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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 07.07.1888
- Erscheinungsdatum
- 1888-07-07
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188807076
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18880707
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18880707
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1888
- Monat1888-07
- Tag1888-07-07
- Monat1888-07
- Jahr1888
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 07.07.1888
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Erscheint täglich früh 6'/, Uhr. Kkdarlion und Lkyrditio» IohanneSgasse 8. Sprechstunden der Urdaction: Vormittags 10—12 Uhr. Nachmittags b—6 Uhr. tztir tl« NUSgate em,8a»dter Manulcrchte «ach» sich t>« Redaction nicht »crdmdNch, Annahme der für die nächftsolzeude Nummer bestimmten Inserate au Wochentage» bis 3 Uhr Nachmittags, an Tonn- und Festtagen früh bis'/,i»Uvr. 3» den Filialen für Ins.-Annahmr: Ltto Klemm, UniversitätSstraße 1. Louis Lösche, Katharineastr. 23 Part. u. König-Platz 7, mir dis '/,L Uhr. AboinrementSprel» vierteljährlich 4V, Mk. incl. Dringerlohn 5 Mk., durch die Post bezöge» 6 Ml. Jede einzelne Nummer üO Ps Belegexemplar 10 Pf. Gebühren für Extrabeilage» (in Tageblatt-Format gefalzt) ohne Postbesörderung 60 Mk. mit Postbesörderung 70 Mk. Inserate «gespaltene Petitzeile 20 Pf. Größere Schriften laut uns. Preisverzeichnib. Tabellarischer u. Zissernsatz oach höhcrm Tarif. Uerlamrn unter dem RedactionSstrich die 4gefvalt. Zeile bOPf., vor deuFamilicn Nachrichten die Ogespalteue Zeile 40 Pf. Joserate sind stets an die «xpedition z, senden. — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung praooumoranäo oder durch Post- uachuahme. „N 188. Sonnabend den 7. Juli 1888. 82. Jahrgang.) Zur gtfWgtll Veachtiing. I Unsere Expedition ist morgen Sonntag, den 8. Jnli, Vormittags nur bis S Uhr geöffnet. I'xpetlMnil t1e8 I.olp/.lLser ^nrxeklaltes. Amtlicher Theil. Vekanntmalhung. die brvffnunq deS Vieh- u»d Lchlachthvfes der Ltadt Leipzig betreffend. Unter Bezugnahme aus unsere in Nr. 168 der „Leipziger Nachrichten" und Nr. l60 deS „Leipziger Tageblattes" am 17. lsd. MlS. abgedruckle Bekanntmachung vom 15. lsd. Mts. bringen wir hierdurch nochmals zur ösfeullichcn Keniltniß, daß der von der Sladl Leipzig auS Geineintemiltcln crbaule össcntliche Bieh- und Schlacktbof am 12. Juli d. I. iu Betrieb gesetzt werben soll. Bon und mit diesem Tage tritt das in tz. 1 unter b. deS OrksstatuteL vom 16. November 1882, bestätigt unter dem 25. November 1882, die Einführung deS Schlacht- zwangeS in Leipzig betr., vorgesehene Verbot der ferneren Benutzung bestehenden Privalschlächtercien in Kraft und müssen alle in Absatz 2 des eit. tz 1 anfgcsührrcn Vornahme» — Las Schlachten säininllicher Kattungen von Schlachtvieh ein schließlich der Pferde, jede Verrichtung, welche damit im Zusammenhänge steht, wie daü Abbäulen, Enthaaren, AuS- weidc» deffelben, mil alleiniger Ausnahme des Enthäutens der Kälber, das Entleeren und Reinigen der Eingeweide — in, Bezirke der Sladk Leipzig in dem gedachten öffentlichen Schlachthause erfolgen. Die in 7 unter b. Abs. 2 bestimmte Frist von sechs Monaten für die Anbringung der wegen dieses Verbotes gellend zu machenden Ersatzansprüche läust vom 17. l. MlS., dem Tage der erstinaligen Veröffentlichung der Bekanntmachung im AinlSblatte, an. Die Anordnungen in tz 2 des Orts- statnteS. daß alles im