theiligten und in ker auch der Chef deS eidgenössi schen Militair-Departements, BundeSrath Her ten st ein, erschienen war, genehmigte einstimmig folgende Resolutionen: 1) Alle Opfer für Vermehrung unserer Wehm kraft werden dem Lande erst dann von Nutzen sei», wenn wir durch geeignete Vorkehrungen die wichtigeren Einfahrtstraßen befestigen und dadurch eine feindliche Überrumpelung verhüten und die Wehrkraft unserer Landwehr erhöhen. 2) Die Befestigung unserer Grenze ist ein Gebot der Nothwehr und der Selbsterhaltuna. 3) Durch Unterlassung derselben werden sich Diejenigen, welche rn ihrer Stellung dazu berufen sind, die Unabhängigkeit des Landes zu wahren, eine schwere Verantwortlichkeit ausbürden. 4) Die Versamm lung hofft, daß die eidgenössischen Räthe die noth- «endigen Credite für eine rationelle LandeS- befestiaung und Beschaffung von Positionsgeschlltzen bewilligen werden, jedoch ohne Schmälerung der für die übrigen militairischen Zwecke, insbesondere für Ausrüstung und Bewaffnung der Truppen erforderlichen Summen, und spricht ihrerseits die Bereitwilligkeit «ms, die erforderlichen Opfer zu bringen. Der letzte Satz der Resolution war von dem Commandanten Feller eingebracht worden. Der gleichen Versammlungen und Beschlüsse haben in der Schweiz eine ungleich praktischere Bedeutung al» in allen anderen Ländern, wo der Soldat und der steuerzahlende Bürger sich nicht in einer Person vereinigen, sondern in Fragen des militair- politischen Leben- ans verschiedenem Boden stehen. Man kann also in dem Beschluß jener zu Bern abgehaltenen Versammlung ein erneutes Zeugniß für das in berufsmäßig und politisch maßgebenden Kreisen verbreitete Streben nach einer Befestigung der gegen Frankreich gekehrten Grenzen erkennen. Bon Interesse sind auch die Motive, welche zu diesen Resolutionen geführt haben. Sie lasten er kennen, daß das politische Mißtrauen der Schweizer sich wesentlich gegen Frankreich wendet. Frank reich hat seine Grenzen förmlich gepanzert meinte Oberstlieutenant Feller — Deutschland sein Befestigungssystem sehr vervollständigt. Wenn der mit mathematischer Sicherheit zu erwartende Revanche-Krieg zwischen den beiden Gegnern aus- iricht, würde nach der Ansicht deS Vortragenden — dessen Gedanken wir hier wiedergeben — ein Durchbruch aus ihre» direkten Grenzen kaum mög lich sein. Der anflreifende Theil wird daher eine auvore Einbruch-Urne suchen müssen, entweder durch Belgien im Norden oder durch die Schweiz im Süden. Run liegt aber die ganze schweizerische Rordwestarenze unter den Kano nen der französischen Festungen, welche sich in einem dichten furchtbaren Gürtel von Pruntrut bis Gens hinziehen. Diesen Festungen ist bereits ein großer wichtiger Tbeil der Schweiz, nament lich sämmtlicbe Eingänge in das Land von Westen, schutzlos preisgegeben. Die Schweiz hat dagegen Nichts gethan! Sic liegt einem Feind offen und es könnte wohl der Fall erntrefsen, daß alle ihre wichtigen Linien, das ganze Aar-Thal, vom Feinde besetzt sind, ehe die schweizerische Armee in Thätigkcit treten kann. Der französische Festungsgürtel im Iura hat einen offensiven Charakter, nicht gegen die Schweiz, aber gegen Süddeutschland, in welches die Fran- osen durch die Schwei; eindringen wollen. Eine einzige entscheidende Schlappe olme Rückzuaslinicn und Sammelpunkte müßte daS Schicksal der Schweiz entscheiden. Beim Ausbruch eine« Krieges ist es .ur Errichtung von Festungswerken zu