Die ..kleine Wirthschafft Rechnung“ von Carl August Hartung* Von Andrew Talle (Baltimore. MD) Die Biographien von Organisten des 18. Jahrhunderts sind anhand der über lieferten Quellen gewöhnlich überaus schwer zu rekonstruieren. Bewerbungs briefe und Protokolle von Probespielen. Bestallungsurkunden und Einträge in den Kirchenrechnungen dokumentieren besondere Ereignisse und gewähren nur selten tiefere Einblicke in die Belange, die professionelle Musiker im Alltag beschäftigten. Historiker haben versucht, die in vielen verschiedenen Quellen enthaltenen Details zu einem Bild zusammenzusetzen, doch bleibt dieses zwangsläufig recht verschwommen. * 1 Eine detaillierte Schilderung des Lebens eines einzelnen Musikers über einen größeren Zeitraum wäre daher eine willkommene Ergänzung der vorhandenen historischen Dokumente. Im Stadtarchiv Braunschweig ist das private Rechnungsbuch eines im mitt leren 18. Jahrhundert tätigen Organisten namens Carl August Hartung (1723-1800) überliefert. Es trägt den Titel: ..Kleine Wirthschafft Rechnung über Einnahme und Ausgabe angefangen Cöthen den l.Januarii 1752. C.A. Hart:“ 2 Das Buch im kleinen Oktavformat ist in grünes Leder gebunden, die leicht glänzenden Vor- und Nachsatzblätter sind mit Blumen- und Früchte schmuck versehen. Der hintere Deckel steht ein paar Zentimeter über, damit er unter den Vorderdeckel gefaltet werden kann und auf diese Weise den Inhalt * Bei den Forschungsarbeiten zu diesem Aufsatz erfuhr ich wertvolle Unterstützung von Jürgen Samuel (Köthen). Hartmut Nickel (Braunschweig).Günter Preckel (Des sau) und Ulla Lindner (Leipzig). 1 A. Edler. Der nordelbische Organist. Studien zu Sozialstatus, Funktion und kompo sitorischer Produktion eines Musikerberufes von der Reformation bis zum 20. Jahr hundert. Kassel 1982: S. Rampe. Abendmusik oder Gottesdienst? Zur Funktion norddeutscher Orgelkompositionen des 17. und frühen 18. Jahrhunderts, in: Schütz- Jahrbuch 25 (2003). S. 7-70: 26 (2004). S. 155-204: 27 (2005). S. 53-127. : Stadtarchiv Braunschweig. H 111 3: 99 (im folgenden KWR). Eine Notiz auf der Innenseite des Einbands lautet: ..Gekauft zu Braunschweig I 1909." Darunter heißt es: ..Geschenck des Hm. Vermessungs- I Inspektors Kahle aus dem I Nachlasse seines t Sohnes I 7. April 1919." Laut freundlicher Mitteilung von Herrn Hartmut Nickel (Stadtarchiv Braunschweig) gehörte die Handschrift ursprünglich zum Bestand der Stadtbibliothek und ist nach dem Krieg dem Handschriftenbestand des Stadtarchivs zugeordnet worden. Bei dem Vorbesitzer handelt es sich um Paul Kahle (* 1.6.1858 in Lichtenau. Großherzogtum Weimar, tl 1.10.1924 in Braunschweig), der die Handschrift aus dem Nachlaß seines 1918 in Hamburg verstorbenen Sohnes Heinrich (* 15.6.1890) übernommen hatte.