Gemeinoebczirke eingefnhrte frische Fleisch, welches »ich! im ösfliillicben Schlachthaus« der Stadt Leipzig anSgeschlachtct ist, einer Untersuchung durch die Thicrärzte bez. Trichinenschaucr zii unterziehen ist, sowie i» tz. 5 deS OrtS- staluteS, daß i» öfscntlichcii, im Eigeiitbume und der Ver waltung der Stabt stehenden Flcischverkausshallcn frisches Fleisch von Schlachtvieh nur dann feilgcbotc» werden darf, wenn es im öffentliche» Schlachthause der Stadl Leipzig auögeschlachtct ist, solle» von und mit dem IU. Juli dsS. IS. in Kraft treten. Der erste Dichmarkt soll Montag, den IU. Juli, von 8 Uhr Morgens bis 2 Uhr RacknnittagS abgehaltcn werden und werden Thiere aus dem Viehhose vom 12. Juli ab ailgcnvmme». (^rcmplarc der Dich- und TchlachthofSordnunq und der Gebührenordnung tonnen zum Preise von /IU bei unserer Lportelcassc I entnommen werden. Leipzig, am 30. Juni 1888. Der Rath der Ltadt Leipzig. Dr. Gcorgi. Heutschel. Gcfundtn oder als herrenlos angemcldct rcsp. abgegeben wurden innerhalb der letzivergangenen 2 Monate folgende, zum Theil auch von früheren Diebstählen Verrührende Gegenstände: zwei Taschenuhren, eine Uhrkette mit Medaillon, 2 einzelne Medaillons, niedrere Brachen, Armbänder und Ringe, 2 Shlips- nadeln, ein Bierzipsel, 2 Halskettche», darunter eins mit Kreuz, einige Anhängsel, lünj Bettelmünzen, eine Erinnerungs medaille vom Jahre 1864, mehrere Klemmer und Brillen, fünf Alfcnide-Laffcciöffel, ei» Salat-Besteck, ein Packet mit ca. 70 Stück Uhrgläscrn, ein Dutzend Paar Tasäicnuhren- zciger ein Reißzeug, drei Taschenmesser, niedrere Eigarreu- Etuis, ein Cigarrenspitzchcn, 6 Dutzend Metallknöpse, zwei Fächer, eine Strickschaukcl, ein Buchstaben-Spiel, acht Bund Schraubenmuttern, ei» Packet mit Mcssing-Wagcnkapseln, ci» Kautschuk - Gebiß mit 4 Zähnen, eine Säbelscheide, ein Schraubenzieher und eine kleine Oclkanne in Lcdertäschen, eine Bauklammer, ein französischer Schraubenschlüssel, ein Cigarreiffpitzcii-Abschneider, ein Jrrigateur, ci» Holz kasten mit Arbeitskleidern und Handwerkszeug, eine Feder- Handwaage, ein Flcischcrstahl, ein großer Handkorb, ein Stuhl, ein Handwagen. 2 leere Bierfässer, zwei Peitschen, drei Pferde decke», eine eiserne Kette, ein Sack mil Gerste, ein Sack mit einem Belt- und Handwerkszeug, ein Handtäschchen mit zwei weißen Taschentüchern und 20^ Inhalt, verschiedene Bücher, darunter 1. »nd 2. Band „Der Steinbruch von Georges Ohnet", ein Handkörbchen mit zwei Schürzen, Taschentüchern und einem Paar Filzschuhen mit Ledersohlen, zwei Hand- täschchcu, einige Paar Handschuhe, einige Schürzen, ein Slück Borde, ein Dutzend Paar Leichenschuhe, mehrere einzelne Schuhe, ein Paar Stieseln, ein Paar Kinder-Stieselelten, sechs Dutzend bunte und einzelne andere Taschentücher, ein Ober- und ein Kinderhcnid, em Spitzen-Shawl, ein Taillentuch, zwei Müsse, ein Tischtuch, verschied. Männer, und Kinderhüte, eine Mütze, ein Rest Futterstoff, ein kleiner Stoffrest, ei» Packet schmutzige Wüsche, ein Paar neue Hosen, zwei Somiuer- übcrziehcr, eine Anzahl Schirme und Spazierstöcke, mehrere Leihhausscheine, ein Canarienvogel und endlich verschiedene Portemonnaies bcz. Bculcl mit Beträgen bis zu 11^185^, sowie mehrere Geldbeträge bis zur Höhe von 80 -Sl und ein Coupon zu einer coasol. Pr. Staatsanleihe. Die unbekannten Eigenthümer dieser Gegenstände werden aus- gesordert, sich zur Empsangnahme derselben in unserem Tommissariaie rechtzeitig zu melden, andernfalls darüber