Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 16.10.1882
- Erscheinungsdatum
- 1882-10-16
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188210167
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18821016
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18821016
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1882
- Monat1882-10
- Tag1882-10-16
- Monat1882-10
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- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 16.10.1882
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— — Erscheint täglich früh 6'/, Uhr. Uk-«rtion und Llve-itio» J»danneSqasje 33. ZPrkltiftuiidrn -rr Nrdarlio»: vormittag« ll>—IS lltzr. Nachmittag« 5—6 Ubr. UV» n« NÜ«P»V« »mpeiantrrr Kl»«»,«« „»l »«rdintlich. Annatme der s«r die n-ckktsR^«»« Nummer bestimmten Ankerare a» Mochenragen. bis L ttbr Nachmittag«, an L«nn» und Kefttagen früh b>« ',,S Uhr. 3n Iru /ilialr» für Ins.-^nnadme Ott« Kirn»». UninerfftStsstroße 21, Laut» Lüsche, Kotharinensrraße 18, p. nur bi» 'i,S Uhr. ttp;lgtiLagtl>lalt Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- nnd Geschäftsverkehr. -ck- „ >. Auflage L7,SVO. Abonnrmenisvrei» Viertels. 4'/, MK. incl. Bnngerlokn S Mk.. durcv die 'Loft bezogen g Mk. Jede einzelne Nummer 25 Ps. Belegeremviar 10 Pf. Gebühren iür Eykrabeilaqe» 0b»e Poi'tbewrbcrung 09 Mk. M»t Poirbeiöroerung 48 Mk. Inserate üqeivaltene Petitzeile SO Pf. Größere Lchriflen laur unserem Preis verzeichnis. Tabellarischer Saß nam höherem Tarif. krrlamen unter den Nednetionsürich die Loaltzeile 50 Pf. Jnierare sind new an die trrvrblkioit in icaoen. — Rabatt wird Nichl gcgeocn. Zahlung praeuuu,--riiii»u oder durch Poll- »nchnanme. ^?28S. Montag den 16. Octobcr 1882. 76. Jahrgang. Amtlicher Theil. Vekanntowchung. ' In Gemäßheit der EiiitomiiicilsleiiergesetzeS vom 2. Juli 1878 und der dazu gehörigen AilSfiihrungSverortnung vom 1l. October desselben JahreS werden, au- Anlaß der Aus stellung deS Einkomnieiisteiler-KatasterS für das Jahr 1883, die Hausbesitzer oder deren Stellvertreter hiermit aufgefordert: die ihnen behändigten HauSlistenforinulare, nnch Maßgabe der darauf abgedruckten Bestim mungen auSaefüUt, biunen 8 Tagen von deren Behandignna ab gerechnet und bei Bermeidung einer Geldstrafe bi» zu SU Mark, die bei Verabläumung de« Termin- unnacbsichttich bei» getrieben werden wird, in der alten Nicolaischnle, Nicolaikirchhof Nr. l2, entweder persönlich oder dnrch Personen, welche zur Beteiligung etwaiger Mängel sichere Auskunft zu erthetlen vermögen, abzugeben. Hierbei wird aus tz. 35 deS allegirten Gesetzes, nach welchem sowohl der Besitzer eine» Haus Grund stück» für die Lteuerbeträge, welche in Folge von ihm verschuldeter unrichtiger oder unvoll- siülndiger Angaben dem Ltaate entgehe«, hastet, wie auch jedes Famtlienhaupt für die richtige Angabe aller ;u seinem Hausstand» gehörigen, ein eigene» Gillkommen habenden Personen, ein schließlich der Astermiether und Schlafstellen- miether, verantwortlich ist und auch darauf besonders hingcwiesen, daß die aus der letzten Seite der Hauölistcn- formulare befindliche Bescheinigung von dem Hausbesitzer, bez. dessen Stellvertreter nnterschriftlich zu vollziehen ist. Fall- Hausbesitzer oder deren Stellvertreter keine Haus- listensormulare oder solche nur