konzeption des Credo-Satzes ist ein tiefgreifender Gegensatz erkennbar. Bach, der gläubige Christ, der ganz im Gegensatz zu Beethoven noch mitten in einer lebendigen christlichen Gemeinschaft steht, bringt auch dieses Credo, das die großen Dogmensätze der christlichen Kirche ent hält, in eine unmittelbare Bestellung zu dieser Kirche. Anfangs- nnd Schlußchor, das „Credo in nimm Osuirtt und das „Corditeor unum baptisrnL«, bindet er liturgisch, indem er aus dem Melodien schatz der mittelalterlich-katholischen Kirche die betreffenden liturgi schen Intonationen herausgreift und sic als Fugen- bzw. cantus firmuö-Themen den betreffenden Sätzen zu Grunde legt*). So spricht hier nicht ein einzelner Mensch, sondern die Kirche selbst in ihrer Ausdrucksweise daS Credo aus. Kein stärkeres Symbol hätte Bach hierfür schaffen können, als daß er durch die liturgische Bindung von Anfang und Schluß des Credos gleichsam einen Ring um dieses monumentale Dogmengebäude legte und so alle subjektiv-individu ellen Jnterpretationsversuche im Keime erstickte. Es fragt sich nur: wie kommt der Protestant Bach dazu, diese ursprünglich katholischen Altarweisen in sein Credo zu übernehmen? Eine leidliche Erklärung wäre schon gegeben, wenn man sich klar macht, daß Bach die Messe für den katholischen Dresdener Hof geschrieben hat, und daß er mit der Einbeziehung der gregorianischen Melodien den konfessionellen örtlichen Bedingungen und Gepflogenheiten entgegenkommen wollte. Hiergegen wäre sachlich nichts einzuwendcn. Aber cs ist dabei doch auch in Bettacht zu ziehen, daß für Bach selbst diese Weisen etwas be deutet haben, daß er sie nicht als fremdes Eigentum, zu dem er kein inneres Verhältnis hatte, auffaßte und seiner Messe einverleibte. Es ist ja hinreichend bekannt, daß der Schatz des liturgischen Gesanges, wie Lstern, Himmelfahrt, Pfingsten. Trinitatis) und zuletzt von der v!ta vemuri sae- culi berichtet. Im Gegensatz bierzu find die Nahmenglietcr der Messe: Xz-rle und äznus Del eng miteinander verknüpft durch das dominiernke „Miserere nobis^, fie find als rein lyrische Äußerungen im Sinne zweier gewaltiger Lamen tationen zn verstehen Vorwiegend von lyrischem Gehalt erfüllt find auch die weiter nach innen gelagerten Sätze: ttlorla und Sanctus, die sich in hohem Maße als Iubilationcn darbieten, mit der Einschränkung freilich, daß (beide mal- übereinstimmend) ungefähr in der Mitte dieser Sätze stZui tollis, Uene- riictus) die Jubilatio einer Metitaiio weicht. t) Iu der Melodie des „Lcmüreor" vgl. P. Wagner, Das Graduale der St. Tyomaskirche zu Leipzig (14. Iahrh.), Bd. l, S. X (Herausgeg. in den von Th. Kroyer geleitcren Publikationen älterer Musik, Jahrgang X, Leipzig 1930). 9*