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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 15.11.1881
- Erscheinungsdatum
- 1881-11-15
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188111154
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18811115
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18811115
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1881
- Monat1881-11
- Tag1881-11-15
- Monat1881-11
- Jahr1881
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 15.11.1881
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—^ iprfcheint täglich frith 6'/, Uhr. Nkdaklion nnd Lr-rditim» Iohannesqaste 33. Lprechkondc« -rr Nrdartto«: Vormittag- 10—12 Uhr. NackmittaqS 4—6 Uhr. DLr Hit NNlkqabe einqklLRttkr Manuicridte ««cht ftch die Stetacrrea nicht »erdtudiich >«nn»«e »er für »te nüchftf«l,enb« Nn««er Bestimmte« Injernte «« W«chent«,en bis 3 Utr Nachmitta»«. «« L«««»««» -estta,e» früh »t» '/,S Uhr. 2n Len /iNalen für Ins.-^nnahmr: Ott« Klemm, UntverMtSstraße 21» LonlS Lösche» Katharinenstraße IS, p. «>>r »i« 'i,8 Uhr. npligerCagtblaü Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- «nd GeschSftSverkehr. Auflage I«,VS0. Ldonnementoirrio Viertels. 4V, tncl. Bringerlvhn 5 Mk.» durch dir Post bezogen 6 Mk. Jrdr einzelne Stummer 25 Ps. Belegexemplar 10 Pf. Gebühren für Extrabeilage« ohne Postbeiörderung 39 Mk. Mit Postbciörderung 48 Mk. Inserate stgei'valtene Pelitzeile 20 Pf. SrSgerr Schriften laut unserem Preis- Verzeichnis;. Tabellarischer Satz nach höherem Taris. Lertamen nnter den Kedactionokrich die Spaltzeile 50 Ps. Juserate find stet« an die tKx-edtti«« zu senden. — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung prueuumeranäo oder durch Post. Nachnahme. 319. Dienstag den 15. November 1881. 75. Jahrgang. Amtlicher Thetl. Vekanntmchung. Nach der beute erfolgten Zusammenstellung de» Ergebnisse- der engeren Wahl rum Reichstage in den 51 Bezirken de» XII. Wahlkreises ist Herr Btcebürgerrneister a. D. Idr Gtephant in Leipzig mit 11,863 Stimmen von 21,684 gültigen Stimmen als Reichstagsabgeordneter gewählt, und wird solche» nach tz. 27, Absatz 2 de» Reglement» zur Ausführung de» Wahl gesetzes hiermit bekannt gemacht. Leipzig, am 14. November 188i. Der Wahlcomrniffar de» XU. Sächsische« Wahlkreise». Or. Tröndlin Dekannlmllchimg. Hierdurch bringen wir zur östcnilichcn Kenntniß, daß wir Herrn Klcmpnermeister Loui» Miethe (GaS- und Wasser- techniker) hier Erlaubnist zur Ausführung von Klär- und DesinscctionS-Anlagen für Gruben nach Maßgabe de- dem gemischten GesundheitSauSscbuste vorgelegenen und von dem selben genehmigten Projektes zu ertheilen beschlossen baden. Leipzig, den 10. November 1881. Der Rath der Stadt Leipzig. Iw. Georgi. Wilisch, Ass. Äuclioii. Don dom Unterzeichneten Armenamte sollen im Stadt- Haufe allbier (Eingang Mühlgasic Nr. 7) Mittwoch, den I«. November ». Borm. von » Uhr an, verschiedene Nachtaßgegenstände, als: Möbel, HauS- und Kuchengeräthe, Betten, Kleidungsstücke, 2 Paar goldene Obr- ringe u. s. w. meistbietend gegen sofortige Baarzahlung versteigert werden. Leipzig, den S. November 1881. Da» Armrnamt. Ludwig-Wolf. Iunghähnel. 