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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 18.03.1886
- Erscheinungsdatum
- 1886-03-18
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188603180
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18860318
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18860318
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1886
- Monat1886-03
- Tag1886-03-18
- Monat1886-03
- Jahr1886
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 18.03.1886
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1567 P». -olßtetm: Denn kenn « doch nicht aus ihn »ugespruagen sei»! (Gelächter.) Wingleit: Was in der Hitze de« Gefechte» passirle, kann ich nützt mehr jo genau wissen, halte ich gewußt, daß ich angeklagt werde» solle, würde ich mir die Sache genauer gemerkt Hoden. Es bekunden verschiedene Zeugen, oaß sie geschlagen worden seien, ReichstagS- abgeordneter Karl Frolime iagi ans, daß Leyeadecker keine Rede gehalten habe, denn er hade keine gel vrl; müglicherweije iei sie ge ballen worden, als ei einmal wcggegangen. Was sich direct am Grabe adgelpicli da,über vermöge er nicht» zu sagen, dagegen habe er Wingleit bemerkt, »no ar» oie Menge nach dem Thore geflüchtet, Nabe er ihn gesrag«, was den» dies Wes zu bedeuten habe. Wing- lei» habe erwidert: ..Za, ivenn unsere Herren da oben verrückt werden, so sangt diesdekanntlich iinKopica»." Zeuge sah dann, wie Wingleit sich au der Mißhandlung der Leute betheitigte; er mnbte jelbst aniänglich flüchten, um nickt aiedrrge rinc» zuiverde», und kam dann wieder heran, um zu sehen, ivas sich eniwictel» habe. Er tras dabei den Dippel, der von Wingleit verletzt wordcu. Als er dem Commiffar Meyer begegnete, theilte er ihn» den Vorfall mit und bat ihn um eine Sludieaz aus seinem Bureau. Er konnte sic ihm nicht gewahren und erwiderte aus Frobme's Bemerkung, daß er zum Polizeipräsidenten sahren wurde, er würde auch gleich da sein. Meyer unterließ es nicht, dem Zeugen sein Bedauern über die Assaire auszusprechen und betonte, da« er wiche» den Schutzleuten nicht befohlen dal». Er habe keine» Beiehl z»n> Dreinhauen gegeben und den Leuten Vorsicht anenipivylen. Der Polizeipräsident habe ihm (Zeugen) sofort eine Audienz bewilligt und eine Untersuchung des Vorkommnisses zuge- lagt. Wingleit verwahrt sich dagegen, daß er sich so unhöflich über seine Vorgesetzten geäußert und die Leute am Portale nieder- geschlagen Hab«, Kaufmann Oskar Füllgrade sprach bei Ankunft des TonducreS am Friedhos m,t Meyer in Gesellschaft von Hlller's Bruder. Mener forderte ilin zur Entfernung euier rothe» Kranzschleife aus und Ilieilte ihm mit, daß keine Rede» gehalten werden dürsten; doch gestatte er eine unpolitische Widmung, ,n der nicht von der Sociald.inokratie die Rede sein dürfe. Meyer bestreitet dies, woraus Füllgrade erklärt, daß er anläßlich eines aaderen Begräbnisses zu der Frage an Meyer veranlaßt worden, damals habe dieser ihm gesagt, daß rothe Schleifen dabei nicht ge duldet werden dürften, wohl aber roth und weiße. Zeuge Hab« geantwortet, wenn er dafür »orgen wolle, daß kein Schutzmann aus dem Kirchhof sei, so solle >edc Demonstration vermieden werden. Meyer hade das zugesagk und so sei dieses Begräbnis» ganz ruhig verlausen. Weil Meyer bei diesem entgegenkommend gewesen, habe er sich die Frage »ach der Widmung in der Hoffnung erlaubt, Meyer werde ihm solch« Auskunft geben, was er auch gethan hade. Ans dem Friedhöfe spielten sich dann die bekannten Scene» ab, ohne daß Füllgrade aber drei Aufforderungen gehört hätte. Er Höne nur, daß Meyer einmal aussordcrte und dann zum ersten, zweiten, viel leicht auch dritten Male sagte. Dann rasselten (der Ausdruck „rasselten" von SchutzmauaSsäbeln scheint uns gewagt. Red. d. L. Tgdl.j die Säbel, und eS erfolgte der Angriff. Die weitere» Zeugen sprechen sich über das „Hauen" aus. Franksurt a. M., 16. März. Der Polizeicommissar Koeppe, der dem Polizeicommissar Meyer uuterstellt war, erklärt, Meyer habe aus dem Friedhos etwas zu schnell zum AuSeinaudergehea aus- gelordert und zu früh vom Säbel Gebrauch machen taffen. Der Polizeicommissar Meyer behauptet, der von den Tdeilnehmer» an der Beerdigung gebildete Zug hätte der ertheiltea Instruction gemäß von dem Polizeicommissar Koeppe, der denselben aus dem Wege nach dem Friedhose zunächst überwachen sollte, ausgelöst werden müssen, weil alle Theilnehmer mit rothcn Blumen demoustrirt hätten, während Koeppe erklärt, er habe keinen Grund zum Einschreiten gehabt, nachdem der Polizeicommissar Walter Brauer den