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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 04.04.1885
- Erscheinungsdatum
- 1885-04-04
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188504042
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18850404
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18850404
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1885
- Monat1885-04
- Tag1885-04-04
- Monat1885-04
- Jahr1885
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 04.04.1885
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G»fchOi«t täglich früh SV.UHr. Netz«««» «nt LrPkLNio» Jehannetgasse S. SPNchSllUtkn der Letarli-u: Vormittag» 10—13 Uhr. Nachmittag- 5—8 lldr. »Ir »tt «»«»»»< n»^.°»«rr „cht »ch -» »«»«»>-» Mch« oa»«»l>H. A»«»«« »», f»r »t, nichstkal,»«»« ««««»r -e-ttmmte» Lnsernir «, Wachenta,»« »i« 5 Utzr Nachmlrra»-, an »»«„ »,» Keftta,«« krth bisIlHr. 3» de« §li«lei, ffir 2ns.-Tna-li»e: vtt« »>»««. Untverstlät-straße 1. Laut- Lisch», -aiharianrstr. «3,p. Nur »t» '/^ lldr. riMM.TllgMM Anzeiger. Organ fiir Politik, Localgeschichte, Handels- nnd Geschäftsverkehr. Ausl Mg« LS,V»0 ^dannnnenl-Prris vienelj. 4'/, Md. i»cl. vrinaerlohn 5 Mt., durch di« Post «Mt. Ied. " b«t»ge» S! Ied« «inzrln« Nummer NO Pf. Belegeremplar 10 Ps. für " .N 94. Jur gchlligen Veachtung. Unsere Expedition ist morgen Sonntag, den S. April, Bormittags nur bis s« Uhr geöffnet. LxpvSMon Ses I^Iprlxer l'axvdlLttW. Amtlicher Thetl. Vetimlmichmg. Wir beabsichtig«», in nächster Zeit folgende Straßen bez. Etroßentracte neu« resp. umpflastern zu lassen, und zwar: die Tol»nm»de«str«-e von der östlichen Flucht der Fabrüraße der Aierauderstraße bi- zum Westplatz, di, Eutritzscher (khauffee aus der Strecke von der Ga-a»stall bi« zum Chausseehau-, die Grienmaische Strafte, die Marieastrafte aus der Strecke von der Schützen« straße di- »nt der Kreuzung der Salomonstraße. die Promenadeustrafte von der nördlichen Flucht linie der Elsterstrage dis zu der ueugepflasterten Fahr straße aus dem Westplatz. die Windmühlen Gaffe, die Zeitzer Strafte, den Bayerischen Platz, die Dresdner Strafte, die Gerberstrafte, die Hainstrafte, am Roftplatz vor Nr. 6 bis zum Panorama und die Sltntzstrafte von der Centralbrvcke bi« zum alten Amt-Hofe. In Veranlassung dessen sind die Besitzer der an vor genannten Straßen angrenzenden Grundstück« nach unserer Bekanntmachung vom 10. Marz l88l verpflichtet, die Trauf-, Fallrohr- und Wirtbschast-wäffer durch unterirdische B«i- schleußen für ihre Rechnung direct in die Hauptschleuße abzu- leiten, und zwar sind diese Anlagen aus Kosten der Betbei. l-gtcn durch u.iS, nachdem daS hierfür zu ber-ckneud« Bauich- kostenquanlum eingezahll ist, außerhalb der PrivatgruudstÜcke innerhalb de- Straßenkörper- au-zuftihren. Wir fordern daher die Besitzer bez. Verwalter der an genannte Straßen angrenzenden Grundstücke auf, wegen Unter führung der Fallrohre bez. wegen nothwendig werdender Ein legung oder Umlegung von Beischleußen bei uns Anzeige zu erstatten, damit die Ausführung der Arbeiten von unS recht zeitig aus Kosten der Adjacenten erfolgen kann. Im Falle der unterlassenen Anzeige haben die Säumigen außer Verwirkung einer Geldstrafe bis zu 60 -E zu ge wärtigen. daß die vorstehend gedachten Arbeiten von Raty-- wegrn aus ihre Kosten auSqesührt werden. Aach sind etwa beabsichtigte, die bezeichnten Straßen berührende Arbeiten an den Privat-GaS- und Wasser-Leitungen vor der Pflasterung auSzufübrea. Mit Rücksicht auf die Erhaltung eine- guten Straßen- pflasterS werden Arbeiten der vorgedackten Art im Straßen» körper während eine- Zeiträume- von 5 Jahre« nach beendeter Pflasterung in der R-'gel nicht zugelassen. Leipzig, am 26. März 1835. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Georgi. Grmgmuth, Assessor. VebimiiMchW »'Degen der sofort nach Ostern beginnenden Regulirung der Dresdner Strafte wird dieselbe sammt den Ein mündungen der Seitenstraßen auf den jeweilig in Ausführung begriffenen Strecken, soweit die- die Arbeiten erfordern, auf die Dauer derselben theilS für den durchgehenden, theil- für alle» unbefugten Fährverkehr gesperrt. Wer sich erlaubt, mit Fuhrwerk irgend einer Art die gesperrten Strecken unbefugt zu befahren, wird n« Geld »iS zu SO Mark oder mit Haft bi» zu 14 Tage» bestraft werden, und zwar in der Regel bereit- iv> ersten Falle mindesten» um lO oder mit Haft von A Tagen. Während früherer Sperrungen oat man sich erlaubt, auf dem Gleise der Pferdebahn die abgesperrten Strecken zu durchfahren. Wir machen daher ganz ausdrücklich hierdurch daraus aufmerksam, daß e- auch während der bevorstehenden Arbeiten bei obengedachter Strafe verboten ist. den auf den abaefperrteu Streike« für die Pferdebahn» »aaen sretgelaffeuen Ran« mit andere« Wage» unbefugt zu befahren. Leipzig, 2. Apni 1885. Der Rath der Stadt Leipzig. Vr Georgi. Hennig. Vrrmikthmig von KeWstslocalitiiten. Eingetretener Umstände halber sollen die zur Zeit an Herrn Kaufmann Loni- Grüner vermietheten, au- einem Borsaal, zwei S fenstrigen Stube» narb der Reich-- straße unv einer Kammer bestehenden GeschäiftSloca- lttchte» in der 1. Etage de« Hause« SellterS Hof «rimmaische Str. Nr. S« ^ «ctober dsS. IS. an, oder ans Wunsch auch schon früher, gegen etnhalbjekhr» liehe Kündigung anderweit vermiethet werden und sind Miethgesuche auf dem Rathhause. 1. Etage, Ammer Nr l7» anzubringen, auch können ebendaselbst die Ver- iniethungsbedmgungcn nebst dem Jnventarium der zu ver- miethenven Gescväft-localitäten eingesehen werden. Leipzig, den 26 März ,885. Der Rath -er Stadt Leipzig. l)r. Georgi. Gtvß. Nichtamtlicher Thetl. Frankreich ohne Negierung. Seit dem 30. März herrscht in Frankreich wiederum da» EhaoS, genau wie vor zwei Jahren nach dem Rücktritt Duclerc'S. Nach den Erfahrungen, welche da» Ministerium Gebiidre» für Extrabeilaae» st» LaaeblaU-Formal qeiottt) »hne Poftbet-rdernng SS Mk. »U Lostdesörderung 48 Mk. Inserate Sgrspaltene Pctitzcile 20 Pf. «r-bere Schriste» laul uni. PrelSoerzeichniß. LadellarifcherFifjernia» nach höherm Lauf. ^ Nttlämeu «nter dem Nedaeliou-ftrtch dlr-aespav. Lette SO Pf., vor den Jamiliennachrichten die 6gespaltene geile 40 Ps. Inserate sind siet- an die Expr-itt«« z, jenden. — Rabatt wird nicht gegeben. Lahlnng praeuameravü» oder burcy Post. Nachnahme. Sonnabend den 4. April 1885. 