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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 11.06.1880
- Erscheinungsdatum
- 1880-06-11
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188006111
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18800611
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18800611
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1880
- Monat1880-06
- Tag1880-06-11
- Monat1880-06
- Jahr1880
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 11.06.1880
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Erscheint täglich früh 6»/, Uhr. Ledaetl«» »od Lrpedttt«« Johannisgaste SS. Lyrrch-oodr» »cr Lcsattt»»: Vormittags io—12 Uhr. RachnüttagS 4—6 Uhr. Mir »tk «ü-kgaix rinzriandlrr Man». «iylr »uuhl süd d>r »edacNrii nicht vtrdnldUH. Nvnahmr der für dir uächft- lotanidr Nummer deftimmtra Merate an Wochentagen dts 3 Uhr Nachmittags, an Lonn- mldMtagen früh bis V-i»Uhr. IZ »»VUatr» für Zas. Xaiahme : Dtto Klemm. UniversltatSstr. 22, ÄatS Lösche, ttatbarinenstt. 1 d, p. nur bis '/,3 Uhr. M.ngcr.TagMM Anzeiger. Organ str Politik, Localgeschichte. Handels- nnd GcschäMcrkchr. »«N»,e IS.IL0. Abonaemealtprri» Viertels. 4Mk., incl. Bringertohn L Mt., durch die Post bezogen 8 Mt. Jede einzeln« Nummer 2b Pf. Belegexemplar Ui Pf. Gebühren für Extrabeilagen ohne Postbefbrdcrung 3S Mk. mit Postbcförderung 48 Mt. Iuler»1t ügefp. Petttzeile 20 Pf. Großer« Erbrüten laut unserem PreuSverzeichniß — Tabellarischer Satz nach döherein Tanf. »eelmoe« unter dem Urdactioa^tetch dt« Spaltzeile 40 Pf. Inserate sind stets an d. Senrdtlt«, zu senden. — diadalt wirb nicht gegeben. Zahlung pra«uuw«>r»»et» »der durch Postvvrschuß. 188. Freitag den 11. Juni 1880. 74. Jahrgang. Bekanntmachung, «eneralrevifioa der Droschkengeschirre betreffend. Die Teneralrevision über die Droschken und deren tztesPanne soll an den Tagen deS 88., 8». und 30. Juni d. I. vargenommen werden. Die concesfionirten Droschkenbesitzer werden daher hierdurch veranlaßt, ihre Droschken zu den nachbe merkten Lagen und Stunden, und zwar am Sk. Juni Nr. 1— 25 um 8 Uhr Vormittags .. 26- 50 „ 9 ., „ 51— 75 ,. 10 „ „ ., 76 -100 „ II „ „ 101—125 „ 3 „ Nachmittags ,. I26-I50 „ 3 ,, 151 17a ,, 4 ,, „ ,. 176-200 ., 5 ., am 2S. Juni Nr. 201—225 um 8 Uhr Vormittags „ 226- 250 „ 9 „ 251-275 „ 10 „ 276—300 „ II „ 301—325 „ 2 „ 326—350 „3 „ 351—375 „ 4 „ „ ,. 376-4.0 5 „ am 30. Juni Nr. 401—425 um 8 Uhr Vormittags „ 426- 450 „ 9 „ „ 451—475 „ 10 „ „ „ 476—500 „ 11 „ ,. o,r »e« alten JahanniSsttfte, Hospitalftrahe Nr. 2d. pünktlich vorzusahrcn, be, Vorfahren zu lasten Zuwiderhandlungen gegen vorstehende Anordnung werden für seden ContraventionSfall mit einer Ordnungsstrafe von drei Mark geahndet werden und müssen sich die Droschken genau in dem in 8 6 des Regulativs vorgeschriebenen Zustande befinden, auch di« Droschkensührer die voraeschriebene Uniform tragen, widrigenfalls die Concesfsonare zu gewärtigen baden, daß die betreffenden Wagen sofort außer Betrieb gesetzt, die Concessionare aber überdies noch in die in 83 6 und 11 des Regulativs vorgesehnenen Strafen genommen werden. Leipzig, den 8. Juni 1880. Las Polizei-Amt -er Lta-t Leipzig. De. Rüder. Mühlner. Nachmittags Submission. Die bei dem unterzecchnelen Proviant-Amte auszuführenden Bau-Neparatnren bestehend in Weifte- Artetten und Vfen-Reparaturen rc. im Betrage von ca. 721 Mark sollen im Wege öffentlicher Summst um vergeben werden und ist hierzu für »en 15. d. M. vormittags 10 Uhr Termin anberaumt worden. Etwaige Bewerber wollen ibre Offerten biS zu genannter Zeit im Bureau Schlaft Pleiftenbnrg, Thurmbaus, 