nach ß- 233 des Bürgerl. Gesetzbuchs anderweit verfügt werden wird. Gleichzeitig sortier,, wir auch Diejenige», welche im II. Quartale 1887 Funbgegenstände bei uns abgegeben haben, deren Eigenlhümer nicht zu ermitteln gewesen sind, auf, diese Gegenstände zurück- zusordcrn, anderojalls auch hicrüber den Rechten gemäß versügt werden wird. Leipzig, am 4. Juli 1888. Das Polizriamt der Stadt Leipzig. Bretschneider. M. VekanntlMlihulig. Unter Bezugnahme aus unsere Bekanntmachung vom 3. Juli 1884 (Nr. 188 deS Leipziger Tageblattes und Nr. 187 der Leipziger Nachrichten) bringen wir hierdurch wiederholt in Erinnerung, daß dem von u»S mit Auftrag versehene» und legitimirten Vcrmcssungspersonale das betreten der Grundstücke zum Zwecke der Vermessung der hiesigen Stadt- lur unk deren Umgebung unweigerlich zu gestatte», und dcni- elbcn auf Verlangen über die Flur- und Privatgrenzen jede erforderliche Auskunft zu ertheilen ist. Zugleich verordnen wir, daß taS eigenmächtige Wegnehmen und Beschädigen der auSgestecklen Signale. Absperrpsähle und dergl.. so fern nicht eine härtere Strafe, insbesondere die der tztz. 303, 304 deS Strafgesetzbuchs, verwirkt ist. mil Gcld- trase diS zu 60 »L oder Haslstrase bis zu 14 Tagen bestraft werden wird. Leipzig, den 3. Juli 1888. Der Rath der Ltadt Leipzig. Id. 2562. Ur. Georgi. 11r. Krippendorff. Vrlraniltimichlmg. Unter Bezugnahme ans unsere Bekanntmachungen vom 3 Juli 1884 und 7. April 1887 bringen wir hiermit ander weit zur allgemeinen Keniitniß, daß dem von unS mit Auf trag versehenen und legilunirte» VcrmeffungSpersonale das Betrete» der Grundstücke zum Zwecke der Vermessung der diesigen Sladtflur und deren Umgebung unweigerlich zu gc- tatten ist, dem genannten Personale auch aus Verlangen die flur- und Privalgrenzen nachznwcisen sind, sowie endlich jede onst etwa nöthige Auskunft darüber zu ertheilen ist. Die eigenmächtige Wegnahme oder Verletzung der auS- gestcckten Signale, Abstcckpsähle u. f. w. wird hiermit bei Strafe verboten. Leipzig, den 12. Juni 1888. Der Rath der Ltadt Leipzig. Id 2009. I)r. Georgi. Knunbiegel. Behufs Zusüllung deS Absallgrabens deS Kirsch- und KcpswekrcS am Scblenßiger Wege kann daselbst getvarhscner Bode» und Bauschutt abgelagert werbe», und ver güten wir die Anfuhr init 40 für jede zweispännige Fuhre. Die Ablagerung von Asche, Kehricht und anderen Abfällen an der bezeichnten Stelle ist unzulässig. Leipzig, den 2. Juli 1888. Der Rath der Ltadt Leipzig. Id. 2792. Pr. Georg». l>r. Krippcuovrff. Nichtamtlicher Theil. Zur bulgarischen Frage. Der Proceß Popow hat einen wahren Abgrund von Herrschsucht, Zerfahrenheit und Treulosigkeit in Bulgarien ausgedeckt, und eS scheint in der Tbat, daß die bulgarische Freiheit und Unabhängigkeit an der Charakterlosigkeit der leitenden Personen zu Grunde gehen wird ES ist eine eigen- lhnmlicbc Erscheinung, welche sich seit dem Staatsstreich vom 18. September 1885 schon so und so oft wiederholt hat, baß die an der Spitze stehenden Männer stets nach einiger Zeit dem russischen Einfluß unterliegen. Schon Fürst Alexander mußte zu seinem größten Leidwesen ersahxn, daß Karawclow dem er sein Vertrauen im höchsten Maße geschenkt halte, so baß er selbst dann noch an seine Treue glaubte, alö die Untreue des Manneö schon erwiesen war, ocnnvch ein Ver- rälhcr sei. Alö er von den Osficieren seiner Umgebung von Gruew und Bendcrcw in der Nacht vom 20. aus den 21. August 1886 plötzlich auS dem Bette geholt