Die Verwendung der Blechblasinstrumente bei J. S. Bach unter besonderer Berücksichtigung der Tromba da tirarsi : kritische Anmerkungen zum gleichnamigen Aufsatz von Thomas G. MacCracken
Blechblasinstrumente bei J. S. Bach — Kritische Anmerkungen 39 Cracken nicht herangezogen), sie sei „nach ietziger Invention eingerichtet . . daß sie sich nach Art der Trombonen ziehen lasset“. In seiner Kantate „Gott der Vater, Jesus Christus, der heilge Geist wohn uns bei” („Concferto]: a io ov- [ero] 14 Voci“ ; wahrscheinlich zum 1. Sonntag nach Trinitatis) schrieb Kuhnau „Oboe, ov[ero] Tromba da tirarsi“ vor. Hier könnte die italienische Bezeich nung für das 1700 von Kuhnau und 1769 von Doles Zugtrompete genannte Instrument vorliegen. Ob mit der bei Kuhnau beziehungsweise Bach gefor derten „tromba (beziehungsweise dem „corno“) da tirarsi“ ein Instrument wie das 1651 von Hans Veit angefertigte gemeint ist (und dieses wiederum mit dem Naumburger Kircheninventar zusammenhängt), bleibt im einzelnen noch zu zeigen. Hierfür ist eine kritische Würdigung des bisher zu diesem Fragenkreis Publi zierten erforderlich, insbesondere eine Auseinandersetzung mit der Darstellung von Thomas G. MacCracken im Bach-Jahrbuch 1984. Der Gegenstand selbst ist wichtig genug, und zwar sowohl in Hinsicht auf eine möglichst exakte Interpretation von Bachs Kantaten als auch wegen des Ver ständnisses der professionellen Fertigkeiten seiner Ausführenden. Leider wird MacCrackens Aufsatz höheren Erwartungen kaum gerecht, da die von ihm herangezogenen Schriften von Urban, Lewis, Ohl, Bäte und Detlef Altenburg und einige nicht unbedingt zur Sache gehörige Zitate aus Arbeiten von Dürr, Schulze und Wolff nicht wesentlich über den Erkenntnisstand der älteren For schung (Schering, Sachs, Terry) hinausführen. Davon abgesehen sind manche Beobachtungen schlicht falsch. Das schwierige Gebiet der historischen Blech blasinstrumente erfordert neben theoretischen Kenntnissen ein nicht kleines Maß an praktischer Erfahrung, sollen Fehlschlüsse und andere Irrtümer ver mieden werden. Die Probleme beginnen bereits beim Quellenbefund. Bei Bach gibt es kaum einen Fall, in dem die präzisierende Angabe „da tirarsi“ nicht nachträglich oder sogar erst in größerem zeitlichem Abstand in Partitur beziehungsweise Stimmen eingetragen worden wären. Die genauere Bezeichnung von Trompete oder Horn als „da tirarsi“ erfolgte stets in abweichender Schrift, mit anderem Schreibgerät und gelegentlich auch von anderer Hand als der des Komponisten und wurde in keinem einzigen Falle auf den Titelumschlag von Partitur be ziehungsweise Stimmen übertragen. Wenn wir alle die Fälle ausschließen, in denen die Verwendung eines Zug instruments nur vermutet wurde, bleiben sieben Werke übrig (den bei Mac- Cracken genannten sechs ist BWV 124 hinzuzuzählen). Es handelt sich um die folgenden: BWV 5 Stimmen St Thom 5. Der Umschlagtitel (um 1750) erwähnt nur „Tromba“, der Kopftitel der von Johann Andreas Kuhnau geschriebenen Stimme lautet „Tromba“ (Zu satz J. S. Bachs:) „da Tirarsi“. Partitur London, British Library. Der Umschlagtitel (Schrei ber Johann Andreas Kuhnau) nennt „Tromba“. BWV 20 Stimmen St Thom 20. Der Umschlagtitel (um 1750) erwähnt nur „Tromba“, der Kopftitel der von Johann Andreas