1. Etage, portofrei abgeben, woselbst auch der Kostenanschlag nebst Be oingungen von beute an zur Einsicht ausliegt. Leipzig, am 8. Juni 1880. Königliches Provtant-Amt. Lernhard von Lin-enau. Am 11. Juni 1780*) Hing im alten Freihofe m der Stadt Altenburg em Stern aus und in 'einer äußeren Erscheinung am 21. Mai 1851 unter, der am Firmamente der Zeit im Sachsen lande feine leuchtenden Bahnen beschrieb, um den athmenden und kommenden Geschlechtern den ewi- gen Zug vom Staube zum dichte anzudeuten. Eine große Fülle von Licht, Liebe und Leben liegt zwischen diesem Auf- und Niedergange! Welche Segnungen ruhen auf dieser, drei Vier teile eine- Jahrhunderts umfassenden Wallfahrt emeS der begabtesten Priester der Wissenschaft und Humanität! Selten umlcuchtet der Weltgeist Ein Haupt mit so viel Strahlen deS Geistes, noch selt ner vereint er mtt diesen die innige Hingabe an die hohen und heiligen Interessen der Menschheit und das schöne Bedürfniß, alles Denken und Füh len des Individuums in der Gesammtheit auf- gehen zu lasten. Er hat eS verdient, daß man sein Gedächtniß in Ehren halte, und wie seine Vaterstadt heute den hundertsten Geburtstag seines großen Sohne» durch einen Actus in der Aula de» Gymnasiums feiert, 'v möge auch die königliche Saxonia an diesem Tage eine Blüthe des Gedächtnisses auf dem Al täre des Vaterlandes niederlegen, daS ihm sein Volksbuch, die Verfassungs-Urkunde von 1831 ver dankt. Wohl hat er wie Wenige daS Volk warm und treu in seinem großen Herzen getragen. Er vergaß eS nicht, wenn er die Weisheit deS Schöpfers au» der Sternenschrift de» Himmels la»; er ge dachte sein, wenn er an den Werken der Kunst die Ideale der Schönheit erforschte, und selbst dann, wenn der Ernst deS Lebens auf dem Dornenpfade der Pflicht mit dem Wohlwollen deS Weltbürgers in Conflict gerieth. Wenn irgend möglich, gewann in solchem Streite der» letztere den Sieg; wenn nicht, s» linderte die Humanität, waS Gesetz und Nothwendigkeit gebot. Darum wird auch sem Andenken im Volke gesegnet sei», denn er bewährte de» Adel der Geburt durch den Adel de- Geiste», der Gesinnung und de» Herzen». Alles, wa» edel und gut, groß und schön war, fand in ihm einen Beschützer; jedes redliche Streben durste — von ihm erkannt — seiner menschenfreundlichen Förderung gewiß sein, und »ie er im Forschen und Wirken rastlos seinen hohen Zielen zustrebte, war er auch unermüdet, sich mitleideud und mitfühlend an den Schicksalen Einzelner und Aller zu betheiligen. Der Schlüssel zu einer so seltenen Individualität lag in dem ihm eigenen Streben: Wissenschaft und *) Rach einigen Quellen am 11. Juni 1779. Kunst dem Leben dienstbar zu macben und in die hohe Schule konventioneller Verhältnisse den reinen Kern echter Humanität hinein zu tragen. Von dem Glück auf die Höhen des Lebens gestellt, ver gaß er doch nie, nach unten zu schauen. Der Flügelschlag deS Geistcs lenkte sein Auge nach den Sternen, der sympathische Zug deS HerzenS in die Tiefen der Armuth und deS Kampfes mit dem Schicksale. Der innere Rcichthum erschloß ihm die Reiche der Kunst und 'Natur; der äußere war auf die Bildung der Menschen und das Trocknen der Thränen gerichtet. So war Bernhard v. Lindenau nicht allein der Ausdruck der erhabensten Tugenden, sondern auch der Träger der höchsten Ideen deS Schönen und Guten, und wenn dieses Bild einer edlen Menschen natur noch einer Verklärung bedurfte, so war sie ihm durch jene innige Liebe für daS engere und das größere Vaterland gegeben, welche nicht das Product deS Verstände«, sondern der reinste Aus fluß seines reichen Herzens war. Wohl hat ma» seinem