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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 05.09.1885
- Erscheinungsdatum
- 1885-09-05
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188509055
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18850905
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18850905
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1885
- Monat1885-09
- Tag1885-09-05
- Monat1885-09
- Jahr1885
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 05.09.1885
- Autor
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Erscheint täglich früh ev, Uhr. Lr-ar1i«n »«d LrvrdNiou Johavnelgasse 8. Sprechstunde» der Ledarti-n; Vormittag- 10—18 Uhr. Nachmittag- 5—6 Uhr. >d> -u,-«i,ndt«r vi-imjcr «-»«tu« " ' I »1 «ua,»- >cr«d > m»t »erbtodich. g» >»»«h«r »er für »ir nächstkolgeu»« R«»»er bestimm»«, Inserate an Wochentagen bis 3 Uhr RachmtttagS, Gönn- unv Ketttagen früh bi» 'l.S Uhr. 3» den Filialen für Ins.-^nnahme-. Ott« Klemm, Universität-straße 1. tont» Lüsche, Katharinenstr. 23. p. »«, bt» '/.» Uhr. tiWgtr.Tagtiilall Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- nnd Geschäftsverkehr. Auflage IS,rv0. .XbonnemeMsvrris vieriels. 4'/, Mk. mcl. Bringenohn 5 Mk, durch di» Post bezogen 6 Mk. Jede einzelne Nummer »0 Ps. Belegexemplar 10 Pj. Gebüdren tür Extrabeilagen (in Tageblatt-Form« «esalztl ahne Postbeiörberung 39 Mk. mit Postbesörderung 48 Mk. Inserate ügespaltenc Petitzeile 20 Pf. Größere Schriften laut uni. Lreisverzeichniß Tabellanjcher u. Zifierniatz nach höherm Tarij Urriamrn nMer dem Redaclionsftr ich d>e4gesvalt. Zeile 50 Ps., vor den Familiennachrichlen die 6geipalkene Zeile 40 Pi. Inserate find iliis an die Expedition zu lenden. — Rabatt wird o cvt gegeben. Zahlung prueuuii»-rui>ao oder dura, Post. namnahiiie. 248. Sonnabend den 5. September 1885. 79. Jahrgang. Zlll geWgen Veachtmg. Unsere Expedition ist morgen Sonntag, den 6 September, Vormittags nur bis Uhr geöffnet. Lxpvältlov ä«8 I-olprlxer ^LxedlLlteL. Vetaiiutmachmg, die landtagswahl im I. Wahlkreis leipjig betresrnd. Nackdeni da» Königliche Ministerium de» Innern mittelst Verordnung vom 1. August ». c. die EraänzungSwabl für die II Kammer der Ständeversammlung aus den l5. September diese» Jahre» au-gesch'rieben bat, so machen wir bierdurch bekannt, daß wir den I. Wablkrei» i» 5 Wahlbezirke eingelheilt haben und veröffentlichen bierbei zugleich in der Ansuge (D die Abgrenzung eine» jeden Wahlbezirk», die Namen de» Wahlvorsteher» und seine» Stellvertreters in jedem derselben. Leipzig, den 3. September 1885. Der Rath der Ltadt Leipzig. vr. Georgi. N. D Amtlicher Tüetl. Unter Verweisung aus unsere Bekanntmachung dom 19. diese* Monat-, die Regulirung der Ausübung de» Schorn« steinfeger-Gewerbe* betreffend, fordern wir diejenigen Herren Gchornstcinscgermeister. welche gesonnen sind, um ihre Zu lassung als Bezirksschornsteinfeger in hiesiger Stadt nach- zusuchen, hiermit auf, ihre Gesuche unter Beifügung eine» Zeugnisse» über ihre Unbescholtenheit bi» zum 30. September diese» Jahre» auf hiesigem Rathhause einzureichen. Jede weitere Entschließung über die Zahl der zuzulassenden Bezirk»- schornstcinfeger, sowie Uber die etwa nach ß. 1 de« gedachten Regulatives nachgelassenen Befreiungen von der vorgeschriebeuen Prüfung bleibt Vorbehalten. Leipzig, am 20. August 1885. Der Rarh der Ttadt Leipzig. vr. Georgi. Hennig. Vckanntmachung. Wegen vorzunehmenter Pflasterungsarbeiten wird die zwischen der Alexanderstraße und dem Westplatze gelegene Streck« der Tolonnadenstraße von L»«nabe«d don S. d. M. ab für allen unbe« fngten Fährverkehr gesperrt. Leipzig, am 4. September 1885. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Georgi. Hennig. Pekanntmachung. Für den Termin Michaeli» d. I. sind vier Ausstattung* fttpendien im Betrage von 77 8 67 .4! 45 und zweimal 40 47 an hiesige arme, unbescholtene BUrgerS- tvchter, deren Berheirathung in die Zeit von Michaeli» vorigen Jahres bis Michaelis diese» Iabres fällt, von un» zu vcr» geben, und sind schriftliche Gesuche darum unter B-isügung der EheschließungSbefcheinigung, eines von zwei hiesigen Burgern bei Bürgerpflicht ausgestellten Zeugnisse- über die Unbesckolien- heit und Bedürftigkeit der Bewerberin, sowie, was da» eine nur an ebelick Geborene zu vergebende Wiederkehrer'sckc Stipendium von 40 47 anlangt, einer GeburtSbescheini- oung bis zum «. Oktober lfd. I. auf dem Rathhause, I. Etage, Zimmer Nr. 15. einzureichcn. Leipzig, den 22. August >585. Der Rath der Stadt Leipzig. I)r. Georgi. Krumbiegel. Erledigt hat sich die unterm SO. Januar 1884 erlassene Bekannt tnachung, den Tischler Johann Heinrich Wilhelm Hener betreffend. Leipzig, den 26. August 1885. Der Rath der Stadt Leipzig t'Arineiiaint.) Ludwig-Wolf. Dolgc Erstatteter Anzeige »»folge ist die dem Handlungtrelsenden Peter Adolf Johann NicolauS Lucknrr für da» lausende Jahr unter Nr 724 luerami» ausgestellte Pajzkarte abhanden gekommen. Zur Verhütung von Mißbrauch wird gedachte Paßkarte hiermit für ungiltig erklär«. Leipzig, am 1. September 1885. Las Polizeiamt der Stadt Leipzig Bretschneider. W Vekailntmlichirng. Die Einweihung der neuen Schule findet nächsten Montag, ol den 7. September, Vormittag« S Uhr statt. Tie Einwohner de» hiesigen Ortes werden zu dieser Feier hiermit eingeladen. Gohlis, den 3. Sept-mber 1885. Der Schulvorstand. I. Rudolph, Vors. Bekanntmachung. Der diesjährige zweite Roff- und Viehmarkt in DolkmarSdorf-Leipzig findet Dienstag, den 8. September dieses Jahre» statt. Der Gemeinderath daselbst. Lehmann. Wgl. Erledigt HM sich die Versteigerung zum 8. dieses Monat« tm Mulden bahnhoslgebaude hier. Wurzen, am 2. September 1885. Der Gerichtsvollzieher des Königlichen Amtsgericht*. Gr ü »e w a l d. Widerruf. Die ans Montag und Dienstag den 7. und 8. September ». o. ongeletzte Versteigerung von Kürichnerwaaren findet nicht statt. Penig. den 4. September 1885. Der Gericht*p«>tt«tzer des Köntgl. Amt-grrtcht« dttsrlpst. Hangt. Wahl- bezirk. Etraßentheil. Name des Wahlvorstehers. Name de- Stellvertreter». ^ 1. Bnrgstraße. An der 1. Vürqerschule, Gewandgeßchen, Grimmaiiche Straße, Kuvserqüßchen. Magazingasse, Neumarkt, Peterskirchbof, Pelersstrahe. Vreuhergäßchen. Pleißenburg, Schillcrstraße, Scüloßgasje, Schulstraße, Sporergäßchen, ThomaSgaßchen, Thouiaskirchhas, Um. versitälSftraße. Herr Rechtsanwalt vr.Erdmann. Herr Mechanik»» Theador Kühn. 2. Barsukgäßchcn. Böltchergäßchen, Brühl, kl. Fleischergasse. Goldhaljugaßchen, Goelyeslraßc, Hallcsche Straße, Kolharinenstraße, Klostcrgasse, Marki, Naschmarkt, Ricolaistroße, Nicolaikirchkos, Parkstraße, Blouenscher Platz. Plauensche Straße, Reich-straße, Rikterstraße, Salz« gäßchen, Schukmachergäßchen. Herr Standesbeamter Friedrich Triuckler. Herr Kaufmann Rudolph Wunderlich. i 3. Am Exercierplatz, Ederyarbtslraße. Große Fleischergasse, Hainstraße, Humboldtstraße, Kcilslraße, Lödr's Platz, LSHrslraße, Lortzingstroße, Neukirchyos, Nordstraße, Parlhenstraße, Psaffendorser Straße, Theateraasse, Tdeaterpla», Töpserstraße, Uferstraße, Borkstraße, Aork- platz, Zöllnerstraße. Herr Stadtrath Schmidt-söhl- »anu. Herr Gewerbekammerseeretair Verzog. 