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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 16.04.1879
- Erscheinungsdatum
- 1879-04-16
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-187904164
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18790416
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18790416
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1879
- Monat1879-04
- Tag1879-04-16
- Monat1879-04
- Jahr1879
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 16.04.1879
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2U4 der Pension ist auf 4'/, Mark festgesetzt. Wenn der Zustand der Taste e« erlaubt und die I»Vali dität nach bereit« ISjähriaer Mitgliedschaft eilige- trete« ist, bekommt da« Mitglied 6 Mark, nach LOjiihriger Mitgliedschaft 9 Mark. Bei doppeltem Beitrag (20 Pfennigs) wird da« Doppelte, bei halbem Beitrag (5 Pfennige) wird die Hälfte de« Invalidengelde« der betreffende» Beitrag«zeit bezahlt. Bei Verunglückung durch äußere oder unvorhergesehene Zufälle wird ohne Wartezeit (ausgenommen, so lange die Krankencaffe steuert) die Pension von 4'/, Mark, refp. bei bisherigen wöchentlichen Beiträgen von 20 Pfennigen 9 Mark, von 5 Pfennigen 2'/« Mark wöchentlich gezahlt, wenn da« Mitglied nicht durch längere Vertrag«- zeit eine höhere Berechtigung erlangt hat. Die Leistungen der Verbands-Invaliden- caffe aulangend, sei Folgende« bemerkt: Die Ber- bandSinvalidevcafle hat feit ihrem Bestehen (1. Juli 1869) bi« Ende 1877 nicht weniger als 41,067 Mark an noch jetzt Unterstützung empfangende Invaliden und 12,355. Mark an mittlerweile verstorbene oder wieder arbeitsfähig gewordene Invaliden, iusgesammt also 53,422 Mark an Pensionen gezahlt, wozu noch etwa 3000 Mark an Curkosten kommen. Einzelne Invaliden, die schon nach kurzer Mitgliedschaft ihre Arbeit-fähig. Seit eiubüßten und al« pensionsberechtigt anerkannt wurden, haben bereits ganz außerordentliche Sum men au- der Caffe herau-gezogen; so haben zwei jetzt in den 50er Jahren stehende Invaliden bisher 1746 refp. 1602 Mark Pension erhalten; da sie trotz ihrer Verunglückung sich im klebrigen einer guten Gesund, heit erfreuen, können sie bei ihrem Alter noch viele Tausend Mark auS der Caste beziehen. Ein Gleiche läßt sich von vielen der übrigen Invaliden sagen, von denen weitere 8 bi-Ende 1877 ebenfalls bereits Lber 1000 Mark an Pension erhalten haben. Die Invalidencaste de- GewerkvereiuS der Maschinen, bau« und Metallarbeiter hat seit ihrem Bestehen (1. September 1869) bi- Anfang August 1878 an Pensionen 27,117 Mk. und an Curkosten 1400 Mk. gezahlt. Darnach haben also beide Invaliden- casten in der angegebenen Zeit 70,117 Mark an Pensionen und 4400 Mark an Curkosten veraus gabt. Beide Cossen unterstützen zur Zeit 215 Mitglieder mit zusammen 948 Mark wöchentlich »der 49,322 Mark jährlich. Politische Ilebersicht. Lechzt«, 15. April. Die protestantische Christenheit, vor Allem der deutsche Thcil derselben, darf sich auf einen ErinnerungStag rüsten, der wohl verdiente, al« ein hohe« Fest der Kirche gefeiert zu werden; wir meinen da« den dritten Therl eine« tausend« jährigen Bestehen« besiegelnde hochbedcutsame Jubiläum, welche« im Lause diese- Monat« der Protestantismus begeht. Am 19. April werden e« 350 Jahre, daß auf dem Rrich-tage zu Spei er die evangelischen Fürsten und Städte Deutsch land« feierlich gegen den Reichsabschied protestieren, welcher dir innere Weiteren)Wickelung wie die äußere