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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 28.07.1887
- Erscheinungsdatum
- 1887-07-28
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188707281
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18870728
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18870728
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1887
- Monat1887-07
- Tag1887-07-28
- Monat1887-07
- Jahr1887
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 28.07.1887
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Erscheint tLgllch früh 6'/, Uhr. . Retsctitzn «nt Lkpr-itioo Johannesgasse 8. SPrechstnnör» der Nedarti««: vormittag» 10—18 Uhr. Nachmittags 5—6 Uhr. gar » Rück,«»« kin,«I»ndt«r m,i>utcri»t« »acht »ch »« Red»cn«« mcht »»»tödlich. >«n«H«e »er für »1e «S»ftk»l,e»tz« Nummer »efttmmte« Inserate a» ff Utzr Nachmttta,«, ««che«tage« tzt» anG«»u- ««»Ueftta^» tzts'/.VVtzr. 3n de« Filialrn für 3ns.-^nnah«r: vtt« tttrm«, Uuiversitätsstraße 1. L«ut« Lösche, Kath«rt»e»str. SS Part. u. -önigtplatz 7, a«r bi» /.S Uhr. 'rMtgcrCagtblall Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- nnd GeschLstsverkehr. Anflage Älioiineinrnlöpitlü viertel,. ftlk mcl. Bringerlohn 5 Mk„ durch die Post bezöge» 6 P!I. Jede einzelne Nummer 20 Ps Belegexemplar 10 Ps. Gebühren sür Extrabeilagen (in Tageblatt.Forma: gefalzt) ohne Poslbeiörderung «O Lik. mit Posibcsürderang 70 Ml. Inserate Ogespaltcne Petit'eilc 20 Pf. Grüberc Lchrlsle» laut uni. PreiSverzeichnih. Tabellarischer u. Zissernsa;) mich hoher,» Tarif. Nrclame» unter dem Redaktion» strich die Igespalt. Zeile bOPs., vor denFannliennachrichten die kgespaliene Zeile äl> Ps. Inserate sind stets an die NchvriUtion zu senden. — Rabatt wird »ich, gegeben. Zahlung prnonuliwrnmlo oder durch Post nachnahme. .1° Los. Donnerstag den 28. Juli 1887. 81. JchWM Amtlicher Theil. s >,proeentige Reichsanleihe von 1887. Vekanntmachlmg. Die InterlmSscheine zur S»/,procentige« Reichsanleihe vom Jahre 1887 können vom 1. August d. IS. ab gegen definitive Schuldverschreibungen umgetauscht werden. Der Umtausch findet de» der Reichshauptbank zu Berlin statt. In der Zeit vom 1. di« 31. August v. I. Übernehmen jedoch sämmtliche ReichSbank-Hauptstellen, Reichsbankstellen, ReichSbank-Commanditen und die ReichSbanknebenstellen in Barmen. Bochum. Darmstadt. Duisburg, Heilbrona und Wiesbaden die kostenfreie Vermittelung desselben. Di« Interimsscheine sind mit Verzeichnissen, in welche sie, nach de« Beträgen und der Nummernfolqe geordnet, einzu tragen sind, während der VormittagS-Dienststunden einzu reichen. Formulare zu den Verzeichnissen können bei den genannten ReickSbankanstaltrn in Empfang genommen werde«. Berlin, den LS. Juli 1887. Retch-Hauk-Dtrectorta«. vr. Koch. v. Koenen. VekimstMchimg. Der Von un« am S. vorige» Monats zum Verkauf ver steigerte, an der südöstlichen Ecke der von der äußeren HoSpital- straß« durch die dem hiesigen JohcckiniShoSptlale gehörige Parcrlle Nr. 283 des Flurbuchs sür Reudnitz »ach der Eilenburger Straße herzustellenden VerbindungSstraße gelegene Bauplatz ist sür da- daraus getbane Höchstgebot zuge- schleegen worden und entlaste« wir in Gemäßheit ver BersteigerungSbebingungen dt« übrige» Bieter hiermit ihrer Gebote. Leipzig- den 23. Juli 1887. Der -kath der Stadt Leipzig- Ia. 4075. vr Tründlin. Cerutti. LllssHreibimz. Die Putzreparatur »ud Neusärbnng der HauSfronten