Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 10.07.1880
- Erscheinungsdatum
- 1880-07-10
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188007101
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- LDP: Zeitungen
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- fehlerhafte Paginierung, beginnt hier wie der Vortag (9.7.1880) mit S. 4120 statt S. 4140
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1880
- Monat1880-07
- Tag1880-07-10
- Monat1880-07
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- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 10.07.1880
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Erschein täglich früh 6'/. Uhr. Aedmüm «undUt», Johaaaisgoff« SS. >prrchß»«te» der tte»a«ti»a: BormittaZ» 10—12 Uhr. Nachmittags 4—« Udr. Wir dt« NUckgLdr rt»kkla»»>kk M»«u» Mchtr «»cht sich »>« «edaciloa i»i«h« »rritnduq. )mr der für dir uächst- Nu««,er destiinmtru an Wochcntagm bis Nachmittags, an Sonn- ' ,rnfrtHdiS'/,SUHr. >» dr« FMtr« str Z»s. >»««dw«: vtt« Stemm. UniverMtsstr. Li. Lauts Lösche, Satharinwstr. 18,p. dis '/^ »hr. Anzeiger. Organ str Politik. Localgefchichtt. Handels- and GcschDSvcrkehl. Auflage 16.150. Ad»,i>e«e«tt»rri» viertelt. 4'/, ML, inel. vringrrlohn S DÜ., durch di« Post bezogen « ML Jede einzelne Nummer 25 Ps. Belegexemplar 1« »f. Gebühren für Extrabeilagen ohne Postbeförderung 5» Mk. mit Postbefvrderung 48 Mt. Zustrate Lgrsp. Petitzeile 20 Pf. Grüher« Schriften laut unserem PreiSverzeichniß. — Tabellarisch« Satz nach höher«« Tarif. lltclimtv „irr dem »cdectteaostrtch . die Spaltzeil« 40 Pf. Inserate sind stets an d. «rMtto, zu senden. — Nabatt wird nicht -«geben. ZahlimgprLsvawarnaä» »der durch Postvorschuß. 217. Sonnabend den 10. Juli 1880. 74. Jahrgang. ZU Akfliligen VeachlMg. N»sere Expeditton ist morgen Sonntag den 11. Juli nur Vormittags bis '^9 Uhr geöffnet. Bekanntmachung. Da- am Kleischerplatze „d Nr. 8 gelegene sogen. Leiterbaus soll Gien-ta-, »en iz. Juli b. I. vormittags 1« «tzr an Ort und Stelle auf den Abbruch öffentlich versteigert werden. Die BersteigerungSbedingungen liegen in unserem Bauamt, Rathhaus, 8. Etage, Zimmer Nr. 1, zur Einsichtnahme aus. Leipzig, am 2«. Juni 1880. »er Nath »er «tabt veltz-i«. l)r. seorai. vr. Wangemann. Bekanntmachung. Wegen Reinigung der Lokalitäten sind die Laffenzimmer für »ie Einkommensteuer ^ Freitag, »en st. und Eonuabend, de» Ist. d. M. geschloffen. Di« Abfertigung der nach au-wärtS sich abmeldendeu Personen wird hierdurch nicht unterbrochen. Leipzig, den 7. Juli 1880. Der Nath der Stadt Leipzig. vr. Georgi. Koch. Die Beschränkung der Wechsel fähigkeit. Der zweite Sohn de- Reichskanzler- Pflegt, wie eS scheint, die Materie der Wucher» und Wcchsel- gesrtzgebung als eine Specialität seiner parlamen tarischen Thätigkeit. Daß diese Bestrebungen deS Grafe» Wilhelm BiSmarck die Billigung de- Vaters finden, ist wohl anzunehmen. Ällmählig laufen nun Nachrichten ein über die Aufnahme, welche die vom Grafen Wilhelm angeregten Pläne behufs Beschränkung der Wechselfähigkett bei den Slnzelstaaten gefunden haben. So wird sich z. v. die großherzoglich sächsische Regierung ab lehnend verhalten, nachdem, wie bereit- gestern im „volkswirlhschaftlichen Theile" unsere- Blattes mitgetheilt, der ständige Ausschuß der Gewerbe kammer zu Weimar in seiner Sitzung vom 2. dS. MtS. die ihm auf Veranlassung der Reichsregierung vorgelegte Frage, ob die Wechsel- fiihigkeit für die nicht zu den Kaufleuten ge hörenden Grundbesitzer und Handwerker bei behalten werden solle, mit 4 gegen 1 Stimme bejaht hat. Die Majorität nahm an, daß die Bortheile der allgemeinen Wechselfähigkeit die angeblichen Nachthelle bei Weitem überwie gen. Von einer ganzen Reihe von Staaten läßt sich schon jetzt voraussehen, daß sie den nämlichen ablehnenden Standpunct entnehmen werden; so von den Hansestädten, von Sachsen, Baden und