Verbreitung der neuen Lehre unmöglich machte und allem Anscheine nach nur der Vorbote noch schärferer Maßregeln sein sollte. Die Unter. Zeichner dieser Protestation waren der Kürfürst Johann von Sachsen, Landgraf Philipp von Hessen, Markgras Georg von Brandenburg. Bayreuth, Herzog Ernst von Braunschweig. Lüneburg', Fürst Wolsgang von Anhalt und die Reichsstädte Straßburg, Nürnberg, Ulm, Konstanz. Lindau, Memmingen, Kempten, Nörd- lingen, Heilbronn, Reutlingen, Iffcy, St. Gallen, Weißenburg und Wind-Heim. Bon diesem Schritte wurden bald alle Anhänger der deutschen Resormation „Protestante n" genannt. In einer Zeit, in welcher im eigenen Schooße der Kirche eS nicht an versuchen fehlt, eine „unfehlbare" Norm für Glaube und Lehre aufzusteuen, mag die freiere Richtung um so mehr für dir Berechtigung jene- Namen« in die Schranken treten und sich de- mannhasten Protestes der Vorfahren gegen GeisteS- zwang und GeisteSknechtschast erinnern. Das Ge- vächtnißde« 19. April soll m Württemberg und Hessen und ebenso in den protestantischen Kir- chen Bayern« kirchlich gefeiert werden; auch da« protestantische Baden wird dabei wohl nicht Zurück bleiben. Das hochwichtige Ereigniß de- l9. April wird aber noch ein andere« bleibende- Gedächkniß erhalten, da« für alle Protestant«« de- ErdkreiseS ein Denkmal schwer errungener Glaubensfreiheit werden soll. Auf der Stätte de« Retscher in Speier, de- alten Kaiserpalastes, in der so viele Reichstage gehalten worden, soll an Stelle der gegenwärtigen, an sich ihrer Bestimmung nicht mehr genügenden protestantischen Kirche, die höchst einfach und nothdürftig nach der barbarischen Zer störung der Stadt durch die Franzosen im Jahre 1689 au« den Trümmern erbaut wurde, ein Neu bau mit monumentalem Charakter erstehen. In Speier hat sich zu diesem Zwecke bereit« ein Comitö gebildet, da« auch die kleinste Spende dankbar ent- gegennimmt. Möge so an der Geburtsstätte der Reformation ein ihrer würdige« Denkmal sich erheben! » * « Trotz all der hoffnungsvollen Nachrichten, welche eine glückliche Lösung der im Süden der Türkei der Ausführung de« Berliner Vertrages entgegen stehenden Schwierigkeiten fignalisiren. wird Geduld von Nöthen sein, bi« da« erstrebte Hiel erreicht ist. Die Besprechungen zwischen den Mächten über die Mittel, die öffentliche Ruhe in Ostr» melier» nach der Räumung durch die Russen aufrecht zu erhellten, werden noch immer fortgesetzt: eine Ent- scheidung in dem einen oder anvern Sinne steht noch immer au«. Definitives dürste aber dennoch demnächst verlauten. Novibazar betreffend schreibt die „Time«" au« London vom 11. d M; „Ein neuer wichtiger Schritt »ur Ausführung de« Berliner Vertrag« steht unmittelbar bevor. wenn er nicht schon geschehen ist. Die seit so langer Zeit schwebenden llnterhandlungenzwischen Oesterreich und der Pforte bezüglich der Besetzung Bosniens und der Herzegowina haben endlich »um Ziele geführt. Der Streitfall bezüglich der Eiuschlebung von Garnisonen im Sandschak No di» Bazar ist beendigt und die türkische Regierung bereit, durch eine formelle Lonvention die bisher in Konstantinopel bestrittene, nunmehr aber anerkannte Thatsach« der österreichischen Besitzergreifung der occupirten Provinzen anzuer- kennen. Es laßt fich nicht läugnen, daß d»e bis herige Haltung der Pforte in dieser Angelegenheit abweisend und belästigend gewesen ist, «an» abge sehen davon, daß sie einen der wichtigsten Theile de- Berliner Vertrags in Frage stellte.... Endlich