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02-Abendausgabe Dresdner Nachrichten : 18.02.1912
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1912-02-18
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19120218029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1912021802
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1912021802
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Nachrichten
- Jahr1912
- Monat1912-02
- Tag1912-02-18
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Blatt wird den krsern von D«e»-«N «ad Umgebung am Lag« varher bereit» als Menü-Mrgade « dt« Morgen in ein« BesaMmmgab« erhalten. SS. Jahrgang, 47. Bezug»-GeLützr »Urcck!»»y. »r Lee» de» de« U^tch »»«- >n«ll»«r Zukraaun, <«, L, n»> und vi.nlaarn nur »tmnay I.b« 0»., durch au.warUg« a,m- »tiLnIr, di«».«,«. v«i «t»mall,«r Zu- Ukllun« durch dt- -ost »«.l^neB»IUllgkll>>. Li« den L«s«n> non Dr«»d«n u. Um,«dun, «m Li«, »»rd«r tu- spellten «bknd-Au». ,,b«n erhallen »e»au»- »0NI»«n vrzteder mit der M»r^n-»u«,ad« zusamnien pineliell«. t>,ch»ku<r nur mit deut lich« vuelenangabe <.Dr«»d. «achr."> iu- M, . - Un«rl-n,i« vlanuskriple werden nicht ausdewahrt. Lanntag. 1^. -etzrnar Telegramm-Adresse: Nachrichten Dresden. 1856 Druck und vcrlatz von Liepsch Sc Reichardt in Dresden. Hauptgeschäftsstelle: Marienstrafte 38M A»ren«e»-D«rrs. Fernsprecher: IT » 20»« . 3601. «IHUN^U m« Ilch» » u»r. ?«»nw»> «k ln Il -1 »r Ln« -tntuatt,^ e^ründmit« <cu -t 2>L«>, «, . «u, Lr«»»e» r» Pt . »t« axituatr!^ Zeile «nt T«;ie^« 7»Ps.. di» p»»-!sal!,^ «ryanu ,»>!« i.'/i M — 3« Al.-rn-.»rn nach Sonn- und di« »mchalttz» SrunL>»ile V, Pi, Femilien 7-dchrich-rn aus Drei- d«n di« Grundzeil« Pi. — «uiwdrlig« Anirrig« nur gegrn Voiautdyahlung. — Jede» Brlk^blari koiiet r« Pt. l.anolin-5eife mit c!em „Pfeilung" 25 pfg. pep 5tüc!<. Jür? ertrgo Gtadtrat Weigandt ist in der verflossenen Nacht in Dre-den gestorben. Nach Informationen des Dresdner nationalltberalcn Reichsveretns hätten die Abgeordneten Bassermann und Dr. Iunck nicht für Bebel gestimmt. Im Reichstage richtete der Abg. Ledebvur gegen die auswärtige Politik der Negierung scharfe Angrissc, die Staatssekretär von Kiderlcn-Waechter znrückwies. In Kiel fand heute in Gegenwart des Kaisers der Stapellauf des Linienschiffes „Ersah Odin" statt. Prinz Ludwig von Bauern hielt die Tausredc, Prinzessin Therese von Bayern tanfte das Schiss aus den Namen „Prinz-Regent Luitpold". Staatssekretär Grcy hielt in Manchester eine Rede, in der er auf den Berliner Besuch Haldancs und auf die Reden Asquithö und Vctüinann Hollwegs Bezug «ahm. Neueste vrMmeläunge« vom 17. Februar. Stapellauf des Linienschiffes „Ersatz Odin". Kiel. Der Kaiser ist heute srüh 7!4 Uhr in Begleitung des Staatssekretärs v. Ttrpitz zum Stapellauf des Linienschiffes „Ersatz Odin" hier eingetroffen. Zum Empfang waren aus dem Bahnsteig erschienen die Prinzen Heinrich und Adalbert von Preußen und Ludwig von Bayern, der Flottenchef Admiral v. Holtzendorf, der Chef der Martnestation der Ostsee Admiral Schröder, der Stadtkommandant, der Polizeipräsident u. a. Mit den Herren des Gefolges des Prinzen Ludwig war auch der bayrische Gesandte in Berlin Graf von und zu Lerchenfeld erschiene». Nach sehr herzlicher Begrüßung begaben sich die Herrschaften im Automobil in die Stadt. Der Kaiser nahm' auf dem Linienschtss „Deutschland" Wohnung, während die Prinzen Heinrich und Ludwig nach dem Schlosse zurück- kehrten. Die im Hafen liegende Flotte salutierte die Kaiser- standarde. DaS Wetter ist regnerisch. Bei dein