Suche löschen...
General-Anzeiger für Chemnitz und Umgegend : 03.09.1899
- Erscheinungsdatum
- 1899-09-03
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512384843-189909037
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512384843-18990903
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-512384843-18990903
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungGeneral-Anzeiger für Chemnitz und Umgegend
- Jahr1899
- Monat1899-09
- Tag1899-09-03
- Monat1899-09
- Jahr1899
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
— Nr.2»5.—1S»S.— Diese verbreitetste unparteiische Zeitung erscheint Wochentags Wende (mit Datum des nächsten Lager) und lostet mit den fiius wöchentlichen B eiblättern: «leine Botschaft, Eüchfischer Erzähle»:, Gerichts-Zeitung, Sächsisches Allerlei, Illnstrirtes Unter- haltungsblatt, Hel de» Postanstaltc» und bei dm Ausgabestellen »anatlich 4v Psennige. WchUist«: 1. Nachtrag Nr 2877. äkel«»ra«» »ckkiell,: Snxralauzetgn Ser»tpt«chpeII- Rr. ieo. General- Sonntag, den S. September. Anzeiger für Chemnitz und Umgegend. (Sächsischer Landes.Anzeiger). - Gegründet 1SV» als „Anzeiger" ie. »erlag und Rotation-maschinen.Drn« von Rlexander Wied« in Chemnitz, Theaterstrabe Nr. 8. Inseraten - Preis: Die «ge* spaltene CorpnSzeile oder deren Raum 20 Pfg. (Preisoerzeich» nisse ü. Zeile 2> Pja.) — Be« vorzugtc Stelle (Reklame-Zelle) 60 Pfg. Bei voranSbestellteiz Wiederholungen gröberer In« serate entsprechender Rabatt. —- Anzeigen siir die Nachmittag! erscheinende Nummer köuuea »nr bis Vormittag to Uhr an genommen werden. Geschäftliche Anzeiger-Inserat« finden siir billigsten Preis zugleich Verbreitung durch di« täglich erscheinende Chemnitz«» Msellbaliit-Zettlmg. Ne« - Bestellungen sür den Monat September ans den „General-Anzeiger" nehmen die Verlags-Anstalt, die Ansträger, die Aus gabestellen, sowie fämmtliche Postanstalten znm Preise von 40 Pfg. enigegen. — Postliste: 1. Nachtrag Rr. 2877. Politische Nimdschan. Chemnitz, 2. September 1899. Deutsches Reich. — Am Freitag fand bei schönem Wetter auf dem Tempelhofer Felde bei Berlin die Herbstparade des Gardekorps statt. Prinz Leopold von Bayer» war zugegen. Die Kronprinzessin von Griechenland fuhr in einem sechsspännigen Wagen an. Auch die Prinzen August Wilhelm und Oskär Joachim waren zugegen. Gegen 8'/, Uhr erschien der Kaiser in Generalsuniform und ritt mit den Fürstlichleiten und der Suite die Front ab. Nun folgte zweimaliger Borbeimarsch der Kavallerie. Artillerie und des Train, beim zweiten Mal in Galopp. Der Kaiser führte beide Male das Garde- Regiment der Kronprinzessin von Griechenland vor und hielt beide Male beim Vorbeimarsch des Elisabeth-Negiments, dessen Chef die Kronprinzessin ist, neben dem Wage» derselben. Der Kaiser setzte sich sodann an die Spitze d r Fahnen und Standarten und ritt unter Hochrufen des in dichten Reihen stehenden Publikums nach dem Schlosse. — Dem Erlaß der preußischen Staatsregierung, in welchem mit amtlicher Strenge erklärt wird, daß sowohl die höheren Beamten wie auch die Landräthe „den Standpunkt der Regierung Seiner Majestät wirksam zu vertreten haben* und daß sie „unter keinen Umständen die Mion der Negierung zu erschweren berechtigt sind", ist die Straf-Aktion gegen diese