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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 09.05.1880
- Erscheinungsdatum
- 1880-05-09
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188005090
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18800509
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18800509
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- Bindung im hinteren Teil (Fahrplan) fehlerhaft
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1880
- Monat1880-05
- Tag1880-05-09
- Monat1880-05
- Jahr1880
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 09.05.1880
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Erscheint täglich früh 6'/. Uhr. . Md««»» Mi» tepedttt»» JohcumiSgaffe SS. >P«chß>»>e, »er Kedattt«»! VorunttagS 10—12 Uhr. Nachmittags 4—« Uhr. Mr die «tttk,a»» »<««6an»rkr ««». «Är» MLchl ft» dt» «edarrcsv »ich« drTvtndlttd. Aimahme der für dt« nächst. Srlarnd« Nummer bestimnuru Jusenttr »n «ochentnge» dl» » Uhr Nachmittags, au Tom», »chgesttagen früh bt< '/,8 Uhr. M, »ea FiUatr, fSr Z»s..^,,»h«: Otto Klemm. UniverfitätSstr. rr, Aa«t< Lösche. K«tharinenstr. Ib.p. «ur bis Uhr. ^ ISS. Mipügtr Tagtb lall Anzeiger. OtM für Politik, Localgkschichte, Handels- md Geschästsverkthr. Sonntag den 9. Mai 1880. Auflage 16,VM. Ld»»>r«k,1»»rrii viertelt-4^/, incl. «nnaertvha k E. durch die Post bezogen a DU Jede einzelne Stummer 2» Pf Belegexemplar 10 Pf. Gebühren für Lxirabetlager- ahne Postbesdrderuug »9 Vck mit Postdrsbrderuug 48 Mck I»stra«r bgefp. Petitzeüe 20 Hz Größere Schritten laut Preiöverzeichniß — Satz nach höherem Neclame» »»irr de» Red«ttt»»chtr.« die Spaltzeil« 40 Pf Inserat« find stet» an d. «e»ed1N -» senden. — Rabatt wird «a-t gegeben. Zahlung pr»«oa»«»>»chr ober durch Postvorschutz. 74. Jahrgang. Oeffentliche Sitzung der Stadtverordneten ^«ttttaach, am 12 Mat ». o.» «bends 6'/, Uhr t« Laale der I. vür«ersch«le. Tagesordnung: l. Gutachten deS Bau- bez. Oekonomie- und BerfasiungS-AusschuffeS über: s. das Verfahren deSRatheS bei Entschädigung von Adjacenten der Nordstraßr für Arealabtretung zur Straßenverbreiterung; b. den vom Rache abgelehnten Antrag wegen Zuziehung von Privat-Architecten bei allen größeren von der Stadtgemeinde zu unternehmenden Hochbauten; e. Pos. 8 deS Budgets der Wasserleitung, die Anstellung eines dritten Expedienten betr.; ä. den erfolgten Wiederabvruch der neuerbauten sogen, heiligen Brücke; e. die Eintheilung der Bauparcellen an der Oftsette der Jacobstraße; l. eine Reparaturkostenforderung für die Ausstellungshalle. N Gutachten deS Gas- und Lösch-AusscbusseS über Belastung der V. Laternenwache in dem Grundstück Sidonienstraße Nr. KO, sowie der VIII. Feuerwache im Zeitzer Thordause. NI. Gutachten des Oekonomie- bez. Berfastungs- und Stiftungsausschustes über: ». die Bedingungen für die Anlage von Straßeneisenbabnen; d. Verwilligung eines Beitrags für die Baumanvflanzungen auf der Reudnitzer Ehauffeestraße- c. Reparatur des PleißenuferS an der Rosenthalgaste; 3. Auf stellung des Leibniz-I erstmals auf dem Thomaskirchbose; e. Conto 8. Pos. 2 des HauShaltplanes; s. die Abrechnung über die Scbleußenbauten auf dem Areal des ehemaligen KohlenbahnbofeS; g. Her stellung