staatSmännischen Wirken den Vorwurf einer zu idealen und weltbürger lichen Richtung gemacht; aber wir wollen die jenigen seiner Vorgänger nicht beneiden, welche eS verstanden, mehr die Regeln ihres Macchiavell als die ewigen Gesetze der Natur, mehr den Diplo maten al« de« Menschen in ihrem Wirken vor walten zu lasten. Lieber wird die Nachwelt ihre Betrachtung an dem Bilde eines ManueS ausruhen lasten, dessen ganzes Streben aus harmonische Aus bildung und naturgemäße Entwickelung der gesell schaftlichen und staatlichen Zustände gerichtet war; lieber ihre Entschlüsse für da» Leben an dem Bei spiele emeS Menschen ausrichten, der im Rathe der Weisheit auch dem Herzen eine Stimme gönnte und den hohen Sinn de« Weltbürger» niemals der Berechnung zum Opfer brachte. Obwohl e» an einem Tage de» Gedächtnisiei schwer ist, sich von der Gesammterscheinung eine» großen Vorbilde» ab- und den Stationen seine« LebenSgangeS zuzuwenden, so erscheint e» doch alS eine Pflicht, dem lebenden Geschlechts letztere in die Erinnerung zurück zu rufen. Nach den Studien in Leipzig betrat Bernhard von Lindenau im 19. Jahr» als Astestor im Kammer collegium zu Altenburg die erste Stufe de« Be rufe-. Aber der Actenstaub füllte die Seele des Jünglings nicht aus, er rettete sich in die Arme der Naturwissenschaften und flog mit hohem Fluge dem Studium der Sterne zu. Im Jahre 1804 zum Leiter der Sternwarte auf dem Seeberge bei Gotha berufen, knüpfte er mit dem Astronomen Baron von Zach einen innigen Freundschastsbund der noch heute in der Lindenäu-Zach-Stiftung fort lebt. 1809 begleitete er daS französische Ingenieur corps bei den Vermessungen im Fichtelgebirge und ebte dann weit genannt und geehrt seinen wisten- chaftlichen Studien, dis ihn der Herzog August von Gotha Altenburg an seine Seite ries, ui» die Strahlen seine« Gerste«, die er den Sternen de« Himmels entliehen hatte, in das staatliche Leben leuchten zu lasten. Der Philolog Friedrich Jacobs rühmte von ihm: „Wie von einem der größten und weisesten Menschen deS AlterthumS gesagt wird, daß er die Weisheit vom Himmel zur Erde »erabgerusen, so stieg auch er auS den erhabenen Träumen, an denen seine Blicke allein zu hängen chienen, in den engen Kreis nützlicher Geschäfte erab." Al- er 1814 den Herzog Karl August von Wei mar al- Generaladjutant nach Frankreich begleitet )atte, trat er im folgenden Jahre wieder m die verlassene Stellung in Altenburg zurück, wurde 1817 Kammervicepräsident, 1818 Bice-LandschastS- director und betrat mit dieser Stellung seine poli tische Laufbahn Mit ungetrübtem Blicke sah er der Zeit und ihren Krankheiten in- Auge, aber erst späteren Zeilen wurde im Sturme gewährt, waS er im Schooße der Ruhe naturgemäß zeitigen wollte. Im Jahre 1820 berief ihn der Herzog August als Minister nach Gotba. Hier wirkte er mit lmsicht, Liebe und Geduld in so geeigneter Weise, daß Friedrich Jacobs ihm im Namen deS Landes mit Recht nachrusen konnte: „Wenn jener Kanzler eines französischen Königs den Anforderungen deS bedrängten Landes mit' der Entschuldigung aus wich, er sei nicht des Landes, sondern deS Königs Rath, so war Lindenau der Rathgeber deS Lande« wie seines Fürsten, und seine Freundschaft zu ihm wuchs in dem Maße, in welchem der Dank deS ihm verpflichteten Volks lauter und inniger wurde. Seinen Namen feierte jeder Mund, denn jede nützliche Anstalt, jedes Unternehmen, daS dem Lande Vorthcil verhieß. Alle-, was zur Auf munterung der Wissenschaft, zur Ausbreitung nützlicher Kenntnisse, zur Beförderung des Fleißes, des Handels und der Gewerbe. waS zur Veredlung der Ansichten deS bürgerlichen Lebens beitrug, fand