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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 29.10.1887
- Erscheinungsdatum
- 1887-10-29
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188710292
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18871029
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18871029
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1887
- Monat1887-10
- Tag1887-10-29
- Monat1887-10
- Jahr1887
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 29.10.1887
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Erste Beilage M Leipziger Tageblatt und Anzeiger. LV2. Sonnabend den 2S. Oktober 1887. 81. Jahrgang. Zur Lage. ** Berlin, 27. Ortober. Gelegentlich der letzte» Nach» Wahl i» Sagan-Sp rottau ist e» zwischen einzelnen uationaUiberalen und konservativen Blätter» zu gereizten Auseinandersetzungen gekommen, welche meist die Auslegung deS sogenannten ÜartelS betrasen. Doch versteht e- sich von selbst, daß niemals diese- selbst in Frage kam, und mit der vollzogenen Wahl selbst war auch der kurze Streit vorüber. Man konnte dabei beobachten, wie unsere gemeinsamen Gegner, die Fortschrittler. Ultramontancn und Socialdemokrateu. wäh rend de< Zwistes unter den nationalen Parteien, welcher doch durchaus localer Natur war, vor Freud« säst außer sich ge- rietben und sich in den kühnsten Vermuthungen über den an» geblichen „Zerfall deS CartelS" ergingen. Damit hat es zum Glück weite Wege. Besonder- da- Königreich Sachsen bat hintereinander bei den Reichstag-- und bei den Land- tagSwahlen gezeigt, was die Ordnung-Parteien vermögen, wenn sie einig lind, und im ganzen deutschen Reich sind diese bei den letzten Wahlen sich zum ersten Male ihrer ganzen Stärke bewußt geworden. Die slaatSerhaltenden Parteien sind dadurch keineswegs übermüthig geworden. Ringsum sehen wir die Beispiele, wohin die Staaten geralhen. wenn nicht die Mehrheit der Nation einen festen Kern abgiebt gegen die Umsturzpartcicn. Der Nihilismus mit seinen furchtbaren Attentaten, die zahlreichen großen und kleinen Revolutionen in Frankreich, die blutigen Ausschreitungen in Irland und selbst i» London — eS sind für jeden denkenden Menschen jorlwäbrenke ernste Mahnungen. Wir haben im deutschen Reiche Gottlob die festgegrünkele Monarchie, wir haben Dank der weitsichtigen Fürsorge unsere- Kaisers ein wohlgeschultes unübertreffliches Heer, und wir bilden auch eine Nation, welche in ihrer überwältigenden Mehrheit feind ist allem Umsturz, aller Unordnung, welche i» Treue und Liebe anhängt ihren Fürsten, die sich bewährt haben in tausendjähriger Geschichte. Doch leben heißt arbeiten und kämpfen. „WaS Du ererbt Von Deinen Vätern hast, erwirb eS. um e» zu besitzen." DaS deutsche Reich, welches kaum siebzehn Jahre besieht, ist noch lange nicht genug gesichert und gefestigt, um allen Gefahren von außen und von innen in jedem Augenblick siegreich die Stirn zu biete». DeS Reiche- Kanzler wacht zwar jede Minute, und seiner unvergleichlichen Slaalskunst ist eS noch immer geglückt, nicht nur jeden Angriff gegen unS abzuwehrcn, sondern auch ganz Europa den Frieden zu er halten. DaS ist die Sicherstellung nach außen. Doch fast schien c» eine Zeit lang, als ob der Kamps gegen die inneren Gegner des Reiches ein noch schwierigerer sei. Brachte doch der erste Reichstag des vorigen Winter- eine antideutsche Mehrheit zu Tage! Aber noch einmal besann sich da? deutsche Volk auf sich selbst — und wcggesegt ward diese Schande. Wir stehen vor einer neuen Session, welche neue Auf» gaben zu erfülle» hat. Noch crsrencn wir u»S der sicheren national gesinnten Mehrheit, und wir sind überzeugt, nicht der kleinste Riß wird den Gegnern deS Reiche- die Gelegen heit bieten zu dem kleinsten Triumph. Aber eS gilt nicht nur im Parlament, nickt nur unter den parlamentarischen Parteien diese Einheit und Einigkeit zu bewähren. J»S Volk hinein muß die innige llkberzrugung dringen von der absolute» Noth- wencigkeit dieser Einigkeit, und sie muß sich bewähren auch bei dem geringsten Anlaß, auch bei localen Wahlen von scheinbar untergeordneter Bedeutung. Seien eS Stadlverord netenwahlcn in Berlin oder Landtag-Wahlen irgendwo anders immer müssen die Patrioten den gemeinsamen Feind gemein« sai» bekämpfen, nie dürfen sie vergesse», daß »och jeder Staat zu Grunde gegangen ist, sobald der UltrainontaniSmuS zur Herrschaft gelangt oder die culturscindliche rohe Masse an» Ruder gelangt war, gleichviel ob unter demokratischem oder republikanischem Banner. Xl.0- Berlin, 27. October. Herr Rickert hat vor einigen