Hessen. Ueberhaupt ist an diesem gesetzgeberischen Versuch nur das Eine bedauerlich, »aß er bei der Reichsregierung seine Protection gefunden. Eine wirklich begründete Befürchtung, daß der Versuch auch zu praktischen Ergebnissen im Sinne der Beschränkung der Wechselfähigkeit führen werde, liegt kaum vor. Denn einmal wider strebt Handel und Wandel aufs Aeußerste 'vlcher wohlmeinenden Bevormundung, sodann aber hat die Gesetzgebungskunst mit dem Wucher- gesetz eine so herbe Erfahrung gemacht, daß kaum anzunehmen ist, sie werde für die negative Thätig- keit einer Beschränkung der allgemeinen Wechsel- sähigkeit zugleich den positiven Ersatz schaffen können in der alsdann unvermeidlichen organischen Revision des CreditverkehrS überhaupt. Der Reichskanzler selber steht der ganzen Frage «och kühl berechnend gegenüber. Dafür spricht die Vorsicht, mit der er den ungewöhnlichen Weg einer diplomatischen Umfrage brr den Regierungen eiugeschlagen. Hätte Fürst BiSmarck diese- Ver fahren schon früher beobachtet, so würde er die Niederlage, die er mit dem PoflquittungSstempel nu vunde-rath erlitten, wahrscheinlich vermieden haben. Die Annahme liegt nahe, daß jenes un- vermuthete Ereigniß den Anlaß gegeben, jetzt daS Terrain genaner auf seine Sicherheit hm zu erkunden. ES läßt sich die Besorgniß nicht abweisen, daß der halbdiplomatische Modu-, der bei den Vor bereitungen zur Umgestaltung de- Wechselrechts vermittelst de- Rundschreibens de- StaatSsecretatr- Hohenlohe beliebt worden, in seinen weiteren Cousequenze» zu einer bedenklichen Beiseiteschiebung des Vunde-rath- ru führen geeignet ist. Wenn sich die Gewohnheit heranbilden sollte, durch eine Verhandlung von Regierung zu Regierung, welche dem Wese» de- BundesrathS kaum entsprechen dürfte, die jedesmalige Verständigung herbei- zusühren, dann fällt der Schwcrpnnct der Gesetz gebung au- den verfassung-mäßigen Institutionen de- Reichs heran-. DaS Bestreben de- Fürsten BiSmarck geht unverkennbar dahin, dem OrgauiS» muS de- Reich-, soweit er im Bunde-rath verkörpert ist, eine größere Lebendigkeit und Be weglichkeit zu verleihen. AuS diesem gewiß zu billigenden Gedanken entsprang die Geschäftsord nung des BunveSrath-, die vorbereitenden Mini ster fitzungen, die doppelten Lesungen im Plenum, die Beschränkung der Thätigkeit der Ausschüsse. Aber eS rst kern Geheimmtz, daß der Reichs kanzler mit seinem Werk selber unzufrieden ist. Er findet, daß in der lebendigeren Wechselwirkung unter den Mitgliedern der hohen Körperschaft das Selbstbewußtsein und das Vertrauen auf daS eigene Urtheil gestiegen ist, daß sich etwas vom FractionSgeist der parlamentarischen Körperschaften dort einzusiellen beginnt, wo dre Opposition, inso fern von einer solchen überhaupt dre Rede war, sich bisher nur der Form deS kleinlichen Parti- cularismuS bedienen konnte. Ob deshalb der jetzt, bei der Frage der Wechselfähigkeit, eingeschlagene Weg, mit den Regierungen direct zu unterhandeln, nicht ein zweischneidiges Mittel ist, da- muß die Zukunft lehren. In »er vorliegenden Sache wird dasselbe aller Voraussicht nach den guten praktischen Erfolg haben, daß der Reichskanzler und der eigentliche Urheber diese- befremdlichen GesetzzebungSgedankens, der Abg. Graf Wilhelm Bismarck, vor einer Niederlage bewahrt bleiben, insofern als schon die Gutachten der Einzelstaaten in der Mehrheit die Revision deS Wechselrechts zurückweisen werden und eine entsprechende Vorlage an den BundeS- rath als aussichtslos erscheinen lassen dürsten. Politische lledrrsicht. Leipzig, s. Juli. Die Fortschrittsdemokratie hat ihren Sommerfeldzug gegen die Nationalliberalen mit mächtigen, wert in daS Land hinan- erklin genden Fanfaren eröffnet. Die Gelegenheit war besonders günstig, denn einige sehr wett nach links hinstrebende TageSorgane der nationalliberalcn Partei selbst hielten eS für an der Zeit, daS Märchen von der Auflösung de- PartewerbandeS