Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 05.02.1885
- Erscheinungsdatum
- 1885-02-05
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188502054
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18850205
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18850205
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1885
- Monat1885-02
- Tag1885-02-05
- Monat1885-02
- Jahr1885
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- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 05.02.1885
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Erscheint täglich früh S'/.UHr. Kt-aüioil und LrpedMuu JohanaeSgasje 33. Aprechltun-rn der Kedarlisu: UormtNagS 10—12 Uhr. NochmittaqS 5—6 Uhr. : MMMr A««H»e »e, f»r »t, »Lchftk«l,e»d« N«««rr tzefttmmten Inserate a» Sachenlagrn tta L Uhr Nachmittag», aaL«aa» und Festtagen srkh bt»'/,S Uhr. Zn den Filialen fiir Zns.-Annalsme: VN« Klemm, Universtläi-straße 21, Laat» Lösche, Kaihartnrustraße 18, p. nur »«« '/.» Uhr. Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- «nd GeschSstsverkehr. Auflaft« I»,?SV Ilbonnemrntspreis Viertels. 4'/, Klk. iucl. Bringcrlohn 5 Mk., durch die Post bezogt» 6 Mk. Jede einzelne Nummer 20 Pf. Belegexemplar 10 P>. Gebühren für Extrabeilagen (in Dageblan-Format gesalzt) ahne Äostbesörderuiig 39 Mk. mit Poslbesörderung 48 Mk. Inserate ffgeipaltene Petitzeile SO Pf. Gröbere Schriften laut aal. PreiSverzeichuib. Tabellarischer u. Ziffernsay nach HSHerm Tarif. Krclamen anter dem Redaction-strich dieögespalt. Zeile 50 Pf., vor den Familien Nachrichten die Kgeipallene Zeile 4V Ps. Inserate sind steiS an die Expedition za sende». — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung praenun» ravklo oder durch Post- aachnahine. ^ 3V. Donnerstag den 5. Februar 1885. 79. Jahrgang. Amtlicher Theil. In der Zelt vom IS. bi» mit 31 Januar isr» erlaugten da« hiesige Bürgerrecht: VeKer. Johann Wuhelm, Handarbeiter, vennödrr, Carl Friedrich August, Putzmaorer. Bernhardt, Larl Theodor Georg, AmiSgerlchtS-Reglstrator. Vihme, Hermann Robert, Expedient und Protocollant beim Universitöt4gerich». VorftN. Hermann, Architekt und Oberavfseher am stidt. Museum. Vrückner, Larl Heinrich, Schirrmeister an der Staatsbahn. Vraune, Larl Heinrich, Briefträger. Vittuer, Christian Carl Robert, BuchhondlungSrelseader. Llausnitzer, Max Otto, Kaufmann. Grenz. Theodor Friedrich, Ooersieuercontrolrur. Genrad. LouiS Otto, Schlosser. Daberkew, Theodor Wilhelm, Kaufmann. Dressier, August Friedrich Hermann, Obertelegraphen-dlsststeut. Germann, Wilhelm Louis, Mechaniker. »aNschalt, Larl Friedrich Wilhelm, Kutscher. Lädier, vr. Richard, Rechtsanwalt. )auck, Larl Ernst, Postschaffner. >rinrtei. Georg Christian Wilhelm, Kaufmann. »eld. August Gustav, Hausmann im alten Postgebtud«. »efmanu, Aloys. PostbauSmann. »aeeb. Franz Heinrich. Tischler. tellner, Ernst Hermann Johann Nicolaaö, Maler uud Lackirrr. Kühler, vr. Ferdinand, Oberlehrer. Limmel, Friedrich Reinhardt, Lehrer. Llchlenfttii«, Wilhelm, Droschkenkutscher. Marttat, Arwed, Staatsanwalt. Mäher, Ernst Wilhelm Moritz, Redakteur. Meissner» Arno LlemenS, Staatsanwalt. Meissner, Gottlob Heinrich, Ephoral-Expedient. Mrade, Gustav Adolf, stellvertretender Oberaofsrher t» der Unigl. Gefangenanstalt. Mit