in unzureichender Zahl erhal ten haben, so können dergleichen auf Verlangen an oben genannter Expeditionöstclle in Empfang genommen werden. Leipzig, am 12. Oktober 1882. Der Nath der Stadt Leipzig. Dr. Georgi. Göhlitz. Wollnungs-Vermirthung. In der S. Gtage der Alten Waage, Katharinen straße Nr. 29. soll eine aus I Dorsaal, » zweifenstrt- aen Ttnben nach der Katharinenstraße heran», I zweifenstrigen und t einsenstrigen Stube nach hem Hofe zn, einer Küche und sonstigem Zubehör hcslrhenoe, mit Wasterlettnng versehene Wohnung »om 1. April 18811 an gegen eiahalbjahrliche Kündigung Donnerstag, den IN. dsS. MtS. BormittagS II Uhr auf dem Rathbause, l. Eiage, Zimmer Nr. 17, an den Meistbietenden anderweit vermiethet werden. Die BermiolhuiigS- und Versteigeruiigübcdinguiigcn nebst Jnventarium der zu vermiethenden Wohnung liegen ebenda selbst aus dem großen Saale schon vor dem Termin zur Einsichtnahme aus. Leipzig, den 2. October 1882. ^ Der Nath der Stadt Leipzig. Dr. Tröndlin. «löß. vtrSrigcrung. Mittwoch, den 18. October Borm. von S Uhr an, werden im Postgebäud« am Auaiiüusplatz (Eingang Poststraße. 3 Tr. links- verschiedene au« unbestellbaren Postsendnngen entnommene, bez. in Postwagen rc. aiisgesundene Gegenstände, u. A. 8 Stück wollene Unterjacken, 1 Partie Neujahrskarten, 1 Partie weiße Damen, schleifen o. s. w. gegen sofortige Bezahlung Sffentlich versteigert. Leipzig, den 14. Oktober 1882. Der Kaiserliche Ober-Poftdtrectsr. I» Vertretung Calame. W. vcrpachtuiigsanrkige. Mittwoch, a« 18. Oktober e., Nachm. 4 Uhr sollen aus Unterzeichnetem Bureau die Weidcunutzungen der vahu- meistereien l,. D. ll. HI. und I,. L. V. unter zuvor bekannt gegebenen Bedingungen an Meistbietende verpachtet werden. Auskunft ertbeilen die betreffenden Bahnmeister und da« Abthr«l>i„gS-2»geiiir,kr-vureau Leipzig N. Nichtamtlicher Theil. Leipzig, 16 October 1882. Den Mitthelungen über eine beabstcbtigte Aenderung deS preußische» Wahlsystems wird man vorläufig nur mit starken Zweifeln enlgegentrelen können. Es ist freilich unverkennbar, daß dies Wahlsystem immer mcbr seinen Zweck und seinen Halt verliert. Die intirecte Wahl ist in diesem Wahlgang mebr wie je tbatsächljch ausgehoben worden, und indem sie formell bestehen bleibt, dient sie nur dazu, das Wablgeschäsk ganz nutzlos zu erschweren und verwickelt zu inacvcn. Und ebenso müssen die Angriffe gegen da- Cysten, dirccter Stenern, welche den Inhalt der Steuerpolitik deS Reichskanzlers bilden, zugleich die Grundlage eines nach eben diesem Steuersystem abgcstuften ClassenwahlrecktS erschüttern und zerstören. Die Aufhebung der unteren El..sse»sleucrsiuscn, die schwerlich mehr lange aus sich warten lasten wird, wird zu einer noch größeren Anschwellung der dritten Wahlerclaise. zu einer noch größeren Bevorzugung der höchstbesteucrlen Elasten führen und damit alle Unbillig keiten und Ungerechtigkeiten de« bestehenden CvstemS steigern. DaS liegt so klar aus der Hand, daß mit einer auch nur be schränkten Turchüchrung ^ Steuerreform deS Reichskanzlers das bestehende Wahlrecht an seiner inneren Unhaltbarkeit zu Grunde geben muß. Sowohl nach der Seite des mdireclen DaklvcrsahrcnS, als nach der Seite der Ab stufung des Wahlrechts nach der direkten Steuerleistnng wird daS jetzige Wablsnstcm immer mebr seinen