deS Leutzscher WegeS; I> Herstellung des Dammweges längs der Fluchrinne im Scheidenholze; i. das Budgetpostulat für die Waldstraßenschleuße. Bekanntmachung. Die Harkortftratze wird der dort vorzunehmenden Pflasterungsarbeiten wegen auf der Strecke zwischen der Pleißengaste und der Kleinen Burggaste von Freitag den 23. d. M. an und auf der Strecke zwischen der Kleinen Burggaste und dem Floßplatze von Montag den 10. Mai d. I an bis zur Fertigstellung deS Pflasters für den Fährverkehr gesperrt. Leidig, am 19. April 1880. Der «ath Per Stadt Leipzig. vr. Georgi. Harrwitz. Die neben dem Garnisonlazareth gelegene vonnalige Reservelazarech-Küche und ein in dieselbe münden der 1K m langer Verbindungsgang sollen auf Abbruch verkauft werden. Kauflustige wollen ihre Anbote versiegelt mit Aufschrift: „Reservelazaretb-Küche" bis 10. d. M. Vormittags 11 Uhr an das Garnisonlaza- rech, wo die Bedingungen auSliegen, einsenden. Leipzig, am 6. Mai 1880. Das Königliche «arntsonlazareth. Bekanntmachung. In der verlängerten Pfaffendorfer, Nord-, Eutritzscher und Gohliser Straße, sowie in den Straßen 0 und 1» deS nördlichen Bebauungsplanes sollen Schleusten III. Elaste erbaut und die erforderlichen Arbeiten an einen Unternehmer in Accord verdungen werden. Die Bedingungen und Zeichnungen für diese Arbeiten liegen im RathS-Bauamt, RathhauS. 2. Etage, Zimmer Sir. 18. aus und können daselbst eingesehen relp. entnommen werden. Bezügliche Offerten sind versiegelt und mit der Aufschrift Schleusten pes nördlichen Bebauungsplanes betr. versehen ebendaselbst und zwar bis zum IS. Mai p. I. Nachmittags K Uhr einzureichen. Leipzig, am K. Mai 1880. Des NathS der Stadt Leipzig Strastenbau-Leputatian. Bekanntmachung. Längs des VolkSschulgebäudeS an der Sebastian-Bach-, Hauptmann- und Hiller-Straße sollen Granit- platten und bez. dergleichen Schwellen gelegt und die damit verbundenen Steinmetzarbeiten an einen Unter nehmer in Accord verdungen werden. Die Bedingungen für diese Arbeiten liegen im Rathhaus, 1. Etage, Zimmer Nr. 18, auS und können daselbst eingeseden resp. entnommen werden. Bezügliche Offerten sind versiegelt und mit der Aufschrift „Grantt-Trottoirs an -er Volksschule" versehen ebendaselbst und zwar bis zum IS. Mat d. I Nachmittags K Uhr einzureichen. Leipzig, am 5. Mai 1880. Des NathS der Stadt Leipzig Stratzenbau Deputattv«. Bekanntmachung. Die in den Raths Forstrevieren erstandenen Hölzer sind innerhalb 14 Tagen abzufahren, widrigenfalls nach den Licitationsbedingungen verfahren werden müßte. Leipzig, am K. Mai 1880. - Des NathS Aorftdeputatto«. Bekanntmachung. Am AuctionSlocale deS hiesigen Königlichen Amtsgerichts, Ecke der Harkortstraße und Pleißengaste, soll deu 12. Mai 188«. Nachmittags » Uhr eine große Partie verschiedener Damen- und Herren Paletot-, sowie Schlafrock-Stoffe öffentlich an den Meistbietenden gegen sofortige Baarzahlung versteigert werden. Leipzig, am 8. Mai 1880. Der Gerichtsvollzieher des Königlichen Amtsgerichts daselbst. >. V. Frey gang. Die Steuerpolitik des Reichskanzlers. ES ist kein freundliches Bild, welches die Debat ten des Reichstages vor den Augen deS deutschen Volkes entrollt yaben. Wohin wir auch blicken, überall zeigt sich aus Seiten der