79. Jahrgang. Ferry gemacht hat, mag e« schwer halten, die nöthiae Anzahl von Personen zusammen zu bringen, welch« sich aus ähnliche Unannehmlichkeiten gefaßt machen müssen, wie sie den abge tretenen Ministern begegnet sind. Die eigentlichen Beweg gründe für den Sturz Ferry'- sind vie Wünsch« der Radi- calen und der äußersten Linken, an» Ruder zu kommen; außerdem halte» die Bonapartisten die Gelegenheit für günstig, Lärm zu schlagen. Dciasoffe, Eassagnac, Joliboi» sind die Leute, welche neben Eiemenceau und Laisant seit den, 30. Märr da« große Wort sührea. Bezeichnend für die Sachlage ist der Streit zwischen der „Justier", dem Organ Clenienceau'S und der „Rbpubligue sran,aise", dem Organ der Opportunisten über die Bildung ve« Ministerium«. Eiemenceau hat an dem neuen Ministerium nur au-zusetze«, daß er selbst darin keine Stelle findet, de-halb klagt er die Anhänger der verflossenen Regierung an, baß sie die Ver- bandlungen Freycinet'« erschweren, und die „RSpnbiiqne srangaise" erwidert daraus sehr treffend, daß die Opportu nisten lediglich einen Act der Nothwehr au-Üben, wenn sie ihren Partrigcuossen in dem neuen Cabinet Sitz und Stimme sichern wollen. Freycinet zeigt der Lage gegenüber au» crkennenSwerlhen Muth, daß er kein Mittel unversucht läßt, ein neue- Ministerium zu Stande zu bringen, und e« ist zu wünschen, daß ihm die Bildung desselben gelingen möge Der Verlauf der Kammersitzung vom 2. April hat gezeigt, wie groß die gegenwärtig herrschende Verwirrung ist. Joüboi« stellt den Antrag, eine Commission für di« lausenden Regierung», gescbäste einzusetzen, da kein Ministerium eristire, und die Hauptsache ist für ihn, daß die abgetretenen Minister in An- klage,»stand versetzt werden. Der erstgenannte Antrag ist mit 343 gegen 77 Stimmen abgelehnt worden, woraus erhellt, daß 348 Abgeordnete auf da» Zustandekommen eine» Ministe rium» Freycinet rechnen, während e« den 77 Unterstützen, de« Antrag» genehm sein würde, wenn Frankreich drn Gefahren eine» Zmischenregimenl« ao»gesetzt würde. Anarchistisch« Neigungen sind bereit» hervorqetreten, welche sich die Un sicherheit de- bestehenden Zustande« zu Nutze machen wollen; außerdem sucht sich die Börse durch plumpe Erfindungen über die Schwierigkeiten der Lage hinwegzuhelsen. Da» sind sehr betenkiiche Erscheinungen, welche erkennen lassen, wie unterwühlt die Verhältnisse in Frankreich sind. Revolutionaire Kundgebungen wurden in Pari» schon al« Folge der au- Tonkin eingetrofsene» Nachrichten befürchtet, ein Ruhestörung-versuch ist bereit» ge macht worden, die übrigen werden folgen, wen» nicht bald ein neue« Cabinet die Regierung übernimmt. Da» die Bemühungen Freycinet'« hauptsächlich lähmt, ist die naheliegende Gewißheit, daß sein Cabinet nur <i« Uebt.«* gangS-Ministcrium sein kan«, weil die Wahlen vor der Thür stehen. In Frankreich ist da- seit geraumer Zeit so Sitte, daß jede Veränderung der äußeren und inneren Verhältnisse zunächst durch eine neue Regierung beantwortet werden muß. lieber diese Gewohnheit siegt nur Derjenige, welcher die neuen Verhältnisse selbst geschaffen hat. ES würde deshalb kein Hin» kerniß für Ferry bestanden haben, die Regierung auch nach den Neuwahlen fortzusühren, während Freycinet dazu nur dann in der Lage sein wird, wenn er bi» zu dem genannten Zeikpunct ganz überraschende Erfolge auszuweisen hat. Wenn e» ihm gelingt, mit China unter Bedingungen Frieden zu schließen, die für Frankreich ehrenvoll sind, und wenn seine Partei in der neuen Kammer die Mehrheit gewinnt, dann ist die Mög lichkeit für ihn geboten, am Ruder zu bleiben; andernsall» ist im September oder October mit Sicherheit ein neue» Ministerium ' — - - - . - hat gezei besteht. ! . . „ Zurückgreifen auf Ferry nicht zu hoffen: aber daß vie Lauf, bahn diese» tüchtigen StaaiSmanne» überbaupt mit seinem Rücktritt abgeschlossen sein sollte, da» können