Tagen in einer Versammlung in Danzig die dcutschsreisinnigi Partei gegen den Vorwurf zu veriheibigen gesucht, daß sie sich au eine rein negative und kritisirende Thätigkcit im Parlament beschränke. Er that das ia einer höchst merkwürdigen Weise. Tie Freisinnigen, bemerkte Herr Rickert nach dem Berichte fortschrittlicher Blätter, seien bereit, aus dem Gebiet der Steuergesetzgebung und au allen anderen Gebiete» positiv initznarbeitea, wie bi- zum Jahre 1876, wenn die Bedingungen dazu vorhanden wären. Zunächst, wo haben denn die Deuischsreisiunigen oder, da eS diese Bezeichnung noch nicht gab, wo hat die Fortschrittspartei bi- zum Jahre 1876 positiv mitgearbeitet? Sie hat ja gegen sämmtliche grundlegenden Gesetze unsere- Reichs aus allen politische» Gebieten gestimmt. Aller dings Herr Rickert nicht, der damals noch nationalliberal war, ober seine jetzigen Freunde. Dann berührte Herr Rickert im Einzelnen einige Gegenstände, bei denen seine Partei unter den erforder liche» Bedingungen positiv milzuarbeiten bereit sei. Die positive Mitarbeit bei der Steuergesetzgebung stellte er ia Aussicht, wen» man einmal den «»fang mit der Entlastung der «eruieren mache. Also die- bis in die neueste Zeit so unaufschiebbar dringende Bedürsuiß nach einer Vermehrung der ReichSeinnahmen will Herr Rickert „positiv" dadurch lösen Helsen, daß die bestehenden Steuerlasten ausgehoben oder erleichtert werden! Ein wunderbarer Vorschlag, um auS unseren Finanznöthen herauszukommen l Dann w>ll Herr Rickert ein einheitliche- deutsches freies BeremS- und Be» sammlung-recht. Gewiß wäre das sehr wünschenswerth. aber Herr Rickert wird doch ernstlich selbst den jetzigen Zenpunct nicht für einen günstigen halten, um diese Ausgabe zu lösen. DaS ist gegenwärtig ein praktisch ganz werthloseS Schaustück einer deutschsrcisinnigen Rede, über welche- ein weiteres Wort zu verlieren sich nicht lohnt. Jetzt kommt aber der Haupltrumpf: „Man bilde die Fabrik gesetzgebung weiter au-; an der Mithilfe der Freisinnigen wird eS nicht kehlen. Ist denn das von dem Reichstag beschlossene, von der Regierung leider noch nicht angenommene Arbeiter schütz gesetz nicht positive Arbeit? ES ist eia ungerechter Borwur daß die sogenannten Manchestcrmänncr auf diesem Gebiet nicht- thun wollten. Er, der doch in dem Ruse eines sehr schlimmen Frei Händlers stehe, gehe ans diesem Gebiete gern noch weiter mit. Ei glaube, daß ia der Zukunst ein großes Feld fruchtbarer und wichtiger Thätigkcit hier sich öffne." Jetzt wird also da« Eintreten für die Srbeiierschutzbestrcbungcn zu einem besondere» Verdienst und einer „positive»" Leistung der deuischsreisiunigen Partei gemacht! Hat denn Herr Nicket vergessen, wie kühl und ablehnend die Mehrheit seiner Partei noch bis in die neueste Zeit allen diesen Bestrebungen gegea- überstand? Hat er vergessen, wie die Herren Baumbach und Alexander Meyer diese Fragen zu behandeln pflegen, mit welcher Genug- tbuunq der Letztere »och vor ganz kurzer Zeit constatirte. daß der Bundesraiy die betreffenden NeichSlagsbeschlüsse in de» Papier- korb geworfen habe? Hat er vergessen, wie vor einigen Jahren gegen die durchaus ablehnende Haltung der großen Mehrheit seiner Partei eine kleine Minderheit um die Abgg. Halben und Löwe förmlich Protest einlegen mußte und wie noch heutigen Tages ein klaffender Riß wegen dieser Frage» durch seine Partei geht? Und nun werden die Deutschsreisinnigen aus einmal zu Vorkämpfern dieser Bestrebungen gemacht und Herr R ckert drängt zu noch weiter- gehenden Maßregeln auf diesem Gebiete! Freilich, seitdem die Hälite der dentschsreisiiinigen Partei nur durch socialdemokratische Hilje im Reichstag sitzt, ist es ralhsam, in dieser populären Frage andere Saiten auszuziehcn. Ein L'oitjührcr der schwäbischen Demokratie, Herr Max Hausmeister aus Stuttgart, hat in einer dieser Tage gehaltenen Rede die Aushebung der Stichwahlen bei de» Reichstags wahlen besürworlcl. Wir wiederholen, daß die Anregung dieses Gedankens nicht etwa von nationalliberaler oder conservativer, sondern von demokratischer Seite ausgegangen ist, aber da- hindert keineswegs, ihn für sehr crwägen-wcrlh zu Hallen. Die »n- mor lischen politischen Geschäft«, die gerade bei den Stichwahlen gemacht zu werden pflegen, sind ja bekannt und oft genug beklagt worden. Ucbriqcus mag daran erinnert werden, daß das Institut Nicht aus der Bcrsoffung, sondern nur aus dem Wahlgesetz beruht. Eröffnungsfeier -es Seminars für orientalische Sprache«. * Ueber die feierliche Eröffnung de- Seminar» für orientalische Sprachen meldet die .Norddeutsche