spät. Ohne olcbe ist die Schweiz nicht mehr im Stande, ihre Neutralität zu behaupten. In allen Zeiten der Schweizer Geschichte, selbst damals, als das Land von kleinen schwachen StaatSwesen umgeben war und die Eidgenossen als die besten Soldaten der Welt galten, schenkte man den Befestigungen große Aufmerksamkeit und scheute keine Opfer zur Herstellung und Instandhaltung derselben. Die Mittel zur Herstellung der nöthigen Grenz befestigungen belaufen sich auf 30 bi- 40 Millionen Fra«»». Die Schweiz ist im Stande und muß im Stande fein, diese Mittel auszubringen, wenn sie nicht aus die Unabhängigkeit von vorn herein verzichten will. Eine Invasion feindlicher Armeen, wobei die Schweiz unfehlbar den Kriegsschauplatz fremder Heere bilden würde, brächte so große schwere Verluste, daß obengenannte Summe da gegen verschwindet. Die traurigen Ereignisse von 1790 und 1814 sind die Beweise dafür. Die Genehmigung der Befestigungskosten hängt, wie Alles in der Schweiz, von der birecten Zu stimmung des gesammten Volkes ab. Es ist wahr scheinlich — so meint die „Allgemeine Zeitung", welcher wir hier folgen — datz das Volk, wenn man ihm den richtigen Ausschluß über die Sache giebt, mit den Vorschlägen einverstanden sein werde; man dürfe Die- seinem gesunden Sinne Zutrauen. Die Organisation hätte so rasch als möglich zu beginnen. Die Aufgaben derselben sind zahlreich und erfordern viel Zeit, und die Schweizer sind nicht sicher, wie bald neue gewaltige Stürme losbrechen. Oberstlieutenant Feller glaubt die Noth Wendigkeit der Herstellung von etwa 20 permanent auszubauenden Befestigungspuncten Nachweisen zu können, und zwar für alle Grenz-Fronten zusam men. Daneben empfiehlt er die Vorbereitung zur Anlegung provisorischer Besestigungöwerke an 10 bis 12 Puncten. Welche Puncie er in Vorschlag bringt, ist bisher nicht publicirt worden; so viel jedoch bekannt, waren gegen den französischen Iura hin ursprünglich an folgenden Stellen Fortisi cationen in Aussicht genommen: 1) bei Basel, 2) auf dem Mont Terriblc in seiner ganzen Aus dehnung, wo ein System von Schanzen, Gräben und Verhauen ein befestigtes Lager bilden soll zur Absperrung der Passagen, welche auS der allge meinen Richtung von Pontarlier in daS mittlere Aar-Thal führen; 3) zwischen la Sarra; und Cassonay, wo ein befestigtes Lager den Raum zwischen dem Neuchateler und dem Genfer See abspcrren soll, und 4) Feldschanren vorwärts Lausanne am Genfer See als Weaesperren, sowie als linker Flügel der gesammten Nordweft Front Im Deutschen Reiche würde der Entschluß zu einer Befestigung der schweizerischen Jura- Grenze nur allgemeine Zustimmung finden Dem schweizerischen Volke völlig uneigennützig gegenüberstehend, haben wir nur daS Verlangen, daß e- jederzeit seine Unabbängigkeit und die von ihm übernommenen Pflichten der Neutralität möglichst vollkommen zu wahren wisse. Politische Uebersicht. LetPztg, 25. März. Conservatwe und der Reichsregierung nahe stehende Blätter haben über da« päpstlich Schreiben in Betreff der Anzeige geistlicher Ernennungen und die weiteren Maßnahmen, zu welchen dasselbe die Regierung veranlassen könnte, bisher sich außerordentlich schweigsam verhalten: die Verhandlungen wurden ausschließlich zwischen liberalen und ultramontancn Blättern geführt. Zum ersten Mal unterzieht nun heute die „Post" an zwei Stellen diese Frage einer Betrachtung und ommt zu Schlüffen, die an diesem Play gewiß Beachtung