als eine Thatsacbe und die Trennung der National, liberalen in zwei selbstständig operirenve Gruppen als Nothwenvigkeit hinzustellen. Gegen diese An griffe wendet sich der gemäßigte Theit der national liberalen Presse mit großer Festigkeit, die Reform der Partei dabei in den Vordergrund der Betrach tung stellend. In diesem Sinne schreibt auch die „Köln. Ztg." wie folgt: „Die gegenwärtige poli tische Lage ist noch sehr verworren und mit vielen Widersprüchen durchsetzt. ES müssen unsere« Bedünken- alle Theile da- Ledllrfniß empfinden, zunächst sich über die eigene Stellung zur Lage zu orientiren und über diese im eigenen Schoße und mit den verwandten Partei« und Interessengenoffen sich doch endlich klarer al- bisher ru verständigen und endlich zu einem praktisch durchführbaren Pro gramm zu gelange«. Die Regierung aber muß da- BedÜrsmß erkennen, mit den Mtttelparteien, auf welche sie doch allein nachhaltig sich verlassen kann, mehr al- bisher in lebendige Fühlung zu treten. Dem Kanzter, dessen Verdienste von welt geschichtlichem Glanze find und da- gewöhnliche ndische Maß überragen, mag eS vergönnt bleiben, von seinen Landsitzen au- fern scharfe« Auge über Europa sowie daheim über Zettelungen der Ultra- montanen und contrerevolutionairen Particularisten wachen »u lassen; aber dann muß er zugleich für einen fähigen Vertreter in Berlin sorgen, der al« Kenner und treuer Au-leger seiner Gedanken Ver ständigung und Eompromiffe mit den nattonaten Führern der Volk-Vertretung pflege, «rd zwar chon vor der Schlaßredactiou und ver Einbringung einer Regierung-Vorlagen. Und nm solche Ver ständigung zu erleichtern, möge er jene Stellen im Cabinet, aus welchen er Falk und Ho brecht ver loren hat, mit diesen alten oder doch mit ähnlichen gemäßigt liberalen, aber festen Männern wieder besetzen lassen. Von der Erfüllung dieser Be dingungen würde sich eine bessere Lage unserer deutschen und preußischen Politik mit Zuver sicht hoffen lassen." Die fortschrittliche „Breslauer Zeitung" wittert bereits englische Zustände, d. h. die Glie derung der politischen Parteien in zw ei Fraktionen, eine conservative und eine liberale. Das genannte Blatt schreibt: „Die rechte Seite hat allerdings gesiegt, aber die Zukunft gehört der linken Seite. Die Elemente zur Bildung einer neuen, auf Grundsätzen und nicht auf Opportunitäts-Rück sichten beruhenden enschieden liberalen Partei sino vorhanden; wir brauchen Namen nicht zu nennen; sie sind in Aller Munde, in der bisherigen nationalliberalen Partei, im Löwe-Berger'schen linken Centrum und in der deutschen Fortschritts partei. Dann wird sich auch ein gesunderes politisches Leben entwickeln. Wir Deutschen leiden an eiuem Ueberfluß der politischen Parteien; jede einzelne zerfällt noch in so viele Unterabtheilungen, in so viele Fractionen, al- ein gesunde- Volk überhaupt Parteien haben sollte. Dann werden sich die beiden Parteien, die allein politische Be rechtigung haben, einander gegenüber stehen, die Liberalen und die Conservativen, und die Coalition der Letzteren mit den Ultramontanen wird von selbst zerfallen." Die Perspective, welche daS Breslauer Blatt eröffnet, scheint sich nach unserer Ansicht in nebelgraue Ferne zu verlieren. Ueber die parlamentarischen Ziele der nächsten Zeit gehen die Ansichten sehr auseinander Die Angabe, daß der Reichskanzler an eine Ver legung der ReichStagssessioa in den Spät herbst denke, so daß der preußische Landtag erst im Januar zusammentreten würde, entbehrt, wie officiös versichert wird, jeder Begründung. Dagegen ist alle Aussicht vorhanden, daß Nach sessionen deS Landtag-, wie eine solche in diesem Jahre stattgefunden hat, in Zukunft Regel werden, da der Reichskanzler erklärt hat, in Zukunst eine Verzögerung der Reichstagssession über Anfang Februar hinaus nicht mehr zulassen zu wollen. In BundeSratbSkreisen nimmt man übrigens an, daß die