8itrunx lies ürrttioken Le^irks- Vereins äer 8taät Vlemt»», ckea 15. Xovewker, ^beock» < Qkr Im 8»,I« »er Lrutvn Itllrxeinalinl«. Daxenorcknnnx: Lericbt cke» ^»«ohnmee Air Stanckee- aaxelex«nb«>Iten Über: 1) ^ntirux ck»» Oeutrnluumckuk»«-» ckerLor- Iiu«r Lerirküvereine dekr. <len Beitritt ru einer von üun »n «len Reicdsltnnrler ffk^en cln8 KeldstäispenLiren cker Lomöopntben xs- riedteten Petition (/lerrtl. Vereins-Llatt Xn. 110, ,8eits 118). — 2) Die vom Urn. Oenernlar^t Dr. Holkmnno in Xarlsruk« nns- ixesrbeitet« unck vom <1«»'Ii8.ft»»u»»eku»e ck« ckeuteeben ilsrrte- rereinsdunile» mir Beratlmne gestellte ckeuteck« Xerrteorüunnx iXerrtl. Verein»-8l»tt Octbr. 1881. Xo. 114, Seit« 239). — I)ie LIitxlieüer venlen ersncllt, «lie betr. Xummern äee Vereins-Blattes riux Sitrun^ mitnubnnxen. vr. klos». Diebstahls - Bekanntmachung. Gestohlen wurden allhier erstatteter Anzeige zufolge: I) drei buntfarbige Enten, aus einem Stalle tm Grundstück Plagwitzer Straße 46, am 4. d. M. Nachm.; . 2) ein Portc««nnaie von schwarzem Leder mft Stahlbügel, enthaltend ca. 8 X, in einem (Fünfmarkscheine, einem Zweimark, stücke und kleiner Münze, sowie ein Pfandschein über ein Spar- buch, mittelst Taschenbicbstadls in einem Gastlocale in Nr. 23 der Sternwarlcnstraße, am 6. d. M. Abends; 3) ein weißer Billardball von Elfenbein und ein ebensolcher von roihem Hartgummi, aus einem gleichen Locale in Nr. 4 der Eisenbahnstraßc, vom 6. bis 7. d. M.; 4) ein MannSr«ck von graumelirtem Sommerstoff, mft einer Reihe Knöpfen und schwarzem WollatlaSsutter (kenntlich an einigen Fettflecken im Schooße), aus einem Parterrelocal in Nr. 10 der Laibarinenstraße, am 7. d. MtS.: b> ein Neberrtkher von dunkelblauem RatinS, mit zwei Reihen Knöpfen, Sammelkragen, schwarzem WollatlaSsutter und Lederhenkel, mit dem Namen „Lücke, — in den Taschen befand sich ein schwarz, gelb und weistgestrciste« seidenes Hal»t«ch, ein Paar schwarz« wlacshandschuhk, rin Paar graue waschledcrne der Gleichen und ein« Tigarrenpseife von Weichselholz mit Bernstein Mundstück —, au- dem Tanzsaal in der Tonhalle am nämlichen Lage Abend»; 6) ein Schraubft«ck mit Spindel und zwei Schnrtdekliippen, au- einem Neubau an der Schenkcntwrfslraße, in der Zeit vom 5. bis 8. d. MtS.; 7) ein grauwollene» MannSbemd mit rothen Bündchen an den Aermeln, fast neu, ein woßleinene« dkSgletche«. ein weißes Bor- hemdchrn und ein roth und weißgeblumtes Taschentuch, aus einem Pserbestalle in Nr. 26 der Gerbcrstraße, am 8. d. M. Nachm.; 8) ein Winterkberztehrr von dunkelblauem Stoffe, mit schwarzem Sammelkragen, zwei Rol>eii Knöpfen, Seitentaschen mir Patten, schwarz- und weiggestreiftem Aermelfulter und schwarzem Wollatlas- sutter im Schooß, — in den Taschen befand sich ein weißlcinencS Taschentuch, ge». L, ein ebensolches, gez. v. 8., ein rothdaum- wollenes desgleichen und ein Paar Wildledern« Handschuhe — au- dem Boriaal eine- GeschästSiocale- in Nr. 4 der Packhosstraße zu derselben Zeit; S> ein eiserne- Gewicht, welche- an einer Thüre lm Grundstück Nr. 1 der Kohlenstraße angebracht gewesen ist, am gleichen Tage Abend-: 10) eine blanwollene gewirkte Nntrrjettk« mit zwei Reihen Horn knöpfen, von der Außenseite eines Geschäft-local« in Nr. 43 der Waidstrabe, am 9. d. M.: II) ein Portemonnaie von schwarzem Leder, mft Stahldügel, enthaltend ca. »« .8>, m einer Krone, zwei stünfmarkstücken, fünf Thalern, vier Zweimarkstücken und div. Münze, au- der Fleischhalle am Plaueiiichen Platze am 10. d. M. vormittag«; 12) ein ebensolche- mit Klappe and gelbem Schlößchen, ent- haltend ra. 5 », in zwei Zweimarkstücken »nd kleiner Münze, mittelst TaschendtrbftahlS in der Grimmaischen Straße, am gleichen Tage Nachmittag«: 13) eine silbern« Chltndernhr mit Secunde and ans der Rück- feite