Regierung wie deS Parlamentes Verstimmung und Unzufrieden heit, und fast scheint eS, als würde der Schluß der Sitzungen, der täglich erwartet wird, von beiden Seiten sehnlich herbeigewünscht. Unter diesen Eindrücken treten die Einzelfraaen, welche die diesjährige Session auSgefüllt haben, immer mehr zurück vor der Gesammtlage der inneren Politik. Geben wir uns keinen Täuschungen hin, die Zuversicht aus durch schlagende Erfolge der vom Reichskanzler inaugu- rirten und mit so großer Energie in Angriff ge nommenen Reform unserer Wirthschafts- und Steuerpolitik hat ernsten Zweifeln und schwer wiegenden Bedenken Platz gemacht. Immer mehr geht der „konservative Hauch" in das Verlangen über, endlich einmal zur Ruhe zu kommen, sich ln das Ncugeschaffene emzuleben und eS nach Mög- lichkeit fruchtbar zu machen. So willig man auch sein mag, die Ueberladung macht sich endlich doch gel tend, und das Bedürfniß nach Mäßigung tritt in sein Recht. Auf den überreizten Körper versagen neue Reizmittel ihre Wirkung, auch die rastlose Initia tive deS gewaltigen Reichskanzlers verliert schließ lich ihre hinreißende Macht. Jedes reife Volk hat das ebenso berechtigte als auf die Dauer unwider stehliche Verlangen, denjenigen Grad allgemeiner Wohlfahrt zu erreichen, der unter den gegebenen Verhältnissen möglich ist, und den Weg dahm nach seiner besten Ueberzeugung zu wählen. Alle Ver suche, aus andere Art und im Gegensatz zu seinen Uebcrzeugungen die Bolkswohlfahrt einen« unbe kannten, wenn auch noch so verlockenden Ziele entgegen zu führen, müssen schließlich doch mit einem Mißerfolge enden. In einer derartigen kritischen Lage befinden wir uns gegenwärtig. Der Reichskanzler hat die Volksmeinung in einer Richtung geleitet, in welcher sie ihm nicht länger zu folgen vermag, und wenn nichts Andere«, so ist e» die vis ioertiae, welche zum wenigsten einen Stillstand erzwingt. Die Auflösung de« Volkes in Interessengruppen, daS geistreiche Schachspiel der Gruppirung derselben mit und gegen einander hat der Politik deS Reichskanzlers im vorigen Jahre Erfolge eingebracht, welche kaum ein Jahr früher noch unerreichbar erschienen. Aber bis zur Krönung seine- Gebäudes hält diese Regierungs kunst nicht vor. weil sie eben die Strömung un Bolle nicht in ihrem Gefolge festzuhalten vermag Der Reichskanzler hat dje parlamentarischen Par. leie« zersetzt, gefördert oder bei Seite ge schoben, wie es die augenblickliche Lage ihm zweckdienlich erscheinen ließ, er hat die Bundes regierungen für seine Pläne zu gewinnen verstan den, er hat endlich daS bureaukratische Element in Preußen wie im Reiche einflußlos gemacht. Daß eS so weit hat kommen können, dafür darf man den Grund nicht allein in dem moralischen Uevergewicht seiner großartig angelegten Natur und seiner staunenSwerthen Energie suchen, noch auch in der wohlverdienten Anerkennung, welche das Volk dem Schöpfer deS Deutschen Reiches und dem genialen Leiter seiner auswärtigen Politik willig darbrachte, sondern vielmehr in der geschickten Benutzung der feit 1873 hereinaebrochenen wirthschafttichen Krisis. Man magdie Vorzüge desindirectenSteuersystems noch so hoch anschlagen; daß mit seiner Durch führung der Volkswohlstand gehoben werden kann, dieser