All gemeine Zeitung- au- Berlin vom Donnerstag: Da- Seminar für orientalische Sprachen au der königlichen Friedrich.WihelmS-Uuiversität wurde heute Mittag 12 Uhr mit einem Festacte in seinem neue» Heim, der alten Börse am Lustgarten, feierlich eröffnet. Seitdem im Jahre 186l di« Börse ihren Prachtpalast am anderen User der Spree bezogen, lag da- Gebäude, in welchem sodann da» airatomiiche Mnseum untergebracht worden war, still und wenig beachtet da. Jetzt wird e» wieder mit einbezogen in den Kreis unseres modernsten prak tischen Leben»; Die, welche in die weite Ferne ziehen, um dem Baierlande aus volkSwirlhschastlichem Gebiet zu dienen, werde» hier vorbereitet für den Verkehr mit den fremden Völker,. Zu Ebreu des Tage- hatte das Gebäude den Schmuck deutscher und preußischer Fahnen angelegt, die lustig in der bewegten Luft de» herrlichen Oclober-Tage- spielten. Der seierliche Act selbst fand in dem ehemalige« Börseniaale statt. Nicht allzu zahlreichen Berlinern wird dieser verbältnißmäßig kleine und niedrige Raum mehr bekannt sein: unwillkürlich drängt ich die Berwundcrung aus, daß er einst für die Bcdürsniffe der Nerliner Börse, die sich heute getrost neben die von London und Paris stellt, ausreichen konnte. Diesem Conlrast zwischen Einst und Jetzt verdankt ja da- orientalische Seminar seine Eniftehung. Der Saal, dessen Decke durch zwei caffetirte, von dorisirenden Säulen getragene Gungcwölbe Gliederung erhält, trägt noch die alte Zier: einen Rcliessries, der aus Handel und Gewerbe Bezug hat. Zu diesem den praktischen Zielen gewidmeten Schmucke, der nun wieder seine Bedeutung erlangt hat, gesellte sich heute an der einen Schmal seite ein prächtiger Ausbau von Blattpflanzen, von deren saftigem Grün sich die Büste» deS Kaisers und deS Kronprinzen wirkungsvoll abbobea, zu beiden Seiten der Büste des großen Kurfürsten aus gestellt. Die Büsten der Prinzen Wilhelm und Heinrich halten zwischen den ersten Säulenpaaren Ausstellung gesunden. Die Spitzen der Behörde» des deutschen Reiche» und Preußens und zahlreiche Männer der Wissenschast hatten sich zu der Feier eingesunden. Wir sabe» die Herren Kultusminister vr. v. Goßler, Staalssecretair Gras Herbert v. Bismarck, Slaatssecretair v. Schelling, Unlclstaatssecretair Homeyer, Unterstaatsjecrelair Lucanns. Mintsterial- direclor De la Ciox. Ministerialdirektor Greifs, Wirkt. Geh. Lega- tionsralh Humbert. Geh. LegationSrath vr. Krauel, Geh. Ober- RegierungSrath Schöne, Reg. Rath Naumann, General der Jnsanierie v. Strubberg, Gencrataizt Bardrlrbe». Generalarzt v. Eoler, General major Ritter v. Lylander, bayerischen Mtlitairbevollmächtigteu. den Rector der Universiiät Pros. Vr. Schivendeiier, die Professoren v. Helmholtz, Mommse», Dcrnburg, v. Bergmann, DuboiS-Reymoud, Petzoid, Hofmauu, v. Richihosen, v. Fritsch, Geheimrath Spinola, Konsul z. D. Anneckk, Pastor Diestelkamp u. A. - An der linken Seite des vor der Kaiserdnste stehenden Redner« Pultes hatte der Lehrkörper de- neuen Seminars Platz genommen, der commissarischeDircclor Prof. vr. Sachau. Pros. Arendt (Chinesisch) mit den Leciore» Kuei-L>n und Pa» Fei-Shing, die in chinesischer Tracht erschienen, vr. Lauge (Japanisch) mit vr. Jnouyü, Herr F. Rosen (Hiudustani), Professor Hartman» (Arabisch) mit den Herren A. Maarbes und Hasan Taulik, Letzterer trug seine heinialh- liche egyptischc Tracht, de» langen hechtgrauen Mantel und den wkißeolheu Turban: Vr. Andreas (Persisch. Türkisch) und vr. Morttz, Missioiisinspector Bütttier (Suaheli). Die bisher angemeldeten Hörer de» Seminar-, wohl 30 b>S 40 an der Zahl, waren in den Nebeuräumen versammelt. Der Eu'.lu-minister vr. v. Goßler eröffnete die Festversami» lung mit solgender Ansprache: „Wenige Jahrzehnte sind erst verflossen, seitdem dieser Saal den Mittelpunkt des gesamnttcn comuzerziell-u Lebens der preußischen Hauptstadt umschloß, und die Räume, welche vor Kurzem noch aus reichten, die zahlreichen Zweige der Berliner Börse' in sich anszu« nehmen, öffne» sich heute, um einem ueue» Institute der Universität eine durchaus zweckeittiprechende und wohnlichr, aber doch nicht über flüssig au-gedehale und nicht verschwenderisch auSgestattetc Heimstätte zu gewahren. Welche Wandlungen wir im Lause eines Menschen- allers erfahren haben, wissen wir Alle, — schon ein Blick aus die Geschickte dieses Gebäudes würde es uns lehren; und dieses Bor- wärlsschreilcns gerade heute zu gedenken, dazu ist der Antrieb um so lebhafter, als eS sich uin die Eröffnung einer Bildungsstätte handelt, welche in ihrem Wesen, ihren Ausgaben und Zielen sich