de» SchumannstlstungShauseS an der Ecke deS FloßplatzrS und der Hohen Straße soll an einen Unternehmer in Accord vergeben werden. Bedingungen und AnschlagSsormulare für diese Arbeit sind in unserem Bauamte (RatbhauS, H. Obergeschoß, Zimmer Nr. 5) gegen Bezahlung von 75 zu entnehmen. Angebote sind in versiegeltem Couvert mit der Aufschrift „Abputz Schumannban-" bi- 10. August d. 9. Nachmittag« 8 Uhr an oben bezeichnet!! Stelle abzugeben. Der Rath behält sich die Auswahl unter den Bewerbern, bez. die Ablehnung sämmtlicher Gebot« vor. Leipzig, den 25. Juli 1887. DeS RathS der Stadt Leipzig U>. 2892. Baudeputatio». Bekanntmachung. Bei dem unterzeietmeten Postamte sollen D«uuer«taa, de« 1. Anglist, Io Uhr Vormittags auf dem hiesigen Posthofe eine Anzabl entbehrlicher, alter DienstmSbel — Schreibtisch-Untersätze und bergt. — öffentlich meistbietend versteigert Weeden, wozu Bietung-lustige biermit cingeladen werden. Die Berkaassbedingungen werden vor der Versteigerung bekannt gemocht werden. kaiserliche« Postamt 1« (HoSpttalstratzc). I. Namfeld. Der am 10. Mal 1859 hier geborene Markthelfer Tarl August Amil Herzog hat sich seit 6. vor. Moll, der über ihn verhängten Polizeiaufsicht entzogen ood treibt sich jedenfalls vagiread umher. Wir bitten, denselben lm Betretungssalle sestzunehmeu und Nachricht zu geben. Leipzig, am 23. Juli 1887. Da« Polizei »Amt »er Pt«»t Leipzig I B.: I. 3123. I»uck, Pol-. Rath. Kattenmacher. Vekaniitmachi«-) Zum Behuf der gegen Ende jedes akademischen Halbjahre- zu haltenden Nrviston »er Universität«»Bibliothek werden die Herren Studirenden. welche Bücher ,u» derfelbeu rutliehea haben, ausgesordcrt, diese am 3«. Jult «n» am 1. ««» S. A«««st gegen Zurückgabe der Empfangsbescheinigungen -bznliefern. Die Ablieferung wird in der Weis« zu geschehen haben, daß Die- jenigen, deren Namen mit einem der Buchstaben II ansongen, am SO. Juli, die, deren Name» «st einem der Buchstaben I—Ist beginnen, 1. August und die llebrige, «« S. August (früh zwischen IO bi» l Uhr) abliesern. Alle übrige» Entleiher werden aufgefordert, di« o» sie »er liehenru Bücher am 8., ». ««» 1« August (während der gewöhnlichen Oeffnanqsstuaden) zurstckzngehen. Während der Revision«zeit (30. Juli bi< IS. August iucl.) können Bücher nicht au<geliehe« werde». Ebenso mnß während derselben das Lesezimmer geschlossen bleibe». Leipzig, de» 26. Juli 1887. Die Direktion »er UuiverfititS-Bibltottzek. vr. »rehl. Vtlumntmsinr. iefige MätzcheuschlllgetzSntze er- Steinmetz-, Aimmer-, Eisrn- »P»er-> Dachdecker-, »loser-. ent Die sür den A«»U« an da« hiesige forderlichen Sr»- nnd Mgurer-, Ste^- eonftruetio,»-. Schmie»«-, »lempuer-, Dachtzecker-. »loser-, Tischler-, Schlaffer-, Maler» und Lackt rer-, AStztzchtt- und BtttzavleitungS-Arsieiteu »erden voebehältlich der Auswohl unter de» Submittenten hiermit zur Vergebung ausgeschrieben. Die AnschlagSsormulare find nebst Bedingungen im Gemeinde. amt, Zimmer " ' . - ^ - -- nehme» »ud ^ «Schub versehen, bi« »»» 4. »>„ßl ff. A. V«r». IS Affr. ebenda wieder obzugebe». Die Zeichuuugeu Uegen bei der Formularratuahmr zur Einsicht oahme aus. Siudsua* mu 27. Jall 1887. Ser Sch«Iv«rstuu» vueck, Vors. chlaqsformalare find nebst Bedingungen im Gemei e Nr. 4, gegen Erleguug der Herpeluugskosten zu uersiegett »ud mit der Ansschrift „Schul«,»«»" Ltiwtische Lparcaffe beleiht Werthpapiere unter -Saftige» Bedingungen. Leipzig, den 20. Januar 1887. Die Svchreaffea-Deputatt»». Bekanntmachung, votkmarsdors. Seit 