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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 09.04.1880
- Erscheinungsdatum
- 1880-04-09
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188004099
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18800409
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18800409
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1880
- Monat1880-04
- Tag1880-04-09
- Monat1880-04
- Jahr1880
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 09.04.1880
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Erscheint tS-lich früh 6'/. Uhr. >ch«ttt«, «ch <«»«»81«« JohcumiSgafle SS. >»rnH«»»n» »er tzesactt«»: LoomttagS 10—12 Uhr. «achmittagS 4—6 Uhr. i »n RLckW>b« vionN. I sich dt« R«d«clU>n otch» »rritndUch. der für dir nächst- Nummrr deMmnttru — «u» Wochentagen dts Nachmittags, an Sonn- »ch Festtagen früh dts '/,v Uhr. z, »e, FMatea für I>s.-Aim«h«: Otto Klemm. Untversttärssir. 22. tz«nls Läsche.Kachattnenstr. 1t», p. »M VIS »hr. UtiMM LagclilM Anzeiger. Organ für Politik, Lokalgeschichte. Handels- und Geschäftsverkehr. Auflage 16.200. L1>»„nne»1§»rr1» viertelt. 4V, ML. nrcl. Brinaerlohv L Mk.. durch die Post bezogen 6 Ml. Jede einzelne Nummer 25 Ps. Belegexemplar 10 Ps. Gebühren für Extrabeilagen ohne Postbeförderung »« ML mtt Posibrsvrderuilg 48 ML Inserate Lgesp. Petitzeile 20 Ps Größer« «chrilteu laut unsere» PreiOverzrichuiß — Tabellarischer Satz «ach höherem Tarif. verstaue, «Mer de» vrtarti»«grtch di« Spaltzeil« 40 Ps Inserat« find stet» an d. Grpetttt«» -n senden. — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung pr»«uum«r»aäa oder durch Postvorschutz. 125. Freitag den 9. April 1880. 74. Jahrgang. Der Verfasser eines unter dem 10. März 1880 von hier an den Hausbesitzer Johann Auaust Radig auS Reudnitz, damals in Oschatz, gerichteten, mit Otto Z. Unterzeichneten Briefes wird hiermit öffentlich ge laden, zu seiner Vernehmung als Zeuge in einer hier gegen genannten Radig anhängigen Erötterungssawe unvorzuglich und spätestens am IS. «prtl 1880 » Uhr Nachmittags an Unterzeichneter Bureaustelle zu erscheinen oder seinen dermaligen Aufenthaltsort und Namen anher anzuzeigen. Leipzig, am 6. April 1880. Dir k-utgltche Staatsanwaltschaft. I. A.: Fischer, Rfdr. DaS Königliche Gymnasium zu Leipzig soll Montag, den 12. April, Mittags 1 Uhr, durch einen in der Aula deS Gymnasiums abzuhaltcnden jlciuS eingeweiht werden. Zu dieser Feier laden wir die Gönner und Freunde der Anstalt, insbesondere die Eltern der Schüler ergebenst ein. Leipzig, am 7. April 1880. Das Lehrerkollegium. Richard Richter, Rector. Bekanntmachung. Mit Rücksicht auf die geringe Breite der Volonnadenstrastc in der Strecke von dem Dorotheenplatze di- zur Aiexandcrstraße und zur Beseitigung der daselbst häufig vorgekommenen Verkehrsstockungen verord nen wir hiermit, daß nur in einer Richtung und zwar m der Richtung vom Dorotheenplatze nach der Ale- xanderstraße die dazwischenliegende Strecke der Colonnadenftraße von bespanntem Fuhrwerke aller Art befahren n«d«n darf und daß alle nach jenem Theile der Colonnadenftraße bestimmten Fuhrwerke nur vom Doro- iheenvlatze auS einzusahren und nach der Alexanderstraße oder dem Westpltze auszufahren haben. Zuwiderhandelnde haben Geldstrafe bis zu 60 oder entsprchende Haft zu gewärtigen. Leipzig, den 1. Aprrl 1880. Der Nath der Stadt