Glaube ist stark inS Wanken gekommen. Ebenso wenig wird eine reichliche Füllung der Reichs- und Staatskassen als unfehlbares Mittel anerkannt, daS wirthschastliche Gedeihen deS Volkes sicher zu stellen. Eine wesentliche Steigerung der Steuerlast wirkt auf die Gesammtheil der Steuer zahler immer nachtheilig; nur für kurze Zeit kann die Illusion Vorhalten, daß eine Erleichterung an einer Stelle möglich sei, ohne eine andere um so stärker zu beschweren. Wir haben uns eine Zeit lang eingebildet, daß wir reich seien, und darüber vergessen, daß wir verhältnißmäßig doch arm ge blieben sind und nur durch stärkere Anspannung unserer wirthschafttichen Kräfte und durch die Rückkehr zu der früheren Sparsamkeit vorwärts kommen können. Wer nicht blind ist, kann, wohin er blickt, sehen, daß die Parole „Einschränkung des Verbrauchs" noch heute allenthalben an der Tagesordnung ist. Wo soll da ein Mehrertrag der indirecten Stenern Herkommen, ohne den Steuerdruck zu steigern'? Die Zollergebnisie des abgelausenen Jahres entsprechen durchaus dieser Sackflage. Denn wenn man die spcculative Mehreinfuhr wichtiger Verbrauchsarttkel vor dem Inkrafttreten des neuen Zolltarifs auch voll berücksichtigt, so läßt sich auS den Zollein nahmen eine Steigerung der ConsumtionssähiH- keit doch nirgend nachweifen, wie viel immer die Officiösen von einer Besserung der Erwcrbsver- hältnisie zu erzählen wissen. Tritt dagegen dieser anticipirte Umschwung zum Bessern, wie wir ja auch hoffen, in nächster Zeit wirklich in erheb licherem Maße als bisher ein, nun so ist ja das Reich auch ohne neue Bewilligungen mit Schöpf gefäßen reichlich genug versehen, um das Mehr, daS Verbrauch und Verkehr abzugeben vermag, in die RcichScasse zu sammeln. Alle unsere Finanz- anschläge und Berechnungen sind auf den ge schmälerten Erträgen der sieben mageren Jahre basirt; sobald wir diese überwunden haben, dürften leicht alle Gründe für weitere neue Reichssteuern hinfällig werden, sofern es unS nicht gelüstet, das Ausgabebudget fortdauernd sprungweise zu ver mehren. Wenn erst Zölle und Verbrauchssteuern wieder reichlicher fließen, wenn in Preußen und anderen Staaten die Staatsbahnen in Folge einer Verkehrszunahme, die Bergwerke, Hütten und Forsten in Folge eines industriellen Auf fchwunges wieder größere Erträge abwersen, fo ist die Finanznoth sofort beseitigt. WaS hindert unS, diese Wendung unserer Finanzlage abzuwarten'? Ist irgendwie Gefahr im Verzüge, wenn die Budgets deS Reiche« und der Einzelstaaten sich noch einige Zeit aus einen knap peren Zuschnitt einrichten'? Die Regierungen wirthschasten natürlich lieber mit vollen Lassen; insbesondere ist dem ReichSk«nzlcr die Begrenzung durch finanzielle Rücksichten und die Gebundenheit an Bewilligungen der Volksvertretungen sehr un bequem. Aber daS Gesammtwohl kann dabei sehr gut bestehen, und darum liegt ein Anlaß zu neuen Bewilligungen nicht vor. Hätten wir eine streng parlamentarische Regierung, sie würde nach den Mißerfolgen der letzten ReichötagSscssion wechseln müssen. Da im Reiche indeß nur die Volksvertretung der bewegliche Factor ist, so läßt sich für die nächste ReichStagssessivn die Wieder holung der diesmal gescheiterten Vorlagen oder anderer Surrogate