der, Larl Adolf, Buchhalter. MKIler. Heinrich Mar, Locomotivführrrlrhrltn>. Müller, Maximilian Franz Otto, Stesndruckergehilse. Nauntzors, Larl Friedrich Moritz, Telegraphendote. Nikdeaführ, Alsred Georg, Lehrer. Rttzsche, Paul Alfred, Lehrer. Dtzttz, Moritz Wilhelm, Postschaffner. Peszaltz, Ernst Wilhelm. Mechaniker. Vühlautz, Friedrich Wilhelm. AiutSgrrichtSdicner. Potzitz, Gustav Eduard Heinnch, Apotheker tm städtischen Kranken Hause. Ntschke, Gustav Heinnch, Mechaniker. Rüder, Emil Max, Lischlergeselle. Ratzdach, Friedrich Wilhelm, Amtsgerichts-Expedient. Saalborn, Emil Alexander Paul, Schriftsetzer. Gchtnager, Hermann Otto, Schlaffer. Dchönselder, Friedrich August, Brlesträgcr. Schröter, Erdmaun Eduard Brun», Buchdrucker. Schulze, Ernst Emil, Agent. Schsttt, Adolph Friedrich, Kaufmann. Stegert, Franz Ferdinand, Lehrer. Stegert, Oscar Richard. Lehrer. Singer. Carl Gustav, GerichlSvollzteber. Stzannau», Wilhelm Ernst. Schriftsetzer. Springer, l)r. Anton Heinrich, Professor. Stüde, Emil Theodor Oscar, Tylograph. Trügrr. Friedrich August, Pastichaffner. Uhlemann, Larl Ednord Richard, Kaufmann. lldle«an«i. Ernst Adols Martin, Postsecreiatr. Bett, Johann Gottfried, Feuerwehrmann. Botgt, Friedrich Wilhelni, Zimmergeselle. Walter» Heinrich Moritz, Expedient der Gustav Adols-Stistuug. Watzel. August Heinrich Anton, BersicheruugS.Jnspector. Weil, Adolf, Kaufmann. Wetnald. Carl Gustav Kaufmann. Weise» Johann Larl, Maurer. Weltzhuhu, Johann Friedrich August Theodor, Gravrnr. Wenzel, Bernhard Georg, Schriftsetzer. Wiede«a»n. Moritz Bruno, Fleischermeister. Wittig, Aisred Oltomar, Buchdruckereibesitzer. Wollman», Heinrich Wilhelm, Lademeijter an der preußischen Slaalsbr.hu. vtrmielhung. Der mi Hintergebäude de« Grundstück« der Grünen Linde, PeterSsteinwcg Nr. 1l, befindliche frühere Pferde ftall, welcher jetzt als Niederlage benutzt wird, ist vorn 1. März diese» JakreS an bec. später z« gleichem Zwecke gegen einvierteljährliche Kündigung ander, weit zu vermtethen und und Mielhgesuche aus dem Rath hause. l. Etg^e, Zimmer Nr. >7, anzubringen. Leipzig, den 28. Januar 1885. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Georgi. Stütz. Vekanntmachnng. Der Fleischermeister Herr Robert Mertz beabsichtigt in seinem an der Tauchaer Straße unter Nr. 17/18 gelegenen Grundstücke Nr. 1798 deö Flurbuch« und Fol. 145k de« Grund- und HypothekenbuchS für die Stabt Leipzig eine Kleinviehschlächterei zu errichten. Wir bringen diese- Unkernebmen hiermit zur öffentlichen Kenntniß mit der Aufforderung, etwaige Einwendungen da gegen, welche nicht aus privatrechtlichen Titeln beruhen, bei deren Verlust binnen 14 Tagen bei un« anzubringen. Einwendungen, welche auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhen, sind, ohne dah von der Erledigung derselben die Genehmigung der Anlage abhängig gemacht tverden wird, zur richterlichen Entscheidung zu verweisen. Leipzig, am 30. Januar >885. Der Rath der Stadt Letvzig. vr. Georgi. Uhlmann. Hch-Anction. Arettag, den v. Februar d. I. sollen von Vormittag« 2 Uhr an aus dem diesjährigen Schlage im Roseuthal zwischen der Leibniz- und der Waldstraßenbrücke, sowie am Gohliser Dammwege 8 Rmtr. Eicbcn-Rutzscheite I und n. El. IlS - Eichen- l SV - Buchen- > Breanschette 1 - Avorn- u. I 