nur Leute von der Leidenschaft eine- Rochcfort glauben, der e« am liebsten gesehen hätte, daß man Ferry geköpft bätte. Da» sind äugen- blickiiche und schnell vorübergehende Stimmungen, .etwa von rer Art wie die Aufwallung gegen den Uianenkönig Alfon» oder die patriotischen Beklemmungen bei Gelegenheit der Einweihung de» Niederwalddenkmai». Heute bestehen gute Beziehungen zu Spanien und leidliche zu Deutschland, und wenn sich die Ge,nüther beruhigt haben, dann wird man sich auch de» Manne- er innern, welcher mit großer Geschicklichkeit die Regierung Frankreich» in schwerer Zeit zwei Jahre lang gesübrt hat. wa» bekanntlich vor ihm feit dem Sturze Napoleon» Ul. noch keinem Minister gelungen ist. Vorläufig kommt e» daraus an, wie sich die Sachlage in Tonkin gestaltet; erst wenn die französischen Truppen dort wieder irgend einen Erfolg er rungen haben, wird die verloren gegangene Besonnenheit der Mehrheit Ver Kammer zurückkchren, und dann wird man auch Ferry mehr Gerechtigkeit widerfahren lasten al» bisher. Aber die letzten Nachrichten au» Tonkin sind durch, au» nicht dazu angethan, um solche Wirkung hervor« zubringen. Die Besetzung der Fischerinseln durch Admiral Courbet ist ohne Belang und die angeblich bei diesem Anlaß gefallenen 600 Chinesen können für den Verlust von Langson und die Vernichtung von 2000 Franzosen keinen Ersatz bieten. Da» Enlscheidende ist die Lage in Tonkin, und diese ist schlimm gemig. Die Brigade Herbinger, ehemal- Negrier, ist in guter Ordnung in Kcp und Cbu eingetroffcn, nachdem sie bi» zum 3l. März Nachmittag» 2 Uhr mit den Chinesen Fühung gehabt hatte. „Die Versolgung de» Feinde ist nicht heftig und die französischen Verluste sind unerheblich", schließt die letzte Depesche Bribre's, e» wird damit also nur bestätigt, daß die Franzosen immer weiter zurückgedrängt werden. Von der ursprünglichen RückzugSlinie Thamoi und Doasvn ist nicht mehr die Rede, sie ist bereit» ausgeaeben» ob wohl sie al» stark und mit allem Kriegsmaterial rveiiso gut wie mit Proviant ausgerüstet angepriesen worden war. Man wird dadurch an die Schlußworte der Depesche Briärc'» nach der Niederlage von Langson erinnert, welche lauten: „Ich hoffe da» Delta de» rothrn Fiuffe» halten zu können." In der Zwischenzeit vom Rücktritt de« Ministerium» Ferry bi- zur Neubildung de» nachfolgenden Cabinet» ruht die Regierung-gewalt in ver Hand de» Präsidenten Grbvy und de« die militairische Verwaltung sortsührenden Minister» Lewal für da« Landhrer und Peyron für die Marine, außer dem bei der Kammer, welcher aber die Executive mangelt. Deshalb wollte Joiiboi« auch die Einsetzung einer Reaierunz»- commission. Sollte der regierung-lose Zustand noch länger dauern, so wäre r« zu verwundern, wenn sich nickt Stimmen zu Gunsten Ferry'« erhöben, dessen Unschuld au der Kata strophe in Tonkin doch ganz unzweifelhaft ist. Die Suez canalcommission ist von der herrschenden Verwirrung aus- fallender Mnse unberührt geblieben, sie hat ihre Arbeiten »i «cpirmver ooer i-crooer mtt isiwerycil «n neue- isterium zu erwarten. Die Kammersitzung vom 2. April gezeigt, daß die Aufregung, welche seit dem 30. März »k, sich noch nicht gelegt hat, also ist ein sofortige» fortgesetzt ganz al- ob da» Ministerium Ferry noch im Amte wäre. Der Bevollmächtigte für die technische Frage der Londoner Consereuz Barrbre ist zum Vorsitzenden der gewählten Subcommission ernannt worden, die