72 Isolde Ahlgrimm Leider kann man dieses Werk kaum mit anderen Kompositionen Dretzels vergleichen, weil uns - zumindest vorläufig - außer dem Concert nur ein einziger, fünfunddreißigtaktiger, imitatorischer Satz Dretzels erhalten ist: In Chr. G. v. Murrs Wochenschrift Der Zufriedene, Nürnberg 1763. Wohl gibt es noch mehrere Exemplare seines wichtigen und oft zitierten Choral buches Des evangelischen Zions musicalische Harmonien. . ., Nürnberg 1731; wegen seines spezifischen Inhaltes aber kann man es nicht als Vergleichs material heranziehen. Es bleibt also nur die Möglichkeit, Dretzels Concert mit unangezweifelt echten Kompositionen J. S. Bachs zu vergleichen. Sucht man unter diesen solche, die mit dem ersten Satz des Concertes eine gewisse Ähnlichkeit aufweisen, so sucht man vergebens. Der Anfang dieses ersten Satzes sei hier wiedergegeben: (Siehe S. 71, Beispiel 5). Man sieht sofort, daß Dretzels Musik nach dem „heutigen Gout“ gesetzt ist, der sich in hohem Maße an den Musikliebhaber wendet; italienischer Ein fluß ist deutlich erkennbar. Unwillkürlich denkt man an das Vorwort D. Scarlattis, das dieser seinen Sonaten 1738 vorangestellt hat: Leser, wer du auch seist, Liebhaber oder Professionist, erwarte in diesen Kompositionen keine tiefsinnigen musikalischen Gedanken, vielmehr ein heiteres, erfindungsreiches Spiel der Kunst, um dir Sicherheit und Freiheit auf dem Cembalo %u geben . . . Der letzte Satz des Concertes ist eine Fuge. Dadurch zeigt sich Dretzel noch barocker Tradition verbunden. Fugen als Schlußsätze von Konzerten fin det man bei J. S. Bach z. B. im Tripelkonzert a-Moll, BWV 1044, im Kon zert für zwei Cembali in C-Dur, BWV 1061, ebenfalls in dem Konzert in C-Dur für drei Cembali, BWV 1064, und auch im Brandenburgischen Kon zert G-Dur, BWV 1049. Allerdings hätte das Thema der dreistimmigen Fuge Dretzels in seiner naiven Einfachheit wohl kaum Bachs Zustimmung ' gefunden: Beispiel 6 Fuge ,, 0 « 0 a J m 0 a 0 j 0 #4 \w K ' -== " h) ß7f.7,7ß • -4— | k F . » - - 84 Takte Der Sopran bringt das viereinhalbtaktige Thema zuerst, es folgen Alt und Baß. Darauf folgt ein dreizehntaktiges Zwischenspiel. Dann bringt der Baß