auSschlicß- sich aus die Erfahrungen der letzten Jahre, aus die Bedürfnisse der Gegenwart gründet. Buch di« treibenden Kräfte sind unS nicht verborge», — genügt doch ein Blick aus diesen Fenstern, wenn er über die Kirchen zum Schlosse des deutschen Kaisers hinschweist, zu de» Anstalten geistige» Schaffens und Winken-, zu dem Zeughause, zu so zahlreichen Stätten ernster, oft entsagungsvoller Arbeit. Milten in diese Vertreter unserer höchsten Interessen wollen wir da- neue Seminar hinemstellen, — heule selbst »och ein Samenkorn, dereinst, wie wir hoffe» und vertrauen, ein reicher Fruchtbaum, der seinen Samen weit über die Grenzen unseres Vaterlandes tragen wird. Gegründet vom deutschen Reiche und dem preußischen Staat ia der Hauptstadt, — eingesügt in den Bau der königlichen Univer sität. — bestimmt für die Erlernung orientalischer Sprachen, — die- ist die Ueberschrist deS Seminar-, und sie kennzeichnet seine Entstehung, sein Wesen und seine Zwecke. Nicht soll daS Seminar da- Studium der orientalischen Sprachen etwa erst einsührcn. Seit langen Jahrzehnten hat deutscher Schars, sinn und ForschungStrieb aus dem Gebiete der indogermanischen und semitischen Sprachen, wie der Sprachvergleichung die reichsten Lor beeren errungen. Auch soll nicht da- Seminar die aus unfern Universitäten bestehenden altbegründeten Lehrstühle beeinträchtigen. Mit Nichten. Wenn diese die Sprachen an und für sich, i» ihrer Eigenart wie im Zusammenhang« mit anderen Sprachgebilden, zum Gegenstände de- Forschen- und LehrenS machen, mit kritisch-histo rischer Meihode, unter Anlehnung an die Physiologie und Psycho logie, — so wird da» Seminar die Hauptivrachcn de- Orients »ur zum praktischen Gebrauche lehren, als Hilfsmittel und Ausrüstung für die Erreichung von Ziele», welche außerhalb des Gebietes der Philologie liegen. Seine Pforten öffnet dar Seminar Allen, welche der hier ver tretenen Sprachen für den Verkehr mit den Eingeborenen bedürfen, — dem Drogoman, welcher seiner juristischen und nensprachlichen Vorbildung »och die Kcnntniß orientalischer Idiome zusiige» will, — nicht minder dem Missionar, dem Museumsbeamten, dem Forschungs- retfendea, dem Kaufmann, dein Techniker. Eigenartig wie der Zweck erscheint auch die Zusammensetzung der Lehrerschast. Neben unfern Landsleuten, welche mit der theoretische» Beherrschung der Sprache ihre zuverlässige Handhabung im täglichen Verkehr verbinden, erblicken wir Angehörige der Nationen, deren Sprachen hier gelehrt werde», heute schon Bewohner kcs NillandeS und der beiden großen ostasia tischen Kaiserreiche. Mögen auch manche Züge einen sremdart ge» Lharakter auf« weisen, fo hat sich doch da- Seminar leicht eingesügt in die erprobte Organisation der königliche» Universiiät, welche ebenso fest in ihrer Verwaltung ist, als beweglich für die Ausgestaltung der Leh» thätigkeit. In ihrem Direct»: wird eS festhallen den Zusammen hang mit der reinen Wissenschast, welche den Lehrern »eue Stärke, ihrem Wirke» Licht und Wärme verleiht: und nicht znm Mindesten wird da- Seminar selbst eine reiche Quelle für fruchtbringende Studien dem Fachgelehrten darbicten. Bor Allen« aber mögen die Kräfte, welche in der Friedrich Wlhelm'S-Univeisität lebendig sind, auf da- neue Institut uber gehen, — die Treue in der Arbeit, das Bewußtsein, Glied eines großen Ganzen zu sein, — dann wird da? Seminar sicher die neuen ! Psade wandeln und die Hoffnungen erfüllen, welche bei seiner Be« ' gründung gchegt werden. Im Einvernehmen «nit dem Auswärtigen Amt des deutschen Reichs übergebe ich nunmehr das Seminar sür orientalische Sprachen f der königlichen Fnedrich-Wilhelm'S-Universitüt und erkläre dasselbe . hiermit sür eröffnet." f Der Rector der Universität, Pros. Vr. Schwcndener, er- , widerte mit Worten des Danke- sür diese Bereicherung der Hoch schule, die in dem Seminar eine kraftvolle Ergänzung ihrer Vor lesungen erkennt und in der Zuweisung desselben einen neuen Beweis für die ihr zugewandte Füriorqe der königlichen Regierung erblickt, u»8 lieh den Glückwünschen der Universiiät tüc das neue Institut und ihren Dircclor warmen Ausdruck. Pros. Vr. Sachau legte nun in solgender Rede Wesen, Ziele und Zwecke de- seiner Leitung aoverlraulcn Seminar«' dar: „Hochgeehrte Herren! Die Weih« eine- Hauses zu begehen, eia alte- Haus einem neuen, au- de» Bedürfnissen der jüngsten Zeit erwachsenen Berufe zu widmen» ist die Ausgabe dieser festlichen Stunde, eine Ausgabe, über deren Bedeutung und Tragweite die Gegenwart so vieler aus- gezeichneter Vertreter unserer Ration sür Nah und Fern ein