wurde und die Zöglinge der von ihm selbst begründeten Cadcllenschnle sich als seine Feinde zu erkennen gaben, da kam die Ucbcr- zeugung über ihn, daß ohne Verständigung und Anlehnung an Rußland für Bulgarien kein Heil zu erwarten sei. DaS bulgarische Volk in seiner große» Mehrzahl hielt von jeher >»it größter Standhaftigkeit und Opfcrbereitschafr an seiner Unabhängigkeit fest, die Bemühungen russischer Scndlinge blieben erfolglos, weil nur ein kleiner Theil der Bulgaren sich für die Bestechung zugänglich zeigte, die Wahle» zur großen und kleinen Sobranje sielen im Sinne des UnabhängigkeitS- gebankcnS auS, die Russensrcunde waren aus ein eng begrenztes Gebiet für ihre Wühlereien beschränkt. Diese Thalsachc führte zu dem Urthcil, daß Fürst Alexander unrichtig handelte, als er das bekannte Telegramm von Rustschuk aus a» den Kaiser Alexander richtete, und auch seine »achherige freiwillige Abdankung nach Ablehnung seines VcrsöbnniigsanerbielcuS durch Kaiser Alexander fand nicht überall Billigung. Es wurde dem Fürsten Alexander zum Vorwurf gemacht, baß er durch seinen Rückzug Bulgarien in eine schwierige Lage ver setzt und daß er Bulgarien gerade in der verhängnißvollstc» Periode seiner Entwickelung im Stich gelassen habe. Diese Borwürse sind nicht grundlos, aber andererseits ist nicht zu übersehen, daß Fürst Alexander mit den Bulgaren die schlimmsten Erfahrungen gemacht hatte, daß nicht einmal ein glänzender Feldzug, welcher Bulgarien unvertilgbaren Ruhm eingetragen hat, ihn vor Verschwörungen gegen Thron und Leben zu schützen vermochte. Mochte auch die große Mehrdeit deS bulgarischen Volkes die Bcrräthcr mit Abscheu von sich weisen, so war doch nicht zu leugnen, daß die russensreundliche Partei im Lande »ach wie vor bestand, und daß ihr hervorragende Persönlichkeiten, wie Dragan Zankow, Karawelow und der Metropolit Element, angehörten, daß sie in der Armee Anhang batte und daß selbst ein RadoSlawow zur Verständigung mit Rußland rielh. Inzwischen ging die russische Wühlarbeit ihren Gang, die Regentschaft hielt sich anscheinend tapfer und ließ sich von General KaulbarS nicht enlmuthigcn. Tie Sobranje wählte den Prinzen Waldemar von Dänemark, und alS dieser die Annahme der Wahl ablchnle, den Prinzen Ferdinand von Eoburg. Aber Rußland verharrte ebenso entschieden bei seiner ablehnenden Haltung allen Versuchen der Bulgaren gegenüber, ihre Unabhängigkeit zu befestigen, wie die Bulgaren in ibrem Widerstande gegen die russische Vergewaltigung. Auch Prinz Ferdinand machte den Versuch, sich mit dem Kaiser Alexander zu verständigen, aber auch der ncugewählte Fürst mußte er- erkennen, daß seine Sache auf der Treue der Bulgaren und aus seiner eigenen Thatkrast ruhte und daß ihm im Uebrigen nur der Berliner FriebenSvertrag und ein platonisches Wohl wollen der drei Großniächte Oesterreich-Ungarn, England und Italien zur Seite stand. DaS war die Sachlage, als der Prcceß Popow Zustände enthüllte, welche bis dahin nicht zur össenllichen Kennlniß gelangt waren. Prinz Ferdinand halte sich mit dein an erkannten Günstling seines Vorgängers Major Popow in Beziehungen gesetzt und war bemüht, ein gleiches Vcrhältniß mit ihm herzustelien, wie cS zwischen dein Fürsten Alexander und Popow bestanden halte. Dieses Streben war sehr natür lich und entsprach durchaus der Sachlage, denn Popow war als Genosse und Miturheber der Siege deS Fürsten Alexander gegen Serbien in der Armee sebr beliebt und war durch seine