da- Bäckerinnnng-jeichen (eine Bretzel gehalten von 2 Löwen) eingravirt, nebst kurzer Talmikrtte, au- einem Souterrainlocale in Nr. 9 der Südstraße. zu derselben Zeit; 14) ein Ichwarzwollener Regeuschtr« mit dunklem Stab «nd uuterhalb de- Griffs einem Plättchen, au- einem Nartesaal im Dresdner Bahnhof, zu gleicher Zeit: 15) ein Paar rind-lederne valbftlefel» mit Doppelsohlen und Eisen aus den Absätzen, au- einer tkellerabtHeilung de- Neubau«- Lange Straße Nr. 27, am 25. v. MtS.; 1») eine Quantität Eteinkoblen. ungesähr 8 Lentner, ^ne Partie Kartoffeln. Kohlrüben und Möhren, mittelst Nachschlüssel« au« »wer Lellerabiheilung in Nr. 18d der Llbertstraße. im Laase der tetztvrrgongenen 4 Wochen; 17) ein Aranenmantel von blaugedrucktem baumwollenen Zeuge, mit roth und schwarz gestreiftem wollenen Futter, au« einem Wagen, welcher vor dem Grundstücke Frankfurter Straße Nr. 34 gestanden hat. am 12. d. M.; 18) eine Geldsumme von 856 in nenn Doppelkronen, Kronen, Thalern, Mark- und Fünfzigpsennigstücken, an« einer Schlafstube in Nr. 38 der Gcrberstraße, vom 11. bi» 12. d. M.; 1i>) ein Paar Beinkleider von schwarzem Tricotstoff, ferner sieben div. Bücher und zwar: Grillparzer's Grbtchte» mit dunkel- braunem Lederrücken, der Talisman» von Barak, in braunleinenem Einband, Italienisches Scebuch, Wörterbuch der dentsch-fran- slschrn Sprache, Handbuch der italienischen Sprache, Taschen« örtrrbuch der französischen, en,lischen und rnsstschen Sprache und kortiuo, Schachfpieiknnft, sämmtlich« Bücher tragen den Namen p l». Beilmann, au- einer Wohnung ft» Nr. ll der Reich«- straße, in der Zeit vom 1. bi« 13. d. M.; 20) ei» Wintrrüberzieher von schwarzem gerieften Stoffe, mit zwei Reihen Knöpfen, schwarz und weiß carrirtem Futter und Lederhenkel, aus welchem der Name X. liaudluumer, illm, aus. «druckt ist, auS einem Gastlocale in Nr. 61 am Grimmaischen stcinwege, am 13. d. M. Abends. Etwaige Wahrnehmungen über oen Verblieb der gestohlenen Sachen oder den Thäter sind ungesäumt bei unserer Triminal- Abtheilung zur Anzeige zu bringen. Leipzig, am 14. November 1881 Das Polizei-Amt der Stadt Leipzig. vr. Rüder. Kueschke. Nichtamtlicher Thetl. Leipzig, 15. November. Heber da» Cabinet Gambetta'S verkantet noch immer nichts Zuverlässiges; sein Ministerium war bis zur Stunde noch nicht gebildet. Die unerwarteten Schwierig keiten, auf welche Gambetta gestoßen, werden in Paris für idn nicht günstig auSaelcgt, obgleich da- Publicum eher neugierig als beunruhigt ist. Der Abschluß der Berbantlungen kann übrigen- jeden Augenblick erfolgen. In Betreff der neuen Ministerposten steht man einiger Uederraschungen entgegen. Die Weigerung Ferry'» und Say'S, in da» neue Mini sterium einzulreten. scheint sich zu bestätigen. Die Ucbernahme deS Auswärtigen Amtes durch Freycinet darf als gesichert betrachtet werdcnj Herr von St. Ballier bleibt als Bot schafter in Berlin. Die französische Politik wird also nunmebr nach innen und nach außen aus Gambetta'S Namen und auf feine Der- antwortung vor fick gehen. Der harte Kamps, den der Ab geordnete von Belleville um fein Mandat zu bestehen hatte, hat an seinem Einflüsse nichts vermindert und seiner Popularität nickt Abbruch zu thun vermocht. Zur Zeit feiert er Triumphe seiner Macht und man mag hoffen, daß ihn diese Triumphe nicht, wie so viele seiner Vorgänger, zur Selbstüberschätzung verführe», daß auS dem seitherigen kühlen Rechner nicht ein unbesonnener Abenteurer werde. Darüber mag die