sind die Schwierigkeiten entfernt, die Rechte Oester- reich- anerkannt und werden mit Mäßigung »ur Durchführung kommen. Oesterreich hat in der Toat guten Grund, fich »u diesem glücklichen Ausgang Glück zu wünschen, wenn eS auf die Geschichte der letzten Mo nate zurückblickt. Seine politischen Aussichten waren einige Wochen nach der Unterzeichnung de- Ver trags sehr düster. Selbst die unerwartet schnelle Unterwerfung der aufständischen Bewegung ver- hinderte die Türkei nicht, ihren Mißmuth zur Schau zu tragen und eine Fortdauer politischer Unter- wühlunaen in Aussicht »u stellen. Fürchten doch die Türken, so gut wie die Griechen und Elaven, daß Oesterreich» schließlich« Ziele nach Salonichr reichen, um im Aegäischen Meer eine große Handels« und Marine-Statwn — wie Triest eS »ft — zu gründen. Diese Eifersucht ist jetzt, wenn nicht Überwunden, doch wenigstens zurückgedrängt, und die mäßig, aber fest geltend gemachten Ansprüche Oesterreichs find seiten- der Pforte anerkannt worden." Rumänien ist au- dem türkischen Kriege mit einem kolossalen Deficit hervorgeaangen; da- finan ziell ohnehin schon zerrüttete Ländchen wird bei seiner geringen Steuerkraft vielleicht ein halbes Jahrhundert bedürfen, um einen gesunden Zustand in seiner Wirthschaft herbeizusühren. Nach vor liegenden Daten hat der jüngste rumänisch-rufsifch- türkische Krieg dem Lande 57,466,937 Franc- ge kostet, wovon 48,285,704 Franc« aus die eigent lichen militairischen Auslagen, alS: Mobilisierung. Kriegsmaterial, Transporte u. s. w., 9,181,223 Franc- aber auf die durch diesen Krieg verursachten effektiven Kosten entfielen. Wie jedoch osficiell ver sichert wird, „ist diese ganze Summe durch die erhöhten Staatseinnahmen, namentlich jene der Eisenbahnen, derart vollauf bedeckt, daß der Staats schatz die Auslagen nicht zu bedauern habe, die für diesen Krieg gemacht worden sind." So wird nämlich osficiell versichert; in Wirklichkeit liegt die Sache aber ganz ander«, da diese Deckung nur künstlich durch Zahlengrupptrung hervorgebracht ist. WaS das Budget betrifft, so ist es unstreitig die Staatsschuld, deren Verzinsung die enorme Summe von 45,813,000 FrcS. absorbirt. Nach dieser AnSgabe kommt der Etat de« KriegS- ministerium«, dessen Budget nahezu an 23 Millionen beansprucht, wovon jedoch bloS 18 Millionen zur Deckung der ordentlichen Ausgaben dienen, ber Rest von nahezu 5 Millionen aber für außer- ordentliche, künftig nicht mehr wiederkehrende Aus lagen, hauptsächlich für die Bezahlung der zu Witten in Deutschland bereits bestellten, bis Ende December d. I. abzuliefernden 30,000 Stück Gewehre und 8000 Stück Carabiner, sowie zur Ergänzung der durch den Krieg verbrauchten Munition-- uns EquipirungS-vorräthe bestimmt ist. Der im höchsten Grade ein evangelische« Gemülh verletzende Ausfall Leo'- XIII. gegen der» Protestantismus wird in Rom ziemlich harmlos aufgcsaßt. So wird von dort geschrieben: „Ein Brief deS Papstei an den Eardinal-Bicar Monaco La Balletts gegen die Laienerziehung und gegen die protestantischen Volksschulen in Rom wird im AuSlande wahrscheinlich mehr Auf sehen machen alS hier in Rom, wo man das vaticamsche System, die Laienschulen als Herde de» Atheismus und der Jmmoralität zu denunciren und die Gestattung der Gründung protestantischer Schulen in Rom der italienischen Regierung als ein todeSwürdigeS verbrechen anzurechnen, ron leher kenntund daher nicht beachtet. Leo'S Xlll. Idio synkrasie gegen den Protestantismus ist seit