21. d. M. wird der Handarbeiter Heinrich Richard Schumann von hier »ermißt; an genanntem Tage ist er in den Abendstunden ln Zöbigker bei Connewitz zuletzt gewesen, seitdem fehlt jede Spur von ihm. Da dem Vermißten wahrscheinlich eia Unglück zugcstoßen ist, wird um Nachforschung nach ibm ersucht und um MiNheilung jeder Wahrnehmung anher gebeten, dir ans sein« Spur sühren kann. Lchumauu ist grober, starker Natur, 35 Jahre alt, hat blaue Augen, trug zuletzt kurzgcschorene« Haar und Schnurrbart blonder Farbe uud war bekleidet mit grauem Rock (in schwarzer Borde etu- gciaßt), mit duutler Weste, lichibrounen Hosen, schwarzseidener Mütze, kalbledernen Stieseln (Sohlen durch) und Halstuch, außerdem ührte er bei sich 1 alte Hose und 1 blaue Schürze. Bolkmarsdors, am 26. Juli 1887.! Der «emeindevorstand. I, V: R. Schütz. G. Nichtamtlicher Theil. Die russisch-afghanische Grenzregulirung. Endlich nach zwriimkeinhaldjährigen Nuterhandlungea ist der russisch-afghanische Grenzstreik beendet und damit ein Zu- iand m Cenlralasien geschaffen worden, welcher für einige Zeit Ruhe vor russische» Gewgltstre.icbe» verheißt. Da» Er- qebniß der Verhandlungen ist die Auslieferung de- zwischen Kusch! uud Murgbab öelegeüeii Gebietes an Rußland, wo durch Chodschah Solch Afghanistan erhalten bleibt. Nach ven bisherigen Erfahrungen ist damit sür Afghanistan und England blutwenig gewonnen, denn bekanntlich kehren sich die Russen an Verträge nur so lange, al» sie durch einen mächtigen Gegner dazu - gezwungen werden können. Der Pariser Vertrag vom 3l. März 1856 wurde im Jahre 1870 errissen, al« Frankreich durch die wuchtigen Schläge Deutsch- ankS außer Stand gesetzt war, die Aufrechthaltunz des Pariser Vertrags zu erzwinge». In derselbe» Weise verfuhr Rußland im vorigen Jahre den Unterzeichnern deS Berliner Vertrages gegenüber, indem eS die Freihasenstellung Batuin» einseitig ausbob. Der Vertragsbruch war zu unbedeutend, um de-halb einen Weltkrieg zu führe», um so weniger, al- Rußland vor dem bestimmt ausgesprochenen Willen der Lertrag-mächte in Bulgarien Halt machte, wen» auch nur, um den dort angc- strcdten Zweck auf Umwegen zu erreichen. Durst, den Abschluß der Grenzverhandlungeu ist eigentlich weiter nichts erzielt, als daß augenblicklich der Vormarsch Rußlands nach dem Indischen Occan unterbrochen ist; wa»„ er wieder ausgenommen wird, hängt von Umständen ab. Rußlands Zuverlässigkeit in Erfüllung vertragsmäßig übernommener Verpflichtungen ist so schwer erschüttert, daß Verträge, an welchen Nußlaub beiheiligt ist, nahezu als werthloS anzusehcn sind. Für Rußland gilt das römische RechlSspricbwort: „Klare Verträge, gute Freunde" nicht, die Russen halten eS mit der anderen Aussassnug: „Verträge sind »ur dazu da, um gebrochen zu werde»." Wenn Ruß land sich hinreichend gerüstet fühlte, um einen Krieg gegen Oesterreich wegen Bulgariens wagen zu können, so würde eS sich keinen Augenblick besinnen, Bulgarien seinem Macht gebiete einzuverleibe», der Berliner Vertrag wäre ihm dann nichts als ein wertblose» Stück Papier. Bon seinen England über die Grenzen seines Vordringen- in Cenlralasien ge gebenen Versprechungen hat Rußland keine einzige gehalten. eS hat seine Macbtsphäre trotzdem über Merw hinaus bi» nach Merulschak und Bala Murghab vorgeschoben und wirb sich auch nicht besinnen, nach Herat oder über Chodschah- Saleh in da- Pendichab zu marschiren, wenn eS den Augen blick