in ihm einen aufmerksamen Beobachter, einen kundigen Berather und einen ermunternden Vor gänger/' Ehre dem Staatsmanne, dem solche Nachrufe nicht aus Schmeichelei, sondern aus wärmster Ueberzeugung folgen! Im Jahre 1827 trat Lindenau als Geheimer Rath in die Dienste des Königreichs Sachsen und >830 an die Spitze des Ministeriums. Hier ent- altete sich ein reiches und bewegte- Feld siir seine Thätigkeit. Die Frucht derselben war die Neugc- taltung der Staatsversassung und die Abfassung der Constitutionsacte, welche ihm kein Stück Papier, sondern ein aus der Zeit heraus gewachsenes Be- dürsniß war. Nach diesen Reformen war sein Streben aus die Organisation der Landesanstalten für Kunst und Wissenschaft und der LandeSstras- und Ver sorgungsanstalten gerichtet, und wenn man dem edlen Manne in letzterer Beziehung auch nach sagte, daß er die Sträflinge mehr als verdient im Herzen getragen habe, so wird sein Werk vom dankbaren Sachsenlande noch heute als daS Werk reinster Humanität geehrt, welche selbst in dem Gefallenen noch den Menschen zu retten sucht. Im Jahre 1843 schied er freiwillig aus dem Staatsdienste, verzichtete zu Gunsten der Unter stützung junger Künstler und gering dotirter Geist licher und Schullehrer auf seine Pension und zog sich nach einer wahren Triumphreise durch Deutsch land und Italien aus seinen Pohlbof in Alten burg zurück, um hier als Weiser seinen Lebens abend der Kunst und Wissenschaft zu widmen. Er war umglänzt von der Ruhe, die daS Bewußtsein treuer Wirksamkeit in edle Seelen gießt, wenn die Schatten deS Lebens länger werden und die Sonne de« Dasein« den müden Erdenpilger an den Heimgang mahnt. Im Maimonde 1854 gab Bernhard v. Lindenau dem Staube sein irdisches Theil zurück, am Him- melsahrtStage wurde seine Hülle auf dem Alten burger Friedhose nach seiner Anordnung an der Seite semer Eltern ohne Sarg, in Leinen gehüllt, mit MooS und Erde überdeckt zur Ruhe gebracht. Allen war er geschieden, aber sein Gedächtniß lebt fort durch seine Vermächtnisse als Urkunde eines edlen Herzens für die Lebenden und Kommenden. Wie er durch sie seine hohe Gesinnung und reiche Liebe cm Leben offenbarte, scbmückte er sie auch mit dankbarer Freundschaft durch den Namen „Lindenau- Zach'sche Stiftung" als Andeutung, daß die Ver brüderung edler Menschen auch Andere veredelt und an Andern gesegnet wird. Möchten Alle beim Heimgange dem Herrn ihre Seele so ruhig befehlen können wie Bernhard von Lindenau! Uiekarck vlass politische Aebersicht. Leipzig. 10. Juni. Die Annahme de« Antrags auf Verlegung der Zollgrenze auf der Unter-Elbe in der letzten Sitzung des BundeSrathS bestätigt voll ständig der früher ausgesprochene Vermüthung, daß der Reickskanzler, ehe er den Antrag sörmlick einbrachte, sich einer hinreichenden Stimmenmehr heit durch diplomatische Unterhandlungen mit den Regierungen versichert hatte. Hiernach ist eS eben auch nicht wahrscheinlich, daß auf die nach der neuen Geschäftsordnung vorbehaltene zweite Le sung die Hamburgische Denkschrift noch eine Wir kung üben wird. Voraussichtlich wird die ganze Angelegenheit abgethan sein, ehe die Virchow'sche Interpellation im Abgeordnetenhaus auf die Tages ordnung kommen kann, welche in ihrem dritten Theile sich auf diese Angelegenheit bezieht. Uebri- genS läßt sich auch voraussehen, wie die Antwort auf diese Frage ausfallen wird: Die preußiscke Regierung ist nicht verantwortlich für die Anträge, weicke der Reichskanzler als solcher im Bundes rathe stellt, und eS wird Sache deS Bundesraths sein, die schuldige Rücksicht auf den Bundesstaat Hamburg in den AuSführungsmaßregeln zu seinem