Führung der Geschäfte befindet sich also in guten Händen. Bei dieser Gelegenheit sieht man übrigen-, daß der viel geschmähte und wegen seiner Schwäch« verspottete Grevy doch in entscheidenden Augenblicken seiner Ausgabe durchaus gewachsen ist. Sei» Verhalten nach dem Sturze Ferry'» war in jeder Beziehung eorrect und besonnen. Er conferirte mit dem Kammerpräsidenten Brisson über die Lage, nachdem dieser die Bildung de» neuen Cabinet« abaelehnt hatte, und berief dann nicht etwa die Hauplschrner der Mehrheit, welche Ferry gestürzt hatte, sondern Freycinet. Hält« er statt dessen Ciemenceau mit der Bildung de« Cabinet» beauftragt, so wäre da- für die Vertreter der äußersten Linken da- Zeichen zum Lo-schlagen gewesen. Wenn auch Ciemenceau nicht auf Seiten Derer steht, welche di« Bourgeois dom Erdboden vertilgen und auf den Trümmern von Pari» die Commune wiederherstellen wollen, so steht er dieser Partei doch nahe genug, um sie zu den ausschweifendsten Thaten zu ermuntern. Der Frühling ist da und mit ihm die erfahrungsgemäß geeignetste Jahre-zeit zur Entfaltung revolutionairer Leidenschaften. Unter solchen Umständen bedarf e« nur eine« leisen Anstöße», um die Dinge iu» Rollen zu dringen. Gr-vy hat diese Gefahr richtig er kannt und sie durch Berufung Freycinet'» vorsorglich ver mieden. Diese Thätigleit vollzieht sich innerhalb eng zugemeffener Grenzen, aber da» Walten eine- solchen Ein flüsse« ist doch von hervorragender Wichtigkeit. Frankreich ist der Ruhe und Besonnenheit seine« ehrwürdige» Präsidenten zu großem Danke verpflichtet. ? Leipzig, 4. April 1885. * Nachdem die Auflassung de« Rittergute- Schön- Hausen bereits erfolgt ist, hat am Donnerstag die lieber» gäbe desselben an den Bevollmächtigten de» Herrn Reichs kanzler«, den Herrn Amt-rath Dietze-Barby. statt« gesunden. Dem Vernehmen nach soll der Reichskanzler die Absicht hegen, sich in nächster Zeit »ach Schvnhauseu zu begeben. * Zur parlamentarische» Lage tu Preußen wird officiv» au- Berlin geschrieben: Der „RriLs- ond Etaat-aazeiger" hat gestern da- prenßische Stat-gesetz pro 1885/86publicirt» »ad aaknüpsend hieran mSchrea vili-c>rr eine kurre Betrachtung folgen lasse». Im Herreahause, wo Tchon früher geSegeatlich der Äeratb mg des Gesetze-, betc. die Loavertirung der 4'/,prvcenttgen Lonsols in -proceat-, seiten- de« Grasen Siolberg dem Leiter de- Finanzministerium- uneingeschränkte Anerkennung gezollt wurde, ist bei der Berathung d«< preußischen Siaat-hau-halt-etat- ausdrücklich daraus hiugewiesen, eia wie starkes Zeichen de- Vertrauen« zu der Fiuanzleituag dir nahezu unveräuderte Annahme de- Voranschlages seiten- der LandeSvertretuag bildet. In der Thal ist in Preußen wohl »och »ie ein Etat so ohne jeden Abstrich genehmigt worden wie derjenige für 1885/86, und da- ist um so bemerkenSwerther, wenn man erwägt, daß groß« Parteien innerhalb der Volk-Vertretung die Parole: „Daumen aus deu Beutel" ausdrücklich ou-gegeben haben. Zieht man aus der auderen Seite die aoch in den letzten lagen von Neuem evident zu Lage geiretene Bereitwilligkeit de« Leiter« de« preußischen Finanzweseu- iu Betracht, die WirthschastS« und Steuer- Politik de« Reiche- unter Verzicht auf navelicgende technische Be- denken in Einzelfroge» rückhali-lo- und kräftigst zu fördern, so wird mau schon sich der Uebcrzcugung nicht verschließen können, daß die in der Presse verbreitein Gerüchte über die angebliche