dazu sür gekommen erachtet. England scheint sich den Ernst dieser Sachlage nicht hin reichend klar gemacht zu haben, denn nach den Erklärungen, welche Lord Salisbury im Obcrhause abgegeben hat. legt er der Uebcreinkunst über die russisch-afghanische Grenze wirklich eine gewisse Wichtigkeit bei. lieber den Inhalt der Ab machung war er nickt vollständig unterrichtet, denn er ver mochte di« Anfrage Lord Kimberley'S, ob die Afghanen den Cbambiadistrict behielten, nur unter Vorbehalt zu beantworten. Die Arbeiten der GrenzregulirungScommissioa in Et. Petersburg haben von Anfang au auf die Nu- betheiligten wie ein Possenspiel gewirkt. Die Russen haben cs in der Hand, ihren Vormarsch jeder Zeit wieder auszunehmen, und die Engländer sinv außer Stande, sie daran zu verhindern, das ist der wahre Sachverhalt, an welchem kein Ueberciukommen wegen der Grenze etwa- zu ändern Vermag. Nun ist ja nicht zu leugnen, daß zwischen dem gegenwärtigen Standort der Russen und der indische» Grenze noch eine bedeutende Strecke liegt, aber rin Blick aus den Weg. welchen die Russe» iu Ceutralasien bereit- zurückgelegt haben, belehrt die Engländer darüber, daß auch der noch übrige Weg den Russen aicht sehr viel Zeit und Mühe kosten wird. Daß die Verhandlungen so iu die Länge gezogen worden sind, scheint seinen Grund darin gehabt zu höben, daß man in Rußland glaubte, der Kampf de- EimrS von Afghanistan mit de» GhilzaiS würde mit einer Niederlage und der Ent thronung deö Emir- enden, und dann würde die Grenz- rrgulirung überhaupt gegenstandslos werden. Wenn dann ein »euer, Rußland genehmer Herrscher an die Stelle von Abdurrhaman Chan getreten wäre, dann hätten diesem sogleich Bedingungen gestellt werden können, die er ein- geben mußte, wenn er nicht auf den Thron Verzicht leisten wollte. Dann wäre vielleicht ein Vergleich zwischen England und Rußland zu Stande gekommen, welcher einige Aussicht aus Dauer gehabt hätte, weil dann gleich summarisch für einige Zeit abgerechnet worden wäre, so daß die nächsten Wünsche Rußland- Befriedigung gesunden hätten und Eng land sich durch Gewährung derselben für einige Jahre Ruhe erkauft hätte. Der aesammte Kampf zwischen Rußland und England NM Afghanistan läuft überhaupt darau hinaus, daß England unter dem moralischen Einfluß der öffentlichen Meinung Europa« von Rußland einige Mäßigung in seiner gewaltsamen Weise vorzugche» er reicht. Ginge die Sach« ordnungsmäßig zu, so würde Euglaud längst Anstalt« getrvffe» habe«, um dem zudriug- zu weise» ' " lichen Nachbar die Wege «ud ihm den Geschmack am weiteren Vormarsch zu verderben. Aber England hat keine Landmacht und macht auch gar keine Vorbereitungen, um eine solche zu schaffen. Die Enthüllungen, welche Randolph Churchill jüngst über die englische Armee und Marine ge macht hat, sinv spurlos an den Engländern vorübcrgegange», >e halte» mit Zähigkeit an ihren alten, längst durch die kntwickrlung der Neuzeit überholten HcereScinrichtungen est, ohne sich bewußt zu werden, welche ungeheuere kinbuße an Macht sie dadurch erleiden. England« Colonial besitz ist ja ungeheuer, und seine Capitalmachl sichert ihm stets eine gewichtige Stimme im Rathe der Völker, aber diese beide» Machtsactoren reichen nicht a»S, um den Mangel eines großen chlagscrtigeu HcercS auszugleichen. In der Zeit der allgemeinen Wehrpflicht ist ein Staat, der sich aus die Größe seine» Land besitzes, seine« Capital» und seiner Flotte allein stützt, ein