derselben erwarten. Der Schwerpunkt der endlichen Entscheidung über unsere Steuerpolitik liegt indeß schon heute nicht mehr beim Reichskanzler. ES ist kaum anzunehmcn, daß er den Widerstand des Reichstages gegen seine Steuerprojecte durch einen Appell an die Wähler zu brechen versuchen sollte. Denn wie im Falle einer Auslösung die Neuwahlen auch immer auS- allen möchten, so viel scheint sicher, der Wider- pruch der Wählerschaften gegen neue Belastungen wird darin jedenfalls einen entschiedeneren Ausdruck inden, atS bisher, trotz deS Zaubers, welchen der Name deS Fürsten Bismarck aus die Massen auSübt. Politische Uebersicht. Leipzig, 8 Mai. Uebcr Aeußerungen des Reichskanzlers be- der weiteren Schritte der Regierung zur eilegung deS CulturkampfeS, welche in der parlamentarischen Soirse am Dienstag gefallen sind, werden mehrere von einander ab weichende Bersionen verbreitet. So viel läßt sich daraus indeß wohl als unzweifelhaft entnehmen, daß der Reichskanzler aus vaS Zustandekommen eines Ausgleichs mit großer Wahrscheinlichkeit rechnet, und daß deshalb der preußische Land tag mit einer bezüglichen Gesetzvorlage noch wäh rend der Nachscssion besaßt werden wird. „Man will auch bereits wissen" — so schreibt man uns auS Berlin — „daß diese Vorlage nur drei Para graphen enthalten würde, WaS aber darin verlangt werden möchte, darüber zerbricht man sich ver- eblich den Kopf. Wenn man festhält, daß der eichökanzler, wie er auch dieSmal erklärt haben soll, nicht daran denke, die Waffen gegen Rom, die ganze Culturkampfgesetzgebung irgendwie abzu ändern oder abzustumpsen, daß eS sich also nur um Herstellung eines mockus vivendi und zwar auch erst dann handeln kann, wenn die Curie ihre Friedensliebe durch Thaten beweist, so verengt sich der Kreis der Gesichtspunkte, welche unter Mitwirkung des Land tages zu regeln sind, sehr erheblich. Da» drin ende Bedürfniß der Kirche geht auf die Wieder- esetzung der erledigten geistlichen Aemter von den Bischöfen bis zu den Pfarrern. Zunächst tritt die Frage wegen der Wiedereinsetzung der Bischöfe hervor. Die staatliche Absetzung kann offenbar nicht einfach annullirt, etwa im Gnadenwege, und dainit die Rückkehr der Abgesetzten in ihre früheren Aemter zugestanoen werden. Dann ist die Frage der Wiederdesetzung der Pfarreien nicht lediglich durch Concurrenz der Behörden zu lösen. Da» Gesetz vom 11. Mai 1873 beschränkt die DiSpens- ertheilung de» CultuSministerS so weit, daß unter Aufrechterhaltung dieser Beschränkungen eine Wiederbesetzung der großen Mehrzahl der erledigten Stellen nicht ausführbar scheint, wenigsten« nicht in nächster Zeit und nicht ohne stricte Unterwer fung deS jüngeren Nachwuchses unter daS Cultur- examen. Tiefe Forderung wird die Curie direct niemals zugcstehen, eS muß also ein Ausweg gesunden werden, damit die Regierung, ohne gegen daS Gesetz geradezu zu verstoßen, Anstellungen ge setzlich nicht qualisicirter Personen zulasten darf. Aehnlich liegen die Dinge bezüglich der Vorbild dungSanstalten für katholische Geistliche. Die Kirche kann dieselben nicht wohl entbehren, eS ent spricht auch offenbar nickt den Absichten der Re gierung, die Pfarreien in Preußen mit Ausländern besetzt zu sehen Was in