militairische Erfahrung am besten geeignet, dem Prinzen Ferdinand als militairischer Ralhgeber zur Seite zu stehen Das war aber nicht nach dem Wunsche dcö Miuister- prästdenteu Ctambnlvw, weil sei» Einfluß aus den Fürsten dadurch abgeschwächt wurde. Popow mußte deshalb be seitigt werden, eS koste waS cS wolle. Dem braven Soldaten war schwer bcizukommen, weil sein Leben wie ein weißes Blatt Papier fleckenlos und osjen vor aller Augen lag. In dieser Verlegenheit kam die Sorglosigkeit Popow'S und seine Ungeschicklichkeit in geschäftlichen Dingen den Wünschen Stambulvw'S zu Hilfe. Die Regimcnlöcasse stimmle nicht, und daraus wurde eine Anklage wegen Unter schlagung und Ainlöverbrechen gegründet. Der Proceß wurde zum Nachthcit Popow'S entschieden und nun glaubte Stam- bulow das Spiet gewonnen zu haben. Aber er hatte seine Rechiimig ohne Rücksicht aus den Anhang gemacht, den Popow in der Armee halte und ans den guten Rns, welchen ihm die össenkliche Meinung zugcstand. Prinz Ferdinand stand vor der Alternative, sich mit Slambuloiv zu Überwerfen und die Bestätigung deS Urtbeils gegen Popow zu verweigern, oder Stambulow an der Spitze deS Mi»istcriu»iS zu betaste» und eine» Mittelweg ciiizuschlagcn, der Popow Straflosigkeit sicherte, ohne seine verletzte militairische Ehre wiederherzu- stelle». Prinz Ferdinand entschied sich für diesen Mittelweg und die Vergeltung für daS Unrecht, welches Stambulow an Popow begangen, scheint trotzdem nicht ausznblciben. ES wird berichtet, daß Stambulow in Philippopel ein Telegramm auS Schitomir in Rußland erhielt, i» welchem die Worte standen: „Tritt nicht zurück, erwarte den Brief eines Freundes. Tbcvcbarow." Die Ossiciere deS Alcxander- Rcginieiils, welches Popow befehligte, hatten die Absicht, ihren Ehcs zu befreien, und die Mehrheit der Ossiciere steht überhaupt auf der Seite Popow'S. Tie Wiedereinsetzung Popow'S in seine frühere Stellung würde eine Katastrophe herbeisühren, weil der Anhang Stambulow'S in bcr Armee auch nicht unbedeutend ist. Mitten in diese kritische Lage fallt LaS Bekanntwerden der Depesche auS Schitomir, deren Bedeutung Stainbulcw angeblich nicht versteht. Wenn es sich Herausstellen sollte, daß Stambulow mit Agenten Rußlands in Verbindung steht, also die Ab sicht hatte. Bulgarien an Rußland zu verratbe», dann würde manches klar werben, WaS bis dahin dunkel erschien, die schein bare Zurückhaltung Rußlands ebenso wie die wahre Bedeu tung dcö Proccsics Popow. Der Eharakter Slainbiilow'S hat in den letzten Monaten starke Anfeindungen erfahren, aber zu seinem Gunsten hat sich kaum eine Stimme geregt, während die öfseutlichc Meinung Europas darüber einig ist, daß Popow daS Opser eines politischen Ränleipiets geworden ist. Es hat jetzt den Anschein, baß Popow aus dem Puncte sieht, sein verlorenes Ansehen auch äußerlich wiederzugewinnen und daß Stambulow von der Nemesis ereilt werden wird. Die Zustände in Bulgarien werbe» aber durch solche Vor kommnisse systematisch zerrüttet. * Leipzig. 