10 - Rüstern- ' W-tz sasortige Baarzahlaag und unter den öffentlich aushängenden Bedingungen an den Meistbietenden vertäust werten. Zusammenkunft: an der Leibnizbrücke. Leipzig, am >9. Januar l885. De» Raths Aorstdepatatto«. Vekannrmachung, dt« Anmeldung taubstummer, sowie blinder Kinder betreffend. Gesehlicher Bestimmung gemäß sind taubstumme, sowie blinde Kinder bei dem Eintritt in da« schulpflichtige Alter in hierzu bestimmten öffentlichen oder Privatanstalten unter zubringen, sofern nicht durch di« dazu Verpflichteten ander weit für ihre Erziehung hinreichend gesorgt ist. Wir fordern daher die hier wohnhaflen Eltern solcher Kinder, beziehentlich die Stellvertreter der Eltern, hierdurch aus, alle diS jetzt noch nicht angemeldeten, im volk-schul pflichtigen Alter stehenden taubstummen, sowie blinken Kinder dchus- deren Aufnahme in eine Anstalt spätesten« bi« zum 2tt. dieses MonatS schriftlich bei un» zur Anmeldung zu bringen. Leipzig, am 4. Februar 1885. Der SchnlauSschuü der Stadt Letvzig. Vr. Panitz. Lehnerl. Velraniltmachuns. Zur Abhaltung der erste», i» unserer Bekanntmachung vom 1. Oktober vorigen Jahre«, die Neugestalkuiig de« Zieh« kinderwesen« betreffend, Puncl 8 erwähnten Vierteljahr«- Vorstellung haben wir Freitag, den «. Februar diese» Jahre», Nachmittags von 2—Uhr angesetzt und al« Local de» Kaisersaal der Okentralhalle bestimmt. ES sind deshalb zu erwähnter Zeit alle gegen ei« fest» gesetzte« Ziehgeld bei fremden (nicht verwandten) Per sonen in der Stadt Leipzig untergebrachten noch nicht schnlpflichtigen Kinder in obengenanntem Locale dem Hern, Ziehkin verarzte vorzustellen, auch haben die Zieh mütter hierbei gleichzeitig vollständige Au-kunst über Namen, Stand. Geburtsort. Alter und sonstige Familienverhältnissr der Eltern de« betreffenden außerehelichen Kinde« aus Erfordern zu geben. Leipzig, den 28. Januar 1885. Der Rath der Stadt Leipzig. (Armenamt.) Ludwig-Wolf Dolqc btockholiäuctiön. den v. Februar d. I. sollen von vormittag» S Uhr an aus dem diesjährigen Schlage im Rofenthäl zwischen der Leibniz- und der Weststraßenbrücke. sowie am Gohliser Dammwege ca. 20V Haufen klein gemachte» Stockholz gegen sofortige Baarzahlung und unter den öffentlich auSbängenden Bedingungen an den Meistbietenden verkauft werden. Zusammenkunft: an der Leibnizbrücke. Leipzig, am 26. Januar 1885. DeS RathS Forstdeputation. Vekanntmaihung. Erstatteter Anzeige zufolge ist das jur das Dienstmädchen Wilhelmtnc Helene Biehwrg von hier unlerm 28. März 1882 von der Unterzeichneten Behörde ausgestellte Dienstbuch Nr. 46 in hiesiger Stadt abhanden gekommen. Wir bitten, das Buch im AuffindungSsalle bei uns abzuliefern. Leipzig, am 31. Januar 1885. Da» Polizetamt der Stadt Leipzig. Bretschueider. Faldix. Nichtamtlicher Theil. ^us dem Reichstage. Die Mehrheit de« Reichstage«, welche sich in der Haupt sache au« dem Ecntrum und der dentschfreisiiinigcn Partei zusammenseht, befindet sich in einer eigenthümlichest Lage, in welche sie sich offenbar in Widerspruch mit einem großen Theile ibrer Wähler gesetzt hat. Diese Lage bat da- Un bequeme, daß sie die Abgeordneten der beiden Parteien nvthigt, entweder mit ihrem Programme oder mit den Wählern in Zwiespalt zu geratbeu. Die Abstimmung vom 15. Tccember v. I.. durch