Beschlüsse zu nehmen. DaS preußische Staatsministerium ist am Mittwoch Mittag zu einer Sitzung zusammer- qetreten, und eS ist säst selbstverständlich, daß es sich dabei um die Stellungnahme zur zweiten Lesung der kirchenpölitischen Vorlage gehandelt hat. Man wird erwarten dürfen, daß die Regierung in die zweite Lesung mit endgültigen Entschlüssen eintritt und so dazu beiträgt, die Unklarheit, in welche sich die Lage gegenwärtig nock hüllt, einigermaßen zu lichten. Die erste Lesung hat in dieser Hinsicht außerordentlich Wenig ge- than. und wesentlich durch die große Zurückhaltung der Regierung ist die Lage in so hohem Grade verworren und undurchsichtig geworden, wie ie sich in diesem Augenblick darstellt. Die Stel- ung de- Reichskanzlers zu dem Gesetzentwurf st so dunkel wie möglich, der EultuSmini- ter hat sich darauf beschränkt, im Ganzen die lfinie der Regierungsvorlage festzuhalten und sie nach allen Seiten hin zu vertheivigen. Und doch ist eS unzweifelhaft, daß, wenn ein Gesetz über haupt zu Stande kommt, Dies unter keinen Um länden in der Fassung der Regierungsvorlage der Fall ist. ES giebt drei Möglichkeiten, eine Ptehr- heit im Abgeordnetenhause zu schaffen: einmal eine conservativ-nationalliberale Mehrheit, sodann eine conservativ-klerikale und endlicy eine solcke, die durch Stimmenthaltung des CentrumS aus den beiden konservativen Fraktionen allein gebildet wird. Für die erste Möglichkeit wüsten den Ra tionalliberalen, für die zweite dem Centrum noch sehr erhebliche Zugeständnisse gemacht werden, bei der dritten könnte die Regierungsvorlage wohl in der vcrhältnißmäßig noch am we nigsten veränderten Gestalt durchgehen. AuS parlamentarischen Kreisen wird berichtet, daß sick die beiden konservativen Fraktionen bereits im Wesentlichen auf der Grundlage der freiconserva- tiven VerbesserungS-Anträae geeinigt hätten, und man wird hierzu jedenfalls die Zustimmung der Regierung voraussetzen können. Eö kann sein, daß sich auf dieser Grundlage die dritte der oben an- aedeuteten Möglichkeiten erreichen läßt; für die Mitwirkung der Nationalliberalen dürfte dieselbe nicht auSreichen, sie haben sich auch an den con servativen Verhandlungen nickt betheiligt. ES hat sich auS den bisherigen CommissionSverhcmdlungen ergeben, daß die Nationalliberalen Art. 2, betref fend die Berufung an die Staatsbehörde, Art. 4. betreffend die Rückkehr der Bischöfe, und Art. 9, betrcssend daS strafrechtliche Einscyreiten aus Grund der Maigesetze, für unübersteigliche Hindernisse ihrer Zustimmung halten, und eS würde in dieser Beziehung auch durch Annahme der srei- conservatlven Anträge noch nicht Biel gebessert werden. Die sreiconservativen Amendements ent halten zum Theil unleugbare Vorzüge gegenüber der Regierungsvorlage, allein sie genügen doch nicht, die Bedenken der Nationalliberalen zu ent kräften. Wie das Ccntrnm sich verhalten wird, ist immer noch nicht ersichtlich. Dem Centrum würde das Gesetz auf Grundlage der freiconser- vativen Anträge in der Handhabung durch einen Mann «ie Hnr von Puttkamer noch immer so viel Werth haben müssen, daß wir eS noch für sehr fraglich halten, ob diese Partei die Vorlage schei tern läßt, wen» sie ohne ihre Mitwirkung nicht zu Stande kommen kann. Während die Znrück-Revidirung unserer Ge werbepolitik. insoweit reaktionäre Bestrebungen dadurch befördert werden, sich im besten Flusse be findet, «ird gegen die Maßnahmen zum besseren Schutz gewerblicher Arbeiter em förmlicher Feldzug eröffnet. Der diesen Zweck anstrebende Gesetzentwurf, welchen der BunbeSrath veröffent«
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