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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 11.07.1880
- Erscheinungsdatum
- 1880-07-11
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188007112
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18800711
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18800711
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1880
- Monat1880-07
- Tag1880-07-11
- Monat1880-07
- Jahr1880
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 11.07.1880
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Ver- M. t««, «n- ai»» an. vor» von 1»^r inen r»»- «n- »t«. looc, r«u kene acke, neu, irkr, An- -bill. rvr, «nr Mcv ser .»HL läßt. » e die steg. >urch da« , zu- dcn sserd hlig- rnzu- er.. Erste Leilagc zum Leipziger Tageblall und Anzeiger. ^ 218. Sonntag den 11. Juli 1880. 74. IahrgÜNss. Nrutsche WoUeuiudustue-Äurkelluiia. V. * Leipzig. 10. Juli. Wir gelangen heute zur Abtheilung der Wollstoffe für Frauenkleidung und freuen uns, von vornherein bemerken zu können, daß diese Abtheilung mehrere der besten Glanz- stücke der ganzen Ausstellung birgt. Die Namen „Gera" und „Greiz" bieten, falls sie bei einer Borführung von Erzeugnisten der deutschen Wollen- iudustrie vertreten find, an und für sich schon hin reichende Bürgschaft, daß Dasjenige, waS die be treffenden Fabrikanten au-stellen, ein erfreuliches und günstiges Bild gewährt, wir haben aber voll und ganz anzuerkennen, daß die beiden gedachten Industriestädte in der gegenwärtigen Ausstellung die auf sie gesetzten Hoffnungen übertroffen haben und daß sie mit einem Glanze und einer Gediegen heit auftreten, welche ihnen, wir wissen daS von vielen Seiten, weit und breit Ehre und Bewunde rung einbringcn. Seit Eröffnung der Ausstellung ist dieselbe bereits von vielen Angehörigen fremder Rationalitäten besucht worden und wer häufig Gelegenheit hatte, m den Ausstellungshallen zu ver kehren, der wird durch die vielfache Unterhaltung der Besucher in fremden Sprachen an die An wesenheit der Ausländer, insbesondere Franzosen und Engländer, welche sich von dem gegenwärtigen Stande der deutschen Industrie ru unterrichten suchen, erinnert worden sein; es ist unS nun von mehreren Seiten versichert worden, daß die beiden Collectiv-AuSstcllungen von Gera und Greiz in erster Reibe auf die fremden Besucher Eindruck ge macht haven, wie wir denn heute nochmals der Thatsache gedenken wollen, daß daS hohe sächsische König-Paar bei seinem Besuch in dn Ausstellung für diese beiden Eollectiv-Ausstellu.zen nur Worte vollen Lobes und freudiger Anerkennung und zwar wogen der dadurch mit vollem Nachdruck nachae- wieseneu Leistungsfähigkeit deutschen GewervS- sl-.ißeS hatte. ES muß ganz bestimmte Gründe haben, wenn ein Industriezweig sich inmitten einer allgemeinen weitverbreiteten und hartnäckig andauernden Ge- schästSkrist- doch in Blütbe erhält und inmitten des DauieverliegenS der Geschäfte für sich allein eine grünende Oase bildet, auf der Alles in flottester Thätigkeit ist. In dieser angenehmen und erfreulichen Lage haben sich Gera und Greiz schon seit einer Reihe von Jahren befunden und während auS fast allen anderen Industriebezirken Klagen erschallten, kamen aus den zwei genannten thüringischen Orten Mittheilungen, daß die Fabri ken fämmtlich vollauf beschäftigt seien, wie denn auch gegenwärtig noch derselbe günstige Zustand besteht und alle Aussichten dafür vor handen sind, daß Gera und Greiz sobald von der hohen Stufe ihrer industriellen Thätigkeit und Stellung nicht herabsteigen werden. Wir glauben den Hauptgrund dieser Erscheinung darin suchen zu sollen, daß die Fabrikanten in Gera