uu- zweideutige- Zeugniß oblegen wird. Wollte ich «vie eia Sterndeuter des orientalischen Alterthum- nach Zeichen uud Wundern spähen, wollte ich die Gestirne, welche an den« Geburlsmorac» dieser Anstalt sich über dem östlichen Horizont erheben, und ihre Lonstellattone» zu de» gebietenden Wesen au der lichten Himmel-Hälste za erforschen suche», so würden alsbald sich zahlreiche Erscheinungen dem Blicke darbieten, welche dem verheißung-vollen Morgen einen segen-reichen Tag als Nachfolger versprachen. In den schaffen-reichen Togen unsere- aller- gnädigsten Kaiser- und Herrn, Sr. Majestät Kaiser Wilhelm, an der serusichtigcn Fürsorge seiner Regierung hervorgezogen, von dem Wohlwollen der berufenen Vertreter unsere- Volkes durch alle Bor- bercitungsstadlen getragen, durch da- Entgegenkommen orientalilchcr Regierungen in ganz wesentliche» Stücke» gefördert, mit sichtlicher Theilnahmc von der Ocffenilichkeit in allen deutschen Landen aus- leiioininen, Ihut diese Pflanzstätte neuen Unterrichts am heutigen sage den ersten Schritt ins Leben, und Ihre Gegenwart, hoh« Herren, ist ihr ei» freundliche- Glückauf zum Werk. Die Wissenschaft des Orient-, meine Herren, gehört nicht zu den jüngsten Zweigen am Bauen de- deutschen Geisteslebens. S,e ist gleichzeitig mit dem Studium de- classi chcn AlterthuniS im Zeitalter des Humanismu- in Deutschland gegründet, in die deutschen Univer «täten eingezogeu, und seitdem in gesegnetem ÄachSlhu», zu einer großen, säst ganz Asien und große Theile von Asriko umjpannendcn Entwickelung gelangt. Johann Rcuchlin, ein Sohn Schwaben-, eine der hervorragendsten Gestalten in der Geschichte de- deutschen Geistes, der Vater unicrer griechischen und lateinischen Studien, war zugleich der Erste, der an deutschen Universitäten Hebräisch lehrte, in Tübingen und Heidelberg, und das Studium dieser Sprache durch seine Werke den Jüngeren der Wisseiischast allgemein zugänglich machte. WaS er begründet, wird aus allen unseren Hochschulen mit Eifer sort und fort gepflegt. Das Studium der hebräischen Sprache und des Alten Testamente- ist bis ia die Gegenwart hinein da- Centruni, gegen irelches die meisten der aus vorder-asiatische»! Boden sich bewegenden Studien graviliren. H. HI Ich dars Sie nicht von dem Anwachsen »nlerholten, welches die Orientstudien erfahren, seitdem die Engländer sich den unteren Ganges erkämpft und da- Berständniß der klassischen Lite ratur der Braminen erschlossen haben, seitdem die Rüthsel der Keil schrist gelöst uud die Bauinschristen eine- Nebucadnezar, wie die KriegSderichle eine» Tiglatpilesar und Sardanapal, Gestalten, welche rüher »ach de» skizzenhaften Berichten der Bibel mehr wie träum haste Scheinen i» unseren Vorstellungen lebten, »»» aber init histo rischen« Fleisch und Blut bekleidet, wie leben-srische Träger der Weligejchichlc vor unseren Augen austauchen, ihre, während mehrerer Jahrtausende verschwiegenen Geheimnisse dem Forschergeist unserer Tage habe» preisgcbea müsse». Fast alle Culturgebirte des in Völ ker» und Sprachen so reich gegliederten Asien- sind ia den Bereich deutscher Forscher einbezogen worden. Der Strom derselben ist immer breiter und tiefer geworden, aber seine Richtung ist stet- die selbe geblieben, die Richtung aus da- Altertbum, aus die klassischen Sprache» uud Liicraluren Asiens, die in der Hauptsache vergangene» Jahrhunderten und Jahrtnusenden aiigehören. WaS dagegen die lebenden Volksmundart-» anbctrifft, welche au- jenen klassischen Sprachen zum Dhcil durch eine oder mehrere Mittelstusen hindurch ich eiiiwickclt haben, so ist deren Schicksal sowohl in Asien selbst, wie t» Europa viel weniger von der Gunst des Schicksals getragen worden. Ein gebildeter Araber kann nicht begreisen, warum ein Orientalist dem PaioiS migedildcier Leute seine Formen »»d Redewendungen abzulauschen sucht. Für ihn giebt eS nur ein- arabische Sprache, diejenige, die Allah durch den Mund seine- Propheten zu der Menschheit geredet, und diese ist längst erstorben. Nicht dieselben, aber ähnlich waren zum Theil die GesichtSpuncte, »ach denen dir Gelehrten Europa- vvrgingen und Vorgehen mußien. Wollten sie die Grundlage der eigeulhünilichen Tulkuren de» Morgenlandes er forschen, so mußte» sie seine heilige» Schriften verstehe» leruen und zu diesem Behusc Sprachen studire», die von den jetzt gesprochenen Idiome» zum Theil soweit abstehc», wie da- Gothischc in UlfilaS' Bibel-Uebersetzung oder da- Hochdeutsche in Otfcied'S Evangelien Bearbeitung von dem Hochdeutsch unserer Tage. Aber bei alledem, h. H., fehlte keineswegs die leben-warme Gegenwart