Leipzig. vr. Georgi. Richter. Gkwölbevermiethung. In dem Uu1persitätS-«rundftücke, Universitätsstraße Nr. 17, soll das grotzere verkausslocal nebst rchretdstude, Stube nach dem Hofe und einem Nebenraume vom I. Octoder 1880 ab auf sechs Jahre :m Wege der Licitation, jedoch mrt Vorbehalt der Auswahl unter den Bietern, anderweit vernnether werden. Mtethliebhaber werden ersucht, sich Sonnabend, den 17. April d. I., Vormittags 11 Uhr im UniversitätS-Rentamte (Vorder Paulinum, Nordflügel, I. Etage) einzufinden und ihre Gebote abzugeben. Die Lecitationlbedingungen liegen im Rentamts zur Einsicht auS. Leipzig, am 6. April 1880 UniversitStS-Ncntamt. Gras. Bekanntmachung. Dir Äaugerkriks. Noch immer sind die Zeitungen nur mit Muth- maßungen Uber die eigentliche Veranlassung und die etwaige Tragweite deS Entlassungsgesuchs, welches Fürst Bismarck seinem kaiserlichen Herrn eingereicht hat, angesüllt; in dem einen Puncte stimmen indessen alle überein, daß der Kaiser dem Gesuche unbedingt die Gewährung versagen und der Kanzler nach wie vor auf seinem Posten der» bleiben werde. Da es nicht ohne Interesse sein bürste, eine Rundschau über die Ansichten der ver schiedenen Prcß-Organe abzuhalten, so geben wir m Nachstehendem eine Reihe von Auszügen aus denselben. Die „Kölnische Zeitung" sagt: ES ist durchaus nicht nothwendig, bei dem Ent- laflungSgrsuche des Reichskanzlers an andere Beweg gründe zu denken, welche Derselbe etwa gehabt haben könnte, als diejenigen, welche in der ossiciösen Mit- rheilung angegeben sind, nämlich die Bestimmung der Verfassung über die Zusammensetzung des Bundes- rathS, durch welche es möglich ist, daß die drei größ ten Bundesstaaten mit 33'/, Millionen Einwohner durch die kleineren Staaten mit 7'/, Millionen Be wohner majorifirt werden. Diese Thalsache ist bei Berathung der Quittungssteuer im Bundesratbe hcr- voraetretrn, und nicht wegen der geringfügigen Lenderung an der QutttungSsteuer, sondern wegen der dabei in Kraft gekommenen unhalt baren Bestimmung der deutschen ReicbS- oersaffuiig hat Bismarck jenen Schritt gethan. Was bei der QutttungSsteuer geschah, kann sich leicht bei einer wichtigeren Frage wiederholen. Kurzsichtigkeit oll,in oder Unredlichkeit kann behaupten, Bismarck vertrage eS nicht, daß Preußen im Bundesrathe überstimmt werde. Bismarck hat Das im Gegentheil »iederholt ertragen. Aber als Deutscher und Reichs kanzler kann eS BiSmarck in der That nicht für an- gänglich halten, daß die Vertreter eines Fünftels de« deutschen Volke- im BundeSrathe die übri gen vier Fünftel überstimmen. DaS unmöglich zu machen ist kein preußisches, sondern in hervorragen de« Maße ein deutsches, ein Rcichsintereffe. Nrc- »and wird DaS und den tbat sächlich bestehenden, >e<t zum ersten Mal« praktisch wirksam gewordenen llebelstand leugnen wollen. Bisnrarck'S Entlastung all», die vom Kaiser vorläufig nicht angenommen wurde, ist bedingt und veranlaßt worden durch ein« Uiuukümmlichkeit der Reich-Verfassung. Sein Gesuch wird hinfällig werden, wenn der Kaiser ihm die Er- «ättigung ertheilen wird, zur Wegräumung dieser llnjukömmlichkeit zu schreiten. Im Interesse de- Anch^, nicht Preußen-, liegt, was der Kanzler oou seinem kaiserlichem Herrn begehrt, und wir alauben dämm wohl, daß er es erlangen wird. Zugleich macht da- große rheinische Blatt einen Vorschlag zur Abänderung der „Unnatur" der Ver fassungs-Bestimmung