Johann Sebastian Bach und Johann Friedrich Bach als Orgelexaminatoren im Gebiet der freien Reichsstadt Mühlhausen nach 1708 Von Christine Kröhner (Leipzig) Johann Sebastian Bachs Entlassungsgesuch vom 25. Juni 1708 1 endete mit dem Versprechen: „Kan ich ferner etwas zu Dero Kirchen Dienst contribuiren, so will ichs mehr in der That, als in Worten darstellen“. Daß er es ernst meinte mit der Einlösung seines Versprechens, bewies er 1709 mit der Lieferung einer Ratswahlkantate und seiner Anwesenheit in Mühlhausen anläßlich ihrer Aufführung. Die Kämmerei zahlte „Herrn Baach von weimar“ 9 Florin und 3 Groschen (6 Fl. 1 Gr. unter der Rubrik „Geschenke“ und 3 Fl. 2 Gr. unter „Reisekosten“). 2 Die Tatsache, daß derselbe Betrag für ein „Rathsstükke“ in den Rechnungen von 1710 nur unter der Rubrik „Geschenke“ und ohne den Zusatz „von weimar“ erscheint, läßt bis heute offen, ob der Empfänger Johann Sebastian oder sein Vetter und Amtsnachfolger Johann Friedrich Bach (um 1682-1730) war. In den nachfolgenden Jahren erscheint kein einziges Mal Johann Friedrich Bach als Komponist einer Ratswahlmusik in den Kämmerei rechnungen. 3 So kann mit hoher Wahrscheinlichkeit die Eintragung von 1710 auf Johann Sebastian Bach bezogen werden. Ihm erteilten die eingepfarrten Ratsmitglieder 1708 ihre Zustimmung zu der erbetenen Demission, „weiln er nicht aufzuhalten“. Jedoch gaben sie zu verstehen, er solle „das angefangene werck helfen zum stände zubringen“. 4 Den Auftrag für den Umbau der Blasiusorgel nach Bachs „Disposition der neüen reparatur“ vom 21. Februar 1708 5 hatte der aus Dörna gebürtige Orgelmacher Johann Friedrich Wender (1655-1729) erhalten und unmittelbar nach Klärung der Kostenfrage 6 mit den Arbeiten begonnen. Für eine Einweihung der umgebauten Blasiusorgel am Reformationstag 1709 durch Johann Sebastian Bach fand sich bis dato kein sicherer Beleg. Lediglich eine Vermutung steht dafür. 7 Die Mühlhäuser Chronik von Reinhard Jordan aus dem Jahre 1906, die auf mehreren handschriftlichen Quellen basiert, berichtet: „1709 ... auch ist zu S. Blasius das Brustpositiv gemacht“. 8 Dies muß nicht bedeuten, daß die Arbeiten an der Orgel im selben Jahr vollständig abgeschlossen waren. Aus den Quellen, die für das gesamte Mühlhäuser Gebiet seit Ende des 17. Jahrhunderts eine rege Orgelbautätigkeit aufzeigen, 9 geht hervor, daß sich der Neubau von Orgelinstrumenten und auch 1 Dok I Nr. 1, S. 19. 2 Dok II Nr. 43, Kommentar, S. 38. 3 Befragung der Camerey-Register bis zum Rechnungsjahr 1730/31. 4 Dok I Nr. 1, Kommentar, S. 21; Dok II, Nr. 36. 5 Dok I Nr. 83, S. 152. 6 Dok I Nr. 83, Kommentar, S. 154. 7 Ebd. 8 R. Jordan, Chronik der Stadt Mühlhausen in Thüringen, Band III, 1600-1770, Mühlhausen i. Thür. 1906, S. 150. 9 Stadtarchiv Mühlhausen, Sign. II Ämterrechnungen, 23 Gemeinde- und Kirchenrech nungen, 239 Dörfer.