Zug vom Lterdehauie adgelassc». Hieraus folgt die Bcruehmung der durch die Schutzleute Berletzten. In der Nachmitiagssitzung sagen die Polizeicoaimissare Mühlenbroich und Ellrich aus, daß ver- schiedene Zeugen bei der Vernehmung noch unter dem frischen Ein druck des Ereignisses geäußert hätten, die Pausen, welche Polizei commissar Meyer zwischen den einzelnen Aufforderungen gelassen, seien genügend gewesen. Unbethciligle außerhalb des Portals stehend« Zuschauer erklärten bestimmt, daß die vor dem Thor« postirten be- ritteuen Schutzleute in die Action nicht eingegriffen hätten, wie vou den Theilnehmern am Letchenzuge de- Oesteren beliauptet worden. — Frankfurt a. M.. 15. März. Ueber den Tod Vr. Barrentrapp'S meldet die Münchener „Allgemeine Zeitung": Heute früh starb nach beinahe vollendetem 77. Lebensjahre der Geheime Sanitätsrath vr. weck. Georg Barrentrapp, dessen Raine unvergänglich mit den Fortschritten der Sfsentliche» Gesundheitspflege in Deutschland und zumal io Franks verbunden ist. Er war dahier am 30. März 1609 geboren als Sohn eines angesehenen ArzteS, des Prosessors lind pkveftu« priwariuu I)r. Lonrad Barrentrapp, ftudirte Mcdicin in Heidelberg, Slraßdurg und Würzdurg und promovirte an der letztgenannten Hochschule am 24. September 1831. Er wurde zunächst Arzt in Frankinrt und 1841 Hospitalarzt am Krankenhaus zum heiligen Geist. Äon« 8 April bi- 21. Juli 1838 machte er eine medicinische Reise nach England, Holland und Belgien; da« 1839 im Druck erschienene „Inge- buch" desselben zeigt das rege Interesse, mit dem er schon damal» medicinischc und hygieinische Einrichtungen betrachtete. Die 1840 in seiner Vaterstadt angeregte Reform des Gefängnißwesens veranlaßte Larrentrapp, seine Aufmerksamkeit den Besserung-,ystemen zuzu wenden. 1842 wurde er mit Nöllner und vr. >n«<l. N. Julius Herausgeber der „Jahrbücher für Gesängnißkunde", und 1846 berief er den Eongreß für Olesängnißweien in Frankfurt zusammen. Ende 1860 wurde unier Barrentrapp'- Mitwirkung die Gemeinnützige Ballgesellschaft gegründet, welche unter seinem langjäbrigcn Vorsitz durch Schaffung gesunder Arbeiterwohnungen so viel Segen gestiftet hat. Gleichzeitig wendete er seine Ausmerksamkeit der Schulhygieine zu, sowohl als Schriftsteller, wie als Mitglied der gesetzgebenden Versammlung. Aber das größte Werk, welches seiner rastlosen Agita- i on zu verdanken ist, welches nicht nur seiner Vaterstadt Rotzen gebracht, sondern weithin Anlegung zur Verbesserung gegeben hat, ist die Einsuhrung der Canalisation nach dem System der Schwemm-Siele. Barrentrapp konnte bei solchen Gelegenheiten mit seinem Fleiß und seiner Fassungskraft sich in alle Einzelheiten einarbeiten. So war er 18K1 Mitglied der Commission, welche die Pläne dazu auSzu arbeiten halte, und trotz der Ereignisse von 1866 konnte bereit» im April 1867 das große Werk in Angriff genommen werden. Barren- trapp hat auch die erste deutsche Zeitschrift für Hygieine in Deutsch- land gegründet, von welcher der 18. Band im Erscheinen begriffen ist; er hat bis vor Kurzem, trotz der Gebrechen des Alter», a» ihrer Leitung Antheil genommen, und gelegentlich seines Rücktrittes bat Herr Pros, v Pcttenkoser Namen» der Mitarbeiter und Leser ihm Dank auSgesprocken. Varrentrapp'söOjährigesDoctorjubiläum am 24. Sept. 1881 gab Veranlassung, seine Verdienste übersichtlich barzulegen; zum Andenken wurde ihm das Werk überreicht: „Frankfurt in seine« Iiygiemischen Verhältnissen und Einrichtungen", wo ans mancher Sette seiner Dhätigkeit gedacht ist. Wir konnten i» der vorstehenden Skizze nur die »ach außen wirkenden Seiten von Barrentrapp'S Dhätigkeit er wähnen, nicht die stillere als Arzt und Mitglied wissenschaftlicher Lrreiae. Nur das mag noch angeführt werden als Beweis der Gründlichkeit, mit welcher ec sernliegendc Gegenstände sich anzueignen verstand: Gelegentlich der in den sünsziger Jahren angeregte» Ver mehrung der BuiideSarmee wurde Barrentrapp mit dem Bericht über die Wirkungen beaustragt, welche eine solche Vermehrung aus Frank, kurt äußern würde. Seme Arbeit, welche 1858 veröffentlicht wurde, fiel so gründlich aus. daß die Rcdactton des „Gothaischen Almanachs" die Tabelle Barrentrapp'» als die beste Uebcrsicht über de» Stand bet Bundrsheercs s» den Jahrgang 1862 ausnahm. — Men tone» 13. März. Nachstehend die Liste der beim Eisenbahnunglück bei Montecarlo Berunglücklcn Todt sind: 1) Douvergne. Locomotivführer de» Zuges 502. gelüstet unter ter Maschine gesunden; in zwei Mcnaten hätte er seine Dienstzeit beendet gehabt; 2) Justin Fürand, Chesconducleur; 