Bovc» ver- lirren. Daß seine Tage gezählt sind, ist uuS denn auch nicht zwclsclbast. Indessen ist damit nicht aekagt, daß sich auch die Negierung schon von der NothkDndigkcit eine« nenrn Wablmodus überzeugt und bereits bestimmte Pläne über eine Wablreform gefaßt hat. Auch unhaltbare und ungesunde Zustände schleppen sich oft noch lang» Zeit hin. Das be Netzende preußische Wahlreckt ist unstreitig der Regierung und den Conservativen günstiger als das direkte allgemeine veS Reichs, und daö erster» einfach mit dem letzteren zu ver tauschen, eine so naheliegende und eigentlich natürliche Eon- sequenz die» auch wäre, wird sich die Regierung schwer entschließen. Auf di» Dauer wird eine Reform trs Wahlrechts sich zu einen, unabweisbaren Bedürsniß machen. Unmittelbar vor einer solchen wird man aber schwerlich stehen, e- müßten denn die nächsten Wahlen sehr zu Gunsten der Opposition au-fallen. Zu drm vrrhältnißmäßig entgegenkommenden Wahlauf rus der ultra m on tanen CentraUeitung bilde» die provinziellen Wahlaufrufe der Partei, die nicht wie jener die vor mehreren Monaten, sondern die heute herrschende Stimmung wiederspiegeln, einen bemerkenSwerthen Gegensatz. So he>ßt e» im Aufrufe der westfälischen CentruinSpartei: „Leider haben sich unsere berechtigten Erwartungen keines wegs verwirklicht. Selbst die bescheidenen Hoffnungen, die sich an daS Gesetz vom 3l. Mai d. I knüpften, hat man unerfüllt gelassen und unS dadurch eine abermalige bittere Täuschung bereitet. Die Bestimmungen deS Gesetzes sind bis zum heutigen Tage unbenutzt geblieben. Auch nicht ein einziger unserer vertriebenen Oberhirten hat aus der Verbannung zurückkehren dürfen. Nicht einmal die schon Jahre lang verhängte Sperre der unseren Geistlichen recht lich zustehenden Bezüge hat man in den sieben Diäresen, in denen sie, und zwar in schneidendem Gegensätze zu den übrigen, noch besteht, zu beseitigen sich herbcigelasscn. Als es sich um Gesetze und Maßregeln gegen uns hantelte, da überstürzte man sich in eifervollem Vorgehen; wo es sich nun aber um eine von fast allen Parteien längst als billig er kannte Erleichterung für unS handelt, da kennt man seil Monaten nichts als kalte, unerklärliche Zurückhaltung. Wir erwarten, daß unsere Abgeordneten die Klarstellung dieses unerträglichen Zustande- der Dinge bewirken". Wie auS Berlin gemeldet wird, ist man entschlossen, den Landtag der preußischen Monarchie sofort nach den Wahlen zum Abgcordnetenkause einzuberufen, so daß derselbe, da der Reichsrag nicht vor drm 30. November seine Arbeiten wieder ausnehmen wird, den ganzen Monat November hindurch ohne Collisioa mit dem deutschen Parla ment tagen kann. Die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" schreibt ofsiciöS: „Die Mittheilung eines unserer Eorresponkentcn, daß die neue Militair-Strasprozeßorvnung für da« deutsche Reich binnen Kurzem ihrer desinitiven Feststellung entgegen gebe, ist von aiiderer Seite angezmeifelt worden unter dem Hinweis darauf, daß Baiern für die Einführung de- öffent lichen Verfahren« eintrete, welcher Forderung Preußen nie mals zustimmen werde. Trotz dieses Widerspruche« erklärt unsre Gewährsmann, seine frühere Mittheilung aufrecht erhalten zu müssen, und betont, daß ein Gutachten der Einzelrcgierungen üöer diesen Entwurf bereit» cingegangcn sei, und demnächst