Anachronismus, und eS begiebt sich durch den Mangel eines ent- prechendeu Heere» aller der Bortheile, welche ihm sonst zu Gebote tehen würden. England hat es in den letzten fünf Jahre» zu seinem Schaden ersabrei, müssen, daß ungeordnete Schaaren von Sudanesen lediglich durch ihren Muth und die Wucht ihre-Angriffs der Wirkung der Hinterlader der englische» Jufauterie getrotzt und die Engländer zum Rückzug genöthigt haben. Die Feldzüge im Sudan sinv da« schmachvollste Blatt in der englischen Kriegsgeschichte, aber auch diese Lehre ist spurlos an dem englischen Gleichmuth vorüberaegangen. Die egygtische Frage würde niemals die jetzige Bedeutung erlangt haben, wenn England sich nicht unfähig gezeigt hätte, den Sudan gegen den Mahdi zu vertheidigen. Erst durch diesen Mißerfolg sind die Vertrag-Mächte Frankreich und Rußland zum Widerstand gereizt worden, und die Nicht unterzeichnung der türkisch-englischen Uebrreinkunst durch den Sultan ist das letzte Glied in der langen Kette der mora lischen Niederlagen, welche England seit der Besetzung Egypten» erlitten hat. Es sieht fast so au», als hätte Rußland durch den Abschluß der afghanischen Grenzverhandlungen lindernden Balsam aus die Wunden träufeln wollen, welche England in Egypten und aus dem Gebiete der auSivärtigen Politik Überhaupt seit einer Reihe von Jahren erlitten hat. Die einzig richtige Politik, welche England nach den Erfahrungen der letzte» üus Jahre einschlagen kann, ist die, daß e» die allgemeine Wehrpflicht cinsührl und aus diesem Wege eine Achtung ge bietende Landarmee schafft. Nur dadurch wurde eS in die Lage komme», den ungeheuren Besitz gegen Feinde und Neider zu vertheidigen, den c» im Lause der Jahrhunderte angesammrlt hat. * Leipzig, 28. Juli 1887. * Anläßlich der Entdeckung und Verhaftung de- socia- listischeil CentralcomitLS zu Berlin sind über die Organisation der Seciaiveinokraken vielfach falsche Nach richten verbreitet worden. So hat man unter Anderem vcr- ucht, eS so darzustellen, als ob durch die Gründung von NauchclubS und durch die Veranstaltung von Landpartie» die socialdemokralische Agitation gänzlich der Kenntniß der Polizei entzogen wurde und die Polizei ohne Information über den Stand der socialvcmokratischen Sache gewesen sei. Wenn je ein ungerechter Vorwurf gegen die Berliner Polizei erhoben worben ist, so ist e- Vieser. Ganz im Geqentheil hat die Polizei keiner anderen Angelegenheit mehr Ausmcrksam- keit zngeivendet al« der Socinldemokratie, und eS wäre geradezu naiv, zu glauben, daß sie sich über den Zweck der NauchclubS und der Landpartien im Geringsten ge täuscht hat. Sie hat die elfteren sehr sorgfältig über wacht und da« Zustandekommen der Landpartien nach Möglich keit vereitelt. Sie wußte außerdem sehr genau, daß in diesen geselligen Vereinigungen nicht der Schwerpunkt der social- demokcatischeu Agitation lag, und richtete unausgesetzt ihre Bemühungen aus die Entdeckung der Cenkralstelle sür die Agitation. Daß die- eine überaus schwierige Ausgabe sür die Polizei war, erhellt schon au» der Thatsache, daß die Organisation der Partei der Mehrzahl derselben unbekannt war. Man traute den Parteigenossen eben nicht und mochte dazu seine sehr triftigen Gründe haben. An verralh hat e« unter den Socialdemokraten nie gefehlt, und wenn eS wahr ist. daß auch die Existenz und Zusammensetzung de» EeutralcomitSS der Polizei durch Social dem okraten angegeben worden ist, so muß der Berräther