verdienen. Das sreiconservative Blatt staubt, der entgegenkommende Schritt des Papste« et nicht " ' >er zur offenen die noch im Amt befindlichen Bischöfe von der räpstlichen Weisung auch wirklich Gebrauch machen und die erforderliche Anzeige geistlicher Ernennungen an die Staatsbehörde erstatten. Aber auch dann Papst, die anderen, weil sie conservativcr als Fürst Bismarck sind; alle aber fahren wie ein aufge störter Weöpcnschwarm durch einander und beklagen sich über den Verkauf ihrer Seelen oder Leiber, der m Berlin durch ihre Vertreter in den gesetzgebenden Körperschaften abgeschlossen wird. Zu den lautesten Schreiern in ultramontancn Kreisen czebören Die jenigen, welche durch Zugeständnisse die Rheinpro vinzen in ein Bismarck'sches „Patrimonium" Mordio durch und °ben so lange und mit so vielen Opfern ge führten Kampf damit enden sehen, daß selbst die Hoffnung aus die Zurückführung der Jesuiten, aus den Unterricht in den Elementarschulen, die Abschaffung wäre «ne Aushebung selbst derjenigen Vorschriften I deS kirchlichen Gerichtshofes u. s.w. vernichtet wird. der Maigesetze nicht gerechtfertigt, welche als Kampfmittel anzusehen sind, vielmehr würden auch diese nur vorbehaltlich der Wiederanwendung im Falle crneueter Widersetzlichkeit zu suSpendiren ein. Der hierzu erforderliche Act der Gesetzge bung könne m nicht« weniger als in einer grund sätzlichen Abänderung der Maigesetze bestehen. Und an einer anderen Stelle sagt das Blatt: „In den verwaisten Diöcesen, deren Wiederbesetzung auch aus Andererseits sind eS dre liberalen Elemente unter der katholischen Bevölkerung, die seit dem Ausbruche des CultnrkampfeS nach und nach in die Reihen der Ultramontanen gezogen wurden, nicht, weil sie deren kirchenpolitische Grundsätze thcilten, sondern, weil sie einer oppositionellen Richtung in rein politischen, wirthschastUchen und Finanzsragen angehörten. An dem Tage, wo der gegenwärtige Riß in der nltramontanen ^ ^ in demWegederBegnadigung„vielleicht"erfolgcnkönnte. I Partei "sich erweitert^ werden Tausend und obwohl von der Rückkehr der Bischöfe ohne Aus- j aber Tausend auS ihren Reihen in die liberale nähme wohl ernstlich gar nicht die Rede sein kann, läßt sich em rasch zum Ziele führender Ausweg dadurch finden, daß vom KleruS den Gemeinden die Vornahme der Wahl ihrer Pfarrer gestattet wird, welche bis jetzt mit der äußersten Strenge untersagt wurde." Wir sind nun allerdings nicht der Ansicht, daß die Wiederbesetzung der Diöcesen, die durch ein bereits vollzogenes Gerichtsurtheil er ledigt sind, einfach aus dem Wege der Gnade erfolgen könne, wie wenn cs sich um den Nachlaß einer Strafe, die noch verbüßt wird, handelte; sondern die Neube setzung der erledigten BischosSstllhle wird nur durch eine förmliche neue Einsetzung erfolgen können Der Vorschlag, die Eurie möchte den Gemeinden in den verwaisten Diöcesen d,e Psarrerwahl ge statten, würde gewiß viele Schwierigkeiten sehr einfach auö dem Wege räumen; aber man wird doch an der Bereitwilligkeit der Curie zu diesem Wege, dem Nothstand abzuhelsen, vorerst noch starke Zweiset hegen müssen. Wenn die Dar legungen der „Post" irgendwie den an maßgebenden Stellen herrschenden Anschauungen entsprechen, so wird man sich allerdings keineswegs allzu sangui nischen Erwartungen hinsichtlich der baldigen Bei legung des Kampfe« hingeben dürfen; man wird aber auch in dem Vertrauen bestärkt werden, daß wesentliche Rechte deS