Veamie», soweit sic gegen die Kanalvorlage gestimmt, also gegen die in dem Erlaß offen barten Verhaltungsmaßregeln gefehlt haben, auf dem Fuße gefolgt. Es wird hierüber aus Berlin gemeldet: Die offiziöse „Berliner Korrespondenz" theilt mit, daß die Staalsregierung eine Anzahl politischer Verwaltungsbeamten mit Wartegeld in den einstweiligen Ruhestand versetzt hat, weil sie unter den gegenwärtigen Verhältnissen den hohen Anforderungen nicht ausreichend entspreche», die im Dienst interesse und in Anbetracht ihrer Verantwortlichkeit zu erheben seien. Der „Nat.-Ztg." zufolge sind die mit Wartegeld einstweilen in de» Ruhestand versetzten politischen Bea inten die Regiernngs- Präsidenten von Jagow in Posen und von Colmar in Lüneburg, sowie die zwanzig Landräthe, welche gleich ihnen in der endgilligen Abstimmung gegen den Mittellandkanal volirt haben. Ferner schreibt das genannte Blatt: „Wer wird nun die richtigen Leute an die Stellen bringen, wo sie nothwenLig sind, nn> den Wirkungen des bisherigen offenen und geheimen Mißbrauchs des Amtes entgegen zu arbeiten? Herr von der Recke hat einen längere» Urlaub angelreten; der Umstand, daß dies in dem Augenblicke geschieht, wo ein Minister des Innern in dem Gebäude Unter den Linden besonders nothwendig wäre, spricht siir die Nichtigkeit der Vermuthung, daß Herr von der Recke dorthin nur zuriickkehren werde, um sich zu verabschieden. Eigene Personenkcuntniß, gründliches Mißtraue» gegen de» Rath manches langjährigen Personalreferenten in Berlin und am Sitze der Ober präsidien, endlich Entschlossenheit, das sind die Eigenschaften, welche jetzt an der Spitze des Ministeriums des Innern nothwendig sind." — Drei griechische Offiziere werde» demnächst in Berlin eintreffe». Alle drei-Hnd bestimmt, in die Kriegsakademie zu Berlin einzütrete», in die für gewöhnlich ausländische» Offizieren der Ein tritt nicht gestattet ist. Der Kaiser hat aber bei der letzten An wesenheit des Kronprinzen Konstantin in Berlin, und zum Zeichen seiner besonderen Freundschaft für diesen, diese Ausnahme für einige griechische Offiziere zngelasscn. Auf der Kriegsakademie werden die erwähnten drei Offiziere, die des Deutschen vollständig mächtig sind, drei Jahre bleiben, um sie als Offiziere des Generalstabcs zu ver lassen. — Vom Augsburger Schöffengericht wurden am Dienstag zwei Maurer, die während des Maurerstreiks gegen die ans einem Bau beschäftigten Italiener durch Droh- und Spottruse demoustrirt und auch die Schutzleute verhöhnt hatten, je zu einer Woche Haft, ein dritter zn 4 Tagen Gefängnis; verurtheilt, weil er während der Unruhen in der Wertachvorstadt an jenem Abend, wo von der Polizei „Rechts gehen" <m.,emd»et war, diese Anordnimg mißachtet und einige Schutzleute, die ein paar renitente junge Burschen gepackt, deswegen beschimpft nnd sich schließlich seiner Verhaftung widersetzt hatte. — Ein Eiseudreher wurde zn einem Monat Ge fängniß verurtheilt, weil er am 1. Juli (drei Wochen vor den Un ruhen) Nachts 2 Uhr in der Wertachvorstadt zwei Schutzleuten be leidigende Aeußerungen zugerufen hatte. Allsland. Oester eeich-Ungarn. Es scheint nunmehr doch eine ne» Phase in der innere» Politik einzutreten. Den Konferenzen, die Baron Chlunietzky in den letzten Tagen mit de» Führern