eine weitere Beratbung durch die von Sr. Majestät drm Kaiser berufene Jmmediat- commission erfolgen werde. Was aber den Einwand der bairischen Regierung in Bezug aus das öffentliche Strasversabren «„langt, so durfte jene Mittheilung wohl auf einem Jrrthum beruhen; wenn auch in Baiern biS- ber daS öffentliche Bersabren im Militair-Strasverfahren bestand, so bat man doch mit demselben gerade nickt die günstigsten Erfahrungen gemacht, daß seitens der bairischen Reg erung, namentlich seitens der bairischen Mitilairverwaltung. an der Oeffentlickkeit deS Verfahrens mit so großer Beharr lichkeit festgehalten werden sollte, wie man von jener Seite glauben macken möchte. DieS sei auch seitens der bairischen Regierung und namentlich seiten- der bairischen Militair- verwaltung der Rcichsverwaltung zu erkennen gegeben und es dürfte durchaus nickt so schwer halten, eine Verständigung zwischen den Einzelregiernngen und besonder- mit Baiern aus dirsem Gebiete hcrbeizusübren. In den maßgebenden, namentlich m militairischen Kreisen sei man der sicheren Ueberzeugung, daß die neue Mililair-Strasproccßordnung in der nächsten FiühjabrSsitzung des deutschen Reichstages zur Vorlage gelangen werde." Der verhaftete Genoste OberdankS, Ragvsa, ist auS Buja in Istrien gebürtig und ein Chemiker; er ist be schuldigt, an der Herstellung der Bombe» Tbcil genommen zu haben. Er erregte die Aufmerksamkeit der Polizei, indem auf dem Bahnhose in Prato mehrere bekannte Radikale, als sie ihn in einem Wagen eines nach Pisioja fabrenden Zuge» erblickten, auf ibn zustürzren, ihn umarmlen unv ab- Nißlen. Als er verkästet wurde, fiel er in Oknuiachl. Ans die Weisung auS Rom wurde er nach Udine gebracht. Ragosa ist 26 Jahre alt und Sohn eine« Apotheker« in Bu;a. DaS Wiener Cabinet hat noch keine Schrille getban, um seine Auslieferung zu verlangen; somit sind alle Gerückte über eine von der italienischen Negierung dem österreichischen Auswärtigen Amte bereits ertheilte Antwort versrübt. Doch wird von italicniscb-vssicivser Seite bemerkt, es würde, wenn die eingelcitete Untersuchung ergeben sollte, daß es unter de» in Jtaliru verhafteten Leuten solche gebe, die sich an dem Triestcr Boniben-Altentat betheiligt haben, aus Grund der bestehenden Verträge deren Auslieferung an die österreichische Regierung erfolgen, da eS sich hier um ein gemeines Ver brechen handelt. Die italienische Regierung darf die Mörder nicht unter den Schutz der internationalen Gesetze stellen. Aus der Hohen Pforte scheint wieder einmal die voll ständigste Nathlosigkeil ihren Einzug gehalten zu haben. Es pflegt die« allemal zu geschehen, wenn die Taktik de« Schau keln». der Doppelzüngigkeit, de- Verschleppen» dringender Entscheidungen gründlich Fiasco gemacht bat. An der Stellungnahme der Türkei zu den egvptiscken Wirren zeigt eS sich von Neuem, daß mit kleinlichen Mitteln keine Politik im großen Stile betrieben werden kann — allein diese Erfahrung bleibt im orientalischen Gedächtnisse bekanntlich nur so lange hasten, als man in der Patsche steckt, unv ver flüchtigt sich alsbald, wenn man wieder festen Boden unter den Füßen zu spüren glaubt. Augenblicklich singt die vssiciöse Stambuier Presse dem deutschen Kanzler Lob- und Schmrichrllieder — rin untrügliches Zeichen, kaßetwa»—o.nein, daß sehr vieles saut