welche der zweite Dircclor !m Auswärtigen Amt abgelebnt wurde, bildet den AuSgangSpunct sür die Verlegen heiten, welchen sich der parlamentarische Bund der Freisinnigen und de« Eentrum« gegenübergestellt sieht. Die Wähler haben laut und deutlich ihr Mißfnllen über den Beschluß vom 15. De- cember ausgesprochen, und die Vorbereitungen, welche da« deutsche Volk trifft, um den siebzigsten Geburtstag de- Fürsten Bismarck würdig zu begehen, zeige», kaß die Bewegung, welche der 15. December hervorgerusen hat. eber im Wachsen alS im Schwinden begviffen ist. Die Freisinnigen und da« Centruin mögen sich drehen und wenden, wie sie wollen, sie mögen »och so laut erUären, daß die Bewegung künstlich er zeugt ist. die Thatsachcn spreche» mit voller Wucht das Geaentheil aus, dagegen giebt e« keine Rettung. Da- Centrum sieht e» allmälig komme», daß die Frei sinnigen sich von ihm trennen, „nd deshalb Kat er die Gelegenheit benutzt, um bei Bewilligung des Marineetats kurch Freiherrn v. Franckenstein verküiiven zu lassen, die Bewilligung solle nur den Beweis liefern, daß die CenlrumS- parkei für vie Ehre der deutschen Flagge eintrcte, die Colonial politik de« Reichskanzler« habe vercilS die von diesem selbst gezogenen Grenzen überschritten, unv deshalb bebakte sich da.S Ccntrum vor, wie weit seine Bewilligungen in dieser Richtung geben würden; eine Billigung der Colonialpolitik fei in dem Votum nicht enthalten. Dem gegen übet erklärte Freiherr v. Stauffenberg im Namen der Dxütscbsreisinnigeu, daß die Colenialpolitik die vom Reichskanzler gesteckte» Grenzen nicht überschritten habe. Mit cer Bewilligung re« Marine- Etat« war die Geneigtheit des Cenlrum«. aus die Wünsche deS BundeSrathes einzugehen, erschöpft; denn schon bei der Ab stimmung Uber die >50.000 Mark für wissenschaftliche Be strebungen zur Erschließung CentralasrikaS trennte sich da« Ccntrum von seinen deutschfreisinnigen Verbündeten und stimmte gegen die volle von der Commission beantragte Be willigung diese« Posten«, ja Winkthorst erklärte sogar vor der Abstimmung unter dem Beifall der Linken, daß er auch in dritter Lesung gegen die Bewilligung de« Ge halt« für den zweiten Direktor iw Äu«wärt!gen Amt stimmen werde. Einzelne Dcullchsreisii»'igc, wie Richter, Dirichlet und Hänel, stimmten mit dem Centrum, gleichsam um Zeugniß dafür abzulegen, daß auch in dieser Partei der alte OppositionSeiser noch nicht erkaltet sei. Die Abstimmung Über die 150,000 bezeichnet den Wendepunkt in der ferneren Entwicklung der Colonialfrage. Da« Centrum und die deutschsreisinnigen Heißsporne wollen von weiteren Be willigungen ans diesem Gebiete nicht« wissen, während der Riß innerhalb der dentschsreisinnigcn Partei immer klarer bervortritt und die ehemaligen Secrssionisten entschiedene Abneigung verrathen, diese« doppelte Spiel mitzuspielen. Entweder verdient die Colonialpvlitik ücS RcickSkanzler« Unlerstützung, oder sie verdient sie nicht. Da« Elftere haben Ccntrum und Deutschfreisinnige anerkannt, al« sie die Dampf barkaffe sür den Gouverneur von Kamerun und die Forde rungen de« Marine-EtalS sür Colonialzwecke bewilligten; in Widerspruch mit sich selbst geriethen vie Mitglieder beider Parteien, welche die 150,000 ablehnten, und welche in der Commission gegen die