unter den Vorlagen der deutschen UniversitätSstudien, wenn sie auch nicht in der Weise und in de« Absicht gepflegt wurde, wie es in diesem Hause geschehen soll. Ich könnte hier da- Persische neunen, da» schon seit mehr al- 200 Jahren in Deutschland heimisch ist. Herzog Friedrich Hk. von Holste, n-Gottorp hegte den Plan, den Handel Persien- über Moskau »ach seinen Landen zu leokea, und schickte zu dem Ende seinen Bibliothekar, den Adam OleariuS oder Oelschtäger, über Moskau nach Persien. Eine Frucht dieser höchst denkwürdigen Reise war die deutsche Uebersetzung de» Gulistaa oder Rosengartens vo» Sadi, eines der Prunkwerke der persischen Literatur, welche OleariuS 16ä4 in Schleswig heran-gab. Die Sprache, welche Sadi schrieb, und ebenso Firdusi. oder richtiger Jildausi, der Verfasser des Schahname, ist dieselbe, welche noch heutigen Tag» von allen Gebildeten Persiens geiproebcn und wett über Persiens Grenze» hinaus a» viele» inohauicdanischen Fürsten hüjc» als Ausdruck höchster Gesittung angcwendet wird. Seit tausend Jahre» ist sie stationär geblieben, und eS scheint säst, al- habe die Alles zersetzende Zeit ihr gegenüber einen Theil ihrer Zerstörung- kraft eingebüßt. Aehiilich. wie das Persische, ist auch daS Türkisch« frühzeitig au- leicht begreiflichen Gründen an den Lentrea deutscher Studien bekannt geworden. Die Sprache, die jetzt diesseits und jenseits de- Bosporus gesprochen wird, ist ia allem Wesentlichen dieselbe, dle vor 600 Jahren Osman sprach, der Ahnherr der Sultane und der Begründer ihres Reiches, dem zu Ehren da» türkische Volk seine Sprache die Osmanische nennt. Wenn also auch aus vielen Universitäten Deutschland- die Gelegenheit geboten war, Persi'ch und Türkisch und andere lebende Sprachen zu lernen, so war doch auch dieser Unterricht wenig dazu angelhan, sür da» praktische Leben im Orient vorzubilden, denn Lehrer und Schüler hatten gleich wenig Veranlassung, den mündlichen oder schriftlichen Gebrauch dieser Sprachen zu üben. — 20 Uuiver- siläten, jede mit einem oder mehreren orientalischen Lehrstühlen, in einem Lande, da- weder eine asiatische oder afrikanische Lolonie hatte, noch auch einen nennenswcrthc» Handel dorlhin betrieb, Alle» um der reine» Wissenschaft willen, dnS war der Stand der Dinge ia unsere»! Baierlande bis in die jüngste Zeit hinein. Das Hans. daS wir heule seiner Bestimmung übergeben, ist nicht ein Heim reiner Wissens-Hast. Nicht die reine, sondern die oa- gewendete Wissenschaft soll hier gepflegt werden. Ist, wie ich soeben auSgcsührt, der Lehrberuf deS Seminars im Organismus unserer Universiiät keineswegs etwa« absolut Neues, so ist dagegen voll kommen »e» sowohl der Umfang wie die Tendenz deS StudienplaueS, der hier zur Ausführung gelangen soll. Bon der westliche» Grenze de» arabischen Sprachgebiete-, wo es den Atlantischen Lcean berührt, bi- zum fernen Jnselreich de- Mikado sind säst alle großen lebenden Sprachen de- nördlichen und östliche» Asriko, des westlichen, südlichen und östlich«» Asien hier vertreten: Da» Arabische in den zwei Mund arten, die in Egypten undSyrien gesprochen werden; die Verkehrssprache OstasrikaS, da- Suaheli, da- sich vom Indischen Occan bi- in die Gegend der ccittralafrikanischen See» erstreckt und dort mit dem von Norden eindrinqenden Arabisch berührt; da- Türkische, das über da- Gebiet de- türkische» Volk-stamme- hinan- als Sprache der türkischen Verwaltung und Beamte» von großer praktischer Bedeutung ist; da- Hindustanische oder Urdu, da- neben zahlreichen Provinzialdialecteu als eine Art Hochindiseh in den nictstcn Theilen de- nördlichen und centralen Indien gesprochen und säst überall verstanden wird; da» Chinesische i» zwei Mundarten, welche ihre Centre» im höchsten Norden, in Peking uud im tropischen Süden, in Kanton haben, und zuletzt, und nicht das geringste, da- Japanische. Längst ist der deutsche Seemann aus den Meeren OstasienS trotz Taifune mit zahlreichen Schiffe» heimisch und ersolgreich thätig, aber die deutsche Wissenschaft ist ihm dorlhin nur ausnahmsweise getolgt. Der Unterricht in allen diesen Idiomen ist sür Diejenigen be- stimmt, welche den Wunsch hegen, nicht sie zu kennen, — wer kann überhaupt von sich sogen, daß er eine spräche kennt! — sondern sie zu können, wenigstens soweit zu können, um selbst ständig den ersten Ansorderungen der Praxis gelingen und allein ersolgreich weiter arbeiten zu können. Bon dem strengen Be- solgen diese» rein praktischen Lehrberufe- hängt die Zukunft unserer Anstalt ab. ttebupg der Hand zu deutlicher «christ, de- Auge- zu schnellem Lesen