ist im Staate OSmanS. DaS Sckreck- bilb eine» gänzlichen Verluste-der rgvvlische» „Souzcrainetäl" steigt am politischen Horizont der Türket empor unk bcsätngt den für da- Ausland geschriebenen Theil dcrKonslanlinopeler Tagcsblättcr urplötzlich zu einem so klaren Verstänbniß der deutschen Orientpolitik, wie eS. wenn früher bethätigt, den Bestrebungen der Pforte höchst ersprießliche Dienste hätte leisten können. Jetzt anerkennt man e-, daß der Reichskanzler stets das dankenüwerkheste Interesse für da- Ergehen der Türkei bekundet, und baß die weise Mäßigung seiner Politik mehr als einmal den Orient vor gefährlichen Verwickelungen und erschütternden Kri'en gerettet Kat. Die Einsicht kommt spat, sehr spät und jedenfalls zu spät, um da» Versäumte im vollenilliiifang wieder einzubrinqen, DaS möge sich besonders der in französischer und türkischerÄpracbe erscheinende „Osmanli" aä iiotam nehmen, der dem Reichskanzler allen Ernstes zniiiutbcl, er solle sur dieTürkci die egvptiscken Kastanien auS deni englischen Feuer boten. Recht bescheiden in der That! — Ungleich zu treffender alS über die politische Lage urtheilt der „Osmanli" über die Tüchtigkeit »nd die Leistungen der in türkischen Dienst übergetretenen deutschen Beamten und Osficiere. Das Blatt lobt de» Tact, den die deutschen Herren entwickelt haben, indem sie eS sorgsam untertießen, alS überlegene Alles wisser und Schuriegler auszutreten oder alS Urheber genialer Projecle, mittelst deren das türkische Reick über Nacht cinen großartigen Nesvrmproceß durchmachen würde. Statt dessen bällen sie sich streng an ihre unmittelbaren Amtspflichten ge halten und fick bei»übt, durch tadellose Führung der ihnen ül'ertragenen Geschäfte das Vertraue» der kaiserlich otto- manischen Negierung zu rechtfertigen. Und daö sei ihnen so glänzend gelungen, daß die Berufung weiterer deutscher Be amten in da- Arbeit«- und das Ha»delSmiuisterium statt gefunden habe. Neues Theater. Leipzig, 15. Octobcr. Rudolf Kneifet hat sich zwar ein großes Bühneupublicuni gesichert, gleichwohl werden seine Stucke von den ersten Bübnc», welche Lustspiele von Rosen, Schönlhan u. A. zur Ausführung bringen, immer neck etwas stiefmütterlich behandelt, obschon er nach unserer Ansicht durchaus nicht hinter jene» Autoren zurückstcht. Er pflegt sogar, was bei ihnen nickt immer der Fall ist. seinen Lustspielen einen Grundgedanken zu geben, den er in Situatio nen und Ekaraklercn, in Scherz und Ernst durckzusührcn sucht. Sein gestern ausgcsükrlcs Lustspiel „Die Kuckucks" hat sogar eine sehr berechtigte und lies in die Zeit eingreifende Grundidee, welche runächst an die Schläge einer Knckncksnbr ankiiüpst. Der Kuauck ist ein Vogel, dem sich viel Ungünstiges »acksagen läßt, der aber dennoch populär ist. Und warum? weil er immer seinen eigenrn Namen auSruft. Er ist also der allegorische Vogel der Reclanie. Daß durch diese Neclame in Kunst und Literatur oft die größten Nullen zn moiiicntaiicr Gel'ung kommen, daß mit ihrer Hilfe oft der Unwerth triumphirt und das schweigende Verdienst um so inehr in Schatten gestellt wird, daS sind betrübende Thatsacken, welche wohl verdienen, in ein salyrischcs Licht gerückt zu werden. Auch daS wabre Verdienst bedarf indeß einiger HeroldSrusc, damit seine künstlerischen Waffcnthaten vor den Schranken der