Ministersitzungen deS Bunde-rath- nicht beim Beginne der neuen BundeSrathSsession (Ende September), sondern erst im Oktober oder Januar stattsinden sollen. Wenigstens dürste eS nicht möglich sein, die erforderlichen Vorlagen bis zum Oktober fertig zu stellen. * * » Man will in Paris wißen, die französische Regierung habe an die Präfecten und Gcneral- Procuratoren Instructionen geschickt, daß jede weitere Anwendung der Decrete gegen die Con- greaationen vorläufig aufzuschieben sei. Die anläßlich der Auflösung der Iesusten-EtablissementS nach Paray-le-Monial organisirten Wallfahrten finden nur geringe Betherligung, wie selbst die Klerikalen bedauernd zugeben müssen. Al- beab sichtigte Manifestationen sind dieselben verunglückt. Unter den conservativen Senatoren und Deputirten ist die Idee aufgetaucht, allen demissionirten Be amten der Staatsanwaltschaft eine goldene Ehren medaille zu überreichen. Die Zahl dieser Beamten beträgt bl-jetzt 120, darunter der Schwiegersohn des ersten Präsidenten de- CassationshofeS. Ikn der Juristenwelt herrscht große Bewegung in Folge der Demissionen wegen der Iesuitenprocesse, welche von steigender Feindseligkeit gegen die Regierung ist. — Ueber die Verhandlungen des Senates vom Donnerstag liegt da- folgende Telegramm vor: Der Bericht über den Antrag Du saure's, be tressend da- Association-recht, gelangt zur Ver lesung. In dem Berichte wird darauf bingewiesen, daß der Antrag einen Fortschritt der dennaligen Ge- setzgebung im freiheitlichen Sinne bedeute, weil er die Eontrole und da- UeberwachunaSrecht de- EMateS sichere, eine bestimmte Gleichheit verstelle und den religiösen Genossenschaften keinerlei Vergünsti gung zugeftehe, dabei aber gegen die letzteren auch keine Ausnahmebestimmungen treffe. Bon der Commission, welche dem Aufwerfen aufregender Fragen ein Ziel zu setzen wünschte, wird beantragt, daß der Antrag Dusaure's in Erwägung gezogen werde. Hierauf wurde von dem Ministerpräsidenten Fre st einet der Amnestiegesetzentwurs in der von der Deputirtenkammer beschlossenen Fassung vor- gelegt. Lambert, vom rechten Lentrum, richtete »ie Frag« an den Minister, ob da- die definitive Vor lage der Regierung sei. Eonseil-präsident Freycinet erwiderte, die Regierung werde auf diese Frage ant worten, sobald die Dl-cusfion über di« Vorlage eröffnet sei. Der Senat verwies dir Vorlage an die betreffende Eommisston, welche zur sofortigen Bera- thung zusammentrat. Die schwarze E-Herte verläßt Frankreich. Meh rer« französische Jesuiten smd schon als Vorhut oder al- Quartiermacher, einer Prager Meldung zufolge, in der böhmischen Hauptstadt eingetroffen. Anderthalb Dutzend ihrer aus Frankreich auS- aewiesenen Genossen sollen ihnen in den nächsten Tagen folgen, und für noch mehr wird Platz ge macht. ES heißt, Böhmen «erde mit einem halben Hundert dieser Flüchtlinge beglückt werden, die truppweise eintresfen sollen. Nach Tirol kommen ebenfalls demnächst schon Jesuiten, und ebenso nach Oberungarn. In und bei Preßburg sollen bereit- Räume für dieselben vorbereitet sei». Weder die ungarische «och die österreichische Re gierung legt dieser Einwanderung Hindernisse in den Weg- In Holland sind gleichfalls schon einige Trupps französischer Jesuiten angemeldet worden. Auch in England treffen diese „Mär tyrer" massenhaft ein. Unsere armen Nachbarn, unsere armen Stammesgenossen jenseits deS Canalcs! Der belgische Staatsminister Fröre-Orban ist ein ganzer Mann, der sicher seinen schwierigen Posten verlassen würde, wenn sein König den Weg nach Canossa an treten müßte. Der „Moniteur belge" hat das letzte Aktenstück de« Meinungsaus tausches mit dem heiligen Stuhl beendigt, und daS Schreiben, welche- den Bruch besiegelte und an den Nuntius gerichtet ist, verdient wohl als ein Denkmal festen Sinne- den Anmaßungen der Curie gegenüber wörtlich citirt zu werden. -Brüssel, 30. Juni 1880. Monseigneur! Ich