Elsaß-Lothringen bezüg lich deS kleinen Seminars in ZilliSheim zugestanden werden konnte, wird man in anderer Form auch für Preußen möglich macken wollen Damit dürften die Gesichtspunkte in der Hauptsache um schrieben sein, bezüglich deren die Regierung zur Herstellung eine» friedlichen Verhältnisses mit der Curie einer Ermächtigung der Landesvertretung bedarf." * Deutscher Reichstag. Berlin, 7. Mai. Der Reich ssta q nahm heute in erster und zweiter Lesung die Handelsübereinkunft mit der Schweiz an, nach dem Abg. Sonne mann dem Bedauern Ausdruck gegeben, daß definitive dauernde Handelsverträge brc dem jetzigen System nicht mehr zu Stande komme,: wollten. AlSdann ging daS Haus zur dritten Bera thung des Wuchergesetzes über. Abg. Schulze Delitzsch erklärte, daß die Fortschrittspartei auö> gegen dies Polizeigesetz stimmen müsse, da die vo» ihm vorgeschlaqenen Aenderungen nicht acceptirt wo, den seien und das Gesetz sehr gefährliche Consequen zen, wie namentlich die Beschränkung der Wechsel- fäi-lgkeit, nach sich ziehen werde. Auch die Abgg. Rickert und Richter-Hagen erklärten sich gegen das Gesetz, da man damit die beabsichtigte Wirkung nicht erzielen, oder mit dem wucherischen auch das legitime Crebitgescbäft treffen werde. Dagegen trar Abg. Marquardsen für die Nothwendigkeit gesetz geberischer Schutzwehren gegen den Wucher ein. Vo, Seiten der Redner des CentrnmS und der Confer vativen wurde auch die Beschränkung der Wechsel- fähigkeit auf Kaufleute für ein unabweisbares Bedürfniß erklärt. Art. 1. und 2. der Vor läge (Strafbestimmungen) wurden darauf an genommen- den Art. 3, der die civilrechtlichen Fol gen deS Wuchers regelt, empfahl Abg. Witte- Schweidnitz zu streichen: namentlich sei e« unrecht, dem Wucherer auch die legitimen Zinsen abzusprechen. Ihm traten Aba. Kiefer und StaatSsecretan v. Schilling entgegen, worauf Art. 3 und das ganze Gesetz mit großer Mehrheit angenommen wur den. Alsdann wurde die Resolution betr. Beschrän kung der Wechselfähigkeit von dem Antragsteller Abg. Graf BiSmarck befürwortet; StaatSsecretair von Schilling erklärte, daß die verbündeten Regie rungen in ihrer Mehrheit sich gegen die Zulässigkeit und Möglichkeit einer solchen Beschränkung aus gesprochen haben. Abg. Beseler bittet, die Reso lution abzulehnen und »n dem großen Princip der deutschen Wechselordnung festtubalten. In nament sicher Abstimmung wurde schließlich die Resolution mit 136 gegen 99 Stimmen angenommen und als dann ohne wesentliche Debatte in dritter Lesung daS Viehseuchengesetz erledigt. Der Schluß der ReichStagSsession wird wohl für Montag in Aussicht genommen werden können. ES werden nur noch Wablprüfungen und die vor liegenden mit auswärtigen Staaten getroffenen Ab kommen zur Erledigung gelangen. Der Antrag La Ske r betr. die Hamburger Zollfrage wird nicht mehr, zur Verhandlung kommen; daS Haus hat sich in seiner Mehrheit dagegen ausgesprochen, diesen Antraa noch auf die Tagesordnung zu setzen. Da» betreff« deS SchluffeS der Session mit der Regierung getroffen« Abkommen bot der Mehrheit eine erwünschte Hand habe, um der Verhandlung über diesen Antrag, die voraussichtlich große Dimensionen angenommen hätte.
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