öffentlichen Meinung Anerkennung sinken. Das ist daS eigentliche Thema deS Kneisel'schen Stücke-, und ein solches Thema gewählt zn haben, ist schon ei» Verdienst des Verfassers. Ein älterer Malrr, Martin, lebt in durstigen Verbält- nissen mit seiner Tochter; ein junger Schriftsteller, der rine Wechselsordcruiig an ihn hat, besucht ihn. DaS Mädchen iiitrrcssirt ibn; er überzeugt sich, daß der Alte ein verkanntes Talent, ein mit Unrecht zurückgesetztrr Künstler ist unk beschließt, ihm zur Geltung zu verhelfen. Der Erfinder eine- UniversalmittclS erscheint als Kunstkenner, um ein Bild Martins, daS ihm empfohlen wurde, anzukausen. Als dieser iudeß erklärt, er sei kein berühmter Künstler und einen niedrigen Preis für sei» Bild verlangt, wendet sich der beredte Kuiislfreunv mit Verachtung von ihm ab. Da kommt der Schriftsteller ihm zu Hilse, er giebt sich selbst für einen berühmten Maler auS, läßt den Kiickucksruf ertönen, erklärt das Bild, um das eS sich bandelt, für eine Eopic deS seiniac», läßt das svrtgenommene Gemälde jetzt als sein Originalbilb wieder hinstcllc», verlangt einen hohen Preis dafür und erntet die Bewunderung des Kunstfreundes, der dasselbe Bild vorher getadelt hat. Es wird verkauft. Das ist eine etwas lecke ckkmoiistrtitio ack ocalos, die sich der Autor hier erlaubt; dock dies Rhiiioceros von Kunstkenner vertritt eine weitver breitete SpecieS in der Menagerie des großen Publicum-. Der junge Mann, Scudo, beschließt jetzt, seinen alten Freuich berühmt zu macken, und zwar, da diesem selbst alles Talent zi,m „Kuckuck" fehlt, zwei Jahre lang jene Rolle zu spielen und dann die erworbenen Neckte an ihn abzutrrle». DaS ist der Inhalt der nächsten Acte; Scudo wird gefeiert in einer Weise, die den Allen zuletzt verdrießt; er weigert sich, ein von ihm früher gemaltes Bild, daS die Züge seiner verstorbenen Frau trägt, ihm zur Ausstellung in einer große» Gesellschaft des Präsidenten zu überlassen. Hieran knüpst sich rine clwaS verwickelte Jntrigue, die mit der eigenen TemaSkirung des Pscudomalers endet. Die in der Pension etwas verbildete Tochter ist inzwischen zurückgekebrt und wird die Frau deS rettenden KiickucksmanneS. Der letzte Act ist ein klcincö LicbcSdramolet, dem zwar jedes Moment der Spannung fehlt, das aber in seiner Telail»ialerci ein glückliches Talent bekundet. WaS den Biltertausch und Bilderraub betrifft, so läuft allerdings manches Unwahrscheinliche mit unter; der junge Graf müßte doch fürchte», mit dem Staatsanwalt in unlieb, same Beziehungen zu gerathen. Die Kubiibcit, ein Portrait zu malen, ohne selbst den Pinsel führen zu können, lst zu groß. alS daß sich dergleichen im wirklichen Leben durchführen ließ; doch im Lustipicle lassen sich der artige Motive nicht alle aus der Goldwaage abwägen. Im Ganze» kann man sagen, daß der Dichter einen berechtigten Grundgedanken in einem lebendigen dramatischen Gemälde satyrisch beleuchtet bat. Dabei ist der Dialog srei von den Kalauern der jetzigen Bühiienschwänke. oft geistvoll, reich n» anregende» Bemerkungen und Betrachtungen; einzelne Scene» wirken sehr erbciternv; andere, wie die große Hauplsccne bciin Präs,tunten, sind von ernster Bübnenwirkung. Gespielt wurde die-mal trefflich. Die etwa» derbe, knor rige Künstlernatur des Malers Friedrich Martin, mit ihrem