4. Berliner Straße, Blücherstraße, Blücherplatz, Erlenstraße, Eulritzlcher Straße, Gerberstrabe, Gothisches Bad, Pack- hossiraße. Herr Stadtrath Nagel. Herr Kaufmann Golzsch. 5. Augustusplatz Nr. 3b, 4 und 6, Bahnhosstraße, Georgen» stroße, Wintergartenstraße. Herr Reckttanwalt Tscharmanu. Herr Kaufmann Echiltte. Bekanntmachung, die landtagswahl im I. Walslkreis Leipzig betreffend. Im I. Wahlkreise der Stab! Leipzig, welcher in die in der Ansuge (D enthaltenen Wahlbezirke eingelheilt worden ist, indct die Abgabe der Stimmrettel für die mittelst Verordnung vom 1. August n c. auf den IS. September >iese* Jahre* «»»geschriebene Wahl eine* Abgeordneten zur II. Kammer der Sländeversammlung in dem in der Ansuge bei jedem Wahlbezirke anfgcsührlen Wahllocale während der Zeit von 10 Uhr Vormittag* ununterbrochen dis Nachmittags 3 Udr statt. Da- Wahlrecht wird durch Stimmzettel auSgeübt, welche bei der Abgabe uneröffnct in ein verschlossene» Behältniß zu legen sind. Auf denselben ist die Person des zu Wählenden so zu bezeichnen, daß über ihn lein Zweifel übrig bleibt. Stimmzettel, welche dieser Vorschrift nicht entsprechen ingleichcu diejenigen, welche die Namen mehrerer Personen oder einer nickt wählbaren Person enthalten, sind ungilti,, - Die Stimmberccktigle» werden hiervon benachrichtigt/ Leipzig, am 3. September 1885. Die Wahlvorsteher. I)r. Erdmann. Friedrich Trinckler, Standesbeamter. Stadtrath Schmidt-Söhlmann Sladtrath Nagel. RecklSanwalt Tschar mann. G Straßeinheil. Wahllocal. Burgstraße, A» der 1. Bürger'chule, G wandaäßchen. Grimmaiiche Slraße. Auvsergästchen. Magazingoss,-. 8ieumarki, Peterskirchhos. Petcisstraße, Preußer- gäßchcii. Pleißenburg, Lct»llerstioß>'. Schloßgasse, SMulstraße, Spsrergaßchon, Tbsmnsgäßchcn. Tboniaskirchljoi, Univ rsiiaisstraße. Barsußgäßchen, Bünche gästche», Brühl, Kleine Fleiickergasse, Oioldhahngästckcn, Gocthcstraßo, Hallcjche Straße, Kalhaiincnslrnßc, Kloflergasse, Markt, Nasch, markt, Nicolaistraße, Nicolaikirckhof, Parkstraße, Plauenscher P atz. Plauensche Straße. Reichsstiaße, Ritterstraße, Salzgaßche», Lchuhmachergäßchen, Am Exercierplatz. Eberbardistraße. groß- Fleischergasse, Haiustaße, Humboldt- ftraße, Ncilstroße. Löbreplatz, Lönrstraße. Lortziiigslraße, Neutirckbos. Nord- straße. Parthenstraße, Psaffendorser Straß,-. Theatergasse, Theaterplatz, Töpser- strahe, Uierstraßc, Narkstraße, Dorkplntz, Zöllnerstraße, Berliner Liraße, Blücherplatz, Biückerstraße, Erlenstcaße, Eutritzsch« Straße, Gerberstraße. Golhische» Bad, Packlivistraße, Augustusplatz Nr. 3 b, 4 und 6, Bahohosstraße, Georgenstraße, Wintergartenstrahe. Trictschler'S Restauration, Schulstraße 14. Poser'* Restauration, Nico- laistraße 5, Eldorado. Winkler'* Restauration, Blücherstraße 43. Fröhlich'» Restauration, l Winlergartenstraße 14. Nichtamtlicher Tlieil. Die Nationalitätenfrage in Oesterreich. Durch den Angriff der Czechcn von Königinbos gegen die deutschen Turner au» Traulenau ist die Nationalilälensrage in Oesterreich spruchreif geworden. Selbst dem hartnäckigsten Anhänger der Taaffe'schen BersöbnungSpolitik