diesmal auS dem Kreise der Vertrauenspersonen gekommen sein. Der Einzelne hiug mit ver Partei »ur durch den Vertrauensmann zu sammen und erfuhr durch diesen nicht mehr, al« man sür gut hielt, ihn wissen zu taffen. So kam eS. daß die Nachricht von der Entdeckung eine- CentralcomitbS von Socialdeino kratcn al» unwahr bezeichnet wurde, da e» ein solches Central- comitö gar nicht gebe. Die Mitteilung wurde noch ent> schiedener bestritten, als die Namen der Inhastirten bekannt wurden, die niemals öffentlich genannt worden, niemals öffentlich ausgetreten waren. Daß unter diesen Umständen die Aushebung deS ComitöS k-ine leichte Sache war, leuchtet ein. Die Bemühungen der Polizei» aus Grund de- dabei gewonnenen, allerdings »ur spärliche« Material« die Fäden der weiteren Organisation in die Hand zu bekommen, dauern fort, sind aber bisher rcsultatlo« verlause«. * Gegenüber den falschen Nachrichten, welch: über die Freilassung deS CapitainS Sarauw verbreitet worden sind, schreibt dieser selbst an das dänische Blatt .Politiken- „Der wirkliche Sachverhalt ist folgender: 1) Durch die persönliche Fürbitte meiner Fra« bei dem Kaiser wnrde da- Uriheil de» Reichs- gerichis in Zellengesängniß — nicht StaatSgesängniß — umqewandelt, ohne Abkürzung der Strakzei». 2) Weder unter der Anklage, noch später Hab« ich in irgend welcher Weise Sympathien sür Deutschland zur Schau getragen. 3) Ich habe weder durch de» Direktor der Etrasauftalteu zu Holle, noch durch irgend Jemanden der preußischen Regierung angeboren, meine „Miiichttldigea" anzugeben. Diese waren entweder vor längerer Zeit ins Ausland gereist oder gleichzeitig mit mir verhaltet worden. Nur ein Einziger, welcher bisher der Aus- merkjamkeit entgangen war, wurde unmittelbar nach gesälllem llrtheil verhastrt, »eil er sich durch navorsichtigr Ueußernngen verdächtig gemacht hatte. Was meine Begnadigung betriffk, so wurde dieselbe ouiBeranlaffnng des Direktors der Strasonftaltr» von dem preußitchen Inflizminifterinm beantragt: rrftens, toeil di« Aerzte ein Gutachten dahin abgs«ebea hatten, daß ich durch die lange Beraubung der Freiheit in dem Grade pbysiich und geistig angegriffen sei, daß eine längere fortgesetzte Einiperrung meine Gesuudheit vollständig zer stSrr, würde, und zweilens. weil da- Ministerium es als im Wider sprach mit dem Humaiiilätsgejühl erachtete, daß meine Familie welche durch daS Vorgehen der dänische, Regierung gegen mich, nach »velchem n. A. meine Pension mir entzöge» »urde, m eine hilflose Lage gekommen sei, »och länger ihrer uatürllchen Stütze und ihres Ernährers entbehren soll." * Wie die Wiener „Neue Freie Presse" erfährt, besindct ick Prinz Ferdinand von Koburg unqeacktel der Ab reise der bulgarischen Deputation in einem überaus lebhaften Verkehre mit der bulgarischen Regentschaft und dem bulgari- chcn Ministerium — ein Verkehr, der nickt danach geartet i. alö ob der Prinz, so lange eine ossicielle Antwort nickt erfolgt ist, seine Candidatur als gescheitert anschen würde. Die diplomatischen Verhandlungen über die Wahl de» Prinzen von Koburg zni» Fürsten von Bulgarien sind »> der Thal noch keineswegs abgeschlossen, und die Stellung deS Prinzen a>S de» erwählten Fürsten der Bulgaren hat sich somit, ungeachtet der Vorbehalte, a» welche er die Annahme der Wal-l geb'üpsl hat, bisher in gar nichts geändert. Vielmehr sind die Emslüss.', welche dem Prinzen vermöge seiner Geburt günsiig sind, nickt nnthätig, um