Erschütterung der Stellung de- FinanzminifterS der inneren Wahr- scheinltchkeit völlig entbehrte». Wie e« scheint, hat da« vetürsniß eine« Lheile« der Presse nach sensationellen Nachrichten sich zur Zeit aus die Mytbeabildung i» der Richtung angeblicher Ministerkrisrn » mindeste thatsächliche Anhalt vorhanden war. Wir sind vielmehr in der Lage, nach unseren Informationen bestätigen zu können, daß die völlige Uebereinstimmung innerhalb der königlichen Staat«, regier»»» keinen Augenblick erschüttert und von einer Krisi«, da wo sich dieselbe zuerst geltend gemacht haben sollte, nie die Rede gewesen ist. wie ja auch da- Vertrauen der LandeSvertretvng zur Staat«, regieruug al- völlig außer Zweifel stehend wird angesehen werden müssen. Bezeichnend ist. daß solche Krisengerüchte io der Regel von Seiten verbreitet werden, welche entweder der grundsätzlichen Opposition anßehören oder die selbst naheliegende Interessen ver- folgen. ES liegt daher nahe, auch hier wiederum ein Manöver zu vermutden, welche- auf Discreditirung der Regierung oder eine« einzelnen Mitgliedes derselben, weil dasselbe, wie z. B. iu der Münz, frage, al- ein Gegner aller bimelallistische» Bestrebungen gehalten wird, abzlrlt. Der Vorwurf, daß der Kanzler viele Minister ver brauche. ist früher schon von jener Seit« erhoben, aber wieder ver- tummt, als ein zahlenmäßiger Vergleich mit der Dauer der preu- zischen Ministerien und derjenige» iu anderen Staaten dessen völlige Unhaltbarkeit nachwieS. Jetzt wird, wo man jene Widerlegung für vergessen erachtet, die Dikderauffrischung versucht, bald hier, bald dort da- Gerücht einer MinmerkrisiS angeknüpst und so da« Ver- trauen in den Bestand und die Sicherheit de- Ministerium- zu er- 'chüttern gesucht. Allein die völlige Homogenität des Ministerium» .iedt auch für die mindereingeweihten Kreise der Bevölkerung so außer Zweifel, daß alle jene Versuche nur eine» durchau- ephemeren Lharakter tragen und die öffentliche Meinung zu verwirren außer Stand« sind. * Die Klerikalen in Belgien werben immer dreister in ihrem Auftreten und ihre Presse mit jedem Tage kühner in den Forderungen. Die „Lütticher Zeitung" erklärt dem Könige rundweg, daß, da er den sreimaurerischen Einflüssen rugänglich bleibe, die Katholiken mit ihrer Geduld bald zu Ende sind, und die fromme „Patrie", welche die Beamten aller Ministerien nach ihren politischen Gesinnungen auszeichnet, fordert deren Säuberung, da der größte Theil dieser Beamten liberal sei. Die Klerikalen wollen Schule, Gerichte und Ver waltung der Kirche unterordnen. In der Zerstörung de« öffentlichen Schulwesen- geht da» Ministerium energisch vor. Der „Moniteur" bringt täglich Erlasse, welche den Ge- meinden da- Recht gewähren, ihre einzige Communal- schule aufzuheben nnd eine klerikal« Schule zu adoptiren. Um so bedeutsamer ist di« Adresse, welche da« Central- comitz der Bereinigung der belgischen Lehrer an den König au- Anlaß de« Congounternehmrn» richtet und durch welch« die Klerikalen in unbeschreiblichen Zorn versetzt worden sind. In dieser Adresse beglückwünschen „die bescheidenen Pionniere der Eiviiisation" den König, daß er di« noch in der Barbarei schmachtenden Gegenden dem Unterricht eröffnet hat, der wesent» liebsten Quelle de- Glücke« einer Nation! Da in Belgien die Regierung der Ansicht sei. daß der Kamps gegen die Ignoranz beendet sei, habe sie mehr ai« tausend Lehrer nnd