3) Jean Ferrara, Unternehmer von Bentimiglia, 4) Laurent. Heizer des Zuges Nr. 502, gebürtig aus dem Departement Var» 5) JacqueS Novaro, 86 Jahre alt. aus Bentimiglia; 6) Frau Prieur. Gattin des unten erwähnten Herrn Prieur; 7) Jacques Prcve. Italiener. Verwundet fmd: 1) Sebastian Novaro. Sohn des oben erwähnten No varo: 2) dessen Frau, 3) Frau und 1 Fräulein Dagniiio aus rem Departement Loire el-Chrr; 5, Frl. Hanser; 6) Frl. Tofleyn. Schauspielerin: 7) Frau Toffel,», deren Mutter; 8) Frl. Chasat, Schauspielerin am Casino in Montecarlo; 9) Laorenl Gugüemi; 10) Odiardi; l t) Giordan. sämmllichc drei auS Montecarlo; 12) Frau Dcmange. Müller der oben genannte» Frau Prieur; 13) Herr Prieur, Bijoutier aus Paris; 14) Frl. Prieur. dessen Tochter; 15) Herr Jung- blulh, Besitzer des .Grand Hotel" in Montecarlo; 16) Frau Poinsot; 17) Frau Landrin a»S Divauban Bar); l8) Frl. Cavenz; IS) Frau Danvrin; 20) H. LouiS Roche auS Mar seille: 2l) Frau Gallot aus Saint-Ehamond (Hotel Eon- ktnental in Montecarlo); 22) Herr Aug Lnrchim auS Mar seille: 23) Frau Henncr, Lchanspielerii, auS Monaco; 24) Fra» Wwe. Beck, Reulnerm aus Monaco (cmr Ange hörige de» deutsch« «eiche». Red); 25) Her, Henri Fer rari, Kellner au» Nizza; 26) Herr Perinarco, Kaufmann au» Mentone; 27) Herr L-on Roux, Student auS Marseille; 28) und 29) Herr und Frau Hu; 30) und 3l) Herren Emile und Albert Hu; 32) Herr Hcrcule Morel; 33) Frau Morel 34) -Herr Moreau; die letzteren sieben Personen sind nur leicht verwundet. Herr Dikelcl, der Angestellte de- Bahn hofs Cabbö-Roguebrune, aus welchem die directe Verantwort lichkeit sür daS Unglück zu laste» scheint, ist ungefähr 30 Jahre alt und ist seil sechs Jahren im Dienste der PariS-Lyon- Mittelmeer-Gcsellschast. Sitzung der Stadtverordnete«. Vorläufiger Bericht. * Leipzig, l7. März. Am RathStische anwesend: die Herren Statträthe vr. Wangemann, Heßler, vr. Messer- sckmivt, Dürr. Aus cuiem unter den Registranden-Eingängen befindlichen Schreiben des RalhcS gehl hervor, daß die Bemühungen de- Letztere», von den Besitzern der betreuenden Grundstücke de» ThomaSgäßchenS eine Bcrlänzerung der Frist zu erlangen, bis zu welcher sie an ihre Zusage gehalten sind, keinen Erfolg gehabt, vielmehr einzelne der HauSeigenlhümer jede Ber- ängerung der Frist avgelebiit haben. Ter Herr Picevorsteber vr. Zenker bemerkte hierzu, daß nach den Erklärungen der Herren Vorsitzenden der beiheiligten Ausschüsse die Angelegenheit der Verbreiterung tcS TbomaS- gäßchens noch im Lause diese» Monats zur Plenarberathung gebracht werden solle. Tie Vorlage wegen Abgabe von Ga» zum Productionsprcise an die anglikanische Kirchcngemeinde wird genehmigt. Tie Positionen 31—36 dcS Conto 10 de» diesjährigen HauShaltplaneS „Woblsahrtspolizei" werden genehmigt. In diesen Conten sind 115,004 .6 mehr sür Straßenbeleuchtung eingestellt. Der etwa« ungünstigere Abschluß deS hierauf berathenen SpecialbutgelS „Gasanstalt" gegen da» Vorjahr — um 65,000 — wird mit Hinweis aus die niederste» gangenen Preise sür Nebenproducle molivirl. DaS Conto wird nack längerer Debatte gemäß dem Ausschuß-Anträge genehmigt. Schließlich ersolgt die Erledigung des Conto ll „Feuer löschwesen", und auch hier beschließt da» Collegium dem AuSschußantrage geniäß und nnt Ausnahme der beanstandeten Positionen Genehmigung. Hieraus solgt eine nicht öffentliche Sitzung. Landtag. (Speeialberlcht de» Leipziger Tageblattes.) Erste Kammer. ». Dresden, 17. März. Die 42. Schling eröffnet- der Prä- sident von Zehmea Vormittags ll Uyr. Tcrielbea wohnten Staat-minister vr. von Gerber und zahlreiche Rälhe deS Tnltns- ministerium- bei. Zur Tagesordnung stand der Bericht der zweiten Deputation über die Capilct 88 bis mit 102 deS Zuschußetats, betreffend das Departement des Cultus und öfsentlicheu Unterrichts. (Reserent: Herr von Trützschler.) In der cröfflicten allgemeinen Debatte sprach sich Freiherr von Tauchnitz über t»e cingesührte deutsche Rechtschreibung und den Mangel zu erreichender Einheit ans. Die Ausnahme dieser Maßnahme habe ihn mit großer Freude erfüllt, derselben sei aber alsbald große Ernüchterung »ns Enttäuschung gefolgt, da ein Wirr warr derbeigcsührt worden, und eine Zersplitterung eingetrelen ist. Die Kinder werden in »euer Orthographie belehrt, in späterer Stellung werde dagegen sehr häufig diese geradezu verboten. Traurige Erscheinungen würden um deS Umstandes willen, daß die Tages preise sich in der Mehrheit ablehnend zu der Neuerung verhält, i» der Literatur herbeigesührt. Wie unangenehm müsse diese Ver wirrung den Ausländer berühren. Da