Zukunft enlscbcidcn. Die Swge Gambetta'S sind unblutige Siege; er hat sich seine Machtstellung weder mit dem Schwerte noch durch irgend einen Staatsstreich, sondern aus dem gesetzlichen, parla mentarischen Boden mit seiner Bcrcdtsamkeit erkämpft. Eine solche Laufbahn hat schon insofern etwas Ehrenvolle», als sie von dem Talente und dem Mulhe Dessen, der sie zurückgelegt, ein nicht anzuzweisclndeS Zeugniß ablegt; sie hat aber auch den Dortheil, dem Land nichts zu kosten und ihm keine Opfer auszuerlegen. Die Napoleone kosteten Frankreich viel Blut und Geld, cbe sie zur Herrschaft emporklinimen konnten. Die Regierung Gambetta legt dem Lande keine außerordentlichen Opfer auf. Und man muß gestehen, daß Gambetta mit Mäßigung von feiner Gewalt Gebrauch macht. Um selbst zur Minillerpräsidcnlschast zu gelangen, mußte er daS Cabinet Ferry hcseitigcn. Er that eS allerdings, aber er that eS nicht in feindseliger Weise, und die Mitglieder de» Cabinets Ferry sind von ihrem Posten abgetreten mit dem Bewußt sein, unter der Herrschaft Gambetta'S eben so regierungsfähig zu sein wie zuvor. Durch sein überlegenes Eingreifen in die verworrene Debatte über die tunesische Angelegenheit hat Gambetta dem Ministerium Ferry einen ehrenvollen Rückzug bereitet. Wir zweifeln nicht daran, daß Gambetta al» Minister» Präsident mit Einsicht und Kraft regieren wird; aber ob er im Stande sein wird, den vielen daS Land bewegenden Con- flicten nicht nur zu widerstehen, sondern sie auch zu beherr schen. daS ist eine andere Frage. Und doch hängt die ganze Zukunft Gambetta'S davon ab. Man weiß, daß der Ehrgeiz Gambetta'S mit dem Präsi dium im Ministcrrathe noch lange nicht befriedigt ist. Ur sprünglich steuerte er wobl direct aus die Präsidentschaft der Revnblik zu; allein er sah bald, daß junge Leute nur in stürmischen Zeiten sich zn solchen Posten cmporschwingen können; zur Zeit der Ruhe giebt man dem besonnenen Alter den Vorzug. So Halle Gambetta keine Wahl, als seine Macht in der Form cincö Cabinctöprästdiums zn organisiren, oder noch zu warten und seine bisherige Rolle sortzusetzcn. Da daö Letztere ihm hätte nacbtbeilig werden können, so ent schloß er sich, die Regierung zu übernehmen. Wenn er von der Kammer einmal im Stich gelassen, wenn da« Ministerium Gambetta gleich so vielen Vorgängern eine« Tage« durch ein Majoritäl-votum gestürzt werken sollte, dann wäre Gambetta verbraucht und der Weg zur Präsidentschaft der Republik wäre für ibn verschlossen. ES hängt also nicht nur das neue Ministerium, sondern die ganze Zukunft Gambetta'S davon ab, wie nunmehr regiert wird. Möge Gambetta eine» seiner besten Worte verwirk lichen und sich aus kcinePoli lik der Abenteuer einlassenl Der allmächtige Führer der Centrum Sleute oder richtiger der ReichSverderber. Herr Windthorst, hat am 6. d. M. in Bochum in einer Volksversammlung der CcntrumSpartei eine Rede gebalken, die in Bezug auf die allgemeine politische Lage von hervorragender Bedeutung ist. Sic zeigt, wie sich unser öffentliche- Leben im Kopse de» nltramonkanen Partei- . - - y di« leiten der Wahlen sich verstiegen haben. Windthorst bemerkte zwar: wenn die Anwesenden glaubten, daß sie bei der augenblicklichen günstigen Stellung de- Centrum- über die politische Lage viel Auskunft erhalten würde», so brdaure er sehr, daß sie nicht viel zu hören be kommen würden, denn keine Armee verrathe ihren Operation» unwr ogenccicves reoen nn «opic oc» nnranionianen y,ar> sichrer« abspiegelt: sie läßt ganz genau erkennen, wie hoch Hos) unaen und Ansprüche dieser von Rom auS gegängel Partei durch den dem Centrum so günstigen Ausfall plan vor der Schlacht dem feindlichen Lager. Aber die Polemik, die er führte, verrieth nur zu deutlich, welche Ciegner er unter dem feindlichen Lager verstand. Den vr. Löwe, den er bei der Stichwahl verdrängen wollte, um dem CentrumSmann v. Schorlcmer-Alst Platz zu machen, griff er an, aber der Liberalismus, die preußische Regierung und der preußische Staat waren e». die er eigentlich bekämpfte. WaS Windthorst dem vr. Löwe vorwirst, faßt er in dem Satz zusammen, daß Dieser den Staat für omnipotent, für allgewaltig, halte; die Lehre von der StaatSomnipotenz, aus deren Grund Löwe allen CulturkampsSgesetzen zugesnmmt habe, vernichte aber jegliche- göttliche «nd natürliche Reckt, stelle alle» verbriefte und verbürgte menschliche Recht in Frage »nd morde alle Freiheit. ES fällt natürlich kelne« vernünftigen Menschen ein, sich den Staat ln diesem Sinn« allmächtig zn denken. Aber der Zweck heiligt ja da- Mittel. WaS Windthorst in der angeblichen Allgewalt des Staate» bekämpft, ist nicht« Andere- al» der moderne Staat, wie er in alle» civilisirten Ländern der Welt, auch in Preußen, zur Ausprägung gelangt ist. Dieser moderne Staat hält sich allerdings für ebenso befugt wie verpflichtet, alle aus seinem Gebiet vorhandenen Gebilde, also auch die Kirche, seinem Einflüsse zu unterziehen und vor Allem sein HoheilSrecht über dieselben geltend zu machen, während Windthorst für die „heilige" Kirche nicht blcS volle Freiheit in Anspruch nimmt, sondern den Staat sogar durch sic beherrscht wissen will. Ilinc illas laoi-^mae; daher der Lärm! Genug. Windthorst behauptet, da« Centrum kämpfe gegen die Allgewalt de» Staates. Der Blick auf da- der den Wahlen ausgesührte „großartige Schauspiel", 1b Millionen Katholiken (darunter thut er eS nun einmal nicht) einig zu sehen im Widerstande gegen die Wege einer Gesetzgebung, die Staat und Gesellschaft zum Verderben gereichten, versetzt ihn in förmliche Begeisterung. Er weiß nickt genug zu rühmen, wie viel in den sieben Jahren deS CullurkampfeS schon erreicht sei, und meint, wenn da» so fortgebe, so hoffe er nach weiteren sieben Jahren in der Majorität im Reichstag« zu sitzen. Aber sein Auge ist nickt blo» aus die Zukunft gerichtet, er denkt auch an die Gegenwart. Und nun erhebt er für sein« Partei Ansprüche, wie sie bisher au» dem Mund« eine- ultra- montanen Parteiführers noch nie vernommen worden sind. ES ist der Mühe werth, diesen Theil der Windthorst'scheu Red« nach dem Bericht der „Germania", d«S leitend«» Bert» IesnilenblatteS, wörtlich mitzulheilen. Darnach sagte «r: Die Staat-bür-er jeder Eonsesslon sind gleichberechtigt t» Bezug auf den Auiheil an der Regierung und Verwaltung des StaaleS; Geschichte, völkerrechtliche Verträge und feierliche- Fürsten- wort garantiren diese staatsbürgerlich« Gleichberechtigung. Wir haben dasselbe Recht mitzuregieren und je nach Verhältniß zn allen Stellungen, vom Minister bi- zum letzten Polizeidiener in Bochmn, dieses Conttngcnt zu stellen. Es wird hohe Zeit, daß alle Katholiken die Nothwendigkeit der Emancipation auf kirchlichem, politischem, kommunalem und socialem Gebiete begreifen. Halten wir stets fest an der Ueberzeugung, daß wir überall vollständig gleich berechtigt ind und erbitten wir nicht als Gnade, was uns al- Recht ge- bührt. Wenn man schluckerhaft erbittet, was Einem