seiner Encykuka bekannt und hat daher nicht einmal mehr den Reiz der Neuheit." Die Ankunft de- „Alten von Caprera" in Rom beschäftigt noch immer alle Kreise Italien«, obwohl der greise Revolutionär in politischer Beziehung eine höchst komische Rolle vor den Augen „Europa«" spielt. Jetzt will ein Corrcspondent den tiefsten und verborgensten Zweck von Gari baldi'« Reise nach Rom angeben, wie er in Kreisen besprochen wird, die sich rühmen und sich manchmal „wirklich" rühmen können, bei hoch politischen Intriguen „Mitwisser" zu sein. ES heißt da, Oesterreich werde demnächst durch die Entwickelung der orientalischen Verhältnisse in eine Lage kommen, die ihm die Verteidigung seiner Südgrenze erschwert, uud Garibaldi se» in Rom, um vorerst eine Ansammlung getreuer Italianissiml und dann eine Expedition zu organisiren, welche, scheinbar nach dem Orient, kl Wirklichkeit nach dem Trentino gerichtet sein und die Erwerbung diese« Gebiete« für Italien zum Zwecke haben würde. Bezeichnend für den Charakter der Ita liener ist, daß derartige Gerüchte geglaubt werben, obwohl sie der verdienten Lächerlichkeit anheim- sallen sollten. Die österreichische Diplomatie schaut den Dingen mit verschränkten Armen zu. ES wird hochosficiö« auch Rom nach Wien ge meldet : „ES darf constatirt werden, daß die Beziehungen zwischen Oesterreich-Ungarn und Italien nie „besser" und „herzlicher^ al» im gegenwärtigen Momente waren. DaS Ministerium DepretiS hat Beweise der Loyalität seiner Politik und seine» eifrigen Wunsche- gegeben, di, freundschaftlichen Beziehungen zu Oesterreich. Ungarn zu cultiviren. Sern energische- Aufttcten den revolutionairen Ausschreitungen gegenüber, seine an den Tag gelegte Entschlossenheit, den radical revolutionairen Vereinen mit Strenge entgegenzutreten, haben ihrN die Sympa thien und die Unterstützung der öffentlichen Meinung zuaewendet (?). Die eben beendete Interpellations- Debatte über die von der Regierung gewissen De monstrationen gegenüber beobachtete Haltung haben Dies in gläriiender Weise bewiesen. Die bei dieser Gelegenheit in der Kammer aehalten« Rede und die offenen, entschiedenen und loyalen Erklärungen deS Minister-Präsidenten DepretiS haben in diplo matischen und parlamentarischen Kreisen einen äußerst günstigen Eindruck gemacht. Auch von der Haltung der Kammer und der Entschlossenheit, mit welcher sie für die Regierung und ihre den revo lutionairen Leidenschaften gegenüber bewiesene Energie eintrat, kann nur mit der größten Befrie digung Act genommen werden. Unter solchen Umständen kann die unvermuthete Ankunft Garibaldi'- in Rom, auch wenn der selben wirklich eine agitatorische Thätigkeit zu Grunde liegen sollte, nicht im mindesten allarmiren, da die offenen und energischen Erklärungen der Regierung jeden Zweifel auSschließen, daß dieselbe eventuell allen Agitationen und sonstigen ver suchen, die Italien dem In- und AuSlande gegen über compromittiren könnten, mit Energie und Entschiedenheit eutgegentreten und keine anderen Rücksichten. alS jene für die öffentliche Ordnung, für die Wahrung der Interessen Italien- nach außen und innen walten lasten wird. UebrigenS befindet sich Garibaldi in einem Zustand, der den Gedanken an irgend welche Action absolut ausschließt. Er war so schwach, daß er nicht in fitzender, sondern in vollkommen liegender Stellung tran-portirt werden mußte. Die Spuren schwerer körperlicher Leiden sind auf seinen GesichtS- zügen deutlich ausgeprägt, sein Auge blickt