7. Juli 1888. * Durch die Presse geht folgende, von der „Rheinisch- Westsälische» Zeitung" gebrachte Mitlheilmig: „Ob es wahr ist, daß gewisse Hauptiätze der Thronrede von Kaiser Wilhelm selbst berrüiircn, mag dahin gestellt bleiben. Jedenfalls zum Wese» dcs Monarchen wurde cs durchaus stimmen. I» früheren Jabre» machte Lothar Bücher wiederholt die wichtigere» Thronreden. Die Proclainatioa Kaffer Friedrich's an jein Volk soll den Ministerialdirektor Bosse zum Hauplversasser haben. Das; die Reichstagsthronrcbc Kaffer Witbclm'S II. dessen eigensten Geist athmct, ist ganz unverkennbar. Indessen weisen zwei Sätze auch aus eine andere Mitarbeit bi», und zwar aus die des leitenden Staatsmannes. Ter Satz, betreffend die Aneignung der Politik der kaiierlichcn Botschaft, soll de» Fürste» Bismarck zum alleinigen Ver- fasste haben und von den« Kaiser ohne jede Arnbcrung gulgeheißen worden sein." Dazu bemerken, wie schon kurz erwähnt, die ossicivscn „Berliner Politischen Nachrichten": In wicicrn die in den, ersten Absatz enthaltenen Angaben zu treffend sind, lassen wir dahingestellt; wir haben kein Interesse daran, dieselben ans ihre Richtigkeit zu priest». Dagegen scheint cs uns angezeigt, die Behauviung zu berichtigen, daß die i» der Thron rede enthaltene» Satze, welche sich aus die Aneignung der Polilik der kaiierlichcn Botschaft beziehen, „den Fürste» Biemarck zum alleinige» Bersasser haben". Wir sind in der Lage, aus sicherster Qnrlle nffi- zutheilen, daß Se. Majestät der Kaffer die Aufnahme der betreffen den Sätze in die Thi onrede ausdrücklich besohlen hat, bevor letztere noch cntworstn war. * Die geplante Neise Kaiser Wilhelm's nach Ruß land wird durchweg als eine Fricbcnsl'ürgschasl ansgcsaßl. So schreibt die „Nationalliberale Eorresxvndcnz": Die Reise unseres Kaisers nach Rußland sicht jetzt iest und nimnik das öffentliche Interesse in ganz Enropa i» ungewöhn lichem Maße in Anivruch. Gewiß ist der Bcinch znnächst em Act der Höflichkeit, ein Ausdruck der scu alten Zeile» bestellenden per- sünl chcn FrcundichailSbeziehunge» zwiiche» den beiden Höfe». Es steht auch unserem Kaffer wohl an, icmerstits den erste» Schritt zu dieser Höflichkeits- und Freundschaftskundgebung zu ihn», denn er ist der jüngere der beide» Monarchen »nd überdies Hai der Zar in den letzten Jahren wiederbott Bcinch' i» Temsthland abgcstaltct, die bei dem hohen Aller Kaiser Wiihclin's 1. »»erwidert bleiben »lußke». Daß die Zuiammenkunit der beiden Monaichen aber auch in hodcm Grade c nen polnffchc» Eharakter hat, ist bei der ganze» europäischen Situation unverkennbar und wird in de» Zeitungen aller Länder anerkannt. Ob Besprechungen und Abmachung.'» über bestimmte, gegenwärtig im Vordergrund- stehend- volumle Fragen statistude» werde», muß dahingcslcllt bleiben. Aber auch, wen» es nicht der Fall ist, beweist schon die bedeutungsvolle Zniommenkunst an sich, daß die Spannung zwiichc» Rußland und Deutschland nebst seinen Verbündeten nicht mehr in der srühere» Schärst besteht, daß eine Annäherung des Zarenreiches an die Mäcbie der Mitte die Signatur einer sich aiibahncndcn neuen poliiiichcn Strömung ist, und damit wird der europäischen Situation ein gut Theil icner schärst» Spannung benommen, welche sie in der verflossenen Monaten zu einer so hochbedrohlichen machte. Die große Gesahr der Zeit, die ruisiich-sraiizüsiiche Allianz mit feindseliger Spitze gegen Deutschland und seine Verbündete», wird nunmehr Inr die nächste Zukunst in de» Hintergrund treten und damit heitert sich der pvlüffchc Horizont Europas iu erstcuticher Weise aus. Bon einem Froatwechsel Deutichlands kann selbstverständlich dabei ia keiner Weise die Rede sein. Unser Bündniß mit Oesterreich und Italien beruht aus so festen Grundlagen natürlicher gcmeinschasllicher Interessen und historischer Traditionen, cS hat ia dem Bewußtsein der beihciligten Nationen bereits jo tiefe Wurzeln geschlagen, daß es unmöglich