als Recht zukommt, dann schwillt dem Andern der Kamm, und dauernd geknechtet wird nur Der, der geknechtet sein will. Klingt Das nicht ganz so, als ob Windthorst schon vorher gewußt hätte, daß Fürst Bismarck zwei Tage nachher der Welt ankündigcn würde, er werde demKaiser eine Umgestaltung der Regierung anrathen, um dieselbe fortan in Uebereinstimmung mit dem Centrum zu führen? Jedenfalls lasten unS die obigen dreisten und drohenden Worte ahnen, welche gewaltigen Ver änderungen man von einem konservativ-klerikalen Ministerium, von der römisch-katholisch-feudalen Derbrildcrnng, zu erwarten hätte. Die Katholiken sollen ja „emancipirt", d. h auS Sklaven zu Freien gemacht werden, denn bis her wurden sie ja, wie Windthorst schon aus der Bonner Katholikcnversamnilung sagte, wie „PariaS" behandelt. Die Feststellung deS Texte- der Thronrede erfolgt her kömmlicher Weise erst einen oder zwei Tage vor der Er öffnung de» Reichstage». Daß die-mal von diesem Gebrauch nicht abgewichcn werden wird, dafür bürgt schon die Verworrenheit der Lage, welche erst durch da» persönliche Dazwischentreten deS Kaiser- ihre Klärung erhalten soll. Ziemlich allgemein begegnet man der Annahme, daß eine Thronrede „im großen Stil", d. h. eine leitende Programm erklärung über die Politik, welche die Regierung rinscklagen wolle, nickt zu erwarten steh«. ES würde DaS auch kaum ausfällig gesunken werden können angesichts de» wirklich recht beschränkten und politisch fast unbedeulcnden ArbeilSmalcrial«. welches nach den bisherigen Ankündigungen den Inhalt der bevorstehenden Sitzung bilden wird. Unk warum sollte sich Fürst BiSmark jetzt schon für eine Politik, die ihm am letzten Ende doch eigentlich zuwider sein muß, nämlich für ein Zusammengehen mit dem Ccntrnm, verbindlich machen, während durch zurückhaltende Gleichgiltigkeit seine Stellung nur gebessert, diejenige der Ultramontanen aber nur ver schlechtert werden kann? Die Cenlrum-sührer mit ibren seinen Spürnasen wissen recht gut, daß die Zeichen der Zeit ihnen wahrlich nickt günstig sind, und daß durch ein unvorhergesebene» Er eigniß für sie die Gelegenheit unwiederbringlich verloren ist, die Ernte deS EnltursriedcnS (wie sie denselben verstehen) unter Dach und Fach zu bringen. Auch bilden sie mit nickten eine bloße Part« der Verneinung, sondern sie haben reckt reale Anliegen, mit deren Erfüllung sie nicht warten wollen, so laut sie ihre Unübcrwindlicbkeit verkünden mögen. Wenn selbst die „Germania" sich zu einer Acndcrung der Firma versieben will und der Regierung gegenüber mit dem Ver sprechen einer Umwandlung de» CentrumS in eine wirklich ronservalive Partei koketlirt, so hat da» mit dem Ein- gestänkniß, in eine Sackgaste gerathcn zu sein, die aller- verzweisellste Achnlickkeit. Denn an dem Tage, wo da» Centrum seinen Cbarakter al- katholische Partei ausgeben wollte, wäre sein Zerfall durch da» Anschwenken der liberalen Elemente au» dem Westen und der parttcnlaristischen Gesola- schast au» dem Süden besiegelt. Wobin man auch blickt, jo lst überall dir politische Lage von einer Gespanntheit und Zersabrenheit wie noch nie. Zur parlamentarischen Lage wird noch der „Tribüne geschrieben: Nachdem da- letzte Unwohlseln, von dem Seine Majestät der Kaiser befallen worden, sich erfteulicherweise ichM nn der gehoben hat. scheint e« jetzt sestzustehen, daß der Reichstag dr. den Kaiser in Person eröffnet werden wird. Die vom Reichskanzler eoncipirt« Thronrede, deren Entwurs