den Verlaus der Verhandlungen zwischen den großmächllichen Cabinetten zu seinen Gunsten zu lenken, u»o der Prinz selbst ist nicht der Mann, der in einem langen»» reiflich erwogenen Entschlüsse durch die ersten, überdies von ihm vorhergelebeneil Schwierigkeiten und Hindernisse wankend gemacht würde. ES wäre in dieser Beziehung Manche» richtig zu stellen. waS über den Verkehr deS Prinzen mit der bulgarischen Depu tation verlautete und bciiisig auf sehr mißverständlichen Auf- assiingen beruhte; indessen die Thatsache allci». daß die Ver handlungen deS Prinzen von Koburg mit den Autoritäten in Sofia fortdauern, beweist, daß die Eindrücke, welche die Depu tation von Wie» mitnahm, nicht so gewesen sein könne», wie ie unmittelbar nach der Abreise der Deputation vielfach ge- childert wurden." * Die »Nowosti* bringt gegenwärtig eine Reihe von Correspondeiizeil aus den Ostsecvrovliizen. Dieselben, auS der Feder eines Herrn W. Nikitin stammend, uuter- cheiben sich vortbcilhast von den sonst üblichen, lediglich der Hetzerei gegen die baltischen Deutschen dienenden rus- 'ischen Correspondcnzen auS den genannten Provinzen; weit entfernt davon, deutschfreundlich zu sein, entbehren sie wenigstens der Absichtlichkeit, Alles in dem „russischen Irland" in den schwärzesten Farben darzustellen. Der Ge nannte schreibt u. A.: „Es giebt im baltischen Adelsstände Züge, die nlchl nur de« Lobes, sondern auch der Nachahmung weril, sind. Er ist äußerst energisch, arbeitsam und vor Allem hängt er mit ganzer Seele an seinem Reste. Die ungeheure Majorität der Güter geht 150 bis 200 Jahre hindurch ausschließlich von Geaeratlon zu Generation desselben Geschlechts über; mögen ihre Besitzer auch alle möglichen Widerwärtigkeiten zu erdulden gehabt haben; ihre Güter heben verkauft und verkaufen unr die, die st» genöthigt sahen, die Heimath ganz zu verlassen, von bene» sich die „Ihrigen" abgewandi haben. Diese traditionelle Anhänglichkeit an den Baben, die von Jugend aus ln vielen Generationen besteht, lebt bis jetzt noch fort, weij — wie mir manche Deutsche gesprächs weise mittheilten — unter den echten Gutsbesitzern kein Streben nach DIenstcarriäre es gab und giebt, sondern die Huupüricbseder materielles Wohlergehen auf eigener Scholle bildet. Daher be- chränkte sich von Alters her bei ihnen die Erziehung der ttiader aus die Heimath und die Universität Dorpat, von wo die jungen Leute als Aerzte, Juristen, Landwirlbe zurückkchrten: und sür jeden dieser Specialisten findet sich in der Heimath selbst Beschäftigung genug. Ward daS Winhichajten schwierig, so sannen die Deutschen aus Mittel zur Beseitigung der Krisis, »lachten sic geduldig durch, aber erhielten sich mn Stolz ihr Besitzthum, freundjchastlich gegen- ieitig sich unlerstützend, um daS Erde der Baker nicht aus den Händeu zu lassen. Ja — erklärte mir ein Livkänder — wir sind stark durch egensestige HilsSbcreilichast, durch Solidarität und Liebe zum eigenen )erd. Die russischen Grundbesitzer aber ließe» das während der ieibeioenschasts-Epoche Erworbene leicht fahren; sie verpfändeten die Güter, überließen sie der Willkür von Verwaltern und Arren« datore» und stürzten sich in den LandschastSdienst oder in das Bank wesen; als auch letzteres sich als schwer und unangenehm erwies, verkauften sie ihre Güter sür einen Schleuderpreis an AvenlurierS und Exploitatoren und eilte» selbst nach Moskau uns Petersburg, Kronsdienst zu suchen. In den russischen