Lehrerinnen dem Unterricht entzogen: „diese tapfere Armee" warte nur auf die Gelegenheit, ihre unterbrochene Ausgabe zu erfüllen, und biete dem Könige ihre Dienste bei dem civilisatorischea Werke in Afrika an! „Indem unsere durch da» Gesetz von 1884 abgesetzten Amt-genoff-n, io schließt die Adresse, ihre di« Moralität befördernde Mission im weilen Conqogebiete er füllen, werden sie die hochherzigen Bemühungen C>v. Majestät befruchten, und ihre Frauen und ihre Kinder, befreit von der Regierung, die sie so grausam bedrückt, werden Ihren Namen segnen!" Die hohe Geistlichkeit, die sich bi«h«r vom Throne sehr ferngehalten, bietet jetzt sichtlich Alle» aus, um da« Wohlwollen de- König- sich zu erwerben. Tie Bischöfe suchen oft Audienzen nach und erhalten solche. Die Bischöfe von Namur und Tournai. die nach Rom beschieden wurden, baden sich vorher beim Könige verabschiedet. Da die belgi schen Bischöfe die Encyclica Üumnuum gönn» nicht publicirt haben, da sie constitution-widrig ist, will der Vatica» diesen Grund prüfen. Nachträgliches zur Sismarck-Feier. ** Berlin, 2. April. Unser Kaiser hatte in diesem Jahre da- bei un» sprichwörtlich gewordene Kaiserwettrr seinem Kanzler abgetreten, denn am 22. März fielen dichte Schneeflocken vom Himmel hernieder, wäbrend am 1. April die Helle Frühling-sonne über der im Festschmuck prangenden Reich-Hauptstadt lachte. Auch der vorhergehende Tag, aus den bereit» ein integrirender Theil der Bi-marck-Keier fiel, zeigte bis zum Abend «in wolkenfreie« Antlitz und so waren alle Vorbedingungen vorhanden, um die siebzigste Geburts tagsfeier unsere- großen Staatsmannes zu einer völlig un getrübten zu gestalten. ES war ein herrliche» Stück Weltgeschichte, welche» sich an diesen beiden Tagen in Berlin abspielte, man hörte in den lauten und enthusiastischen Kundgebungen, von denen die Straßen wider- baüten, gleichsam den Herzschlag der aesammten Nation pul- siren. Die Glück- und Segen-Wünsche, welche au- alle« Theilen unsere- deutschen Vaterlandes in jenem Hause der Wilhelmstraße »usammenliefen, fanden in den nicht ende» wollenden Zubelrufen der hauptstädtischen Bevölkerung ihren beredtesten Lu-drnck. Mag Berlin immerhin Männer der Opposition in Reichstag und Landtag schicken, daß e» aber trotzdem ein volle» und dankbare» Berstänbniß für vie Größe und Bedeutung Bi»marck'S besitzt, hat e» an dessen jüngstem Geburtstag überzeugend bewiesen. Nicht durch den kleinste« Mißton ist die erhebende Feier gestört worden und auch während der Festzüge, welche in den von ihnen berührten Straßen Hunderttausende versammelten, blieb überall Ruhe ^nd Anstand gewahrt. Man hat damit dem Ausland, da« lünserr innereruVerhlItnisse oft so falsch beurtbeilt, den Beleg dafür geliefert) daß da» deutsche Volk trotz aller Meinunc^. Verschiedenheiten in politischen Tage-sragen doch die unsterblichen Verdienste seiner großen Männer zu würdigen und anzuerkev«» weiß. Mit unheilbarer Blindheit müßte ja auch Derjenige, ge« schlagen sein, welcher dieser BiSmarck-Feier ihre Bercchtigu, ,g ab- svrechen wollte. Mit Freude hat die deutsche Nation oiese Gelegenheit ergriffen, um ihrem genialen Leiter mitten unter den noch immer aus ihn gerichteten Angriffen endlich vmmal zu zeigen, wie warm und dankbar sie für ihn empfindet. Mit elementarer Gewalt hat sich der Gedanke zu dieser Feier in allen Gauen Deutschland» Bahn gebrocken: da '-als kein Warnen