Stapel laus des Schiffes, der mittags um 12 Uhr auf der hiesigen Germania-Werft stattfand, hielt Prinz Ludwig von Bauern folgende Tausredc: „Sw. Kaiserliche und Königliche Majestät! Es ist hexte bas dritte Mal, daß cs mir, der gütigen Einladung Ew. Majestät folgend, vergönnt ist, dem Stapellau? eines Ew. Majestät Schisse betzuwohnen. Das erste Mal war cS in Stettin beim Stapel- lause des Kreuzers, nunmehrige» Schulschiffes „Hertha", bas zweite Mal in Bremen beim Stapcllaufc des Kreuzers „Mün chen", und das dritte Mal tst es hier in dem aus einem selten guten Naturhafen durch die Mühewaltung der Kaiserliche» Marine in eine» erstklassigen umgcwandelten Kricgshafen Kiel, beim Stapellanfe eines Ltnienschisscs. Was dem heutige» Feste leine besondere Weihe verleiht, ist, daß es Ew. Majestät durch Höchftihre persönliche Gegenwart verherrliche» und daß Ew. Ma« sestät bestimmt haben, daß das Schiss einen Namen führe, der jedem Bayern, ja jedem Deutsche» teuer tst: den Namen „Prinz-Regent Luitpold". Ew. Majestät erweisen da durch meinem hohe» Vater eine seltene Ehre, mir aber — das Lars ich wohl hinzufügcn — eine große Freude. Met» hoher Vater gedenkt dieser Stunde mit seinen Segenswünschen sür das Schiss, sür die ganze Kaiserliche Marine und ganz beson ders sür deren obersten Kriegsherrn, Ew. Majestät. Er nimmt innigsten Anteil an dem Erstarken der Kaiserlichen Marine und dem Ansbliihe» der deutschen Interessen über See, welch letztere zu schützen und zu fördern auch eine Aufgabe der crsteren ist. Se. Königliche Hoheit der Prinz-Regent von Bayern, der, un gebeugt durch sein hohes Alter, Rückschau hält aus die vier Jahrzehnte des neuen Deutschen Reiches, ist einer der wenigen unter und. die in der Reise des Manncsaltcrs den großen Er eignissen nahegestanden, die diesen neuen Abschnitt in der Ge schichte des deutschen Volkes eingeleitct haben. Sein Herz, das in Wärme für alles schlägt, was die Größe und die Wohlfahrt > des Reiches betrifft, ist voll Glauben und Hoffen sür des Reiches s Zukunft, die das Zusammenwirken der in Treue verbündeten s deutschen Fürsten und Staaten verbürgt. D» stolzes Schiff wirst dich, wohin immer von deinem Kaiserlichen Herrn znm Schutze deutscher Ehre und zum Schirme deutscher Interessen besohlen — sei cs tm Frieden, den uns Gott recht lange erhalte» möge, fei es im Kriege, den wir nicht fürchten —, deines hohen Paten, besten Namen du trägst, stets würdig erweisen. Deine Besatzung wird immer eingedenk sein des Wahlspruches -es Prinz- Regenten, der auch der des ersten bayrische» Ordens, des Hubertusordcns, ist und de» seder bayrische Soldat als Helm- schmuck trägt, -es WahIsprucheS: In Treuefest!" Im Anschluß daran taufte Prinzessin Therese von Bayern das Linienschiff auf den Namen „Prinz-Regent Luitpold". Cngllsche Kommentare zu Greys Rede. London. „Daily News" schreiben: Die Worte Sir Edward Greys standen vollkommen im Einklang mit der Stimmung des Augenblicks. Grey habe die richtige Note getroffen. Sie werde ein lebhaftes Echo im ganzen britischen Bolle finden. Das Blatt fährt fort: „Wir haben in den dunkelsten Tagen der Vergangenheit einer Freund schaft mit Deutschland das Wort geredet und würden cs willkommen heißen, wenn die gegenseitigen Beziehungen sich mehr ändern und bessern würden." Der „M anchcster Guardian" sagt: „Die Rede Sir Edward GreyS war besonders bemerkenswert wegen der Wärme und ihrer Aus führungen über Deutschland. Seine Neben haben selten zu einer Klinbgebung sür die deutsch-englische Freundschaft Anlaß gegeben. Gestern war es der