Gouvernements ist die Landschaft nahezu in der Auslösung begriffen, befindet sich das Frieden Gericht im Verfall, sind die Banken erschüttert und kommen Berichleuderungen säst überall vor — eben deshalb gerade, weil die Gutsbesitzer keine Solidarität, Energie, vor Allem keine Liebe zum Ererbte» besaßen. Dem Heim den Rücken kehrend, konnten sie daher auch nicht, gleich uns, unter den Bauern Bildung und Nüchternheit verbreite». Ohne Zweifel enthält diese Argnmentirung viel Logik und Rich tiges; »anienllich auch waS den Einfluß der höheren Gesellschafts kreise aus die niederen betrifft. Weder in Riga, noch» in der Um gegend, aus Entserninige» von hundert Wersten, »ach den ver- chwdenstcn Richtnngen hi», haben w r weder an Wochentagen, noch an Feiertagen irgend w.i»n einen Betrunkenen gesehen nnd hier in Keinnirrn ist, lrctz seiner angenbl'cklich großen Bevolkernng. im Lause von drei Monaten auch »ich! der geringste Diebstahl vorgekoiimien, wie denn zum Beispiel die schwerere» Instrumente der Orchestermitgliedcr ruhig Nachts aus offener Estrade lieg:» bleibe» .... Wohl klagen die Letten über Bedrückung; aber ihre Klagen beziehe» sich eigentlich nur aus Agrarfrage» und auch daS offenbar nur in Folge Mangels an gutem Bodcu überhaupt... In jedem lettische» Bauernhause begegnet man Lock unverlialtnißniäßig mehr Wohlstand, als in den Hütten selbst sür wohlhabend geltender russischer Aauernwirlhc.. * Zu dem zwischen der russischen und englischen Regierung vollzogenen Ausgleich in Betreff der afghani schen Grenzsrage wird der „Politischen Corrcspondenz" auS St. Petersburg. 2l. Juli, und zwar auS diploma tischer Quelle geschrieben: In der diplomatiichcn Welt wird der soeben zwischen den Ver tretern der englischen und russischen Regierung betreffs der Delimitation der afghanischen Grenze z» Stande gekom- menen Vereinbarung eine symviomatisch« Bedeutung zvgemessen, welche über den Rahmen dieser Thatsache weit hinausrcich;. Man geht dabei von der Erwägung aus, daß die Verständigung zwischen England und Rußland in einer Streitfrage erzielt wurde, welche vor nicht ovzn langer Zeit noch die Gefahr eines Zujammcnstoßes zwnchen dieien Mächten in Eentral-Asien in sich geborgen hatte. Central-Asien war bisher der Boden, wo Rußland dem britischen Reiche immer näber und beunruhigender an den Leib rückte, wo es sich sür die Behinderung seiner Politik ain Balkan durch England Genugthuung holte. Wenn nicht aus Seiten Rußlands der gute Wille korhanden gewescn wäre, die afghanische Grenzsrage im Einvernehmen mit England zu regelt, und ans diese Weise eine Frage vorläufig auS der Well zu schaffen, Ivelche nicht in, Geringsten sür Rußland, wobl aber sür England eine Quelle beständiger Besorgnisse Hilden mußte, so wäre cs ein Leichte- gewesen, die Bcrhandlunqen der gemischten Commission, und zwar unter voller Wahrung des Scheines voii bann üäe, zum Scheitern zu bringen und damit >o zu sagen am Leibe Englands eine Wund« offen zu bolle». Wenn »un. beton! man, dos russische Cabinct in dieser keineswegs ganz glatten Angelegenheit selbst unter Verzichtleistung aus gewisse bisher sestgchallene und nicht unbegründete Ansprüche die Hand zur Regelung der afghani schen Grenzsrage geboten hat, so lasse dies aus die allgemeine Geneigtheit Rußland- zur Anbahnung eines sreuudlichcren Verhält nisses zu England schließen. Man glavbt sogar, bestimmte AnhaltS-
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