Nr. 1. / Beiblntt zmn „Chemnitzer General-Anzeiger-' und zum ^Sächsischen Lanvbotrn" Li« tlörgler. Es giebt Menschen, die nie zufrieden sein können, und die selbst dann, wen» Alles nach ihrem Wunsche geht, noch immer Etwas herans- finde», was nach ihrer Meinung doch anders und besser sein müßte. Und wenn eS einmal gar Nichts zu tadeln und zu mSkeln giebt, da schaffen fie sich künstlich einen Grund, nur um nörgeln zu können, gerade als ob fie darin ihre Befriedigung fänden. Wenn solch ein Nörgler einmal gründlich -egen die Wand rennt, so ist mau hinterher in der Negel wenig geneigt, Mitleid mit ihm zu empfinden, mag er sich auch die Nase blutig gestoßen haben. Als ein vollwichtiges Exemplar dieser un bequemen Menschenklaffe kann der Privat schreiber Wilhelm H. in Zittau geltens, den seine Nörgelei unlängst sogar auf die Anklage bank führte. Er hatte eine» Tage» so lange genörgelt, bis den dadurch betroffenen Neben- menschen dir Geduld auSgiug »nd er die be- schuudene Nase weghatte, sogar buchstäblich. Au einem Sonnabend Anfang des Novembers v. I. beschloß er nämlich, nach der für ihn besonders arbeitsreichen Woche sich einuial Etwas anzuthun und sich einen vergnügten Abend zu mache». Dagegen war gewiß Nichts einzuweuden, denn Jeden, Gute» ist'« gezomrrn, Wen» am Abend sinkt die Sonnen, Daß er iu sich geht und denkt. Wo man einen Guten schänlt. Ein andrer Mensch wäre auch mit dem angenehmen Geschäfte sicherlich rasch zu Stande gekommen. Er hätte den Hausschlüssel in die Tasche gesteckt, Geld in seine« Beutel gelhan, seiner Alte» de» wohlgemeinten Rath gegeben, beileibe nicht ans ihn zu ivarten, unb wäre, seinen stSMgen und jeweiligen Bermögens- verhältniffm entsprechend, in ein Wein-, Bier- Oder Schnapslokal gegangen, um im Kreise «Uer Freund« und DanHenoffen i« aller Gemächlichkeit ein kluge» Wort »u sprechen und einen ausgiebigen Trunk zur Belebung seiner guten Laune zu thun. So einfach ließ sich aber bei de« hypochondrischen Schrci'berlein die Geschichte nicht an. Gute Freunde und wohlgeneigt« Zcchgenosse» hatte er nicht, weil er sich mit keinem Menschen lange vertragen konnte; der Wein war ihm zu thcner, das Bier zu kalt und der Schnaps zu ordinär; Thee und ver gleichen mochte er auch nicht zu sich nehmen, weil rS ihn gerade nach einem kräftige» Getränk gelüstete; die Wahl des Lokals macht« ihm gleichfalls Schwierigkeiten, iickem er a» allen ihm bekannten WirthShäusrrn etwas au»- zusehen hatte, und so war er zunächst rnthloS, wohin er seine Schritte lenken, und wie er de« vergnügten Abend überhaupt in Szene setze» sollte. Endlich nach langem Ucberlegen entschied er sich für ei» bekanntes großes Brauerei« AuSschank-Lokal, wo man für billige- GcL eine ausgiebige Mahlzeit bekam. Wenn da» leidige Bier wieder so kalt ist, dacht« er bei sich, kann man sich ja einen Grog braue» lasse»; der wärmt den Magen und erfreut da» Herze, und wenn man zwei oder drei Gläser trinkt, schläft man daraus wie in Abraham'» Schooß. Das war schön gedacht, aber mit der Aus« sührung haperte es, den» einem richtige« Nörgler ist's ja niemals recht zu machen- Schon Leim Eintritt iu das Lokal mußte er sich ärger», weil der Tisch, den er sich i« Geiste als Stätte seines vergnügten Abends ausgesucht hatte, schon besetzt war. Verdrossen knurrte er eine Verwünschung iu sich hinein, daß alle Kneipen Abend für Abend immer so voll seien, obwohl Jedermann nicht genug übe» die schlechten Zeiten jammern könne. Dan» suchte er sich möglichst abseits von aller fidelc» Gesellschaft in der Nähe des Füllofens eine» Platz, wo er sofort über die unerträgliche Hitze zu schimpfen begann, sich aber trotzdem niedev ließ und gebieterisch nach dem Kellner riest Daß dieser nicht augenblicklich zu Stelle war, sondern erst noch einen früher gekommene»