Staat-minister Bötticher von Bcrrzin mltbrackte, soll auch einen PaffnS über den Ansfall der Wahlen enthalten. Man glaubt, daß aus geschäftlichen Rücksichten (zumal weil da- Ergebniß der letzten Nachwahlen erst am 18. amtlich verkündet wird) dir Präsidentenwahl im Reichstage erst am Montag, den 21., stattfiiiden dürste. Im Bureau deS Reichstage- sind bereits, wie verschiedene Blätter mittheilen, die ersten Beschwer- den wegen Wahlbeetnflnssungen, eingelaufen, welche nament lich ln Preußen noch nie zuvor so zahlreich wie bei den jetzigen Wahlen festznstcllen waren. Nach einer Berliner Correspondenz der „Astgcmeiuen Zeitung" ist die Auffassung, daß eS dem Reichskanzler auch nnt der neuesten RlicktrittSdrobung nicht ernst sei. allge mein verbreitet, und man frage sich nur noch. WaS Fürst BiSmarck mit dieser Drohung bezwecke und WaS sich dahinter verberge. Die Antwort daraus falle jedoch sehr verschieden artig au». ES herrsche selbst in sonst woblnnterrickteten Krnsen völlige Unsichrrlwit über die eigentliche Stellung deS Reichskanzlers zn der durch die Wahlen geschaffenen Lage. Auch die Rückkehr de- StaatSsecrelairS v. Bötticher scheine wenig Aufklärung gekrackt zn haben. Am wahrscheinlichsten klinge immer noch die Annahme, daß der Reichskanzler mit seinem EntlastuugSgcsuch die Auslösung de« Reichstag- Hab« einleiten wollen. Indessen sprächen verschiedene An zeichen dafür, daß dieser Gedanke, wenn auch vielleicht m der ersten Erregung gefaßt, bereits wieder fallen gelasten ist. — Bezüglich de» neuen Reichstag-Präsidium» bahnt sich zwischen Conservative« und Centrum eine Verständigung an. wonach der Lbq. v. Levetzow, LandeSdivector von Brcmdenburg, zum Präsidenten und Frhr. v. Francken- stein zum ersten Bicepräsidenten gewählt werden soll; die zweite Bicepräsidentenstelle würde alsdann den Liberalen überlasten werden. Es wird jedoch als seststebend betrachtet, daß die letzteren mit dieser Botheiligung am Präsidium nicht zufrieden sein, sondern, wir auch in der letzten Session, vor ziehen wltrden, im Präsidium lieber unvertreten zu bleiben. Wenn die „N. A. Z." den Stimmenfang anläßlich der Berliner Stichwahl mit dem stärksten Mittel, nämlich mit dem nur schlecht verhüllten Versprechen einer Auf hebung de- Ausnahmegesetzes, betreiben zu müssen glaubt, so kann eS ihr und ihren Hintermännern lockt genug geschehen, daß sie nn Reichstage beim Worte genommen werden. Zur Ehre der Hintermänner des genannten Organs muß man freilich annrhmen, daß der Leitartikel vom 12. No vember aus das Conto allerpcrsönlichsten Ungeschicks der ,.L. A. Z." zu setzen ist. Denn die Unterstellung, daß di« Liberalen Diejenigen wären, die sich mit dem Ausnahmegesetz am meisten zufrieden erklärten und die vor dessen Aufhevung sich fürchteten, ist zu sonderbar, als daß man sie für einen durch den guten Glanben entschuldbaren Jrrtlmm halten könnte — abgesehen davon, daß sie den Thatsachen bei Ent- stcbnng deS SocialistengesetzeS schnurstrack» entgegenläust. Ob nun aber die ,N. A. Z." mit oder ohne Auftrag gehandelt bat, so sollte dock niemals vergessen werden, daß sie durch übereinstimmende Handlungen ihr Einverständniß mit der sinnlosen Politik der sog. Conservative» Berlin» bekundet und zur Wahl der Socialdemokraten gegen ihre fortschrittlichen Gegen- candidaten aufgefordert bat. Diese Leute scheint eS in ihrem tollen Haß gegen den Liberalismus gar nicht zu kümmern, daß sie durch die Unterstützung der socialistischen Partei sich