in folgender Weise: Der Nächstliegende Weg wäre der, die Stimmenzahl »rechter nach der BevölkerunaSziffer der Bundes- Mten zu verthcilen. Ein bei Betrachtung der statt- «tischen Tabelle sich beinahe aufdrängendes Mittel dierzu bestände darin, den Bundesstaaten unter 100,000 kmwohnern «ine berathende Stimme zu belasten, aber nur eine halbe beschließende Stimme zu- znerkrnnen. Oder ist eS nicht höchst sonderbar daß vchaumburg'Lippe mit 33,000 Einwohnern eine ganze Stimm« '> Bundesrath bat und also dasselbe Ge wicht in die Waaschale wirst wie Oldenburg mit rund 320,000 Einwohnern? Wenn also Mecklenburg- Strelitz, Schwarzburg-Rudolstadt, Schwarzburg Son dershausen, Waldeck, die beiden Reuß, Schaumburg- Lippe und endlich Lübeck statt je einer ganzen nur je eine halbe beschließende Stimme im Bundesrathe erhielten, was gewiß eine Billigkeit im Verhältnis; zu ihrer Einwohnerzahl wäre, so sänke die Zahl der Stimmen im Bundesratbe von 58 auf 54; die Hälfte betrüge 27; das Präsidium gäbe bei Gleichheit den Ausschlag lind ein Fall, wie der jetzt vorgekommene, daß Preußen, Baiern und Sachsen majorifirt würden, könnte nicht mehr Vorkommen, da sie eben über die Hälfte der Stimmen verfügten. Das Verhältniß wäre auch dann nock ein ungerechtes, da 33'/, Millionen mit nur gleich vielen Stimmen vertreten würden wie 7'/,; aber die schreiendste Folge des Mißverhältnisses, wie sie jetzt praktisch hervorgetreten ist, wäre doch be seitigt. Die Berliner „Na tional-Zeitung" befleißigt sich noch immer einer bemerkenswerthen Zurückhal tung. Sie meint u. A.: Von gewisser Seite ist man geneigt, aus dem un tergeordneten Charakter deS Anlasses die Folgerung zu ziehen, daß noch andere und schwerer wie gende Motive mitgewirkt haben und es nur der letzte Anstoß war, welcher von deni BundesrathSbe- schluß und den begleitenden Umständen auSging. Der Reichskanzler hat in den letzten Zeiten wieder holt davon gesprochen, daß er der Geschäfte müde sei, daß er den dringenden Wunsch habe, sich davon zurüctzuzieben, ungünstige Nachrichten über seinen Gesundheitszustand werden vielfach verbreitet, und es liegt sehr nahe, daß seine nächsten Angehörigen die Erhalinng und Befestigung der kostbaren Gesund heit deS Reichskanzler- vor Allem im Auge haben und jeden Schritt begünstigen, der seine Anstrengungen auf das geringste Matz zurückführt. — Die Geschichte der Abstimmung im Bundesrathe, um die es fick zu nächst handelt, ist noch nicht vollständig aufgeklärt. Bei der Abstimmung im Plenum, wo allerdings dies mal die Stimmen mehr gezählt als gewogen wurden, entwickelte der preußische Finanzminister sehr ob- iectiv die Gründe für die Wiederherstellung der Vorlage. Der Vertreter de- Reichsschatzamtes sprach sich namentlich für die Anwendung der Quittungs steuer auf die Post-Anweisungen aus, der Vertreter der Post erklärt« sich aus technischen Gründen da gegen und wurde namentlich von Württemberg dann secundirt. Die BundeSrathSmttglieder, welche mit Substitution-Vollmacht andere Staaten ver traten. marschirten mit gebundener Marschroute, da sie ihren Instructionen Nachkommen mußten. Im Hintergrund der Angelegenheit glaubt man die Stellung zu erkennen, die der württembergisch« Mi nister Herr von Mittnacht gegen weitere Steuer- projecte einnimmt. Die Zustimmung de! ReichStageS zu der QutttungSsteuer überhaupt ist übrigens mehr alS