und Greiz von jeher, mochten bei ihnen die Geschäfte auch noch so flott gehen und die Bestellungen sich Käufen, doch immer an dem Grundsätze, nur gute Qualitäten von Waaren zu liefern, streng scstgehalteu haben und daß unter ihnen in An wendung dieses reellen PrincipeS vollkommene Solidarität geherrscht hat. Zu diesem ehrbaren GeschäftSarundsatze sind dann persönliche Tüchtig keit der Geschäfteleiter, Intelligenz und Beweglich keit getreten, Eigenschaften, die sich mehr oder weniger auch auf die Arbeiter übertragen haben, und die günstigen Wirkungen aller dieser Umstände liegen heute m der dommirenden Stellung vor, welche Gera und Greiz in der deutschen Textil industrie einnrhmen. In Bezug aus da- äußere Arrangement der beiden Collecliv-Ausstellungen sind zwei verschie dene Ideen zur Ausführung gelangt, die jede für sich einen angenehmen und wirkungsvollen Eindruck Hervorbringen. Beide Formen der Ausstellung sind vornehm und imposant, und wenn sie den Be iheiligten größere Kosten verursacht haben, so ist damit doch etwas außerordentlich Gediegenes er reicht worden. Die Gcraer Collectiv-AuS steiler brbeu ihre Fabrikate in einem mächtigen, einem Tempel gleichenden Pavillon mit kunstvoll , eschuitztev vergoldeten Säulen, großen blitzen, den Spiegelscheiben und einem kuppelartigen Glasdach vereinigt, welcher von allen Seiten vollen Einblick in den gesammteu Inhalt gewährt. Die Zeichnungen zu dem Pavillon, der ein muster gültiges Product deS modernen Kunstgewerbes darstellt, find von unserem Mitbürger, Herrn Architekt Iummel, entworfen. Die Greizer Collecliv- Aussteller dagegen, welche den wohlbekannten Bild hauer Gedon auS München zu Nalhe zogen, haben ihrem Ausstellungsraum die Form eines großen - und eleganten SalonS gegeben, der mit seinem im Stile des großen Pariser Portals und der EmgangSthür zu dem Bibliothek- und Lesezimmer 1 gehaltenen reichen Ausschmückung einen fast klassischen Eindruck hervor bringt. Wohlthuend > auf das Auge wirkt in der Greizer Abtheiluug die schöne grüne Pflanzen gruppe, welche rn der I Mitte den eisernen Träger einrahmt. Ein wesent licher Unterschied, der in der äußeren Art der Vor- I führung zwischen Greiz und Gera besteht, wird I dadurch bedingt, daß die Greizer Fabrikate frei ! und offen zu Jedermann- Ansicht und Besllhlung 1 auShängen oder au-liegeu, während die Gcraer Erzeugnisse sich de» Blicken nur hinter den Spiegel- ! scheiben präsenttreu. DaS erster« wird von I manchen Seiten jür vortheilhafter erklärt, wir s wollen uu- in diese Erörterung jedoch nicht weiter eiumischeu, sonder» der Freud« »ariver Ausdruck geben, daß die Ausstellung über zwei so schöne und bedeutende Collectiv-Borsührunaen verfügt. An der Geraer Collectiv-Au-stellung sind betheiligt die Firmen Bruhm L Nägler, W. Focke L Co., W. Th. Gey, C. A. Goldberg, Löblich L Iosephson. Carl Fr. Menget, Morand L Co.. Ueltzen <L Völsch, Ernst Weber, Ernst Fr. Weißflog, C. H. Zippel L Seltzer und außerdem die Färberei- und Appretur-Etablissements der Firmen LouiS Hirsch und Gebr. Schlott. Die erstgedachten Fabrikanten haben alle Arten von Kammwollen- waaren, wie CachemirS, Merino-, Ripse, LastingS, Popeline-rc. in verschiedenen Formen der Aufmachung ausgestellt und das Ganze gruppirt sich inmitten deS Pavillons zu einem riesenhaften Aufbau, bei dem die geschickte Hand deS Dekorateurs sichtlich mitgewirkt hat. Ganz bedeutend wird die Wirkung dieser Ausstellungsgruppe durch die besondere Art und Weise gehoben, mit welcher am Fuße des Pavillons ringsum der köstliche Farbenreichthum zur Veranschaulichung gebracht ist, in dem die Geraer Fabrikate erglänzen. Jedenfalls repräsen- tirt diese