und Abrathen, kein geheimer Beseht der Partei- sührer, daß man sich keinesfalls betheiliaen dürfe; selbst tn den Kreisen, welche die erbittertsten Gegner de» Fürsten Bi-marck in da» Parlament schicken, gab cS Comv» erse, Fest reden und Fackelzllae. Der naiv Sinne de» Volkes wurde eben durch diese Feier zu dem Vergleiche angelegt, «a» Deutschland war, bevor Bi-marck die Führung v-:r StaatS- geschäfte übernahm, und wa» e» unter ihm geworden ist. Im vergangenen Herbst waren e» 22 Jahre, d<»ß er an die Spitze de- preußischen Ministerium» trat. Welcher Zeitraum von Kampf und Mühe, von rastloser Thäligkeil und eiserner Energie, aber auch welche Zeit der ungeahntem Erfolge für den Gefeierten. Wenn da» deutsche Volk zurü'jkvenkt an da» Jahr 1862, da der Gesandte von Bi-marck von Pa ris nach Berlin berufen ward, an jene trübe Periode, da die kleinlichen Jntriguen de» seligen Bunvc«tag» ten Mittrlpunct der politischen Thätig» keit bildeten und Deuischtand nur ai» „geographischer Be griff" existirte, und e» blickt dann aus da» Jahr 1885 und die hochgeachtete, aurschlaggebende Stellung, welche dasselbe Deutschland jetzt einnimmt, so glänzt un» der Name „Bi-marck" mit leuchtenden Buchstaben au» diesem gewichtigen Abschnitte der Weltgeschichte entgegen. Und mögen seine verbissene., Gegner, die neidischen Widersacher, weiche ihm seine Größe nicht verzeihen können, noch so eifrig bemüht sein, ibm seine Verdienste zu schmälern, an seinem Ruhm zu mäkeln; mögen sich ihre Jnvectiven bi- zur persönlichen Beleidigung steigern: e» ist nur ein kurzer Triumph, den sie feiern; denn au» alle» KLmpsen mit ihnen ist er immer at» Sieger hervorgegangeu. Mit Sorasalt unv emsigem Fleiß hat die Presse in diesen Tagen alle jene kleinen Züge au- dem Leben de» Reich»- kanzler» zusammengetragen, au» denen seine heldenhaste Ge stalt vor den Augen de» Volke» auf» Neue erwächst; sie hat alle jene Aussprüche gesammelt, welche er unter den wechselnden politischen Constellationen gethan und welche zeigen, wie der psadsinvende Geuiu» niemals da» rechte Ziel au- den Augen vertiert. Und wie köstlich ist die Literatur, welche sich jetzt schon an den Namen „Bi-marck" knüpft, durch die Feier seine» siebzigsten Geburtstag- bereichert worden! Ein weltgeschichtlicher Moment war e«, al- unser greiser Monarch mit Sohn und Enkeln die Trepp« empor stieg. um seinem treuesten Diener den Glückwunsch persönlich darzubringen; al» der Kanzler seinem Kaiser entgegeneilte und von diesem, tief bewegt, umarmt und geküßt ward. Ein unvergeßlicher Anblick war e«. al» bei dem gackelzua ein Chargirter der Kunstakademie einen Lorbeerkronz aus seiner Degenspitze zu dem Fenster de» Fürsten hinausrrichte und die Fürstin drn Kranz über die Helmspitze de» Gatten legte; al« die Sänger in den Vorhos de- Palai« einschwenkten und der Reich-kanzler, nachdem ihm die tönende Huldigung dargedrachl, seinen Dank mit den Worten begann: „Ja. noch zehn Jahre wie heute" — und ihn der begeisterte Jubel der dichtgedrängten Menge unterbrach, au» dem ihm die Ruse entaegeiischaltten: dankerfülltem Gedächtniß bewahren. Johanne» Scberr. der trotz seiner republikanischen Schrullen doch ein ausricktige- Gcsllhl für da- deutsche Kaiserreich und seinen Kanzler besiki schreibt am Schluß seine- Werke»: „1870—1871" über de: Truvveneinzug in Berlin am 16. Juni 1871: „Da» war r^
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