und Entziffern; Uebung der Zunge zu correclcr Aussprache, de» Ohre- zu schnellem Erfassen und Verstellen' Erlernung der im tiglich-n Verkehr häufigsten Formen uud Wörter. Hebungen im mündlichen und schriftliche» Au-druck, da» ist da- Ziel, dem der Unterricht des Seminar- zuftreben muß. Und wenn die Lehrihätigkeit. lest gegründet tu wisse,»chastlichcr Erkenntaiß, in praktischem Können u, d reicher Erfahrung, die- Programm voll und ganz zur Au-sühiung bringt, daun ist dem Seminar eine segensreich« Wirksamkeit gesichert, und eS wird nicht nölhig sein, den Einrichlu-igen desselben, welche einstweilen bis zur Gewinnung weiterer Erfahrung mehr den Lharakter de- Provisorische» trage», eine wesentlich »er- änderte Gestalt z» geben. Natürlich ist dabei vorauSzuietzen, daß auch der andere Theil, daß auch die Schüler Dasjenige leisten, wa- sür da- Gedeihen de» Seminars von ihnen gesordert werden muß. Da- Studium fast aller orientalischen Sprachen, a» und für sich in hohem Grade müdsam, ist durch die Schmierigkeiten der Schrift von allen Seiten wie niil einer schwer ersteigbaren Mauer umgebe», und es ersordert in dem Anfänger eia nicht geringe- Maß von Stand haftigkeit, die Fluchtanwandlung, welche vor einem U>walde orienta- lischer Lharaklerc auch den Kühnsten unter ihnen beschteicht, siegreich niederzukämpse». Aber der sprachliche Unterricht soll keiiie-weg- isolirt tastehe»; die Lehrer werden ihn ergänze» und weitersühren durch D «, >vi« sie au» ihrer Kenntaiß von Land und Leuten über da- betreffende Gebiet ihren Schülern mitzulheile» vermöge». Wissenschast und Leben sollen gleichen Antdeil an diesem Hause habe». Sprachlicher und realistischer Unterricht sollen, sich gegenseitig durchdringend, vor- bereiten sür alle praklischeu Ausgaben des Lebe»-, welche Deuljchen, sowohl Privaten wie Beamten i» orientalischen Ländern, gestellt werden könne». H. H ! Beleuchtet in dem Glanz einer herbstlichen Sonne, erhebt sich dieses HanS an der Seite eines ernsten Tempel- unserer Religion, neben zwei Schatzhäusern von Kunstwerken aller Zeiten und in nächster Nahe der Slam,»bürg unsercS glorreichen Fürstenhauses. Fürwahr eine vornehme Nachbarschast, eine Lcrsammlung historischer Größen, welche von ihrer Höhe hinunterschauen aus All s, was sich in ihrer Nähe der Erde entringt und auswärt-, dem Lichte entgegen- strebt. Aber eine noch größere Ehre ist dieser jungen Schöpfung z» Theil geworden. Sie steht nicht allein, nicht ohne Stütze da; sie lehnt sich a» einen großen Organismus, in dem ein reiche», viel gegliedertes, au- den edelsten Theilen unserer Nation genährtes Leben pulstet. Sie ist ein Theil unserer Universiiät. Durch die Ei» sügunq in den Organismus der größten Universität Deutschland- als eine Weiterbildung de- Instituts der Lektoren, ist da- Senuuar in die erste Neide der deutschen Unterrichtsaustajten gerückt und ihm damit die schwere Ausgabe zum Loose gefalle», diese ehrenvolle Stellung durch Leistungen zu verdiene» und sich zu erhalle». Es ist dies, wie nicht minder der Hinblick aus die ausgezeichnete» Erfolge der verwandten Anstalten in den Nachbarländern, eine cindrtiigliche Mahnung zur Vorsicht und zur Bescheidenheit. In ollen Dinge,, ab ovo deginiieiid, hegen wir, wie nun einmal jeder Ansänger de.S Nechk zu baden glaubt, die Erwartung nachsichtiger, gütiger Beur- Iheiluug, und werden bemüht sein, alle Sehnen zu kräftig »ach. haltiger Arbeit anzuspanuen, »m Schritt zu halte» mit dem geistige» Fortschritt der Universiiät und, soviel an uu» liegt, zur Erweiterung und Förderung de- deuischen Geistesleben- unser Scherflein beizulrogen. H. H ! Bersolgen wir die Ausgabe des Seminar» au- der Wisse»- schalt i» da- Leben, jo schweifen unsere Blicke unwillkürlich i» weite Ferne hinaus aus die unbezeichnete» Wege durch die Wüsteneien des OceanS, und über de» Ocea» hinau- an fremde Gestade, wo unter einer exotisch n Pflanzen- u»d Thierwell, unter sremdartigc» Menschen und Einrichtungen der Deutsche al-Arzt oder Lehrer, als Forschung-- reisender, als Techniker, al- Missionar, als Kaufmann, als StaalS- oder Privalbeamter de» Kamps um- Dasein kämpst. Da- Seminar will ihn sür diesen Kampf vorbereilen und wappne» und ihm den- selben erleichtern. Es will sür sein bescheiden Theil an de» Grund lagen einer neuen Zeit Mitarbeiten, einer Zeit, in welcher deulsche Männer aus viele» ihren Vorfahren unbekannte» Wegen die tausend- sachen Interessen unserer Nation aus deutsche Art, mit deutscher Geschicklichkeit und Au-daucr zu verfolgen und zu fördern bestrebt sein werden. Möge c- dem Seminar aus