afrikanische und die australische Dampser- linie stimmten. Man kann nur die Ziele der Cotonial- polilik billigen oder sie verwerfen, ein Dritte- giebt'ü nicht. Da kommt aber wieder der alte Widerspruchsgeist der Deutschfreisinnigen oder vielmehr der Fortschrittler zur Geltung, welcher nur durch die Furcht, auch noch den letzten Nest von BolkStkiimtichkeit cinzubüßen, bisher zurückgedräugt wurde. Al« Windthorst seinen Entschluß, auch in dritter Lesung gegen den zweiten Direktor im Auswärtigen Amt zu stimmen, kundgegeben halte, war das EiS gebrochen, und die Führer der ehemaligen Fortschrittler kehrte» mit fliegenven Fahnen in das alle Opposilioii-lager zurück. Die Postvampscrvor- lage ist in der Commission zu Fall gekommen, aber nur da rum, weil die Freunde desselben sie al- Torso nicht mehr zu vertreten geneigt waren, sie wollten entweder alle geforderten Linie» bewilligen, oder die Vorlage überhaupt verwerfen. Der Reichskanzler sagt« e« dem Bunde der Deutschfreisinnigen unv Ullramontanen ins Gesicht, daß sie keine ehrliche Oppo sition treiben. Der Verlauf der CommissionSverhandlungen über die Postdampfervorlage hat e« 'zur Evidenz bewiesen, wie gerechtfertigt dieser Lorwnrs war. Die Anfragen, welche von freisinniger unv ultramontaner Seite an die Vertreter de« BundeSrathes gerichtet wurden, hatten nur den Zweck, die Entscheidung zu verzögern und schließlich ein Werk zu Stande zu bringen, da« die Aussnbrung nicht meur lohnt. Wer mit der Colonialpolitik de« Reichskanzler« einverstanden ist. der muß die asrikamsche und australische Postdampserverbin- vung al« den eigentlichen Kern der Vorlage betrachten. Die ostasiatisch« Linie ist ja auch von Wichtigkeit, aber im Verglich mit den beiden anderen beinabe nebensächlich. Die Inter essen, welche Deutschland in Ostasien zu vertreten hat, lassen sich zur Noth auch mit Hilfe auswärtiger Dampfer wabr- nchme», mindestens ist der Schade, welcher daraus erwachsen kann, nicht entfernt mit dem zu vergleichen, welchen die Streichung der afrikanischen und der australischen Linie ver ursacht. Die Borbereilungen sind von der Parteileitung so wohl auf deutsch-freisinniger, al» auf ultramontaner Seite dahin getroffen, daß die Postdampfervorlage abgelebnt wird. Was wirv dadurch erreicht? Daß die beiden Parteien sagen können: W>r haben den Standpunkt, welchen wir schon im Juni 1884 eiunahme». festgehalten trotz der Bewegung, welche das Votum vom l5 December hervorgerusen bat. Wir wissen am besten, was dem deutschen Bolke frommt; unsere Wähler sind zu kurzsichtig, al« daß wir un« von ihnen die Richtung könnten vorzeichnen lassen, in welcher wir unser Mandat auSübcn. Das sicht fast so au», als ob die Dcutschfreiffnnigen und daS Centrum gegen da» imperative Mandat Einspruch erheben wollten, und dock handelt cs sich hier lediglich darum, ob die Abgeordneten wvhlbegründcten nationalen Forderungen der Wähler Rechnung tragen wollen oder nicht. Die Wähler sagen einfach: Wir stimmen mit der Colonialpolitik deS Reichskanzler überein und wünschen deshalb daß unsere Ver treter alle Forderungen bewillige», welche in dieses Gebiet gebören. Aus seine llutersche'idungen, ob 100,000 sür missenschaflliche Zwecke zur Erschließung CentralasrikaS ge nüge». oder ob der zweite Direktor im