muß es jetzt zum Bewußtsein gekommen sein, daß eine Versöhnung zwischen den slawischen Stämmen Oesterreichs und der deutschen Be völkerung aus der Grundlage der Gleichberechtigung beider unter Borschubleistung der slawische» Bestrebungen, die Ober hand über die deutsche Nationalität zu erlangen, zu einem unerträglichen Zustande führt, welcher den Bestand de» öster reichischen Staal-wesen« in Gesabr bringt. Um sich den gegenwärtigen Zustand "klar zu machen, ist eS nölhig, aus da-Iahr 1867 zmückzugehen, in welchem der Ausgleich zwischen Oesterreich und Ungarn zu Stande kam. Damals wurde den Magyaren zugesiande», waS die Ezechen jetzt nabez» ebenfalls erreicht haben, die staatliche Trennung von Oesterreich, der sogenannte DualiSmu». Bis zu dem verbängnißvollen Jahre 1867 war auch in Ungarn der deutsche Einfluß der maßgebende, Pest war in der Hauptsache eine deutsche Stadt, wenigstens war Alle-, was aus Intelligenz Anspruch machte, deutsch, die Magyaren batten daS Hest nicht in Händen. Nach Verkündigung des Ausgleichs wurde daS anders, die Magyaren bedienten sich der ibnen übertragenen Machtvollkommenheit, und es begann die Magyarisiruna de* Landes, welche nicht bloS in Ungarn selbst reißende Fort schritte machte, sondern auch die am zähesten an ihren deutschen Ueberlieserungen und Rechten sesthaltenden Sieben- bürgrr Sachsen in den Krei« ihrer Tbätigkeit zogen. Der Wider stand der Deutschen im Kronlande Ungarn wurde matter und matter, und da- Werk der Magyarisirung kann beute als in der Hauptsache abgeschlossen belracklct werben. Da- in Ungarn gegebene Beispiel wirkte aus die Ezechen und Polen ansteckend, auch sie verlangten gleiche Rechte mit den Magvaren. und wenn eS aus sie ankäme, so gäbe eS beute auch einen czechischen und polnischen Ausgleich, Oesterreich zerfiele dann heule in Oesterreich, Böhmen und Galizien, und diese drei Reich«theilc ständen in demselben losen Zusammenhang wie die beiden Haupttheile de« Kaiserreiche«: Oesterreich und Ungarn. Daß die Ezechen diesen Zustand anstreben, bat »och neulich der Bürgermeister von Prag. Ezerny, öffentlich verkündet, iiidem er den neue» Fürsterzbischoi von Prag alS den Fürstprimas Böhmen» feierte, der den König von Böhmen zu salben habe. Die czechischen NcichSralhSabgeordneten blieben lange Zeit dem österreichischen NcichSrath fern und kamen stets darau zurück, daß den Ezcckc» in Böhmen die Fundamentalartikel zugestanten werden müßten, d. h. daß sie als besondere Nationalität anerkannt würden, mit besonderer Amtssprache, eigener Universität, eigenen Schulen, kurz mit allen Ein richtungen, welche ihnen ein staatliches Sonderdasein im öster reichischen Kaiserstaate einräumten. Es fehlte nur noch, baß ihnen auch ein eigener König und ein eigenes Heer zu gestanden wurde, dann war die Drcitheilung Oesterreich Ungarns fertig. Der erste Versuch, die Wünsche der Ezechen zu verwirklichen, wurde im Jahre 187 t unter dem Mini sterium Hohenwart gemacht. Er scheiterte an dem energischen Widerstand der Deutschen, welche die Nolhwendigkeit der Ein heit des österreichischen StaatSwesenS als für da» Heil de- Ganzen erforderlich so überzeugend nackwicsen. daß daS Ministerium Hobenwart dem Druck der öffentlichen Meinung weichen und wiederum einem österreichischen Ministerinm Platz macken mußte. DaS dauerte aber nur bis zum Berliner Frieden, welcher den russisch-türkischen Krieg beendete und den Schwerpunkt