beeile mich Ew. Excellenz die Pässe zu schicken, welche Sie durch Ihr gestriges Schreiben erbeten haben. DaS Jmeresse der Wahrheit und der Gerechtigkeit macht eS mir zur Pflicht, sowohl die in meiner De pesche vom 38. Juni ausgesprochenen Meinungen als die Genauigkeit der Thatsachen aufrecht zu erhalten, denen sie zur Basis dienen und welche durch vage und verwegene Ableugnunaen nicht erschüttert werden können.'Jch fühle mich gleichfalls verpflichtet, in energisch ster Weise gegen die Behauptung Ew. Excellenz Verwah» rung einzulegen, als hätte ich bei dem Expose, daS ich den Kammern über den Gang und die Resultate der Unterhandlungen mittheilte, bereit- gewußt, daß der von mir den Worten Sr. Eminenz de- Cardinal» secretairS gegebene Sinn weder den Gedanken noch den Absichten des heiligen Stuhles entsprach. Da- ist eine auS der Luft gegriffene Behauptung welche auch nicht einmal den Schein der Wahrscheinlichkeit für sich hat und im Voraus durch den Depeschen- au-tausch dementirt ist. Ich behalte mir vor, die- im geeigneten Moment zu beweisen. Ich hätte Ew. Excellenz selbst in der diplomatischen Eigenschaft, welche dieselben gestern noch batten, da- Recht nicht zuerkennen können, zu urtheilen, waS der Polrtrk de- Lande- ersprießlich ist. Ich überlasse der öffent lichen Meinung, zu urtheilen, ob Sie heute und hauptsächlich nach gewissen jüngsten Veröffentlichungen (Anspielung auf die Dumont'schen Enthüllungen), welche Ew. Excellenz nahe berühren und die auf die mit dem Vatican gepflogenen Unterhandlungen ein eigenlhümliches Licht werfen, ermächtigt waren, al- einen Parteiact einen durch den heiligen Stuhl ver- anlaßten Schritt darzustellen, der durch die legitimsten Rücksichten für die Ehre und die Würde der Regie rung anbefohlen war. Genehmigen Sie u. s. w. (Gez.) Frere-Orban. Msgr. Vannutelli ist die Antwort auf dieses Schreiben natürlich schuldig geblieben. Wiener Blätter melden, daß die Macht, welche man mit dem Mandate einer Intervention, und zwar nicht nur mit einer maritimen Demonstration, sondern mit der Okkupation der Griechen land zugesprochenen Gebiete durch Landtruppen betrauen wollte, Italien war, das sich auch zur Ucdernahme deS Mandates bereit zeigte. Dieser Plan scheiterte jedoch an der Opposition Oesterreichs, trotzdem daß selbst Fürst Bism arck den Rath gab. Italien sich auf der Balkan-Halbinsel „festbeißen" zu lasten, damit eS seine Gelüste aus Trient und Triest aufgebc. Nachrichten, die in Paris aus Petersburg vorliegen, dementiren formell, daß die russische Regierung ihre Intervention betreffs Ausführung der Berliner Conferenzbeschlüsse an geboren habe. Vielmehr verlaute, daß dre russische Regierung keinerlei Absicht habe, in der Krage, welche Maßregeln eventuell zu ergreifen seien, eine von den übrigen Cabineten abweichende Haltung einzunehmen. Die „Kölnische Zei. ung" da gegen giebt die olgende Version: „ES darf al- sicher gelten, daß der russische Vorschlag, fall- die Pforte die Lonferenzbeschlüffe schroff ablehnen sollte, russische Truppen auf eng lischen Schiffen nach Thessalren und dem EpiruS »u schicken, chatsächlich gemacht, von den Mächten in Berathung gezogen und keine-wea- von vornherein zurückgewrAen wurde. Namentlich wir» man be zweifeln dürfen, daß Oesterreich sich einem solchen orschlaqe durchaus »idersetzen würde, vielmehr scheint e- nicht einmal unglaubwürdig, daß Deutsch land und Oesterreich sich einer etwaigen Flottendro- hung anschließen würden. Zwar sind alle diese Er wägungen über den Standpunkt anregender Fühler oder Anfragen der ein^lnen Labmete bei den an- dern nicht weit hinau-gekommen, da man jedenfalls die officioüe Antwort der Pforte abwartet. Immer hin steht der Gedanke, für eine bestimmte Zeit an eine einzelne Macht, wahrscheinlich an Rußland, ein europäische- Mandat zu ertheilen, im Vordergründe."
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