zweifelhaft. Dl« Mehrheit, vorherrschend aus den den kleinen Staai.'n bestehend, wäre, das ist über allen Zweifel erhaben, nicht zu Stande gekommen, hätten diese Staaten oder ihre Vertreter auch nur ein« blaffe Ahnung von dem Gewicht gehabt, welche- der Reichskanzler auf die Annahme der Regierungs vorlage legt. Dieser Wegweiser ist den kleinen Staaten eben nicht aestrckt worden, sie sollten ihren Weg «r- rathen und yaben ihn gründlich verfehlt. Wir sind übrigens überzeugt, daß sie im Augenblick keinen brennenderen Wunsch hegen, als schleunigst die Brücke Unter Bezugnahme auf die hierunter beigedruckte Verordnung deS Königlichen Ministeriums deS Innern vom I. December 1864 fordern wir hiermit alle hiesigen Einwohner, welche Nachtigallen halten, auf, die darauf gelegte JahreSfteuer ohne Verzug an die in der 1. Etage der alten RathSwaage, Katharinenstraße Nr. 29, befindliche Hundesteuer-Einnahme zu bezahlen. In die angedrohte Strafe deS dreifachen Betrages der Steuer verfallen Diejenigen, welche bis zum 1. Mat Dieses Jahres nicht Die Steuer abgeführt haben. Leipzig, am 5. April 1880. Der Nath Der Stadt Leipzig. vr. Tründlin. Verordnung, die Besteuerung der Nachtigallen betreffend, vom 1. Deeember 1864 Auf Antrag der Ständeversammlung wird hierdurch Folgendes verordnet: Wer eine Nachtigall gefangen hält, hat dafür vom 1. Mai 1885 an eine jährliche, der Brmencasse seines Wohnortes zufließende Abgabe von 4 Thaler und zwar in der Regel am I. Mai jeden Jahres zu entrichten. Die Sprosser, d. h. die großen sogenannten ungarischen oder polnischen Nachtigallen (Nachtschläger) sind jedoch dieser Abgabe nicht unterworfen. Ueber die erfolgte Abentricbtung der gedachten JahreSsteuer ist in den Städten eine von dem Stadtrathc auszufertigende, aus dem Platten Lande eine von den» Armencasteneinnehmer des betreffenden OrteS unter Verdrückung des Gemeindesiegels auszustellende Quittung zu ertheilen, die in jedem Falle aus den Namen des Steuerlegers zu verlauten hat. Geht innerhalb deS vom 1. Mai bis »um nächsten 30. April laufenden Steuerjahres eine auf das letztere bereits versteuerte Nachtigall in den bleibenden Besitz einer anderen Person über, so kann sich die Letztere von der außerdem selbst für die betreffende Nachtigall zu leistenden Entrichtung der Steuer aus das biS zum nächsten 30. April noch laufende Steuerjahr nur durch den Vorweis der auf das letztere lautenden, von dem betreffenden Stadtrathe, beziehentlich dem Armencaffen-Einnehmer auf ihren Namen übertragenen Quittung über die seitens des vorigen Besitzers der Nachtigall auf das laufende Steuerjahr bereits bewirkte Zahlung der Steuer befreien. Die volle Steuer ist auch von Demjenigen zu entrichten, welcher eine erst während deS laufenden Steuerjahres eingefangene Nachtigall hält. Hinterziehungen der Nachtigallensteuer sind mtt dem ebenfalls der Ortsarmencasse zufließenden dreifachen Betrage derselben zu ahnden. Seitens der in dieser Angelegenheit competenten Armenpolizeibehörden ist dabei, insoweit es sich nicht um Contraventionen und deren Bestrafung handelt, allenthalben kostenfrei zu expediren. Hiernach haben sich Alle, die es angeht, gebührend zu achten. Insonderheit haben die Stadträthe sowie die Gerichtsämter und Gemeindevorstände dafür, daß dem Vorstehenden genau nachgegangen werde, gehörige Sorge zu tragen. Dresden, den 1. December 1864. Miuisteriu« des