der Linken gehabts wird sowohl in deutschen, als auch in tschechischen Kreise» große Bedeutung beigelegt. Man glaubt, daß sich eine Aenderniig des Kabinels des Grafen Thun vorberei'te und daß ins besondere der Fiiianzmiuister Kaizl in nicht allzu weiter Ferne aus dem Kabinet scheide» werde. Die Beunruhigung der Majoritäts- Parteien spiegelt sich i» de» Aeußerniige» ihrer Organe wieder. Die alttschechische „Politik" glaubt, Chlunietzky habe den Antrag erhalten, die gemäßigten Fraktionen der Deutschen für die Annahme eines oktrvyirten Sprachengesetzes zu gewinnen und fordert die Majorität auf, aus ihrer Passivität herauszntreten. Die Klerikalen erklären dagegen, daß, mit Ausnahme der Polen, alle Majvritätsparlcien zum Bruche mit der Negierung bereit sind. — Dagegen hat im Kreise der Groß grundbesitzer bereits eine Berathnng stattgefinidcn, in welcher Weise die verfassungsmäßige Vollziehung der Wahl in die Delegationen zu ermöglichen wäre. Frankreich. Im „Fort Gnsrin* herrscht Todcsruhe. Seit einigen Tagen läßt sich Niemand am Fenster sehen. Man erwartet, daß der regelmäßige Verkehr in der Straße in diesen Tagen wieder reigegeben werden wird und andere Sicherheilsmaßregeln das Ent weiche» Guerin's und Ge wssen verhindern werden. Einem Gerücht zufolge hat das ganze Narrenspiel einen sehr ernsten Hintergrund. Es soll sich nämlich im Fort der Herzog von Orleans de in den. Wäre eS wahr, so würde sich die Hartnäckigkeit der Ge angenen erklären. Daß noch irgend eine Ucberraschung hinter den Rauern steckt, scheint zweifellos; denn die verlorene Sache und Herr Guerm dürsten den Genossen kaum den Muth einflößen, unter den Trümmern zu Grunde zu gehen. Die Polizei nimmt übrigen- eine ganz genaue Besichtigung der Personen vor. die herauskommen; auch die Mutter des erkrankten Genossen wurde genau besichtigt und fest gestellt, daß sie es sei. Sollte die Polizei an die Flucht des General» Lavalette in den Kleidern seiner JSu denken? Die Meldung, der Herzog von Orleans sei mit seiner Jacht an der Nordküste Frank reichs angekommcn und halte sich irgendwo in Frankreich oder sogar in Paris auf» scheint von der Negierung ernst genommen zu werden; sie hat den Unterpräfekten von Brest mit einer Untersuchung beauf tragt. — Gerüchtweise verlautet, General Mercier habe massenhaft Drohbriefe ans dem Auslande erhallen. — Wie aus Paris gemeldet wird, veröffentlicht der „Matin* anch Dokumenten aus dem Kolonialministerium Einzelheiten über di« Grausamkeiten, die sich die Mission Voulet-Chanoine hat zu Schulden kommen lasse». Am 8. Januar wurde ein Eingeborener» der erklärte, den Weg nach dem Oste» nicht zu kennen, aus Befehl Voulcts enthauptet. An demselben Tage ließ Voulet 20 eingeborene Frauen mit ihren Kindern, darunter Säuglinge, durch Lanzenstiche niedermachen; er wollte ein „Exempel fiatuireu". Ferner schoß Voulet eine», Schützen, weil er mit seiner Munition verschwenderisch umgegangen war, eioe Kugel in den Kops. Um dieselbe Zeit brannte die Mission eine Stadt von 10,000 Einwohnern nieder, die einen Handelsmittelpunkt bildete. Ferner wurde» zwei Träger, die, weil sie nur mit Lanze» bewaffnet waren, nicht gewagt hatten, Eingeborene, die mit Pfeilen bewaffnet waren, zu verfolge», ans Befehl Chanonies ohne