selber den Ast absägcn, auf dem sic sitzen. Was aber die Lockungen mit der Beseitigung der Ausnahmemaßregeln angrht, so wird man sich im reactionairen Lager nicht wundern dürfen, wenn die focicildemokratischen Abgeordneten sich al- recht unbequeme Mabner und Dränger erweisen. UnS geht die verbürgte Nachricht zu, daß von jenerSeite alsbald einAn- trag aus Aushebung des SocialistengesetzeS gestellt werden wird, und zwar mit der ganz plausiblen Begrün dung. daß dieses Gesetz doch völlig hinfällig geworden wäre, nachdem die Socialdemokraten in der Regierung und den Conservativen ihre besten Freunde gefunden und bei den Wahlen der entschiedensten Unterstützung derselben sich zu erfreuen gehabt haben. Der Antrag ist freilich aiiSstcktölo», schon im Hinblick aus die erst im Frühjahr 1880 erfolgte Verlängerung des Socialistcnaesctzc». Aber welchen Eindruck wird und muß es in der Ärbetterbevölkerung machen, wenn eS sich zeigt, daß die Socialdemokratic wirklich nur als Sturmbock gegen den verhaßten Liberalismus gemißbrancht und nach gethaner Arbeit gleichgiltig bei Seite geworfen worden ist. lieber da» Ergebniß der Stichwahlen in Berlin wird nnS von dort noch vom Sonntag geschrieben: „Mit genauer Noth — im 4. Wahlkreise handelte eS sich nur um 50 Stimmen — sind bei den Berliner Stichwahlen die Candidaten der Fortschritt-Partei dnrchgedrungen. Während die Socialdemokraten zusammen über >2,000 Stimmen gewannen, gingen die fortschrittlichen Stimmen gestern gegen die am 27. Oktober abgegebenen um 1500 zu rück. Dieser Rückgang läßt sich ans doppelte Weise erklären. DaS Wahrscheinlichste ist. daß nach dem Ausfall der ersten Wahlen »nd der bestimmten Erklärung der sog. Conservativen, sich der Abstimmung enthalten zu wollen, die Ucberzengung von dem Siege der fortschrittlichen Candidaten sich überall befestigt halte und man aus liberaler Seile keiner besonderen Krastanstrengung mehr zu bedürfen glaubte. Dann wären also die >500 fehlenden Wähler aus reiner Lässigkeit zn Hanse geblieben. Die geringen Mebrbeiten. mit denen Bebel und Hasen clever geschlagen sind, zeigen, wie sich diese Lässigkeit furchtbar hätte rächen können. Es ist aber auch noch ein Andere- möglich. Viele Socialdemokraten ver zweifelten am 27. Oktober an dem Siege ibrcr Sacke, sie waren vielleicht nickt einmal ganz sicher, welcher Candidat der richtige wäre, da für keinen ösfciillich agitirt werden konnte. Um nun nicht einen Freund de» SocialistengesetzeS durchkommen zu lasten, gaben sie ihre Stimmen für Klotz und Träger ab. Die Notbivenkigkeit der Stickwabl zeigte ibnen, daß ein soeialdemokratischer Erfolg nickt außer der Berechnung liege, und nun stimmten sie wieder für ihre Parteigenossen. Damit ist indessen die große Zunahme der socialdemokratischen Stimmen nur zum zehnten Tbeile erklärt. Denn man nun auch annebmen will, daß für den gestrigen Tag einig« Tausend Arbeiter mobil gemacht worden sind, die am 27. Oktober gar nicht gewählt batten, so kommt man doch nicht um die Gewißbeit hennn, daß die Stvcker'sche Partei mindesten« 6000 Stimmen für Bebel und Hasenclever geliefert hat. Stöcker hatte zwar seinen Anhängern gepredigt: „Ihr dürft nicht für die socialdemo kratischen Candidaten stimmen", indrß hatte er immer ei« „Aber" hinzugefügt: „ES ist verzeihlich und entschuldbar, wenn ihr eS tlmt, nm nur den Hauptseind, den wir be kämpfen. zn schädigen." In der Tbat sind zwischen de«
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