Oestexreich-Ungarns durch die Vereinigung der Herzegowina und Bosnien- mit der Monarchie weiter nach Osten verlegt-. Da» slawische Element in Oesterreich-Ungarn batte dadurch einen neuen Zuwachs erkalten und die slawische Strömung gewann dadurch die Oberhand, und Gras Taafsc kam ans Ruder, um die BcrsöhnungSSra nunmehr zu ver wirklichen. Mit einer Festigkeit, die einer besseren Sache würdig wäre, hat da» Ministerium Taasie diese Arbeit seit sechs Jahren verrichtet und ist heule damit so weit gediehen, daß der Friede in Böhmen und Mähren durch den offenen Kamp der Ezechen gegen die Deutschen verdrängt worden ist. Die beiden Nationalitäten, welche bisber leidlich mit einander auS- kamen, befehden sich heute mit größter Erbitterung, und zumal sind es die Ezechen, welche den Unfrieden zum herrschenden Zustande erhoben haben. Tie Ezechen haben in der Haupt stadt Böhmen» die Deutschen auS der Stadtvertretung nahezu binauSgetrieben, die Stadtverwaltung wird im Sinne der Ezechen geleitet, der Statthalter von Böhmen nimmt in allen Streitfragen die Partei der Ezechen, die Deutschen sind in Böhmen nicht etwa gleichberechtigt mit den Ezechen, sie sind heute nur noch geduldet. Prag hat eine czechiscbe Univer, sität, ein czechiscke« Theater, der Schulen gar nicht zu ge denken, und jede Lebensäußcrung der deutschen Nationalität wirb nicht als etwas Berechtigtes, sondern als eine Anmaßung angesehen. Der Unterschied zwischen sonst und jetzt besteht dann, daß die deutsche Nationalität früher in Böhmen daS ihr durch die historische Entwicklung und ihre geistigen Eigenschaften zukommende Ucbergeiricht über die Ezechen in durchaus milder unv äußerlich kaum erkennbarer Form ausübte, und daß jetzt die Ezechen die ibnen von der SlaatSregienmg rugestandenen Rechte in der brutalsten und rücksichiölcseslen Weise geltend machen. Die Deutschen sind heute in Böbme» die unter drückte Nationalität; die Ezechen haben das Heft in Händen, aber eS wird der Regierung nicht wohl dabei; mit Zittern ieht sie das Ehaos über Bobinen bereinbrechen; die Grenzen, DaS Heiligtbum, an welches nickt gerührt werden durfte. durchbrochen und zertrümmert zn werden. Die starren Ge- Commando, wenn die Amtssprache in Böhmen für die Ezechen czeckisch ist, wenn da» Czechiscbe in den Schulen obligatorischer Unterrichtsgrgenstand ist. Und ist denn der Oberbefehl über die Armee nicht in denselben Händen, welche die Regierung über daS Land gesetzt haben? Kann man den czechischen Landbewohnern einen so hohen Grad von Unterscheidungs- Vermögen Zutrauen, daß sie ZweckmäßigkeitSrücksichten und Grundanschauungen auseinander zu Hallen vermögen? Man hat Oesterreich daS Land der Unwabrscheinlichkeiten genannt, man hat sogar hinzugesügt, daß dieser Staat, wenn er nicht da wäre, gegründet werben müsse, weil er einer Naturnoth- wendigkeit entspreche. DaS Letztere nehmen wir alS richtig an aber in dem Sinne, um den Uebermuth der slawischen Stämme durch die deutsche Uebcrlegeuheit zu bändigen und in Schranken zu halten. * Leipzig, 5. September 1885. * Am I. September hat, wenn man eS genau nehmen will, die Thätigkcit des BundeSraths wieder begonnen. Die zustehendcn Ausschüsse desselben haben nämlich die Anträge über die Bildung von BerusSgencssenschasten der Privatbahn» und Straßenbahnbetriebe und über die Errichtung der be treffenden Schiedsgerichte, wie dies nach Vorschlag de* Reich*- vcrsicherungSamtcS vom Reichsamt