Inner«. Frhr. v. Beuft. Lehmann. ! zu finden, auf der sie auf den rechten Wsq gelangen s könnten. Da- „Berliner Tageblatt" berichtet Uber die Vorgänge im Bundesrath u. s. w. Folgendes: Württemberg beantragte, die Postanweisungen und Postvorschuß-Sendungen von der QuittungSsteuer zu befreien. Für diesen Antrag plaidirten auffallender Weise die Commiffarien des Gencralpostaiiits im Widerspruch mit den preußischen Stimmen und der Auffassung der ReichSreaierung, so daß »weier lei Anschauungen innerhalb der Reichsbehörden zum Allsdruck kamen. Nicht nur die Opposition, welche die Kleinstaaten unter Führung Württem bergs gegen Preußen, Baiern und Sachsen machten, sondern vornehmlich die sich widersprechenden PlaidoyerS der Reichsbehörden haben den Reichskanzler so aufgebracht, daß Derselbe sich zur Einreichung seines Demissionsgesuches veranlaßt sah. Darüber besteht andererseits kein Zweifel, daßnochandereGründe, die mit der Organisation deS BundeSrathS, oder, wie Andere behaupten, mit der auswärtigen Politik zu- sammenhängcn, den Kanzler zu dem überraschenden Schritt veranlaßt haben. In allen Fracttonen deS Reichstags herrscht darüber nur eine Stimme, daß daS Gesuch des Reichskanzlers abgelehnt werden wird Gerüchtweise verlautet, daß das DemissionS- Gesuch des Reichskanzlers den Rücktritt knie hohen Reichsbeamtcn zur Folge haben dürste. Ziemlich leicht nimmt die Sache ein Berliner Eorrespondent der „Magdeburgischen Zei tung", wenn er schreibt: Eine Verstimmung des Reichskanzlers gegen den BundeSrath ist älteren Datums, und die durch Sub stitutionen erfolgte Majorisirung Preußens, BaiernS und Sachsens, zumeist aber der Umstand, daß der Vertreter deSReichSpostamts (es heißt: der neuernannte Director Fischer) und der Chef des ReichSamtS des Innern gegen einander bezüglich der Steuerfreiheit für Postscheine rc. stimmten, kamen himu, um die Erregung des Reichskanzlers zu steigern. Man sagt, der ohne hin angegriffene Zustand deS Kanzler- habe sich durch den Bericht aus der Sonnabendssitzung und die da mit verbundene Erregung verschlimmert, und der Kanzler sich deshalb auch entschlossen, seinen leidenden Zustand alS EntlaffungSgesuch zu betonen. In zwischen nimmt Niemand da- Gesuch ernsthaft; Jedermann glaubt an einen schnellen Ausgleich, allein man vermuthet, die Folge deS ganzen Vor fälle» möchte eine Abänderung der Geschäfts ordnung de- BundeSrathes dahin zur Folge haben, daß d»e Substitutionen beschränkt werden oder ganz in Fortfall kommen, so daß nur jene Staaten stimmen können, deren Vertreter bei der Abstimmung zugegen sind. (?) Steht eS doch fest, daß eme ganze Reihe von Staaten während dieser ganzen Session in keiner einttgen Sitzung vertreten warm. An eine beabsichtigte Verschiebung de- Stimmenverhältnisse- im Wege einer Abänderung der Verfassung will man nicht glauben, weil einer solchen zu viele Schwie rigkeiten entgegentreten würden. Alle Welt hegt die feste lleberzeuaung, daß der Sturm in »enigen Tagen beschwichtigt sein und Alles wieder im asten Geleise sich befinden wird. Die „Weser-Zeitung" spricht sich in einem Leitartikel dahin auS: Preußen und sein stimmfübrmder Muttster kön nen im BundeSrathe maiorifirt werden, aber sie dürfen nur majorifirt werden in Fragen, auf die nicht viel ankömmt. Dieser Satz, glauben wir, ist immer stillschweigend als nothwendige Ergänzung der geschriebenen Verfassung von allen