durch irgend welche wechselnde politische Berechnungen oder Combmationen bedroht werden kann. Es bildet ein für alle Mal die unwandelbare Grundlage der großen auswärtigen Politik für das deutsche Reich, den dauernden festen Punct in allen Wirren der Zeit, und es sind nur Schritte der deutschen Politik denkbar, welche mit dieser Grundlage vollkommen vereinbar sind. Die jüngste Thronrede zur Eröffnung des Reichstags hat sich hierüber in ebenso eiilsäiicdener als offenherziger und loyaler Weist nusgesprochen, als sie das unverbrüchliche Festhalten an dem Bündniß mit Oesterreich und Italien versicherte »nd dann hinzusügte, unsere Beradredungc» mit diesen Mächten gestattete» die Pflege der persönlichen Freund- schass deS Monarchen für den Kaffer von Rußland und der seit hundert Jahren bestehenden fricdlichen Beziehungen zu dem Nachbar- reiche. Unter diesen Gesichtspunkte» betrachtet, gewinnt die russische Reise unseres Kaisers ihre Bedculung als eine neue Friedens- bürgschast. * Die „Post" schreibt: lieber den Brief deS hoch- selige» Kaisers Friedrich an den Staatsminister von Puttkain er, welcher daS Entlassungsgesuch deS letzteren hcrbeigesührt hat, sollen nach Miltheilunge» freisinniger Blätter ganz seltsame Behauptungen im Uinlaus sei». Wie insbesondere da« „Kleine Journal" zu melken weiß, geht eine dieser Behauptungen dahin, daß der Brief gefälscht sei. Die Fälschung sei durch fünf Echrist- verständige sestgcstcllt worden. Die Thäter seien bekannt. Auch die Ick-Eorrespondenz verzeichnet ein Gerücht, nach welchem mau an sehr gut unterrichteter Stelle wissen will, daß der hochselige Kaiser Friedrich dem Brief mit Ausnahme der Unterschrift fast völlig fern stand. — Wir nehmen von diesen Gerüchten Notiz mit dem ausdrücklichem Vorbehalt, daß wir nicht in der Lage sind, sie aus ihre Richtigkeit zu prüfen. * Es geht der „KölnischenZeitung" folgendes S chreiben zu, welches einige Zahlenangaben in einer Mitthcilung auS Potsdam berichtigt: „In der Abend-AuSgabe der „Kölnischen Zeitung" vom 29. v. M., Nr. 179, ist unter den Vermischten Nachrichten Folgendes angegeben: Berlin, 29. Juni. AuS Potsdam wird geschrieben: DaS MarmorpalaiS, die Sommer-Residenz deö Kaisers, soll durch den Anbau zweier Seitenflügel erweitert werden. Außerdem wird ringsherum, ähnlich wie bei Schloß Friedrichökron, ein hohes eiserne« Gitter, das den Park vollständig von dem Verkehr mit der Außenwelt abschlicßt, errichtet. Gegenwärtig patrouilliren 12 Posten mit geladenem Gewehr um das Palais herum; außerdem sind aber zalffreicke Schutzleute in Eivit zum Wack>l- dicnst beordert. Es sind dies meisten« Potsdamer Polizei beamte, während die nach Potsdam commaiidirte» 25 Schutz leute aus Berlin unter Führung eines PolizeilieutenanlS in Potsdam selber Straßenpalrouillenvienst thun. Von der Wasserseile ans wird das Marmorpalais durch Mannschaften deS ans der Malroscnstation beim Neuen Garten stationirten Matrosm-DetachementS bewacht." Diese Angaben entsprechen nicht den thatsächlichcn Verbältnissc», denn einmal bleibt aus Allerhöchsten Beseht Sr. Majestät dcö Kaisers ein großer Theil des Neue» Gartens, in welchem daS Marmorpalais gelegen ist. dem Publicum offen, dann patrouilliren nicht zwölf Militairposten mit geladenem Geivehr umher und sind auch nicht zahlreiche Schutzleute in Eivil zum Nachtdienst beordert, sondern cS sind nur vier Militairposten ausgestellt und einige Schutzmänner in Eivil coinmandirl, um neugierige