Auswärtigen Amt mit der Colonialpvlitik zusammenhäugt, oder ob die Colonial. Politik anck ohne subvenlionirle Posldampscrlinien durchgcsührt werben kann, lassen sich die Wähler nicht ein; nach ihrer Meinung, die man hier ohne Weiteres al« die Stimme deS Volkes bezeichnen kann, gehören alle diese Dinge untrennbar zusammen, und wenn die Abgeordneten trotzdem gegen daö Eine oder Andere stimmen, so zeigen sie damit nur, daß sie für diese Stimme des Volke« kein Vcrständniß besitzen. Wir können un« nicht der Wahrnehmung verschließen, daß sich ein ZersetzungSproeeß innerhalb beider Parteien vollzieht, sowobl der Deutschsreisinnigen, als des CentrumS. Die Freude über die Ablehnung der Poltvampscrvorlage in der Commission wird nickt lange dauern; denn die Reaction innerkolb der deutschfreisinnigen Partei ist schon jetzt i» voller Entwickelung begriffen. Die neue Abart der liberalen Partei, welche gegen wärtig sich zu bilden beginnt, ist ein »cueS Moment in diesem Zerietzungprcccß. DaS deutsche Volk, soweit cö liberal gesinnt ist, steht in der Colonialpolitik aus Seiten de« Reichs kanzler« und wird seine Hand von den Abgeordneten cib- ziehen, welche sich dieser Politik entgegenstcllc». Hier bandelt e« sich nicht un, Wahrung verfassungsmäßiger Rechte, sondern darum, ob nationale Zwecke Unterstützung oder Be kämpfung finden sollen. DaS mögen die Dculschsreisinuigen bedenkenl * Leipzig, 5. Februar 1885. * In der ReichStagsverhandlnng vom Sonnabend über die aus Grund de« tz. 28 deS Socialistengesetzes getroffenen Anordnungen verlas der Herr Minister deS In nern v. Putlkamer einen Berliner Bericht qn den Züricher „Socialdemokrat" über die Ermordung de« Polizeiraths Rumpss. worin diese Thal als „Act wilder Ge rechtigkeit" bingestellk wurde. Den „Hamburger Nack richten" liegt nun ein aus Deutschland dalirter Bericht über dieselbe Sacke auS dem Kopenliagener Organ der Socialbemokratie, dem dänischen „Socialdemo krat". vor, welcher dieselbe Tendenz wie der des Züricher BlatteS verfolgt, nur vielleicht noch etwa« ungen>rler, und der die Schanktbat in Franksurt nicht nur beschönigt, sonder» sogar zu rechtfertige» versucht. Nachdem das Blatt die Wirksamkeit de« Ermordeten al« Polizeibeamter in verlogener Weise geschildert hat, sährt e« fort: „Die« nur einige Episoden auS dem Leben jenes ManneS, der sich dcn ruisiiche» Lo!i-eilchurken Sudeiki» zum Muster genommen und nunmehr dasselbe Schicksal erlitten hat wie jener. Mit wachlen- dcm Fanatismus versolgte er die Socialdemokraten; mit wahrer .Wollust vernichtete er ihre Existenzen. Sein Gesicht strahlte vor ^Freude, alS e> ihm vor einigen Jahren glückte, einen Unglückilchen, welcher aus Mitlelden und aus GesetzeSunkenntniß zu Gunsten eines Freundes eine falsche Anssage vor Gericht gethan hatte, des Mein eide- zu üderstlhren »nd ihn !nS Zuchthaus zu bringen. Daß ein solcher Manr sich Feinde machen mußte, versteht sich von selbst, und daß er schließlich der Rache zum Opfer fallen mußte, ist nur natürlich, ist eine hist orische Rechtsertigung. War jemals Lynchjustiz oder Bolk«jnstiz gerecdtsertigt, so war sie es Vielem Menschen gegenüber." Der dänische .Socialdemokrat" steuert in demselben Fahr wasser wie alle seine Gesi»»u»gSgenoffen, die kosmopolitischeu oder internationalen