ekel» Selbstgcsiibl, ihrer Resignation, ikren ,reichen Regungen wurde vrn Herrn Grube in jene humoristische Sphäre gehoben, ii: welcher diese verschiedenartigen Elemente sich zu einem glaubwürdigen Ganzen verschmelzen. Die kleine inxemie. da« Kälbchen de- Fräulein Flößet, war patzig und putzig, besonders in ihren logischen Auseinandersetzungen und in ihrer philosophischen Weisheit, die sie im Peiisionat sich angeeignet. Allerliebst spielte sie die Scenen de» letzten ActeS. Herr Schönfeld als Scudo war sri'ck und gewandt und belebte alle Austritte, in denen er nntspielte. Graf von Kolzoff, Baronin Balentine. sowie Präsident Nolhenstein waren Ebaraklcre des liigli - lit'o, die von Herrn Teucker, Frl. Wilhelm unk Herrn Trcutler ent sprechend gezeichnet wurden. Komisch wirkte der aufgeblasene Kiinslkenner und Plllenfabrikant Pückerinann dcü Herrn Müller. Von den andern Mitwirkendcn, welche die kleinen episo dischen Rollen vorzusülireii hatten, ergötzten besonders Herr Tietz alS Rath Ellbogen, und Frl. Buse als Fra» von Sucher mit ihre» beiden Töchtern (den beiden Frl. Lindiier), jener alS burcaukratischer Kuckuck, diese als Calon- kuckucks. In den sehr undankbare» Rollen der beide» Be dienten zogen sich die Herren Hoßfeld und Sch wen dt ganz gut aus der Assaire. Die Ausnahme deS Lustspiels war eine freundliche und durchweg zuiiimineuke. allerdings nickt so lebhaft, wie dicö bei manchen neuen Buhncilschwänken der Fall ist, wo mancher geflügelte Kalauer eingesange» und mit nach Hause genommen werden kann. Rudolf von Gottschatl. Äus Ltadt und Fand. * Leipzig, 15. Oclobcr. Mittelst der Dresdner Bahn tras hcnte Morgen 6 Uhr 29 Min. Se. Excellenz der Kri egs- miii ist er von Fabricc von Dresden bier ein. Derselbe begab sich zur Besichtigung von Rcmontepserken nack Eoiine- witz und fuhr auf der Berlin-Anhalter Bahn Vormittags 9 Uhr 10 Min. weiter nach Berlin. * Leipzig, 15. October. Sc. Majestät der Kaiser hat. wie wir a»S zuverlässiger Quelle erfahren, Herrn Pro fessor Dr. Frickc den Kronenorden zweiter Elasse zn ver leihen geruht. ** Leipzig, 16. October. Bei den am heutigen Tage beginnenden Verhandlungen deS hiesigen königl. «Lckwur- aerichtS führt das Präsidium Herr LandgerichtS-Director Pusck; die Staatsanwaltschaft wirb durch die Herren Ober- StaatSanwalt Hossin ann und Staatsanwälte Häntzschel, Brückner, Meißner und Martini, die Vertbcidigung durch die Herren Rechtsanwälte Dr. Nosentkal, Weiler. Dr. Drucker. Hosrath Dr. Lohse, Ocrtel, Dr. Erd mann, Broda. Justizrath Anschütz, Krieg, Dr. Sckill, Dr. Röntzsch, Krug, Freytag I. und Frcytag ll., Dr. Zekime, Jul. Berger, Roßbach, Dr. Pausa, Justizrath Oehme und Dr. Langbein vertreten sein. L Leipzig, 15. October. Vor längerer Zeit wurde im hiesigen Sla k tverordncten - Collegium eine An gelegenheit zur Sprache gebracht, deren Nutzen hauptsächlich den unbemittelten Kreisen der Bevölkerung z» Gute kommen sollte Angesicht- deS Mangels an öffentliche» Eisbahnen, aus welchen sich die Kinder der ärmeren BolkSclasscn unent geltlich vergnügen können, wurde von der obengenannten iiäktischcn Körperschaft die Bewässerung irgend cineS in nächster Nahe der Stadt gelegenen Terrains zur Bildung einer größeren Eisfläche vorgeschlagen und dem Nathe zur Berücksichtigung cmpsohlen. Die Sacke ist nunmehr so weit gediehen, daß