matt und thrilnahmSlo», seine Gestalt ist gebrochen. Der Empfang seiten- der hiesigen Bevölkerung war »war ein respektvoller, von den früheren Ueber- fchwenglichkeiten und Ovationen war aber Nicht- mehr zu merken, kurz, Garibaldi scheint in jeder Richtung aufgehört zu haben, gefährlich zu sem. Der kleine, vor Kurzem hrrvorgetretene eng lisch-französische Conflict ist, wie eS scheint, ausgeglichen. GlUcklicherweiie ist nicht zu fürchten, daß die französische Occupation der einzigen, unfruchtbaren, nur drei englische Meilen im Um kreis umfastenden Insel Matacong an der West, küste Afrika- da« herrschende Einverständniß zwischen England und Frankreich ernsthaft stören werde Die Insel gehört weder der einen noch der anderen Macht, sondern dem Häuptlinge der benachbarten Bert Eri, von welchem sie für Handel-Zwecke von einer englischen Firma gepachtet wurde. Diese verkaufte dann ihre Rechte an Nathaniel IsaacS, einen jüdischen Abenteurer englischer Gebnrt, welcher an den genannten Häuptling einen Grundzins von 5 Lstrl. pro Jahr zahlte. Seine Nachkommen leben noch in England und haben ihre Eiaen- platz ist die Insel von Wichtigkeit, für größere Kriegsschiffe dagegen unnahbar. Der Streit zwi schen England und Frankreich um rin Territo« rium, an welchem beide keine EigenthumSrechte besitzen, wird ohne Zweifel bald gütlich ausge glichen sein. Die französische Botschaft beim Ouirinal zu Rom läßt nicht nur das mitgetheilte Gerücht über mißliebige Aeußerungen de- Obersten Hepp Lügen strafen, sondern sie verfolgt auch die „Ga zzetta Italiana" und andere Blätter, welche dasselbe aus genommen haben. Eine incblofe Kirchenschändung wird a«S Spanien berichtet. Wie der „Imparcial" au« Sevilla meldet, wurden in die Kirche San Antonio daselbst zwei große Sprenggeschosse ge worfen, die mehrere Personen verwundeten. Der Zweck de- Attentate« war, die Kirchen-Kleinodien, vre von großem Werthe sind, zu entwenden. — Der Kronprinz Rudolf von Oesterreich wird am 1. Mai in Barcelona ankommen und sich zum Könige nach Madrid begeben. Im verlaufe der Krankheit der Königin von Portugal hat sich, wie auS Lissabon gemeldet wird, eine Assertion beider Lungenflügel ergeben. Die allerdings auffällige Energie der Pforte ISmail Pascha gegenüber erweist sich al- eitel Dunst und Schein. Wie dem „Reuter'schen Bureau" auS Konstantinopel vom 13. d. gemeldet wird, entbehrt die Nachricht der „Time-", nach welcher der Sultan fich in einer Depesche an den MarquiS v. SaliSbury bereit erklärt haben sollte, den Khedive abzusetzen und ihn durch Halim Pascha zu ersetzen, jeder Begründung. „Der Sultan hätte, wie hinzugefügt wird, noch keine Entscheidung getroffen." DaS heißt wohl so viel al«: ES bleibt Alle« beim Alten! Parteien und WirUchastsreform. verliu, 14. April. Die Schwierigkeiten, welche im Reichstage der Annahme der sogenannten reinen Finanzzölle entgegenpeben, scheint man innerhalb der Regierung theilweise unterschätzen zu wollen. Bisher wurde stet- angenommen, daß innerhalb der liberalen Parteien fich für d,ese Zölle eine genü gende Zahl von Abgeordneten vorfindet, um im Ler> ein mit den konservativen Parteien eine Mehr- heit »u bilden. Dem ist nicht so. Bereit- werden von hier wohnenden liberalen Abgeordneten An« träge bettest- der Zölle auf Tabak, Bettoleum, Kaffee, Wein, Bier rc. in Aussicht genommen, die theilS eine tzerabniinderung, theilS die gänz- liche Ablehnung zum Zwecke haben. Diese Ab« sichten liberaler Abgeordneter find um