aber eine Umkehr nicht «ehr möglich, nichtsdestoweniger aber der jetzige Zustand unhaltbar er- scheint, so sei eS wohl angezcigt, einen Schrill vorwärts zu Ihn». Obschon o»S »n» der Mittelpunkt einer deutschen wissenschaftlichen Akademie (wie in Frankreich re.) fehlt, auch von staatswegen den Erwachsenen eine bestimmte Orthographie nicht befohlen werden kann, so könne doch durch Anbahnung der Herausgabe eine« Werkes, welches den deuischen Sprackichatz erklärt und die neue Recht schreibung behandelt, wenn dieselbe unter staatlicher Autorität erfolge, sicher ein großer Nutzen geschaffen werden. Wenn sich der Herr Cultusminister entschließen könnte, zu einem derartigen Borgehen die Hand zu bieten, so werde er sich sicher lebhafter Sympathien erfreuen und bitte er daher, seine Bitte in wohlmeinende Erwägung zu ziehe». Bürgermeister Beutler wendete sich gegen die Uebelständ», welche der Schuljahrbeginn zu Ostern mit sich führe, wie da» Sommerhalbjahr dieses Jahres beispielsweise ein sehr kurzes sei, welches kaum eine Bewältigung des Lehrpcnjums zulassen werde. Er vermeinte, daß es ihm nickt absolut nothwendig erscheine, das Schuljahr mit Ostern beginne» zu lassen. Oberbürgermeister vr. Andrö schloß sich den Ausführungen des errn v. Tanchnitz voll und ganz an, sprach sich ober auch sür die othwcndigkeit auS. die deutsche Sprache nicht nur einheitlich geschrieben, sondern auch ohne Durchsetzung init Frcmdwöretrn auftreten zu sehen. Er erhoffte, daß daS Gefühl sür Reinheit der Sprach« mit der be stehenden Bewegung erfeeulich um sich greifen möge. Staatsminiftir vr. v. Gerber sprach sich durchaus sür die Ausführungen des Freiherrn v. Tanchnitz aus, dem er wohl glaube, daß er die bestehenden Mängel schwer empfinde. Wenn der- selbe ihn jedoch ersuche, zur Abhilfe b-izutragea, so müßte er dagegen sagen, daß dergleichen Maßnahmen über die Grenzen seines Wirkungskreises hinausgehen. Bezüglich der Schule seien allerdings Bortheile erreicht worbe». Möglichste Gleichartigkeit mit herbeisühren zu helfe», sei er gewiß gewillt, und werde er daher die gegebene Anregung in eingehendste Erwägung ziehe». In der folgenden Specialdebatte nahm bei Lap. SO (kathol. geistk. Behörden) Bischof Bernert Gelegenheit sür allseitig bewiesene- Wohlwollen seine» Dank auszudrückcn, dann aber den in zweiter Kammer gefallenen — vom socialdemokratischen Abg. Geyer aus gesprochenen — Beschwerden gegen katholische Geistliche und deren Zudringlichkeit bei Begräbnissen, energisch entgegenzutreten und zu er- klären, daß weder früher noch jetzt von dem Beichwerdesührer Lin- Wendungen an maßgebender Stelle erhoben worden seien. Aus dem katholischen Friedhofe Hab« der Geistliche nur seine Pflicht, die Gebet leistung und Einsegnung, wie dies die Kirche vorschreibt, zu voll- ziehen, erfüllt. Da eia Einspruch überhaupt nicht erfolgt sei, so nehme es ihn Wunder, daß eine Beschwerde im Landtage vorgebracht wor den sei. Sichersich müsse er die Geistlichkeit wiber die Anklage der Inhumanität, Zudringlichkeit re. in Schutz nehmen und dagegen protestiren, daß geistliche Handlungen herabgewürdigt werden. Bei Eopitel 91 (Universität Leipzig) nahm Prosessor l>r. Frick« da» Wort, um den Ständenjund Deputationen sür woblwollenoe Bc- urtheilung Dank zu sagen. Könne er sich auch mit der Verlegung der Bibliothek an eine» entfernteren Platz nicht ganz einverstanden erklären, so erboste er dennoch das Beste von der Verlegung und habe er daher auch für diese Fürsorge d.r königl. Staatsregiernng nur Dank zu sagen. ES dränge ihn jedoch, auch einigen Klagen, welche in der zweiten Kammer in wohlwollendster Weise vorgebracht worden sind, zu begegnen. Betreffs der akademische» Freiheit und ihre ! schlimmen Seiten sei ein Mittel zu erfolgreicher Abhilfe bis setzt j nicht gefunden worden und sei das auch um so schwieriger, als dieie Freiheit auch der guten Seilen nicht entbehre. Die in jenseitiger Kammer nicht so scharf bemängelte Mensur erscheine ihm eher eine Schattenseite der akademischen Freiheit. Diese Frcibeü habe sich in den letzten Jahrzehnten ohnehin und ganz von selbst abgeschwächt und befinde sich mehr und mehr aus dem Wege der Besserung. Hinsichtlich der bemängelten ausgedehnten Uuiversitätsserien habe er zu erklären, daß diese sich als nothroend'ge ruhigere Ergän- zungszeü sür die Berufsarbeit der Pro cssoren sowohl, als auch als nothwrndige Ergänzung-zeit zum Durchstich»..» der gehörten Collegiea sür den Studirenden erweise. Gegen die Bemängelung der Ttudieneinrichtnng bei der juristi schen Facultät und den