Fall. Deshalb darf man der gestrigen Rede eine besondere Bedeutung beilegen. Grcy bat letzt das getan, was er im letzten Herbst unter lassen hatte, und dem deutschen Reichskanzler mit echter Herzlichkeit geantwortet." „Daily Ehronicle" schreibt: „Sir Edward Grey hat sich gestern in Manchester in opti mistischem Sinne über die deutsch-englischen Beziehungen ausgesprochen. Obwohl er die Zurückhaltung und V schmiegcnhcit des Premierministers und des Reichskanzlers bewahrte, bestätigt er doch in befriedigender Weise ihre Er klärung, daß in einem großen Werk von internationaler StaatSkunst für den Anfang ein guter Fortschritt gemacht worden ist. Es ist selbstverständlich kein Werk, das sehr schnell sein Ziel erreichen wird, aber es ist gut, von Grcy zu erfahren, daß der Himmel Heller und klarer tst und daß die offenherzige Art, wie die beiden Länder sich entgegengekommen sin-, bereits etwas von dem Nebel des Argwohns und Mißtrauens verscheucht hat." Sieben Personen in der Donau ertrunken. Budapest. Fünf Männer, eine Frau und deren Tochter, die über die Donau fuhren, sind ertrunken, indem der Kahn mitten aus dem Strome umschlug. Ehcdrama. Paris. Der Elektrotechniker T u m o n t überraschte gestern abend seine Frau mit einem jungen Manne, dem Buchhalter N i g a » d. Tumont wollte diesem eine Flasche au den Kopf werfen. Nigaud zog jedoch einen Revolver und schoß Dumout nieder, der sofort tot war. Rigaud stellte sich sodann selbst der Polizei. Tumultszenen in einer Studcnteuversammlung. Birmingham. In einer S luden tenversamm- lung in der Universität, die zur Haltung des Aerzte- standes gegenüber der Versichern ngsvorlagc Stellung nehmen wollte, kam cs zu große» lärmenden Austritte», wobei sich besonders auch die weiblichen Studierenden hervortaten, die mir Schirmen ans ihre Geg ner losginnen. ES gelang schließlich einigen Professoren, Ruhe zu stiften. Berlin. tPriv.-Tel.s Im Reichstage polemisierte heute der Abgeordnete Ledcbo » r iToz.s gegen den Reichs kanzler, die Abgeordneten Gras Poiadowsky und Mumm und gegen die auswärtige Politik der Regierung, die er als eine verbrecherische bezeichnet,:. — Staatssekretär von K i d e r l e » - W ä ch t e r wies die Angriffe zurück. Bonn. Ter Hygieniker Gehcimrat Finkler ist hier im Alter von öS Jahren gestorben. Petersburg. In der Passage entstand heute nacht Feuer. Der ganze Tachstuhl und ein Teil des vierten Stockwerks, worin sich die Bnchhaltcrci des Credit Lyonnais befindet, sind ausgebrannt. Die unteren Stockwerke haben ourch die Wasscrmasscn stark gelitten. vertllcbtt uricl Sächsisches. Dressen, 17. Februar. —* Sc. Majestät der König wird heute abend 7 Uhr das Diner bei dem russischen Minister-Residenten Baron von Wolfs cinnehmcn. —* Stadtrat Earl Weigandt f. Heute srüh ^5 Uhr ist Herr Stadtrat Earl Weigandt im Friedrichstüdtcr Kranken Hause durch den Tod abgerufen worden. Er erlag einem schweren inneren Leiden, das innerhalb der letzten vier zweimalige Operation nötig gemacht hatte. Der war am >0. Dezember l851 zu Arciberg ge boren und ergriff den kan-fmännischen Beruf, der ihn nach Dresden -führte, wo er 1877 zum Bürger verpflichtet wurde. Nachdem er in den Jahren 188.7—1890 dem Stadtvcrvrd- nctcnkollcgium angehört hatte, wurde er im Jahre 1890 znm Ratsmitgli-cd gewählt. 