seiner mit dem heutigen Tage de- ginnenden Lebensbahn bcschiedea sein, da» Pfand de- Vertrauens, da» man ihm bei seinem Entstehen so bereitwillig gewährt, dereinst in Ehren einzulöscii und sich einen würdigen Platz zu erringe» i» den Annalen deutscher Pflichttreue und dculschcr Geistesarbeit, zu Nutz und Frommen unsere- Vaterlandes!" Staatssecrelair Gras von BiSmarck trat nun an da-Redner pult, »in mit einer Begrüßung der Lehrer und Lernenden die Feier zu beschließen. Wir haben, so etwa führte der Redner auS, das ge flügelte Wort von der angewandten Wissenschast gehört, z» deren Dienst jene unserer Mitbürger berufen sind, die sich in diesem In- stitute sür den Dienst im Ausland« zum Beste» de- Valetta ade- au-bilden. Sprachstudium und Wissenschasttichkeit war von jeher ein Erbtheil unsere« Volke-; die Anstalt hat dieselben mit den An forderungen der Praxis in einer uu- noch nicht bekannten Form zu vereinigen. Die Sympathien, die ihr im ganzen Lande entgege»- gebracht werden, geben die Sicherheit, daß i» ihr ein gesunder Ge- danke zum Ausdruck gelangt. Die hervorragenden Kräfte, die an ihr zu wirken berufen sind, bürge» dasür. daß sie zu gedeihlicher Entwickelung gelangt, daß sie sich neben die fremden Anstalten ihrer Art getrost stelle» kann. Wünschen wir Lehrenden und Lernenden, daß ihr« Thätigkcit, ihr Streben an der Anstalt stet- ein erfolg reiche- sei, daß sie stet- mit stolzer Befriedigung aus sie zurückblicken im Sinne de- Horazischen Wortes: lmioeti «liscant et iu»ent inewim»« periti. Die Eröffnung de» Seminars hat Felix Dahn die Veranlassung zu folgendem Gedicht gegeben: Gott wollte nicht der Erde Völker scheiden: Drum gab er Einem, was dem Andern sehlt: Sich sördern soll'» sie. nicht sich hassend meiden, Eich suchen, von Ergänzungsdrang beseelt. Und unser Volk, da- deutsche, hat vor Andern Bon je den Werth de» Fremden gern erkannt: In seinem Forschen jetzt wie einst im Wandern Zog e- eia tiefer Drang von Land zu Lind. So thun auch wir, so will'- die- Werk d«Z Neue: ES dienet aller Völker Heil und gier: Aus, Seminar, weithin den Samen streue Und Gott verleihe Segen-ernten dtrl — Leipziger Theaterschule. Leipzig. 27. October. Längst schon Hallen wir gewünicht, einmal den Plan kennen zu lernen, »ach welchem Herr Direktor Alfred Werner in der „Leipziger Theatersckiule" seinen Unterricht ertheilt, uud wir begrüßten e- daher mit Interesse, als auch an unS die Einladung erging, in internem Kreise einmal einer Unterricht-Vorführung beizuwohnen und dabei System und Methode de- SchoufpielunterrichteS in der gedachten Anstall kennen zu lernen. Während eS Nieniand bezweifeln wird, daß zur Erlernung der tönenden und bildenden Kunst strenge, lystemalitchc Vorstudien Bedingung sind, glauben leider heutzutage »och eine ganze Reihe junger Bühnenlaleate, daß eS solcher anhaltender, eifriger, i'usteinattschcr Studien sür die Schauspielkunst nicht bedürfe, und sür sie >enc wilde Roullar genüge, welche sich taleulirte. jugendliche Kräsle nach und nach durch häufige- Auftreten ancignen. Wir haben bei Gclcgenbeil unserer kritischen Besprechungen wiedeiholt daraus hingewiese», daß diese wilde Routine, die von der wahren Kunst unendlich weit entfernt ist, da- KrankheitSsyniplom »niercr modernen Schau spielkunst ist, bei der die „Schnellserligkeit" deulzuiagc da- oberste Princtp zu sein scheint. Durch häufiges Spielen wird die Kunst nicht gelernt, denn der Begriff „Kunst" setzt die Keniilnih und Be- herrschnng der Besetze uud Regeln der Technik voran». Ein Routinier wird oberflächliche» Ansordciungc» genüge», niemals aber Dem imponier», der das Wesen der Kunst begriffen hat. Weil wir aber überzeugt sind, daß der Mangel jeder pädagogischen Methode im modernen Schauspieluntcrrichl zum Unheil der Schauspielkunst bereits geworden ist. glauben wir DaS, wo? ivir in« internen Kreise der „Leipziger Thenterschiile" erfahre» und gesehen hiden. denn die betreffenden Eleven der Schule abselvirten den Lehrgang, ualürlich in gedrängtester Form, vor unser.» Augen, auch eii.rm größeren Kreise nicht vorenthalten zu dürfen. Selbstverständlich könne» wir das System der Schauspiel!» u. welche» sich Herr Director Werner aus Grund zwölfjähriger Ei- sahruiig hernusgecirbcilkt hat. und welche-unser-Erachte, s ge.« >> dle älteren Systeme, z. B. da- von Engel, dadurch vorti.ttlhasl >.t sticht, daß es aus durchaus natürlicher Bast» ruht, und seine Schluß folgerungen sich logischer Weise von selbst ergeben, nur in einem ge drängten Au-zuge wirdergeben.
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