llrtheil erschossen. Andere Blätter berichten, Voulet und Chanoine hätten sich die Hände der niedergemachten Eingeborenen bringe» lassen, um die Zahl derselben festznstellen. Rußland. Der russische Jnstizministcr Muraivjew hat an säminlliche Gouverneure des Reiches ein Rundschreiben gerichtet, in welchem er bekannt giebt, daß die vom Zaren eingesetzte Kommission zur Aufhebung der Verschickung »ach Sibirien demnächst über diese Frage ihre Entscheidung treffe» wird. Znnächst soll die Aufhebung der Deportation für Personen erfolgen, welche auf Be schluß der Städte- und Banerngcnieinde» bis jetzt nach Sibirien verbannt werden können. Die durch die Gouverneure cingeholten Gutachten der Städte- und Banerngemeinten haben sich rückhaltlos znstimmend geäußert. Eine Ausnahme machte nur, wie die „Odesstija Nowosti" melden, die Versammlung der Landeshauptleute Sedan in alter und neuer Zeit. Eine Skizze zum Scdanseflc. Von vr. Hans Hasselkamp. (Nachdruck verboten ) Seit den beiden ersten Seplembertagen des Jahres 1870 ist die stille Ardennensladt Sedan mit einem Schlage unter jene Orte getreten, deren Gedüchtniß und Ruhm nicht untergeht, so lange die Geschlechter der Menschen bestehen. Vor dem blutigen Glanze der beiden großen Schlachltage ist aber die sonstige geschichtliche Eigenart und Vergangenheit der Stadt gewissermaßen verblichen, und doch ist Sedans Geschichte wohl des Interesses würdig. Den» die Stadt War keines,vegs immer eine ruhige, abgelegene Provinzial- und Industriestadt; sie hat vielmehr Jahrhunderte lang als Hauptstadt eines selbstständigen Fürstentum» ein eigenes historisches Leben geführt und als ci» geistiger Mittelpunkt von Bedeutung weithin gewirkt. Und auch, nachdem dc s Fürstenlhiims an Frankreich gekommen war, haben sich gewisse weltgeschichtliche Begebenheiten der französischen Geschichte in de» Geschicken Sedans und der Sedanesen besonders scharf und charakteristisch gespiegelt. Eine eigene Fügung aber ist es, daß diese Stadt, die im 19. Jahrhundert sür Deutschland so wichtig werden sollte, von der Geschichte schon wiederholt vorher mit unserem Laude und seinen Erlebnissen vcrknüpst worden ist. So hören wir aus einer Zeit, in der Seda» noch jeder Bedeutung entbehrte, aus dem Jahre 1023, daß gerade hier eine Begegnung zwischen einem deutschen Kaiser, Heinrich 11., und dem fraiizöstschen Könige Robert statt- gesunden hat. Damals hat der französische Fürst sein Quartier in demselben Bazeilles gehabt, um das sich am 1. September 1870 die wacker» Bayer» wie die Löwen geschlagen haben, und hier hat ihn Kaiser Heinrich mit seiner fromme» Gemahlin Kunigunde ausgesucht und in srcnndschastlichem Gespräche bei ihm geweilt. In eine noch nähere Beziehung zu Deutschland aber kam Sedan, als das ganze Fürstenthum >»> Jahre 1424 durch Erbschaft a» ein westfalisches Adelsgeschlecht üborging, die von der Marl, oder wie sie sich französisch nannten: die La Marck, denen Sedan ungemein viel verdankt. Es war eine begabte Familie, diese La Marcks, geborene Herrschernaturen von großer Zähigkeit in d«r Verfolgung ihrer Ziele, aber auch gewandte Politiker und starke Krieger, — Eigenschaften, die sie füglich nicht entbehren konnten i» einer Zeit, in welcher der Krieg, die Fehde, die Regel war und die