Personen von dem Vordringen bis an daö Palais abzuhalten. Außerdem stehen an drei Haupteingängen zum Garten je ein Schutz mann, um Betrunkene und Gcftndel an dem Eintritt in den selben zu Verbindern. Von der Berliner Schutzmamisckiast sind nicht ein Ossicier und 25 Mann, sonder» nur 11 Schutz männer zur Unterstützung LeS hiesigen Polizei-Execuliv- PersonalS hierher commaiidirt, in die verschiedenen Polizei- Reviere vertheilt und finden wie diese Verwendung. TaS MarmorpalaiS wird nicht von der Wasserseite durch Mann- ssbasten derMatroscnstation bewacht. Potsdam. 3.Juli 1888. Der Königliche Polizei-Präsident Wolsfgramm." -n » . » . * Der russische Marineminifter, Viccadmiral Scbcstakow, langte vor einigen Tage» mit dem Kreuzer „Asia" vor Pit lau an, um die Schickian'scheu Fabrikanlagen daselbst und in Elbing in Augenschein zu nehmen. Vor Pillan hatte Herr Schichau ihm eines seiner neuen Torpedoboote von 27 Knoten Geschwindigkeit per Stunde entgegengesandt. Ter Minister wurde au Bord desselben von dem erste» Dircetor der Schicbau'schen Fabrik und dem kaiserl. russischen Marinc- bevollmächtigtc» Eapitain Douioshirvw empsangen und über daS Hass nach Elbing geführt. Der Minister besichtigte dort sehr cingehenv mehrere Stunde» lang die großartigen Werk stätten für Schiss« Dampfmaschine» und Loeomvtivenhau, die mächtigen Gießereien, Schmieden, Tischlerwerkstätten und AuS- rüstungSiuagazine. Die ii» Ban befindlichen zahlreichen Rapid- Kreuzer und Torpedoboote wurden ebenfalls besichtigt; der Minister sprach überall seine Freude aus über die Großartig keit der Anlagen, die Ordnung de« Betriebe« und die Exact beit und Sauberkeit der ausgesübrteu Arbeiten. Tie schon früher mit dem Ministerium gesübrtcn Verhandlungen über den Bau von mehreren Torpedobooten wurden von dem Minister persönlich zum Abschluß gebracht. 9kach einem bei Herrn Schichau eiiigenoiniiieiieii Tiner setzte der Minister seine Reise per Balm nach Berlin fort. Die Firma Schichau bat von dem russischen Marineiiiinistcrin»! neue Aufträge aus Schiffslieferuiigcn erhallen. * Wie ein russisches Blatt meldet, bemühen sich die Leiter der demnächst in Kiew stattsindendcn 900jährigen Feier der Einführung deö EhristenthumS in Rußland, die maßgebenden weltlichen und kirchlichen Kreise in Petersburg zur Elnbcrusinig eines ökumenischen ConcilS nach Kiew zu bewegen. Dasselbe soll seitens aller autokcpbalcn ortho doxen Kirchen beschickt werden und sich hauptsächlich mit folge,ikcn Fragen besckäsligen: Mit der definitive» Regelung der bulgarischen Kirchensragc, der Regelung der Beziehungen der abcssinisch-koptischen Kirche zu der allgemeinen orientalisch- orthodoxen Kirche, mit der Organisation der armenischen Kirche, der möglichsten Beseitigung des SccttrcrwesenS (ver sogenannte» RoSkolnikS) i» Rußland und der Wiedereinsetzung deS Ex-Mclropolilcn Michael in seine Diöccs-. Hierzu schreibt man der „Politischen Eorrcspvnbenz" auS Belgrad: „Dieses Programm spricht deullich dassir, daß ein solches Concil mit einem ökumenischen Charakter nicht staltftnden kann. Denn ab gesehen von den Bulgare», welche ganz wahrscheinlich wenig Neigung v-ripnrc» dursten, einem Kirchen Arcopag, der in so ausgesprochener Weise von der Idee des PanjlnwiSmuS beherrscht sein würde, ihre Kirchenongclegeiiheiten zu unterbreiten, ist es doch so gut wie gewiß, daß Serbien an keiner Berjanimlung theilnchmea könnte, iu der
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