Wuiffch, Pandertenlehre statt der Institu tionen den Lchrbegiiin macken zu lassen, habe er zu bemerken, daß gerade die Institutionen dazu eingerichtet sind, den jungen Man» in das juristische Studium einzuiühren. Bezüglich der gerüqien Schwierigkeit der Examina führte der Redner aus, daß in denselben durchaus keine übermäßigen Anior. d:runqen gestellt würden, so daß dem Tücht-gcn nicht bange zu se n brauche. Die Examina seien öffentlich, würden durchaus menichlich abgehalten und seien durchaus keine Folter, wie ans der jenseitigen Rede bervorzugehen scheine. Minister vr v. Gerber bemrrkte. daß die Entfernung der Bibliothek vom Augusteum 11 Minuten betragen werde, ein« Entfernung, welche in einer größere» Stadt durchaus nicht al« be trächtlich zu erachten sei. Ganz besonders müsse er sich gegen die zur Aeußerung gelangte Ausfassung wenden, mü der Verlegung der Bibliothek auch gleichzeitig die Universität zu verbinden, um beide bei einander zu behalten. Scho» mm der historische» Stell« der Laiideshochscknlc wegen, deren historiichc Entwickelung der Redner in kurzen Zugen aussührle, müsse jeder Wohlmeinende sür Ber- bleib der Universität sich aussprechen. Bei Capitel 93 (evangelische Kirchen) sprachen sich mit freudiger Anerkennung sür den in zweiter Kammer eingebrachteu Antrag Heger „der Staatsregiernng zur Erwägung anheim zu geben, daß de Beihilfe zu Baulichkeiten an Kirchen und Psarrgedänden in nächstem Etat entsprechende Erhöhung erfahre", und sür die rr» solgte Erhebung dieses Antrags zum Beschlüsse die Herren v. Friese», Lup Pank, Oberhosprcdiger vr. Ko hl schütter aus. Staat-minister vr. v. Gerber erklärte, daß das Ministerium gern bereit sein werbe, den Antrag Heger in wohlwollende Er wägung z« ziehen. Auch bei Capitel 94 (Gymnasien rc.) nahm derselbe Redner, ohne Anregung ans der Mitte der Kammer. Gelegenbeit, die gegen Rector und Lehrer des zur Nn'üebnng bestimmten Realgymnasium» in Plauen i. V. geäußerten Angriffe zu widerlegen und zu erklären, daß gegen Energie, Hingebung, Treue, Gewiffcnhastigkklt und Un parteilichkeit der Genannlen Nichts eiuzuwende» sei. diese sich viel mehr de» volle» BeriraucnS des Ministeriums noch heute erfreuen. Die Ursache der Aushebung liege gänzlich außerhalb der Person und gründe sich aus durchaus andere Faktoren. Zu Capitel 94 «7. (allgemeine Fonds sür Gvmaasialzwecke rc.) und zwar zu Tilel 5» den Neubau der LaiidrSichule zu Grimma, sprach sich Herr v. d. Planitz aus und beantragte derselbe, da er die Nothwendigkeit nichl erfinden konnte, „das von der Regierung vo» gcleqte Postulat von 400,000 .B. obzulehnen". Herr v. Böhla« stimmte dem Vorredner durchaus bei. Staalsminister Vr. v, Gerber, überrascht von dem Verlaus der Polemik, bemerkte, daß die »weite Kammer ihren Beschluß auf den Augenschein gegründet und sicherlich sonach an Ort und Stelle da» Bedürsniß erkannt habe. Der Antrag vou der Planitz wurde durch Annahme de- Majori- tätsvotumS abgelehnt. Auch bei Eapilel 940. Titel bd, 1 (Gymnasium Schneeberg), brachte Herr v. d. Panitz ein widersprechendes Votum ein. Er begründete dasselbe mit Bezugnahme aus das sich stetig mehrende gelehrte Proletariat, welches bei Beortdeilnug der Frage wohl in Er- Wägung zn ziehen sei. Er beantragte, die Petition de- StadlrathS in Schneeberg aus sich beruhen zu laste». Gegenteilige Meinung vertraten Kammerherr v. ErdmannS- dors, Gras Könaeritz und Oberbürgermcister vr. Georgs. Der Antrag v. d. Planitz fiel gegen 5 Stimmen. Für die aus Borna und Freiberg (sür die Realgymnasien be stimmten resp. erwünschten Beihilfen) bezüglichen Positionen hatten die Mitglieder Beutler, Heinrich Hirschberg einen Er- wägungsaiitrag eingebrachl und mündlich begründet. Derselbe wurde ledoch abgelehnt. Die sämmilichen Cavitel und Einzeltitel fanden gemäß der Vor lage durchaus im Anschluß an die Beschlüsse zweiter Kammer Annahme. Sitzliiig-jchliiß erfolgte nach 4 Uhr. Nächste «itznng: morgen. Zweite Kammer. f Dresden. 