de» Innern beantragt worden, beratben. Die Annahme durch daS Plenum tst zweifellos. Auch die Erledigung dieser Angelegenheiten eilt, da die betreffenden Einrichtungen schon am 1. October in* Leben treten sollen. * Tie Rede, welche der Pfarrer Petri in Saarloni* bei der Taufe der neuen Kirchenglocke gehalten hat — wir haben einen Bericht auS der »Kölnischen Zeitung" über die selbe wiedergegebcn — hat bereits in der orleanistischen Presse jenseits der Vogesen ihren Widerhall gesunden. Der Pariser „Soleil", der eS offenbar nickt für möglich hielt, daß in einer seil länger als 70 Jahren preußischen Stadt ein Pfarrer da« Verschwinden der französischen Tricolore zu beklagen wagt, bringt diese Nachricht aus SaarlouiS unter der Ueberscbrist: „Elsaß-Lothringen". Offenbar glaubt die Redaktion de- „Soleil". daß höchstens eine solche Rede in einer elsaß- lothrmgischen Stadt gehalten werden könnte. Wie wird sich die sranzösiscbe Presse erst freuen, wenn sie sich auS den geo- grapbischen Schulbüchern überzeugt, daß SaarlouiS in Rhcin- preußen liegt. * Ueber conservative Eandidaten inderProvinz Hannover schreibt der „Hannoversche Courier": „Nachdem die welsisch-conservative „Hannoversche Post" vor Kurzem sich dahin geäußert, daß eS in der Provinz Hannover für Deulscb- unl> Frciconservative keinerlei Unterscheidung geben dürfe und auch lhatsächlick nicht gebe, werden angeblich von sreiconser- vativer Seite in verschiedenen Wablkreisen, in denen die nationalliberale Partei sich im Besitz befindet, Bemühungen gemacht, um „eigene" Eandidaten auszustellen. In zwei nationallibcralen Wahlkreisen sind solche Eankidaturen bereits beschlossene Tliatsachc, ingleichen die betreffenden angeblich freicoiiservaliven Eandikatcu schon bezeichnet. Hier in Han- noder bat aber die sreiconservative Partei in verständiger Erwägung der Verpflichtung zur engsten Gemeinsamkeit für alle nationalen Elemente weder eine publicistische Sonbervertretung, noch auch eine VcreinSorganisalion, und wir glaube» auch mit Sicherbeit annelnnen zu sollen, daß die sreiconservative Partei leitung in Berlin Viesen angeblich sreiconservative» Eandikaturen völlig sernstehl." * Die vor wenigen Monaten gegründete „Historische Gesellschaft für die Provinz Posen" erfreut sich eines sebr günstigen WachSthum« und zäblt schon jetzt gegen 400 Mitglieder. Der ursprünglich aus 20 Bogen festgesetzte Umsang der gediegenen VercinSzeitschrist konnte bereits aus 26 Bogen erweitert werden; außerdem hofft der Verein, später auch größere Werke über die geschichtlichen und wirth- schaftlicken Vcrbällniffe der Provinz Posen berauSgcben, bez. unterstützen zu können. Die „Historische Gesellschaft für die Provinz Posen" ist von großer Bedeutung. Die polnischen Organe lieben eS bekanntlich, daS Deutschthum im Posener Lande «IS eine Art Eindringling au» den letzten hundert Jahren hinzustcllen, der sich, von der Regierung begünstigt, mit großer Schnelligkeit Uber die ganze Provinz ver breitet habe. Allenfalls giebt man polnischerseitS zu, daß die äußersten Grenzlandschasten im Süden, Westen unv Norden Posen» auch schon vor der ersten polnischen z Tbeilung deutsch gewesen, seien. Daß aber zwei Fünftel de» I Grund und Boden» in Posen bereits seit 600 Jahren von I deutschen Bürgern und Bauern besiedelt sind, leugnen und ^ verdunkeln die polnischen Blätter beharrlich. Die neue
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