praktischen Poli tikern, auch von allen Regierungen anerkannt wor den ... . Der Reichskanzler hat, wenn auch nicht den Worten, so doch dem Sinne nach, erklärt, daß er mit diesem Bundesrathe nicht weiter zu regieren vermöge, mit einem Bundeörathe nämlich, welcher sich für berechtigt hält, in Fragen, die sich nicht alS Cabinetsfragcn darstellen, in Angelegenheiten unter geordneten Ranges, in der Beurlheilung neu ein zuführender Stempelabgaben auch anders zu votiren als das Präsidium Wenn der so gestellte Conflict auf die Spitze getrieben würde, so bliebe natürlich nichts Anderes übrig, alS entweder der Rücktritt des Rrichskanzlers oder die Auf hebung derjenigen Berechtigung des BundeSrathS, von welcher derselbe am Sonnabend Gebrauch ge macht hat, als er beschloß, von Postanweisungen keinen QuittungSstempel zu erheben. Ob diese Aushebung durch förmliche Verfassungsänderung oder stillschwei gend durch Widerrufung des anstößigen Beschlusses geschähe, würde an der Sache wenig ändern ; in beiden Fällen würden die Unitarier mit der Lösung wohl zufrieden sein können. ES ist aber keineswegs aus gemacht, daß der Conflict wirklich auf die Spitze ge trieben werden wird; wir für unseren Theil glauben nicht daran, wenn wir auch nicht angeben können, wie er verebnet werden wird. Interessant ist cS, auch ein angesehenes Wiener Blatt zu vernehmen. Die „Neue FrciePrcsse" ist der Ansicht, daß das EntlaffungSgesuch des Kanzlers ganz anderen, hochwichtigen Beweggründen zuzuschreiven sei. Sie sagt: Je mehr wir darüber Nachdenken, desto unwah, scheinlicher dünkt es unS, daß der deutsche Reichs kanzler wegen der Abstimmung im Bundeörathe seine Entlassung verlange. Wir brauchen nicht lange zu suchen, um die wahren Gründe zu errathen. Sei: acht Tagen weht in Berlin, waS die Hofkreise be trifft, ein entschieden russischer Wind. Die alte Liebe der Hohenzollern für Rußland ist neuerdings erwacht, und es werden offenbar von der ruffen- fteundlichen Pattei am preußischen Hofe die größten Anstrengungen gemacht, um da- Band der süßen Eintracht »wischen Deutschland und Rußland, daS BiSmarck entzweigeschuitten, mit der Nadel der ntrigue wieder zusammenzuflicken. Dem Fürsten iSmarck, der durch die Gründung de» deutsch-öfter reichischen Bündnisses einen so entschiedenen Echachzug gegen Rußland gethan, kann diese ruffensreundluhe Strömung nur unerwünscht und störend sein. S»e durchkreuzt seine Pläne, sie hemmt seine Politik. Er leidet abermals unter einer jener „Frictionen", über die er seinen Vertrauten gegenüber so oft geklagt. Er fühlt die Nothwendigkeit, dem Schwanken und Zaudern an höchster Stelle ein Ende zu machen, und er fordert seine Entlassung, indem er die Abstimmung im Bun desrathe als willkommenen Vorwand benützt. Welche Beweggründe immer aber den deutschen Reichs kanzler veranlaßt haben, seine Entlassung einzu- reichen — Eine- steht für unS fest: sie kann nicht angenommen werden. BiSmarck's Rücktritt würde Alles in Frage stellen, was die Grundlage de» europäischen Friedens und der hoffnungsvollen Erwartungen für die Zukunft bildet. ES ist furchtbar gleichgültig für daS deutsch-österreichische Büsidniß, in dem w,r die größte und bedeutungsvollste politische Erscheinung der Gegenwart sehen, welche- Ministerium bei uns in Oesterreich regiert. Aber eS ist für unS, eS ist für den
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