2Ö Alfred Dürr entstanden als die der Epiphanias-, Passions- und Trinitatiszeit, weil der Hauptkopist A nur in den erstgenannten noch auftritt, während er in den letztgenannten durch einen neuen Hauptkopisten ersetzt worden ist. Soweit diese Entstehungsfolge aus der Entwicklung der Schriftformen des Hauptkopisten A abgeleitet wurde, erstreckt sie sich natürlich nur auf solche Kantaten des Jahrgangs, in denen dieser Schreiber auch wirklich festgestellt wurde. Solange unsere Darstellung nicht durch zusätzliche Erkenntnisse gestützt ist, wird man ihr nur den Charakter von Thesen zubilligen können; denn selbstverständlich ist es durchaus denkbar, daß der Hauptkopist A eine Zeitlang aussetzt und später — vielleicht sogar, des Notenschreibens ent wöhnt, wieder mit älteren Schriftformen — seine Tätigkeit erneut aufnimmt. Doch ließe sich dieser Einwand immerhin nur auf Grund von exakten Be weisen Vorbringen. Wir verfolgen daher zunächst die Schriftformen der übrigen Hauptkopisten der Jahrgänge I bis III und wenden uns jetzt dem Hanptkopisten B zu. Dieser Schreiber ist wegen der außerordentlichen Ähnlichkeit seiner Schrift züge mit denen.JBachs erst vor wenigen Jahrzehnten erkannt worden: P. Wackernagel bezeichnete ihn in den Katalogen der BB als den „Schreiber des Continuo“ 32 . In seiner Funktion unterscheidet er sich insofern von den Hauptkopisten A und C, als er sich zwar in zahlreichen Originalhand schriften nachweisen läßt, aber nur relativ selten als Hauptschreiber. Offen bar handelt es sich um einen vertrattertswürdigen-Musiker aus dem engeren Umkreis Bachs, der ihm beim Ausschreiben des Notenmaterials zur Seite gestanden hat, das Amt des Hauptschreibers jedoch nur gelegentlich ver tretungsweise versah. Schon mit den ersten Leipziger Kantaten Bachs tritt Hauptkopist B in Er scheinung. Freilich zeigen seine Schriftzüge zunächst noch keine sonder liche Verwandtschaft mit denen Bachs. Erst im Laufe der Jahre beginnt sich ein Zeichen nach dem andern nach dem Leitbild der Bachschen Handschrift umzuformen; und wir wären schwerlich bereit, in den Ausgangs- und End formen denselben Schreiber wiederzuerkennen, ließe sich nicht der Über gang der einzelnen Formen laufend belegen. Dabei vollziehen sich die Ver- -änderungen im Gegensatz zu denen in der Schrift des Hauptkopisten A meist kontinuierlich, weniger sprunghaft; doch sind sie so zahlreich, daß sich besonders für die erste Zeit seines Auftretens eine Reihe charakteristi scher Entwicklungsstadien aufzeigen läßt. Kennzeichnend für die früheste Zeit ist ein Violinschlüssel, dessen senk rechter Abstrich bereits etwa um die Mitte des Notensystems mit einem kurzen Haken nach links endet oder nach einer Schleife bis zu den Schlüssel akzidenzien weitergezogen wird (BWV 23, 147). Seit dem 11. p. Trin. des Jahrgangs I wird dieser Abstrich einige Monate lang bis unten durch gezogen; er endet zunächst noch mit einem Haken oder einem Bogen nach 32 Vgl. dazu DadelsenI, Seiten 11, 14 und 26.