1890 erfolgte seine Wiederum hl in das Ratskollegium. Hier verwaltete er die städtischen Leihämtcr. wo er u. a. den Lombardvcrkehr aus Wert papiere cinführte, der einen sehr großen Umsang angenom men hat. Ferner war er Mitglied des Natöausschnsscs sür Anlcgung der Sparkassengelücr, Mitglied der gemischten Ausschüsse für die Gcmeindcratswahlcn. sür das Kasten wesen, für das städtische Rechnungswesen nsw. Dem Aus schlisse zur Vorbereitung der Deutschen Städteausstellung Dresden gehörte der Verstorbene gleichfalls an, ebenso dem Jahre eine Entschlafene Slegkrietl Wagner-Hsnrett. Im vierten und in dieser Saison letzten Konzert der Bereinigung der Musikfreunde stand Sieg fried Wagner an der Spitze des Berliner Blüthner- Orchesters. Es war ein sehr glücklicher Gedanke der Ge sellschaft, den durch Stran-Skus Weggang nach Amerika ver waisten Posten des ständigen Dirigenten ihrer Konzerte nach einander einstweilen von verschiedenen tüchtigen, hier aber unbekannten Lrchestcrlcitern cinnchinen zu lassen: haß sie es nun gar „wagte", in der Stabt, die sich bisher dem kompositorischen Schaffen Siegfried Wagners gegenüber so gleichgültig wie nur möglich verhalten hatte, den Hüter von Bayreuth in eigener Person vorziisührcn als Dirigenten eines ihrer Konzerte, und weiterhin nicht davor zurückschreckte, eine Reihe dramatischer Orchcslerslücke von th-m selbst auf das Programm zu setzen — das sei ihr wahr lich herzlich verdankt. Es ward denn auch ein sogenannter großer Abend. Der Verciiishaussaal war fast über füllt, man hatte sogar Stühle noch ctnschtcbcn müssen. Im Opcrnhause, das von Siegfried Wagner nichts wissen will, ward das Andenken an Vater Richards Todestag mit „Tristan und Isolde" gcseicrt, hier aber ehrte man zur gleichen Zeit den Sohn. Viele Neugierige waren unter Len Zuhörern, die nun einmal selber sehen wollten, ob wirklich am Sohne des gewaltigen Vaters „etwas sei": die Zuhörerschaft war. als Spiegelbild der Stimmen tm deut schen Blätterwalde, in die Lager pro ot contra geteilt, ohne daß wohl freilich beiden Parteien bisher sonderlich viel Positives von Siegfried Wagners Schassen besannt war. Aber es ist nun einmal so: mit der Voreingenommenheit des kultivierteren Publikums batte Richard Wagner und hat auch Siegfried Wagner viel zu kämpfen. Ein Werk wie der „Bärenhäuter" Siegfrieds brachte eS zwar inner halb zweier Jahre selbst unter diesen Umständen aus über >b0 Ausführung», darunter auf zwanzig allein in Leipzig, aber doch werden in der Allgemeinheit hier und da noch die falschesten und mißgünstigsten Nachrichten über leine Werke geäußert und weiterverbreitet. Wie wenig auch warb von solchen, die zu Bayreuth kein näheres Verhält. nis gewonnen haben, die ossen-stchtlich bedeutende künst lerische Ziele erreichende Rcgietütigkett Siegfried Wagners anerkannt, der, seitdem Frau Eostma Wagner sich von der Leitung der Festspiele zurückgezogen, die Bcranttvortung sür Wahrung des kunstnationalen HortcS aus die eigenen Schultern genommen hat! Im ganzen hat Siegfried Wagner nun sieben abendfüllende dramatische Werke ge schaffen (er nenltt sic schlicht „Opcrn"j, von denen alle (bis auf das nvch unausgeführte letztes auf mittleren und größeren Stadtlheatern mit vielen Ehren bestanden. Erst als Dreißigjähriger übergab der jetzt im 18. Jahre Stehende sein erstes Werk der Ocffcntlichkcit, so daß also ihm als Komponisten der Vorwurf des zu frühen Hervor- tretens gewiß nicht gemacht werden kann. Der „Bären häuter", „Herzog Wildfang", „Der Kobold", „Bruder Lustig", „Sternengebot", „Banadietrich" und das noch seiner Uraufführung harrende „Schwarzschivanenretch" stellen die Reihe seiner Schöpfungen dar, von denen wir in unserem König!. Opernhause bisher noch keine einzige dargeboten sahen. Das ist eine Schuld unseres Königl. Instituts gegen den Komponisten (ob er nun Richard Wagners Sohn märe oder nicht, bliebe sich gleich» wie gegen das Publikum, die nur schwer wird wieder gntznmachcn sein. Der langen Rede kurzer Sinn also: Siegfried Wagner hat cs gewiß sehr schwer, unverdient schwer, sich diirchzusctzcn: er ist kein Mann, der sich selber zu inszenieren versteht: er geht als Künstler seinen Weg um die äußere Welt un bekümmert fort, dabei unaufhörlich mcitcrschafscnd. Siegfried Wagner hat iinii gestern Stücke ans seinen dramatischen Werken vorgcführt, freilich nur rein orche strale Teile. Nach diesen Proben aber darf man kein vollgültiges Urteil fällen wollen, denn die Kunst des Musik- bramatikers kann sich in Vorspielen, Reigen und Tänzen v»r bedingt zeigen. Man kann ein tüchtiger Dramatiker sein, ohne doch gute Vorspiele schreiben zu können: man kann gewiß auch gute Orcbesterslücke. Reigen und Tänze komponieren, ohne jemals ein annehmbarer Mnsik- -ramattker zu werden. Weiterhin: cs liegt im Wesen des Vorspiels, der EinlettungSmusiken, daß sie — und sic wer den um so besser sein, je mehr sic es tun — in den innig sten Beziehungen stehen zu der folgenden (oder vorher- gegangenen) dramatischen Handlung. Man kann die Be deutung dieser Stücke nie voll cinschätzen, wenn man nicht das ganze Knilstivcrk einigermaßen kennt. Gestern lag der Fall so iiniftinstig wie nur möglich sür diese Bruchstücke. Das Programm brachte keinerlei Hinweise ans die Be zielmng dieser Fragmente zum Ganzen: wer weiß aber wohl, daß der Komponist im „Kobold" ein Seelchen, da? zum Irren und Wirren verdammt war, erlöst? („Hörtest du nie von Kobolden sagen, die nächtlich schwirrend ruhe los irren, wo Mitleid sie fänden, ihr Leiden klagen?") — wer weiß, daß im „Bruder Lustig" die alte Sage vom Zauberwesen der Andreasnacht mit jener von Konrad von Wllrzbnrg s18. Jahrhunderts zuerst poetisch gestalteten vom Kaiser Otto mit dem Bart verantckt und die romantische Handlung in eine fränkische Reichsstadt des 10. Jahr hunderts verlegt wird? — wer weiß, daß das „Sternen- gebot" die Ereignisse der Wenden- und Magyaren- einsälle der gleichen Zeit zum historischen Hintergrund ihrer Geschehnisse benützt? — und wer schließlich, daß im „Banadietrich" die Sage von Dietrich von Bern, dem ver feinten Helden, mit dem Mythus von Wotau, dem wilden Jäger, sich vereint? Ncbcrhaupt wird nach diesen An deutungen dem Leser das Urteil einleuchtend sein, daß nur, wer eben auch den Dichter Siegfried Wagner kennt, über seine Erscheinung als Miisikdramatilcr Entscheiden des sagen darf. Seine Stoffe sind sämtlich dem deutschen Sagenschatz entnommen, den kaum einer so kennt wie er: ein grunddeutschcr. romantischer Zug, wie ihn der Bater hatte, wie ihn aber auch schon Weber und Marschner ans miesen, spricht sich in dieser Vorliebe für die sagenhafte Symbolik auS, die von Siegfried Wagner nach Studien der Urquellen und in feinster Verwertung der von Jakob Grimm ausgehenden Anregungen mit der Bemühung um einen saftigen, kernhaften, volkstümlichen und teilweise neuen sprachlichen Ausdruck dichterisch gestaltet ist. Aber auch ohne diese im Grunde für das Publikum notwendigen Kenntnisse blieb doch der gestrige Abend für den Komponisten Siegfried Wagner sehr ehrenvoll. Die schöne, scheinbar eine alte Volksweise benützende A-Dur- Einlcitung zu-m 8. Akt des „Kobold" sprach unmittelbar an mit ihrer weh-schmerzlichen Naturstimmiing. DaS Vor spiel zum „Banadietrich", ein Prcsto-Ttück in D-Dur, in der Mitte von einer Gesangsmelodic in H unterbrochen.
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