reizende Farbenzusammenstellung, in welcher sich auch die neueste Modefarbe, Heliotrop, vvifindet, die beiden obengenannten Färberei-An stalten, von denen diejenige der Firma LouiS Hirsch einen wohlbegründeten Weltruf genießt. Die Greizer Collecliv-Ausstellung wird gebildet durch die Firmen Gebr. Albert, Fried. Arnold, W. H. Arnold tun., Arnold L Söhne, Louis Beck, Braun L Bremer, Ferd. Büttner, Dietsch <L Oehler, Eiserhardt L Schröter, Frisch L Gulden, Günther L Bühling» Adolph Heller, Wilhelm Heller, G. Knüpfer, Lässig L Sander, Lettenbauer L Kaeckell, Malz L Dietel, Anton Merz, Louis Müller, Otto L Vaupel, I. P. Reiß mann, Schilbach L Co., Schilbach L Heine, S. Schwarz L Söhne, Carl Schweitzer, Seyffert L Schönfeld, L. Webendörfer, C. G- Weber L Feustel, ferner durch die Färberei-, Appretur- und Druckan stalten von Sedickc L Weitze, Franz Müller, Georg Schieber und Heinrich Schlott Die Fabrikate sind im Wesentlichen dieselben, wie in der Geraer Abtheiluna: CachemirS, Merinos, Diagonals, Ripse, LastingS, Serge, Consectionsstoffe rc., welche sich sammt und sonder in guter und ansprechender Qualität präsentiren. Zum großen Lheil ver sorgen diese Erzeugnisse den deutschen Markt, zum bedeutenden Theile werden sie aber auch exportirt und man erblickt aus verschiedenen Punctcn Stoffe, die zum Export nach Japan, Mexiko rc. bestimmt und in den für diese Gegenden verlangten Hellen und bunten Farben gehalten sind. Allgemeiner Hausbesitzer-Verein. * Leipzig, 10. Juli. Der hiesige HauSbesitzer- Verein beschäftigte sich in seiner jüngsten Ver sammlung mit der Erörterung von Fragen allge mein wichtiger Natur. Zuvörderst machte der Vorsitzende, Herr Rechtsanwalt Tscharmann, einige geschäftliche Mittheilungen, u. A. auch, daß der bisherige Vorsitzende des Vereins, Herr Archi var Sauer, zum allgemeinsten Bedauern den Vorsitz niedergelegt habe. Hoffentlich werde Herr Sauer seine Kräfte auch fernerhin dem Verein widmen. In Anerkennung seiner Verdienste er hoben sich die zahlreich Anwesenden von ihren Plätzen. Herr Archivar Sauer aber dankte für die ihm gewordene Anerkennung; freilich sei sein Können hinter dem Wollen zurückgeblieben; sein Rücktritt sei ihm dictirt worden durch die Rück sicht auf seine Berufsstellung. In unserem vorläufigen Berichte haben wir bereits die weiteren geschäftlichen Mittheilungen Uber den MitgliederwachSthum rc. erwähnt, und hinsichtlich de« in der Versammlung erstatteten Bericht- über den letzten Congreß deS Verbande« deutscher Grundbesitzer-Vereine verweisen wir auf die s. Zt. erschienenen Referate in diesem Blatte. In der Angelegenheit der vom hiesigen Stadt rath beabsichtigten obligatorischen Einfüh rung von Wassermezsern hielt Herr Civil« Ingenieur Fr. Kuutze einen sehr eingehenden Vortrag, auS welchem wir Folgende« hervorheben. Bei einer Vergleichung der neuen in Betreff der Einführung der Wasserleitung in Privatgrundstücke erlassenen Instruction des Rathes mit der alten sind e- hauptsächlich zwei Puncte, welche ganz be sonders zu denken geben, nicht nur, weil dieselben auf eine principielle Aeudcrung deS bisherigen BerwaltungSmoduS schließen lassen, sondern auch, weil durch dieselben eine erhebliche Vertheuerung deS Wasserverbrauchs herbeigeführt zu werden droht. Der Herr Vortragende unterzog nun diese beiden Purcte einer näheren Betrachtung, und zwar zunächst die Schlußbestimmung de- tz. 2, da hin lautend: „WasserieitungSröhren an Motoren anzubringen ist nicht gestattet, sofern nicht hierzu eine vom Rathe besonder- uachzusuchendc Erlaub- niß ertheilt worden ist." Diese- in der alten Instruction nicht enthaltene verbot erscheint als ein gegen alle hydraulischen Motoren gerichtetes Internet. Zur Erörterung de- zweiten Bedenkens gab dem Redner die Abänderung de- §. 