Anarchisten und Socialdemokrate». C exislirt eben kein wesentlicher Unterschied zwischen allen Mit gliedern dieser gemeingcsährlichen Seelen. — In demselben Sinne wie der „Socialdemokrat", so schreiben auch die sec, listischen Blätter Frankreich-, Englands, Amerika« tc., uud wenn hier und da ein Einzelner sich erhebt, um gegen den Mord al« socialistiscbe« Agitation-mittel zu protestiren, so bestätigt ein solcher AuSnahmcfall eben nur die Regel, wo nach Raubmörder — von Dhiiamilverbrechcrn gar nicht zu reden — von dem heutigen internationalen Sociali-mns zu Helden gestempelt werden. * Ossiciv« wird au« Berlin geschrieben: Bier Wochen, so saat man. nimmt der Abg. Brömel für die Erstattung des LommissionsberlchtS über die Dampfer- subveiitionSvorlage in Aussicht. DaS klingt geradezu un glaublich. wen» man allein den Inhalt der LommissionSderalhung und zwar >n«beloudere in Bezug auf die Bedeutung der Argumente der Opposition in Betracht nimmt, nicht ganz so unwahrscheinlich aber ist eS, wenn man außerdem die schon in der Lommiffion de» folgte Parieitaktik in den Kret» der Erwägungen zieht. Gestattete die Stimmung in den Wählerkreisen zumeist nicht die völlige Ao- lebnung, so wurde wenigsten- versucht, durch Zwischenamräge sowohl die Verhandlung selbst auszuhalten, als rativne, ckubittincki anzujammeln, um schließlich zu einer Verstümmelung der Vorlage gelangen zu können. Insbesondere leistete daS Lentrnm Große- in der Anhäufung derartiger kleiner Hemmung-mittel, sür deren Wahl die Erklärung zum Theil uur in völliger Unkrnmniß einer Anzahl seiner Vertreter von dem Wesen und den Bedürfnissen de« überseeischen Bertchrs zu suche» ist. Di- Deutschfreisinnigen. denen der gleiche EntschiildigungSgrnnS nicht zur Seite steht, haben ihrerseits natürlich alle diese HemmungSb-strebungen auf da- Lebhafteste unterstützt und so erreicht, dah von der Mehrheit der Commission die wichtigen, an- Anlaß der Weltausstellungen in Sidiiel, und Mclbourne angeknüp'ten Handelsbeziehungen der Unter- drücke»» durch di, besser gestellten Loncurremen preisgegeben werden, die westaffikanisck'e Küste, a» welche sich so bcdentende deutsche Lolonial- und Schutzinteressen knüpft», ganz unl>erlick,ichl,gt gelassen ist. ES ist bedaucriicherwecft zu befürchte», daß oer Vrriuch fort- gesetzt werden Wirt», dle im Interesse de» nationalen Handels s, überaus dringliche Frage, der man angesichts der Aufnahme, welch« sie in der öffentlichen Meinung gefunden hat, nicht offen entgegen- »lttreftit wagt, durch Verzögerung nnd Loncentratlon deö Wider stande- auf einzelne Theile derselben zu versumvfen und die Wirkung deS ablehnenden Berhalten» in der öffentlichen Meinung abzuschwächen. Das deutsche Volk aber hat ein Recht darauf, zu verlangen, daß seine Vertretung ln einer Frage, welche daS nationale Interesse in so hohem Maße berührt, baldigst zu einem bündigen ,.Ja" oder „Nein" gelange. Der Parteitaktlk mag eine weitere dilatorische, an Obstrnction streifende Behandlung entsprechen, den berechtigten Ansprüchen der Nation an ihre Vertretung entspricht sie nicht. Im Gcgcntheil wird jeder Unbeiangene in solcher VerschleppnneNaknk eine Mißachtung deS in den colonialpvlitischen Dingen so klar aus gesprochenen Willen» der Nation erkennen müssen. * Der