so ernster zu nehmen, als man fich kein Hehl daraus macht, daß die Vereinigung der Eonseroativen und Ultra- montanen zu einer Annahme der Industriezölle führen wird, welche die consumirenden Elasten der Brvölkrrung schon weit über da- Maß ihrer Steuer- fähigkeit belasten würde. Unrichtig ist e« jedenfalls, wenn von schutzzSllnerischer Seite behauptet wird, daß die Freihändler überhaupt eine Taktik d«S Re gnen« befolgen wollen und, mit der Opposition gegen die Getreide- und Viehzölle als di« unpopulärsten aller Zollmaßrrgeln beginnend, der ganzen übrigen Finanz- und Zoll«form de- Reichskanzler« den Krieg erklären möchten, von schutzzSllnerischer Seite ist man sogar der Ansicht, daß die Freihändler eigentlich nur ein parlamentarisches vcrschlepPungSmanöver im Auge haben, d. h. gewiste Eventualitäten abwarten und, auf einen Umschwung der Dinge in höheren Regio- nen rechnend, vor Allem die Beschlußfassung über die Vorlagen bis zum nächsten Jahr binauSgcschoben sehen, möchten. Obwohl zweifellos ist, daß die Freihändler keine Ueberstürzunq in der Berathung und Beschlußfassung über so wichtige und tief in da- Leben der Nation einschneidende Gesetzentwürfe eintreten lasten werden, so sind doch die Drnge schon zu weit gediehen, um noch in der elften Stunde einen Stillstand eintreten lasten zu können. Aber die Kraft de- Widerstande» wird sich ebenso aus die Ablehnung eine« guten TheilS der Schutzzölle» wie auf eine Herabminderung der Finanzzölle concentriren. In Bezug auf die letzten» werden Tabak und Petroleum ern viel umstrittenes Object der Verhandlungen bilden. Ist man auch au fre,händlerischer Seite geneigt, einige Eoncesfionen zu machen, so wird doch die Höhe der Zoll- und Steuersätze, namentlich auf Tabak, in einem Ma je beschränkt werden, welches die Regierung kaum alS eine Eompromißbafit gelten lasten wird. Dann mag allerdings der Fall eintreten, der jetzt von Neuem in der Umgebung der ReichSkanzleramteS betont wird, daß man die Ab lehnung der gegenwärtigen Tabaksteuervorlage nicht bedauert, weil die Eonsequenzen unwiderstehlich zum Tabaksmonopol hindrängen. In Betreff des Kaffeezoller wird die Opposition der Freihändler nicht minder entschieden sein, al- gegen die Besteue rung de- Petroleum-, de» Biere« und deS Rer». Nachsichtiger wnd man sich wahrscheinlich in Bczug auf die Wiedereinführung der Eisen« und Stall- »ölle verhalten, obwohl auch diese »um Gegenstände der Eompromißverhandlungen gemacht werden sollen. Die bchutzzöllner stellen nämlich die Lage der Freihändler gegenüber den Eisenzöllen alS eine völlig reumüthige dar und meinen, daß die in den vergangenen Jahren gemachten Fehler nur mit einer unbedingten Zu- ftimmung »u allen Forderungen der Etsenzöllner wieder gut gemacht werden könnten. So eilig haben eS die Freihändler denn doch nicht; auch sie werden ihre Bedingungen stellen. Gehen die gemäßigten Schutz- »öllnernicht vonGetteide und Biehzöllen ab, so bewilligen die Freihändler keine Eisenzölle; den Eiseuzöllnern find ohnehin die Getreide- und Vieh,ölle ein Gegenstand schwerer Sorge geworden. Sie möchten, bevor der neue Zolltarif, welcher doch erst nach Ablauf de« verlängerten österreichischen Handelsvertrages in Kraft treten könnte, Geltung erlangt, die Eisen- und Stahl- »ölle wieder eingeführt sehen. Die Regierung soll sich diesem Wunsche zuneigen, gegen besten Ausfüh rung Oesterreich übrigen- Nicht- einwenden könnte. Die zahlreichen Kleinmeister und Arbeiter in den verschiedenen