bereits in der nächste» Plciiar-Sitzung der Stadtverordneten der Oek onom >e - AuS sckuß über eine solche öffentliche Eisbahn Bericht erstatten wird. — Nach dem amtlichen Bericht der königl. Commission für daS Veterinärwesen wurden im vergangenen Monat im Königreich Sachsen folgende ansteckende Thier- krankkeitcn constatirt: der Milzbrand trat in 3 Gehöften aus, gefährdete 44 Thicre, von denen 4 erkrankten und ebenso- viele verendeten; die Tollwuth der Hunde trat in einem Ge- Höste aus und gefährdete 3 Hunde, 2 erkrankten und 2 wurden aiisteckungsvcrdächtig, alle 4 wurden gelödtet; die Rvtzkrank- hcit der Pferde befiel 4 Geböste und gefährdete 7 Tbiere, 1 verendete »nd 3 wurden getödtet; die Maul- und Klauen seuche befiel 7 Gehöfte und gefährdete 65 Rinder und 304 Schweine, 64 Töiere erkrankten, 305 wurden ansteckungS- verdäcktig unv 143 Stück getödtet; die L»»gensc»che befiel 2 Gehöfte und gefährdete 18 Tbiere, 2 erkrankten, 16 wurde« ansteckungSverdäcblig und 2 getödtet. — Vom heutigen Montag ab vcranstaltct die Direktion teS Krystall - Palastes in den Parterrcräumen wiederum Coneerlc, deren Besuch dem Publicum gegen Ent nahme eine- Programms vo» lO ermöglicht wird. * Leipzig, 15. Oktober. Wie auS dein Jickeratentheil der vorliegenden Nummer ersichtlich, veranstaltet Herr Ernst Busch, der Wirth des „Tivoli", auch in Von Herbst und Wintcrmonaten (vom Octobcr bi» mit März) eine An zahl AbonnonieniS-Eoncorle, für welche regelmäßig der Freitag aiiSer'eben worden ist. Bei der übera S gün stigen Ausnahme, deren sich die bisherigen, von der Capelle de« 107. Infanterie-Regiments unter Leitung deS töniglicken MiisilkircelvrS Hcrril Walther auSgesührlcn Eonccrtc zn erfreuen hatten, »nd bei den sonstiaeii Aiinehni- lichkeiten des vortrefflich bewir'h'chas:e1cii ClablisienientS steht wobl mit Sicherheit zu erwarten, daß auch die neueste Beraiistaltung de« Herr» Busch (welcher dieselbe Capelle wiedcrgcwonncn hat) sreundlickc Ausnahme sin ec» wird. * Leipzig, 16. October. Mit kein heutige» Montag Abend verabschieden sich vom lücsiaen Pub! cn»i die Lcip- iger Quartett- und Coneert länger, die Herren Eyle, Gipner, Hanke, Maaß. Seloiv, S inada »nd Stahl- Heuer, nachdem sie vier Wocken lanz in den allaheiiklich ubcr- siillten Sälen dcS Hotel de Polozuc mit dem gü ltigsten Erfolge concertirt haken. In ihrem lebte» Eoncert werden die Künstler nochmals ihre beslon Truppen inö Feuer führen, d. h. sie werden ein Programm aiisuellen, das sich säst ohne Ausnahme auS Glanznummern zusammensetzt. Tie Sciuger scheiden sicherlich mit dem Bewußtsein, ihren zahlreichen Freunden manche genußreiche Slnndc bereitet zu haben. — Vor riniger Zeit ist von einem unserer Milbürger, Herrn Buchbinkereibcsitzer Franz Müller (NcichSslraße 23), eine ältere Ersinduug reckt zweckmäßig erneuert und vcr- bcsscrt worden; sie besteht i» einer mit Mechanik versehenen Einbanddecke, welche i» Folge deS ibr iiincwobncntcn SlahlscdrrdruckeS die Eiczenschask besitzt, alle in sie eingelegten Sch riststücke. ZeitiingSbiätter re. so fest zusammen zu halten, als wäre» sie cingchnnden. In dieser Decke kann man soiort oder nach »nd nach eine Anzahl loser Blatter — ohne Nadel und Heftzwirn — zu einem festen Bande vereinigen. Wer 1 t Ü
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