StaatSsecretair deS Reich-Postamt« Hit in einer Verfügung vom 28. v. M. die Stempelung der Post sendungen eingeschärst. Nach den in letzter Zeit mehrfach gemachten Wahrnehmungen wird nämlich der deutlicher Stempelung der Postsendungen nicht von allen Stell a „die unbedingt erforderliche Sorgfalt zugewandt, namenltrch immer wieder unterlassen, die srankirtc» Briese u. s. w. »och mit einem zweiten Abdruck de« AufgabesftmpelS zu versehen, wenn au« dem ersten zur Entwerthnug der Freimarken dienenden Stempelabdruck der Aufgabeort, sowie Tag und Stunde der Einlieserung nicht mit völliger Deutlichkeit er kannt werden könne. Den Postanstalten wird deshalb die sorgsamste Wahrnehmung des Stempclgeschäsl« von Neuem dringend zur Pflicht gemacht" Die ordnungsmäßige Wahr nehmung dieses DienstzweigeS soll durch häufig vorzunehmende Prüfungen sichergestellt werden, wobei da» Augenmerk auch daraus zu richten ist, ob die zur Erzielung eine« deutlichen Slempclabdruckes nöthigen Vorbedingungen ersnllt sind. Die Wahrnehmung des StempelgeschästS ist nur vollständig geübten und zuverlässigen Unterbenmten zu übertragen. * Dem deutschen Schulwesen in den russischen Ostseeprovinzen scheinen schwere Tage bcvorzustehen. In Esthland. Livland und Kurland giebt eS. meist in den Städten, noch heutzutage 410 Schulen mit deutscher Unterrichts spräche. Es sind da« 26 Gymnasien, 4 Realschulen, 84 KreiS- schulcn, 7 Lehrerseminare und 289 Elemciikar, bez. Kirch- schulen. Jetzt macht die russische Regierung den Versuch, einen Tbcil der deutschen Lehranstalten zu russisiclreu. Besonders läßt c« sich der Curator deS Dorpater Lehrbezirks, Geh. Rath Kapustin, angelegen sein, an den sogenannte» KreiSschulcn, welche tbeilweise von der Negierung unterhalten werden, da« Russische al« Unterrichtssprache einznbürgern. Daß die Leistungsfähigkeit der russisicirten Kreisschulen bei dem gründlichen Mangel an brauchbaren russischen Lehr kräften sinken muß, scheint die Regierung wenig zu kümmern. Man fürchtet auch schon, daß die vom Staate unterhaltenen deutschen Gymnasien ein gleiche« Schicksal wie die Kreisschulen haben werden. Daß schließlich auch die deutsche Universität in Dorpat ihren deutschen Charakter einst verlieren werde, betrachtet man al« selbstverständlich; eö haben sich in den letzten Jahren so viel nichldeutsche Elemente an der Dorpater Hochschule angesammeit, daß heute schon das deutsche Gepräge derselben gefährdet erscheint. Namentlich sind eine Menge Russen. Letten und Esthen »ach Dorpat geströmt. Tic hieraus schon jetzt erwachsenden Miß stände sind sehr ernster Art. Die Einrichtungen der Torpater Universität sind aus einen derartigen Andrang nicht berechnet. Wo cS vor ein paar Jahrzehnten uux etwa 500 bis 600 Studenten gab. sollen jetzt über 1.500 Raum finden. Unter diesen neu zuströmenLeu aber giebt cü außerordentlich rohe Elemente, die sich zum guten Tbeil auS der einheimischen lettisch-efthnischen Bevölkerung recrutiren. Anck die« trägt viel dazu bei. die Lage der Deutschen zu erschweren, die den anständigen Ten innerhalb der Studentenschaft kaum mehr aufrecht erhallen könne» und sich i» der Benutzung der Lehr mittel überdies bis zur Unerträglichkeit eingeschränkt sehen.
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