17. März. Die heutige 74. öffentlich« Sitzung begann Vormittags 10 Uhr. Am Regierungstische waren anwesend die Herren StaalSminister von Nostitz-Wallwitz und von Könneritz, sowie mehrere Regierungsconimissare. Als erster Gegenstand befand sich aus der Tage-ordnung die Wahl dreier Mitglieder und zweier Stellvertreter zur Besetzung deS Staatsgerichtshose» nach Maßgabe des tz. 143 der Verfassung. Se. Majestät der König hat aus di« Zeit vom Schluffe des gegenwärtigen bis zum Schluß dcS nächsten ordentlichen Landtags den Präsidenten de- Oberland» sgerrchis von Weber zum Vorsitzenden, ferner die Scnaispräsidenten bcs LberlandcSgerichls Appellation-. gerichtSpräsident Klemm, Werner, Lamm, sowie die Rälhe des Oberlandesgericht-:Ob«rappkllationsralh Klemm, Oberappellations- rath Preil, OberoppellationSrath Neidhardt zu Mitgliedern des StaatsgerichtShoses zu ernennen Allergnädigst geruht. Ja der Ersten Kammer, und zwar in der Sitzung vom 12. d. M.. waren gewählt worden: als wirkliche Mitglieder Geh. Hoirath Beschorner in Dresden, Justizraih Vr. Strödel in Dresden und Justizrath Oehme in Leipzig, sowie als Stell- Vertreter Justizrath vr. Stein I. und Senatspräsident a. D. Noskv, beide in Dresden. Die Zwcite Kammer wählte und zwar aus Antrag de» Abg. UHIema nn-GSrlttz und Genossen ver Acclamation: zu wirklichen Mitgliedern Senat-Präsident a. D. Otto in Dresden, Just zrath Rechtsanwalt Or. Schassrath in Dresden und Justizrath Rechts- anwall Hösner in Nossen, sowie zu Stellvertretern Rechtsanwalt Temper in Zwickau und Geh. Justizrath vr. S t ü b e 1 in Dresden. Hieraus trat die Kammer in Schlußberathung über den Bericht der Fiuanzdeputation L über das königl. Tccr>t Nr. 26, die Er bauung mehrerer Secundairbahnen, und zwar ». von Annaberg bez. Buchholz über Schlettau nnd Scheibe,,borg »nd daS Mittweidathal nach Schwarzenberg, l>. von Schönseid über Tannen- becg nach Geyer und o. von Schwarzenberg bez. Grünslädlcl im Pöhlalhale bis Hammer Ritter-grün betreffend. Es beantragt daher die Mehrheit der Devutation (die Abgg. May, Päßler, Ullrich, Messerschmidt. Philipp): die Kammer wolle beschließen: der Kammer zu empsehlen, die von der königl. Staatsregierung Forderten 5,721,000 zur Erbauung einer normal- purigen Bahn von Annaberg nach Schwarzen- berg zur Zeit abzntehnen, dagegen dieselbe zu ersuchen, nächstem Landtage eine Vorlage zu machen, welche »nler Rücksichtnahme aus die Finanzen de- Landes eine Anichließung der zwischen Schwarzenberg und Annaberg gelegenen Gegend unter Berücksichtigung ErottendorsS an das Ltanlsbahnnetz ermöglicht." Die Minorität der Deputation (die Abgeordneicn Gelbkej, Heger, Kökert, Kreßner und Niethammer) dagegen be antragt : „Die Kammer wolle beschließen; a. die Herstellung einer »ormalipurigen Secundairbahn von Annaberg beziehentlich Buchhol» über Schlettau, Scheibenbcrg und durch das Thal der Mittweida nach Schwarzenberg, z» genehmigen; . d. die zur Herstellung derselben erforderlichen 5,721.000 ^l zu bewilligen und im außerordentlichen Staaiskau»haIts>Etat einzustellen; o. di« SlaalSregieruag zu ersuchen, sie wolle dem nächsten Land- tage eine Vorlage wegen Erbauung einer schmalspurigen Schleppbahn von Bahnhof Schlettau nach Crotten dorf machen." Die aesammte Deputation beantragt endlich: Die Kammer wolle beschließen: „1. zur Herstellung: e. einer schmalspurigen Secundairbahn von Schän- feld über lannebcrg nach Geher" 6. einer schmalspurigen Secuiidairbohuvon Schwarzenberg, beziehentlich Grünstädtel im Thale der Pöhla bi« Hammer-Rittersgrün ihr Einverstäiidniß zu erklären; U. der Slaalsregierung sür die Aussükru"g der zuvor bewilligte» Linien genannter Bahne» und der vabei sür erforderlich zu erachtenden Anschlußgleise da« Exproprialiousbesugniß zu er- theilen; HI. die zur Herstellung der voriedachten Eisenbahnen ersorder- lichen o. 916,450 ^!, il. 986,640 ^l, letztere Summ« als Berechnungsgeld z» bewilligen und im außerordentlichen StaatSbaushalls-Etat einzuftellen; IV. die auf vorstehende- Decret bezugbabenden zahlreichen Petitionen, soweit sie nicht durch vorstehende Beschlüsse als erledigt anzukeken, der königl. Staatsregiernng zur Kenntniß- nähme zu übergeben." Namens der Maioritä» reserirte Abg. Philipp. Das Minorität-volui» begründete Abg. Niethammer in länger als einstündiger Rebe. Redner schloß mit der Nvoslrovhe: „Tie ganze Differenz zwischen dem Volum der Majorität und der Mi norität ist das geringere oder größere Beriraue» zu der Regierung." Abg. Philipp wie» diesen Vorwurf gegen die Majorität mit aller Entschiedenkeil zurück und ist erstaunt darüber, daß der Votant der Minorität die fiiiaoziellen Bedenke» der Masorilä» in k wer Weift zu entkräfte» veriuchl hat Es sei auch durch nichts die Noth- wendigkeit erwiesen, daß die Einmündung in Tchönseld eine solche sei, die vom Staate unter allen Umständen gebaut werden müsse. Abg. Möbius meinte, es wä-e doch wobt an der Zeit, daß man den, oberen Erzgebirge die ft,t 31 Jahren b-rb-igeftl'»!: Eiftiibalin- verdmdung Annaberg - Schwarzenberg endlich einmal bewillige. Es hnte in den betreffenden Kreisen sehr unangenehm berührt, daß di« Majorität der Deputation in ihrem Berichte die schriftlichen