11 der alten Instruction Anlaß, an dessen Stelle jetzt folgende Bestimmung gesetzt worden ist: „Die Wassermesser werden von der Verwaltung der Stadtwasserkunst auf Kosten der Hausverwaltungen beschafft und aufgestellt." Bisher waren Wasser- messer nur für den Verbrauch ru gewerblichen Zwecken vorgeschrieben, nunmehr aver soll auch der Wasserverbrauch der Haushaltnugen durch Wassermrsser festgestellt werden. Der Herr Vor tragende kam nach eingehender Erwägung der ver schiedenen Umstände zu dem Schlüsse, daß die städtische Verwaltung, da fern sie mit der obligatorischen Einführung der Wasser messer nicht auf eine Vertheuerung des WasserconsumS hinzielt, eine» folgenreichen, willkommen zu heißenden Schritt zur Verbesserung unserer Wasserverhältnisse angebabnt hat. Nach einer hieran angcknüpften Berechnung besprach Redner noch den Unterschied zwischen den veiden Typen der heutigen Wassermesser, nämlich der Kolben- und der RotationSmefser. Erstere haben den Fehler, daß die Klappen leicht undicht «erden; aber ebenso leiden die RotationSmrsser an Mängeln, da nur bei bestimmten Durchgangs mengen fehlerfreie Angaben gemacht werden. Letz tere sind aber billiger und wirken weniger nach theilig auf die Wasserröhren ein, besonder« der Apparat von Meinecke in BreSlau. An den Vortrag knüpfte sich eine längere Ver handlung. an welcher sich die Herren Tscharmann, Bachschall, Iantsche, Krebs, Kuntze, Werthheim, Frank, Simon rc. betheiligten. Uebereinstimmend waren die Redner gegen die Einführung der Was sermesser und eS wurde schließlich (und obgleich der Vorsitzende darauf hinwies, daß dieser Antrag ver früht erscheine, da die obligatorische Einführung der Wassermesser noch nicht von beiven städtischen Col- legien definitiv beschlossen worden) der Compro- mrßantrag genehmigt: eine Petition an den Rath zu richten, dahin gehend, daß derselbe von der obligatorischen Einführung der Wassermesser in den Haushaltungen absehen möge, event. eine Abschrift der Petition den Stadtverordneten zu übermitteln. Ueber den nächsten Gegenstand der Tagesord nung, dieBauthätigkeit in unserer Stadt und die Ermunterung hierzu durch die Par- cellirungen städtischen Areals betreffend, referirte Herr Sigmund Frank. Der Redner ging auf die Jahre 1872 und 1873 zurück, in welchen sich infolge de- damaligen GeldübcrflusseS eine MiethpreiSsteigerung bemerkbar machte, die sich sowohl auf Luxus- als auch auf Arbeiter- Wohnungen erstreckte und schließlich derartige Di mensionen annahm, daß selbst besser gestellte Be amte rc., die dem m dieser Epoche erzielten Schein- gewmn fern standen, kaum die Miethe mehr zu erschwingen vermochten. Unter solchen Verhält nissen war Nichts natürlicher, alS daß neben andern Banken auch Baubanken entstanden, die ein Bau unternehmer-Proletariat schufen, welches eine sehr rege Thätigkeit entwickelte, ausgedehnte Häusercomplexe in kürzester Zeit fertig stellte, die nur in Bezug auf Hypotheken eine große „Tragfähigkeit" besaßen. Während die Lieferanten solcher Unternehmer mit ihren Forderungen ge wöhnlich leer auSgingen und der hiesige Hand werkerstand schwer geschädigt wurde, vermehrte sich der Kreis dieser Ritter von der Kelle, bis sie durch den Einsturz einer ihrer Kunstbauten oder durch Intervention der Baubehörde und selbst der Staatsanwaltschaft von selbst aushören mußten. Ganz ausgerottet ist diese Classe nicht und wird eS auch nie werden. Der Redner wies nun nach, daß im Jahre 1870 nur 86, 1871 aber 126 Bauconcessionen er theilt wurden, während sich diese Zahl im folgen den Jahre auf 474 steigerte, bis die unauSbleib- l'chc Reaction schon im Jahre 1873 eintrat, indem damals nur 237, und in den Jahren 1874 und 1875 blos 183 Neubauten zu verzeichnen waren. Die Zahl der HauSgrundstücke in Leipzig im Jahre 1874 betrug 2501, während sie gegenwärtig auf etwa 4000 angewachsen ist, d. i. eine Zunahme von 60 Proc. Die Einwohnerzahl Leipzig« war im Jahre 1864: 85,394 und heute ist solche etwa 156,000, waS eine Zunahme von 83 Proc. im gleichen Zeiträume ergiebt. Hiernach könnte es den Anschein gewinnen, als wenn Wohnungs mangel vorhanden sein müsse; Dies ist jedock» in folge der großen Menge casernenartiger Woh nungen nicht der Fall. Im gegenwärtigen Jahre ist nun ein über den augenblicklichen Bedarf weit hinauSgehendes Bauen bemerkbar; freilich hat Dies auch seinen Grund darin, daß in den letzten Jahren ungemein viel städtisches Areal parcellirt worden ist, z. B. an der alten Elster, am Ochsenstand, an der Jacob straße, da- äußere Nordviertel, Johannisthal rc., äußere SUdvorstadt rc. Hieran schließen sich die Parcellirungen der Immobiliengesellschaft und der größeren Grundbesitzer. WUnschenSwerth dürfte eS daher wohl sein, wenn künftighin möglichst wenig neue Parcellirungen stattfänden und dem Bau sogenannter Miethcasernen Einhalt gethan würde, in letzterer Beziehung dadurch, daß ein längeres AuStrocknen solcher Geväude be hördlich vorgeschriebe« würde. Erfreulich auf der andern Seite ist der Fortschritt in »»lerer Stadt, soweit er in der Vermehrung von Pracht- und Villenbauten bemerkbar geworden. Redner zählte auch hier die Mehrzahl derselben aus und schloß mit dem Hinweis auf die Vermehrung derselben durch daS in Aussicht stehende Gebäude für das Reichsgericht. Auch an diesem Vortrag, der sehr beifällig aus genommen wurde, reihte sich eine DiScussion, in welcher zunächst Herr Baurath vr. MotheS be merkte, daß er einen Beschluß oder eine Resolution erwartet habe. Früher habe die Stadt zu wenig, jetzt zu viel Areal zum Verkaufe auSgeboten. Es sei ein Nachtheil für die Stadt, wenn Straßen und Schleußen angelegt würden, ohne daß sie schnell bebaut werden. Die Mehrzahl Derer, welche Villen besitzen, haben solche in den Jahren 1872 und 1873 beschafft; die klebrigen müssen aus er- Der Verein vermöge recht gut zu beantragen, daß innerhalb der nächsten Jahre keine neuen Straßen angelegt werden; doch werde DaS nur wenig Helsen. Unser Markt sei mit Bauplätzen überfüllt. Die Behörde mache selbst viele unnütze Ausgaben für neue Straßenanlagen, und fände hierin eine weife Sparsamkeit statt, so würden auch die Steuern herabgesetzt werden. Herr Frank hob hervor, daß dieBauthätigkeit eine überstürzte sei, daß aber der Rath im Bei kauf von Bauplätzen nicht gehemmt werden dürfe, da die Stadt in rascher Entwickelung begriffen sei. Ein Antrag zu diesem Gegenstände wurde nicht gestellt, vielmehr sofort in die Erledigung de« letz ten PuncteS der Tagesordnung, die Reorgani sation deS GrubenräumungSwefen betr., eingetreten. Bei der vorgerückten Zeit beschränkte sich der Referent in dieser Angelegenheit, Herr Archivar Sauer, lediglich auf kurze Mitthellungen. Die Anregung zu einer Aenderung des Verfahrens hin sichtlich Beseitigung der Abfallstoffe sei bei unS im Jahre 1869 vom ärztlichen Bezirksverein auSge- ganaen; jetzt habe der Orts-GesundheitS-Ausschuß die Frage in die Hand genommen und eS stehe eia NathSbeschluß nahe bevor. DaS Liernur'sche System ist allerdings das beste, allein enorm kostspielig; Schwemmsystem und Berieselung aber ist für uns nicht einführbar und an anderen Orten auch nicht vortheilhast gewesen. ES bleibt für Leipzig also nur das pneumatische Abfuhr-System übrig, und der Vorstand dc-S Hausbesitzer-Vereins hat daher zur Erlangung einer Concession zur Über nahme derselben einer Petition an den Rath gerichtet, die auf folgende Puncte hinausläuft. Der Verein erklärt sich zur Uebernahme unter der Vor aussetzung bereit. 