Artikeln der EonfectionS- bran che, die in vielen Millionen von Werthen für den Erport arbeiten, sehen sich veranlaßt, wegen der beabsichtigten Einführung eine« Zolles auf Halb fabrikate und Fabrikation-Materialien ein Immediat gesuch an den Kaiser zu richten. ES sind zu diesem Behuf« während der Osterfeiertage zwei vorbereitende Versammlungen abgehalten worden, deren Beschlüße jedoch bi- zur Stunde noch nicht zur Publi kation reif sind. Soviel ist gewiß, daß sich dir Petenten von der Ueberreichung einer Petitum an den Reich-tag kaum einen unmittelbaren Erfolg ver sprechen. weil die Zeit offenbar zu kur» M. al- daß daS umfassend« Material, welche» sie den Abgeordneten zu liefern im Stande sind, von diesen noch verwerth« werden könnte. Allerdings nehmen die Kleinindu- ftriellen an. daß eS ihnen vielleicht gestattet werde, da» Bittgesuch mittelst einer Deputation Sr. Majestät dem Kaiser überreichen zu dürfen. Ob diese» Vor gehen aber zum Ziele führen dürste, muß vorläufig eine offene Frage bleiben. Haben doch selbst die Vorstellungen der Bundesregierungen über den rapiden Gang, den die Zollangelegenbeiten auf legislatorischem Gebiete ge nommen, biShen nicht- Andere-, al» da- Erstaunen der politischen und de» mit der WirthschaftSfrage fich beschäftigenden Publicum» hervorgerufen. Den Ein druck, welcher in dieser Beziehung die veröffentlichte Remonstration der oldenburgischen Regierung gegen die Beschlüste de» BundeSrathS producirt hat, war hier um so lebhafter, al- man in Erfahrung gebracht, daß auch andere BunveSbevollmächtizte in der entscheidenden Sitzung majorisirt worden find und gegen da» Verfahren sowie gegen die Beschlüsse deS BundeS- rathS Protest eingelegt haben. Allerdings wird man abwarten muffen, ob die betreffenden Regierungen ihren Widerstand nicht bloS bei dem Proteste be wenden lasten, sondern auch kn Reichstage ihre Bevollmächtigten eine wahrhaft oppositionelle Stellung einnehmen lasten und diese durch Erklärungen vom BundeSrathStische documentiren werden. Literatm. — Für die dem deutschen Volke bevorstehende Jubelfeier der aoldnen Hochzeit unsere» geliebten raiserpaareS erscheint allnächftenS ein Jubelfestspiel führt zu werden, um neben Erweckung patriotischer Gefühle zugleich auch — fall» ein kleine- Enttte er hoben wird — Mittel und Zuschüsse für milde Stif tungen aller Art (Wilhelm- und Augusta-Stiftungen, L.hrerwittwen und Waisencaffen) zu gewinnen. DaS Echriftchen führt den Titel: Goldne Kaiser- Hochzeitöweihe. Der Inhalt de» Festspiel« ist sinnig volkSthümlich und überall brauchbar. Gegen Briefmarken 1.90 ist Lehrer- und Schülerhest complet zu beziehen durch den Verfasser G. Heu singer', Neustadt bei Eoburg. Liederfest separ. 10 >4. Der Name de» Autor«, der die beliebten patriotischen Gaben: Kaiserfest, Siege»- und Frie den-fest, Jahnfest, veröffentlicht bat, bürgt für «in« erhebende Wirkung de- neuen OpuS. Wir machen die Herren Lehrer auf diese Novität aufmerksam, fie wird Vielen rme willkommen« Gab« sein. ve. «.-V. DaS gangbarste Werk kn Buchhandel ist momentan unstreitig „O. Poppe'S neue Buchführung". In allen Tonarten wird die hier behandelt^ neue Idee, Buch- im Trüben arbeiten, wenn er bei so geringem Zett aufwand zu jeder Minute den ganzen Stand de» Geschäft» in untrüglicher Eonttol« übersehen kann und welchrr Lernende wollte noch dicke Band« von Wohl. (Verlag von Richard Preis 1.50 Mark.) HoSpitalstraß« 14.
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