preußischen Staats bei diesem Friedensschluß nicht geopfert werden Von einem rheinischen Abgeordneten, der zur liberalen Partei zählt, erhalten wir folgende Mittheilungen: „Der Wiedereintritt deS Westen« in daS staatliche und parlamentarische Leben der Nation, welcher jahrelang durch die feindseligen Manöver der Ultramontanen zurück gedrängt wurde, kann jetzt nicht mehr lange auf sich warten lassen. Der ZersetzungSproceß innerhalb der kleri kalen Parier hat mit dem Tage begonnen, an welchem die Windthorft, von Schorlemer-Alst :c. dem Reichskanzler Heerfolge in der Zoll Politik des Reiches leisten mußten. Seitdem hat der Papst mit seinem Schreiben an Herrn Melchers einen neuen Keil in die Partei ge schoben, und wie sich die fromme Bonner „Deutsche Reichszeitung" mit der noch frommeren „Ger mania" in den Haaren liegt, so thun cS am Rhein und in Westfalen die Römlinge in allen öffentlichen und geselligen Zirkeln, im Eastno wie aus der Bierbank, in der Sacrisiei wie in der Familie. Sie werfen sich Liebenswürdigkeiten an die Köpfe, die einen, weil sie päpstlicher als der Partei zurücktreten, von woher sie gekommen waren. Diese Stimmung geht hinab bis in die zahlreichen Reihen der Arbeiter, deren Brodgeber in der Eisen- und Kohlenindustrie jetzt allerdings höhere Gewinne erzielen, aber keine höheren Löhne bewilligen wollen. Unter den katholischen Gesellenvereinen macht das geflügelte Wort die Runde: „Wenn nicht bis zum Früb- jahr höhere Löhne gezahlt werden, wandern wir aus." Die gebildeten Schichten der Bevölke rung verkünden laut, daß sie dem Feilschen und Schachern deS CentrumS in Berlin schon lange mit Mißtrauen zugesehcn und daß sie sich jetzt von einer Partei abwenden müssen, welche den Liberalis mus blos zum Schein auf ihre Fahne geschrieben, um ihn der nächster Gelegenheit an die Conserva- tiven zu verkaufen. Die Neubildung einer politisch liberalen katholischen Partei ohne das bisherige ullramontanc Programm ist das eigentliche Ziel deS rheinischen Liberalismus, der sich bisher der Herrschaft des Centrums auS Oppositionsgründen anbequemte. Diese Schaaren harren nur des Momentes, wo sie ihr Mißtrauen gegen die kleri kalen Führer aussprechen und solche Männer wählen können, wie vor der Bildung der katho lischen Fraktionen im Reichstage und im preu ßischen Abgeordnetenhause, sowie vor ihrer jetzigen Verquickung mit den konservativen Parteien." Der Reichskanzler begiebt sich demnächst nach Friedrichsruhe. Der Tag der Abreise von Berlin ist noch nicht festgestellt und wird auch dann wohl erst bekannt werden, wenn der Fürst Berlin bereit- verlassen hat. Dagegen verlautet mit ziemlicher Bestimmtheit, daß Fürst BiSmarck in der ersten Aprilwoche zurückkehrcn will. Die ReichStagSarbcilcn sind es nicht, welche die Rückkehr des Kanzlers beschleunigen, sondern die Arbeiten für da« Auswärtige Amt. denen sichderFürstin sehr großem Umsange unterzogen hat. Eine Entlastung nach dieser Richtung wird erst eintreten, sobald der Botschafter Fürst Hohenlohe von Paris eintrisit und Geh. Rath von Radowitz zu Dessen Ersatz nach Paris geht. Nach den jetzigen Plänen ist es zweifellos, daß nach endgültiger Besetzung des Postens eine- StaatSsecretairS des Auswärtigen >err von Radowitz als Botschafter nach Kon iantinopcl geht. « * * Wie galizische Blätter auS Warschau be richten. ist dort ein neues Nihilistin che-Journal
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