1. daß in den nächsten zehn Jahren eine Canalisatton hier nicht eingeführt, oder eine andere GrubenräumungSart als die vom Verein in Aussicht genommene von Seiten der Behörde nicht vorgeschrieben wird, 2. daß durch die Wohlfahrts-Polizeibehörde fernerhin nur noch die Grubenräumung mittelst pneumati scher Apparate gestattet wird, 3. daß weitere Con- cessionen hierzu, außer den bereits gegebenen, nicht ertheilt werden und 4. daß dem Verein wenn irgend möglich vom Rathe der Raum zur Unterbringung der Wagen und Maschinen unentgeltlich oder wenigsten- gegen einen mäßigen Zins überlassen wird. Der Rath hat nun auf diese und eine ander weite Vorstellung geantwortet, daß er zur Zeit in dieser Angelegenheit eine definitive Entschließung nicht fassen könne, da er mit der Regelung de« Abfuhrwesens beschäftigt sei und zu diesem Zwecke sowohl ein obrigkeitliches Regulativ zu entwerfe» al- die Bedingungen festzustellen habe, unter welchen etwa mit Unternehmern abgeschlossen werden könne. Bei dieser Sachlage werde man daher das Weitere abwarten müssen; zu empfehlen fei aber, ''aß die Hausbesitzer h esiger Stadt, wenn sie nicht >äter sehr hohe Preise für die Grubenräumung zahlen wollen, die Angelegenheit selbst organisireu. Hoffentlich werde der Vereinsvorstand nicht unter lassen, darauf hinzuwirken, daß die Frage zu Gun sten der Hausbesitzer gelöst werde. Musik. Neues Theater. Bei der Hofmann - Neßler'schen Oper „Der Rattenfänger von Hameln", welche am Freitag wieder ein, für die vorgerückte Jahres zeit ziemlich zahlreiches Publicum anzezogen halte, ist „Hunotv Singus", der Rattenfänger, so sehr die Hauptperson, daß Veränderungen in der Besetzung der übrigen Partien äußerst wenig alt solche sich bemerkbar machen. An Stelle von Fräul. Schreiber sang diesmal Frau KlafSkv die Regina, ohne daß der Eindruck ein wesentlich anderer wurde. Da- Helle, frische und sehr an sprechende Organ der geschätzten Sängerin paßt sehr gut für diese Partie ebenso wie ihre Erscheinung und ihre Gesang-weise. Den Rathsschreiber — EtheleruS — hat nun mehr Herr Lieban übernommen und trug als solcher namentlich zum Gelingen der hübschen Canon« am Schluß de- ersten ActeS wesentlich mit bei. Die etwas dankbarere Partie deS SchmicbS. welche früher Herrn Lieban zugcfallen war, ist jetzt an Herrn Or. Basch gekommen, der sie zu seinen guten Partien zählen kann, namentlich wußte er seine Stimme in dem Duett mit Gertrud — die an Frl. Stürmer eine ausgezeichnete Ver treterin gesunden hat — wohlthuend klangvoll zu entfalten. Ein sehr annehmbarer Ersatzmann für Herrn Retz ist Herr Biberti als Stadt« schultheiß; wenn er erst auch im Parlando sein prachtvolle- Organ so wirksam gebrauchen lernt, wie m derCantilene, wird ihm derlrrfolg niemals fehlere. Endlich ist noch alS neu Herr Kellerer ru er wähnen, der sich mit dem Stadtbaumeister so gut absand, wie man eS von einem Anfänger billiger Weise verlangen kann. Die Stimme erscheint nicht gerade glänzend, aber doch immerhin ver wendbar. Die übrige Besetzung ist bekannt. Herr Schelper'S „Hunold Srngus" ist eine allseitig blendend wirkende Kunstleistung und neben ihm und Fräulein Stürmer traten auch wieder Fräulein Löwy (Dorothea) wie Herr Wiegand (Bürgermeister) und Herr Ulbrtch (KanonikuS) ganz bedeutsam und beifallerweckend in den Vordergrund. August Reißmanv.
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