und mündlichen Bestrebungen sur das Zustandekommen der Eisenbahn Aitiiaderg.Schwarzenberg als „theilweise die Grenze eines unerlaubten Egoismus »reisend" bezeichntt hat. ES bandele sich um den voll- berechtiglc» Wunsch der Herstellung einer Verbindung zwischen den Hauptverkehrspnncien des Erzgebirges. E»n schreiendes Unrecht werde eS sei», wenn man jener Gegend nicht hellend cutgegenkommen wollte. Redner verwendet sich dcS Weitere» sehr eingehend sür da» Majorität-- Votum und beantragte schließ.ich „namentliche Abstimmung". Dieser Antrag wurde ausreichend unterstützt. Abg. May erinnerte daran, daß er früher dem Bau einer Bahn von Annaberg nach Lckwarzenberg das Wort geredet Hab«, diese heikle Frage werde aber jetzt ganz ungebührlich ausgebauscht. Rach der Aussprache de» Vorredners schone es fast, als wenn das ganze Wohl deS Landes von dem Bau der Bahn abhänge und als wenn da» obere Eijgebirge zn Grunde gehen müsse, wenn die Bahn nichl nach dem Wille» der Herren in Annaberg und Schwarzenberg gebaut werde. So schlimm sei eS aber nicht. Durch das mittelst königl. Deere«» von 1883 in Aussicht gestellte Lchnialspurnetz würde de» Wünschen der den sämmtlichc» Anwohnern jener Gegend, mit Aus- nähme von Annaberg, Buchholz und Schwarzenberg. Rechnung ge- tragen worden iem. Die völlig veränderte Vorlage sür eine Normal- spurbah» rcckiseiligle den von der Majorilät der Deputalion ver- langten Aufschub, um die höhere Aufwendung sür die gleiche Ver- biiidung zu begründe». Abg. Uhl»«»»,,. Lloliberg, als Vertreter von Elierlein und Geyer, wünickic, daß Sic Eisenbahnverbindung in jener Gegend, wie sie uriprüiigück von der Regierung geplant »ewcs n sei, so bald wie möglich hergesleUi werde und zwar nach eine», verbesserien Projekte, da» allen Wünsch » der Anwohner jener Gegend Rechnung trägt. Redner stellte den Antrag: Die Kammer wolle beschließen: „die gegenwärtige Vorlage abzulehnen und der königlichen Siaatsregierung behuss schleuniger Ausführung eines de» Vorschlägen des königl. Decret» von 1883 enlsprechendcn B. hiinetzes 7 Millionen Mark zu bewilligen und der königl. Staatsregiernng hierzu die Exproprialiousbesugniß zu er- theilen." Dieser Antrag sand ausreichende Unterstützung. Viceviäsidciit Streit trat sür die Regierungsvorlage lebhaft ein und besünvorllte das Minornäts-Gutachlen. Eine Bollbahn nnt Sccnndail betrieb von Annaberg bez. Buchholz über Schlettau. Sckcibeabcrg und durch das Thal der Millweida nach Schwarzen berg sei das einzige und richl gste Mittel, um den Wünschen der Bewohner des oberen Erzgebirges zu entsprechen. Aba. vr. St raumer betont die Nothwendigkeit dieser Bahn im Interesse de» ganze» Erzgebirges bi- herunter nach Chemnitz. Die Frage sei nur, ob Schmalspur oder Normalipur. Er könne nun und nimmer »ngeden, daß jetzt noch von einer Schmalspur die Rede sein könne. Da» Bedürsalß tordere dringend die Normalspnr. Es sei eine Ehrenpflicht der Kammer, daS im vorigen Landtag gegebene Bei sprechen «i»,»lösen. Staat-minister von Nostitz.Wallwitz trat der Unterstellung entgegen, als ob eS der Regierung nicht Ernst gewesen sei mit der gegenwärtigen Varlage, weil sie sonst von ihrem Vorschlag« von vor 2 Jahren nicht hatte abgehcn dürfen. Die Regierung habe nach eingehender Eiwägung sich überzeugt, daß den voikswirthschastlichen Interessen de» ganzen Erzgebirges besser entsprochen werde durch die jetzige Vorlage, nur desyalb sei sie von der früheren odgegangen. Daraus könne der Regierung ein Vorwnrs Nicht gemacht werden. Eine Ablehnung der Vorlage werde eine große Verstimmung in de» bcltioligten Kreisen zur Folge haben, gleichzeitig bedeute aber die Verschiebung der Vorlage bis zum nächsten Landtage eine Ver zögcrung unseres gelammten EiseiibahnbaucS >m Land« um volle zwei Jahre. Und Das werde wohl auch die Majorität der Depu tation nicht wollen. Er bitte daher um Annahme des Minornäts- antrags. Abg. Schreck befürwortete gleichfalls da-Minorität-votuin, das dem langen Kriege zwischen Annaberg und Schwarzenberg ein aller- seil- befriedigendes Ende bereiten werde. Wcii» er fick scy«, ent gegen seiner früheren Ansicht, sür die Normalspur ausiprechc. so geschehe daS aus Grund des Gutachtens eines ,hm nahegehciiden ichwcizerischcn Sachverständigen, der die Schmalspuren Deutschlands an Ort und Stelle stubirt und sich dahin ausgciprochen habe, daß man die Nsrmalspur da deibchaltcn solle, wo es irgend angeht, und daß die Schmalspur nur dahin gehöre, wo das Terrain eine andere Bauweise nicht zulasse. Abg. Ackermann bemerkte, daß in dem Minoritätsberichte den meisten