Zur zeitgenössischen Verbreitung von Bachs Vokalwerken 97 der technischen Schwierigkeiten - undenkbar; eine solche lag wohl auch nie in der Absicht des Thomaskantors. 9 - Die Rekonstruktion der tatsächlich in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts aufge führten Kirchenmusik beziehungsweise der örtlichen mitteldeutschen Notenbiblio theken ist schwierig, ja häufig unmöglich. Die Sammlungen selbst existieren weitgehend nicht mehr. Als Beispiel für das Repertoire eines leistungsfähigen Schulchores kann nur der relativ intakt überlieferte Musikalienbestand der Landes schule Grimma gelten, der mit der Partiturabschrift von BWV 2, wiederum angefer tigt von Johann Tobias Krebs d. Ä., 10 und dem unter Bachs Mitwirkung entstandenen Stimmensatz zu Telemanns Kantate „Der Herr ist König“ * 11 (TVWV deest) zumindest zwei - mittelbar oder unmittelbar - auf Bachs Notenbibliothek zurückgehende Quel len enthält, die beide aber erst kurz nach 1750 in die Sammlung gelangten. - Von den möglicherweise aussagekräftigen und vielerorts gedruckten „Texten zur Kirchenmusik“ fehlt heute zumeist jegliche Spur. Und auch wo das wenige Erhaltene Konkordanzen zu Bachs Kantatentexten aufweist - in der Diskussion stehen Texte aus Delitzsch, Leisnig, Ohrdruf. Weißenfels und Zerbst 12 - kann in manchen Fällen nicht mit letzter Sicherheit belegt werden, daß hier tatsächlich Bachsche Werke erklangen. - Andere flankierende Dokumente, vor allem die noch für das Ende des 17. Jahr hunderts relativ zahlreich belegten Noteninventare, existieren aus dem fraglichen Zeitraum in mitteldeutschen Städten kaum noch. Daß im Fall Kochs ein solches In ventar aufgestellt worden ist und die jährlich eingereichten Portokostenaufstellungen 9 Vgl. Wollny, Neue Ermittlungen (wie Fußnote 7), S. 199f. 10 Mus. 2405-E-500: Schreiberbefund nach NBA 1/16 Krit. Bericht (G. S. Bozarth. 1984), S. 84. Die Quelle gelangte von Buttstädt nach Grimma, offenbar weil der gleich namige Sohn des Schreibers hier ab 1751 als Lehrer angestellt war (siehe BC A 98). 11 Mus. 2392-E-612; siehe dazu A. Glöckner, Eine verstümmelt überlieferte Telemann- Kantate im Aufführungsrepertoire J. S. Bachs. BJ 1998, S. 83-92. Gemeinsam mit der Telemann-Kantate kaufte der Grimmaer Kantor Johann Samuel Siebold 1753 auch eine heute nicht mehr nachweisbare Abschrift von BWV 184 an. 12 Siehe W. Hoffmann, Leipzigs Wirken auf den Delitzscher Kantor Christoph Gottlieb Fröber. BzBf 1 (1982), S. 54-73; W. Neumann, Über die mutmaßlichen Bezie hungen zwischen dem Leipziger Thomaskantor Bach und dem Leisniger Matthäi kantor Stockmar, in: Bachiana et alia musicologica. Festschrift Alfred Dürr zum 65. Geburtstag, hrsg. von W. Rehm. Kassel 1983, S. 201-208: P. Wollny. Neue Bach-Funde, BJ 1997, S. 7-50. speziell S. 26-36; H.-J. Schulze. Musikauf führungen in der Weißenfelser Stadtkirche von 1732 bis 1736, in: Weißenfels als Ort literarischer und künstlerischer Kultur im Barockzeitalter. Vorträge eines inter disziplinären Kolloquiums vom 8.-10. Oktober 1992 in Weißenfels, Sachsen- Anhalt, hrsg. von R. Jacobsen, Amsterdam 1994 (Chloe. Beihefte zum Daphnis. 18.), S. 121-131 sowie Wollny, Neue Ermittlungen (wie Fußnote 7), S. 200-207.