Edgar Tinel über Seb. Bach. Am 25. Oktober 1908 hielt Edgar Tinel, der bekannte belgische Komponist und seit kurzem Nachfolger GevaertS im Direktorium des Kgl. Konservatoriums in Brüssel, als Präsident der belgischen Akademie der Künste einen Vortrag über »kie X. et la musi-gue sacree«, der sich in bemerkenswerter Weise mit der Musik Joh. Seb. Bachs auseinandersetzt. Tinel war längst als begeisterter Bachfreund bekannt und gehörte dem Ausschuß der alten Bachgesellschaft an. Nachdem er schon vor einigen Jahren in seiner Schrift -Da rnusiczue 6§uree a I'DZNse- (1902) mit Entschiedenheit für eine ausgedehnte Pflege Bachs eingetreten war, ergreift er jetzt aufs neue das Wort, um die sicherlich vielen unerwartet kommende These zu verteidigen, daß nicht mit einem Iurückgehen auf Palestrina, sondern auf Bach jene Reform der kirchlichen, spezifisch ka tholischen Figuralmusik zu erreichen sei, wie sie Pius X. im Llotu proprio dringend fordert. Als nunmehr einflußreichster Musiker katholischer Konfession in Belgien und Leiter eines der angesehensten europäischen Musikinstitute wird Tinel ohne Zweifel durch seine an bemerkbarer Stelle gesprochenen Worte auf die weitesten Kreise seines Landes wirken, auch dann, wenn man in ihnen nur erst skizzenhafte Andeutungen eines künftigen Arbeirsprogramms der belgischen Kirchenmusikscbule sieht. Wir teilen im Folgenden die erste Hälfte der auch im Druck*) vorliegenden Rede im Auszuge, die zweite Hälfte vollständig in Übersetzung mit. Nach einer längeren Einleitung, die sich über den Unter schied des geistlichen und weltlichen Musikstils und über die *) Brüssel, Imprimerie 1'k. Boiubaerts, 1908. 24 8. 8°. 9