Geschicke eines zwischen mächtige Rivalen eingeklemmten Landes, wie des Fürstenthnms Seda», zwischen triumphirendem Siege und unmittelbar drohendem Verderben hin und her schwankten. Als eine merkwürdige Gestalt ragt unter den La Marcks besonders Wilhelm hervor, der der „Eber der Ardennen* genannt wurde, und nicht allein ein unbändiger, rückfichtsloser, wilder Mann gewesen, sondern auch äußerlich etwas vom Eber gehabt habe» soll. Mit Schauder erzählen die Chronisten von seinem dichten, borstigen Barte, seinen Augen, de eil Weißes blutig war, und von zwei langen Zähne», die aus seinen ausfällig vorstehenden Kinnbacken zu beiden Seiten hervörkamen. llebrigcns machte sich Sienr Wilhelm ans seinen, Beinamen eher einen Ruhm, that Alles, um ihn zu rechtfertige», trug eine» E^crkvpf ans seinem Helm, ein Eberfcll über den Schn tern und nahm den Eber in sein Wappen ans. Ans dem Heiligen machte er sich wenig, zerstörte und brandschatzte skrupellos Klöster und Stifte und hatte die verwegene nnd zynische Tevise: „8i IlioiR iro mo vouit, 1a Oiadlo mo znzost Der Mann, den der „Eber" mit seinem besonderen Hasse versvlgte, war Louis von Bourbon, Bischof von Lüttich, den er, nachdem er kaum mit ihm Frieden nnd Frenndschast geschlossen hatte, unbedenklich »erriech und, nachdem einer seiner Sohne durch einen unglücklichen Zufall bei einem von dem Lütticher gegebenen Feste erstochen worden war, mit eigener Hand tödtete. Aber anch er fand, wie bei seinem Charakter natürlich, ein gewaltsames Ende; in Utrecht wurde er 1483 wegen Vcrrathcs gegen Kaiser Maximilian znm Tode verurtheilt. Aller wilden Kämpfe nnerachtet wuchs und gedieh Sedan unter den La Marcks, die ihre Hauptstadt mit Mauer», Wällen und Gräben sorgsam schützten. Den entscheidenden Impuls aber erhielt die Geschichte der Stadt erst durch das große Ereigniß der La Marck- Pcriode: das Eindringen des Calvinirmns. Als die Protestanten und Calvittistell in Denlschland nnd Frankreich hart bedrängt und verfolgt wurden, fanden sie, zuerst unter Heinrich Robert von La Marck (seit 1556), in Sedan ein Asyl. Da strömten sie, besonders aus den Diözese» Rheims und Mezil-res, in großer Zahl der schützenden Ardenncnstadt zu, und diese gewann damit einen fast unschätzbaren Zuwachs an ruhige», intelligenten, kenntuißreichen nnd kunstfertigen Leuten. Männer der Wissenschaft und der Littcratur, Philosophen, Diplomaten waren unter diesen Refngws, wie z, B. der Gelehrte Louis Cappel und Duplessis-Mornay, der der Hngc- notlcupapst genannt wurde. Seda» ward durch seine Toleranz gegen die Versvlgte» bald so berühmt, daß Calvin selbst es besuchte; und es währte nicht lange, La bekannte sich Heinrich Robert selbst zu der neuen Lehre, ein Schritt, an dem seine eifrig calvmistisch gesinnte Frau, die energische und begabte Franyoise von Bourbon, keinen geringen ^ Aulheil gehabt zn habe» scheint. Von diesem Zeitpunkte an begann in den Mauern Sedans ein neues Leben. In dies neue Bollwerk des Protestantismus strömte» fortgesetzt von allen Seiten tüchtige Elemente; besonders seitdem di« erwähnte Franyvise von Bourbon als Ncgentin ein College begründet hatte, entwickelte sich hier eine große geistige Regsamkeit und Seda», bisher hauptsächlich mir Kricgsplatz und Fürstenresidenz, wurde