Effect auf ihn gemacht bade der Hinweis aus die Thalsache, daß man sich nach Verschiebung des Baues der Linie Annabcrg- Schwarzenberg sür die lausende Finanzperiode mit dem Neubau von ca. 45 Kilonieter Bahnen (darunter 24.3 Kilometer schmalspurtgt begnügen müsse, anstatt der 100 Kilometer, die bis jetzt in jeder Finanzperiode bewilligt wurde». Denn wenn die Haupttinie An»a- berg-Lchwarzcnbcrg »ich! bewilligt werde, so fielen damit auch die prolectirte» Nebenlinien. Die Verschiebung der Vorlage bedeute allerdings eine Verzögerung aller übrigen Eisenbahnprojccte. Und dem könne er nicht ziistimmen. Abg. v. Oehlschlägel bemerkte, daß der Antrag Ublmann ihn« nnannchmbar erscheine, nachdem die Regierung errlärte, daß sic einer Schmalspurbahn niemals zustimmen werde und daß die ictzige Vorlage den eingehendsten Erwägungen entsprungen sei. Eine andere Linie iei ganz undenkbar, als die von der Regierung projectirte. Abg. vr. Mehuert hätte zwar eine Berücksichtigung der Wünsche von Crottendorf und Cranzahl, erklärte aber seine Zustimmung zur Regierungsvorlage, nachdem der Bezirksausschuß oer Amt-Haupt niannschast Annaberg sich ebcnsolls sür dieselbe ausgesprochen. Eine Verschiebung des Bahnbaucs halte er für gefährlich. Abg. vr. Heine: „Der Worte sind genug gewechselt, laßt uns nun endlich Thaten sehen!" Er wolle nur bemerken, daß man der k. LlaalSregicruitg deshalb keinen Vorwurf mache» könne, wenn sic zn ter besseren Erwägung gekommen ist, daß die Normalspur aus der Linie Annaberg-Schwa-zenberg der üchniatspur vorzuzftheu fei. Ec bitte lediglich die Regierungsvorlage anzunchme». Abg. v. Kirchbach tritt in beredter Weise sür die Regierung-. Vorlage und da- Volum der Minorität ein. „selbst aus die Gefahr hin, des craffcsten EgoiSmuS geziehen zu werde», wie eS «m Berichte der Majorität der Deputation bezüglich der Petenten sür die Eisen- bahn Annaberg-Schwarzenbcrg geschehen." Abg. May ist zu der Ueberzeugmig gelangt, daß das Majoritäts- Votum unlcrliegen werde, die Deputation werde sich aber zu tröste» wissen in dem Bewußtsein, das Interesse des Landes gewahrt zu haben. Wenn inan die Mchrbewilliguiig von 3 Millionen Mark vor dem Lande verantworten zu können glaube, so möge die Kammer den Anträgen der Minorität zustimmcn. Abg. llhImann-Stollberg vcrtbeidiqte seinen Antrag. Finanzminister von Könneritz: Ec bedauere, daß nach den sehr eingehenden Erörterungen, welche der Vorlage vorausgeqangen. dieselbe eine so wenig wohlwollende Aufnahme bei der Majorität der Deputation gesunden. Indessen glaube er. daß die Sache ipiuch- reis sei und daß es nicht richtig sein werde, jetzt einen Bertogungs- antrag anzunchmen. Wenn die Linie Annaberg.Schwarzenberg nicht gebaut werde, wären auch die Seitenlinien hinfällig. Irgend e,n neues Moment werde auch bei einer Vertagung nicht gesunden werden, al» w,e jetzt in der Vorlage enthalten sei. Die Wandlung, welche seil vorigem Landtage d,e Vorlage erfahren, sei daS Resultat der eingehendsten Erwägungen vom Volkswirt! schaitlichcn Standpunctr Ter Voiwurs. daß die Linie zu theuer sei und daß eine Rentabiliiät n'ckt zu eiwartea siehe, erscheine mindestens verfrüht. Er hoffe, daß die Bahn de» Betrieb dicke» und mit der Zeit auch eine Rente gewähre» werde. Der sina'Ziklle Stundpilncl dürfe nicht immer maßgebend sein, sonst wüide man gar viele Eisenbahnen nicht bauen können Er glaube de Kammer onratben zu sollen, sur d rsinal wegen der M-Kibewilliguiig von 3 Millionen sür die Nornialspor nicht zu ängstlich zn sei», um die langgebegt-n Wünsche jener Gegend nach einer »ormalftmrig » Bab» zn erfüllen. Abg. llblmaiin-Llollberg beantragte namentliche Abstimmung über seine» Antrag. Dieser Antrag ward ausreichend unterstützt. Nachmittag- gegen 3 Uhr wurde die Debatte über de» zweiten Berathimgsqegoisland geschloffen. Nack kern äck i'iwort der beide» Referenten beschloß die Kammer in namenllickki Abstimmung die Ablehnung des Majorität».Antrag» mit b> gegen 14 Stimmen, sotvie ferner die Ablehnung de- Uhlmann'scheo Antrags mit 46 gegen 20 Stimmen. Hiernach gelang,« sder MinorttätS-Antrag in nomentlichrr Abstimmung mit 6l Stimmen zur Annahme. Der gemeinschaftliche Deputation-- Antrag fand einsttmmlgr Annahme. Zum Schluß erstattele Abg. v. Baffe Namen- der Gesetz- gebungs-Deputation mündlichen Bericht über die Petition des Vorstandes de« Sächsischen Fischerrt-V«r«t»< «m Bor- legung eines Fischcreigk exes D e Deputation bcaniragle: „die Petition der königl. Staat-regiernng t« Kenntnißnahme zu übergeben."
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