ein berühmter und geseierlrr Sitz der Wissenschaften. Aber anch die Industrie ward damals in der Stadt l «deutend, — die Industrie, die bi- heut Sedan weithin bekannt gemacht hat. Sehr alt war hier die Fabrikation von Serge-Stoffen; seit der Milte dcs 16. Jahrhunderts aber hebt sich schnell die Tuchfabrikation, vielfach gefördert von den La Marck'S, die anch vlainische Fachkundige i» die Stadt zogen. Sv hat das deutsche Geschlecht Sedan vielfachen Segen ge bracht. Aber gegen das Ende dcs 16. Jahrhunderts war es nur noch durch ein junges Mädchen, Charlotte de la Marck vertreten, und durch die Heirath mit dieser Prinzessin wurde Heinrich de la Tour» Gras von Turennc, der nunmehr den Titel eines Herzogs von Bouillon amiahm, 1591 souveräner Herr des Fürstenthnms Sedan. So folgte» de» La Marck'S die de la Tonr's, gleichfalls eine protestantische Familie; ja Heinrich de la Tour war sogar ein fast fanatischer Parteigänger des Protestantismus. Ader halte eine Frau einst die Herren von Sedan dem Calvinismus zugesührt, so führte sie eine andere jetzt wieder in den Schvoß der katholischen Kirche zurück. Heinrichs Sohn Friedrich Moritz lernte aus einem Balle in Brüssel die schöne und kluge Eleonore von Berg kennen, verliebte sich in sie und trotz dcs heftigen Widerstandes seiner Mutter und des ihm nahe befreundeten Prinzen von Oranien gegen seine Ver ehelichung mit einer Katholikin hcirathetc er sic. Bald kam denn, was kommen mußte: Friedrich Moritz schwur 16.16 den Calvinismns ab; es heißt, bei einem tiefe» Studium der heiligen Schrift hätten sich seine Zweifel und Bedenken gegen den Calvinittnns bis zur Ueberzengnng von dessen Verkehrtheit gemehrt und verstärkt. War »un aber anch das Fürstenhaus wieder katholisch geworden, so übte es doch gegen seine früheren Rcligionsgenosscii die höchste Toleranz» wozu cs sich freilich schon ans Rücksicht auf die Zahl und Vedenttmg der Calvinisten in Sedan genöthigt sah. Sie bliebe» völlig frci und ungestört, nnd die Begünstigungen, die den Katholiken natürlich zn Thcil wurden, waren nicht geeignet, sie zu beiiachthciligen. Doch schon waren die Tage der Herrschaft der de la Tonl's gezählt. Friedrich Moritz verwickelte sich in die Politik der Fronde, zu der er sich als ein eifriger Gegner Nichelien's sehr hingezogen fühlte; er erschien bei der Verschwörung des Cinq-Mars arg kvnipromittirt und entging dem Tvdesurtheile nur durch völligen Verzicht ans sein Fürstenthum. Stadt und Land Sedan wurde» nun einfach in Frankreich einverleibt und der bekannte Fabert »ahm als Gouverneur Ludwigs XIV. in Sedan seinen Sitz. Der König hatte mit seinem neuen Besitze große Absichte» vor. Er ließ hier die starken Festungswerke anlegen, die Sedans strategische Bedeutung wesentlich erhöhten; er war aber auch auf die Förderung der Sedanesel Industrie bedacht. Diese verdankt in der That der Energie und Zweckmäßigkeit der Handelspolitik Ludwigs ungemein viel. Er ließ drei Pariser Kaufleute nach Sedan ttbersiedeln, ertheilte ihnen das alleinige Privileg, schwarze Tuche „iaaon ä'LspaAne sb äs üol- lanäe'- herzuflellen» und begründete so eigentlich die Fabrikation feiner schwarze Tuche, die Äs zum heutigen Tage für Sedan von
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite