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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 21.10.1888
- Erscheinungsdatum
- 1888-10-21
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188810215
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18881021
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18881021
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1888
- Monat1888-10
- Tag1888-10-21
- Monat1888-10
- Jahr1888
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 21.10.1888
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Erste Geilage M Leipziger Tageblatt und Anzeiger. 285. Sonntag dm 21. October 1888. 82. Jahrgang. Glück. Skizze von E. Vely. Nachdruck verboten. Ei» Scknecwirbcl, Windstöße im Schornstein, die Fcnstcr- riegel klappern, dc>S Feuer „schilt" — bald ist cS, wie da» tiefe Brummen einer Männerstimme, daun sind cS bobe, keifende Töne, aber dem Manne, der in einem tiefen Sessel neben dem Ofen soeben sein Mittagsschläfchen beendet bat, klingt diese Musik äußerst behaglich. Er läßt seine großen, blaue» Augen, welche in früheren Jahren gewiß einen schwärmerischen Ausdruck gebabk haben, m dem Zimmer herumschwcisen — ja, La isi'S traulich, ganz besonders bei solchem Weller — und er wüßte gar nicht, was ihm zu er sehnen übrig bleiben könnte. Seine W>rtl>Sleute habe» seit zwanzig Jahre» all seinen Wünschen gebührende Beachtung geschenkt, Frau Wingerlci» hat sich ui seine Launen, seinen Geschmack gefügt, fegt, putzt, kocht, wie rr'S gern hat, be trachtet seine,i Flügel mit Ehrfurcht und seinen Schreibtisch mit Hochachtung. Notenblätter liegen aus demselben — Herr Johannes Till ist Evpist — freilich „welch Einerl" — Diese Bezeichnung für ihn hat sich im Laus der Jahre in der inusikalischen Welt gebildet. Jungen Cowponiflen ist er Berathcr, Eorrector. und öiner Arbeit, der „Baler Johannes" beifällig zunickt, prophezeit man de» sichern Erfolg. Es sei, behaupten Biele, eine wahre Leileuschast, die er für Nvtenköpse hege, denn seit einer bedeutende» Erbschaft, welche er gemacht, „habe er ja nicht mehr nölhig", Erwerb zu suchen. — langsam sich streckend, verläßt Herr Till jetzt seine» Sessel und tritt an den Schreibtisch. „Ganz talentvoll, diese Arbeit des jungen Anton — ja so rtalienisirt — „Antoni". Natürlich, die Textanleihe bei Heine — bleibt eben eine Fundgrube" — er markirt den Tact mit den Finger» auf der Tischplatte und summt dann leise auch die Worte: „Einmal kam das Glück nur nah, Schon könnt ich den Ataem spüre» — Doch es flog vorüber, ohne Mir die Lippen zu berühren." — Er wiegt das Haupt, schiebt den Stuhl zurück und gebt ans Fenster. „Ja, ja. das Glück nah — und flog vor über — manches Menschenleben hat seine» Ccmmenlar da zu —" Die Flecken stieben hernieder, drehen sich, wirbeln an der Ecke, tanzen durcheinander, sinken zu Boden. — „Ja, ja. Johannes, auch Du!" sagt er mit einem wehmlilhigen Tone und zieht die linke Schulter empor, obwohl sie , auch der lose sitzende Scdlasroct verbirgt das nicht ganz, bereits von Natur bedeutend höher ist als die andere. Er sieht ein blondes, schlankgewachsenes Mädchen mit lachenden braunen Augen und der weißesten Haut — Scborn- stcinscgermeislerS Töchterlein, aus welches deS DaterS ebr- saiucS Geschäft nicht abfärbend gewirkt, und hört ihre frische Nachtigallenstinime wieder und weiß noch ganz genau, wie sei» Herz pochte, wenn er sie erblickte. Um in ihrer Nähe zu bleiben, schlug er damals daS glänzende Anerbieten eines berühmten ConccrtsängerS, mit ihm alS musikalischer Be gleiter aus Reisen zu gehen, auS. Es wäre ihm auch nicht angenehm gewesen, seine unebenmäßige Figur neben dem schöne» Manne zu zeigen — der Groll über die Benachlheili- gung, welche die Natur an ihm geübt, war damals »och zu mächtig »> ihm. Aber die Mali, die sab wohl darüber hin weg, die dachte gewiß, daß ein redlicher Sinn und ei» treues Herz bester seien, ihr freundliches Lächeln sagte das, er las es in ihren Blicken, er fühlte eö auS de», Truck ihrer kleinen, festen Hand, die sie ihm bei jeder Begegnung binslreckte. — So wirbelten die Flocken, und graue Dämmerung war's noch dazu, als er sie bei einem Gange durch die Straß?» fand und sie ritterlich nach Hause geleitete. Wie schutzbekürftig sie au seinem Arm hing, ihr Kopftuch halt- sich zuruckge. schoben und in dem blonden Haare lagen die Schiieebinnie» wie blitzende Sterne, und er sagte ihr allerlei, vom Wetter, vo» seinen srühverstorbencn Ellern, seiner schweren Krankheit in der Jugend und daß er sich immer recht einsam in der Welt gefühlt habe — plötzlich aber nicht mehr — und daß das größcste Glück deS LcbcnS daS sei, ein trcucS Herz sein eigen zu nennen. Sie standen gerade vor dem Hause und er hätte ihr nun Lebewohl sagen und den Sckirm schließen können, aber sie halten Beide keine Eile, sic hing immer noch an seinem Arm und ihr Köpfchen war seiner Schulter ganz nahe und er Kälte sich nur ein wenig zu bücken brauchen, so wäre» seine Lippen einem rothen frischen Paar unfehlbar begegnet — „Mali!" aus dem weichen Schnee war's geräuschlos daher gekommen, der Meister selber im ArbeilSanzuge und neben ihm ein schlanker junger Mann. Flüchtig und besangen hatte er sich verabschiedet von — seinem Glück. Wenige Tage daraus wußte er von Mafl'S kleinem Bruder, daß il»n der Fremde Len Namen „Till Eulcnspiegel" gegeben und baß „sie" darüber lache und bald waren die Beiden ei» Brautpaar, und er zog fort auS dem Biertel, um einem glücklichen Ehepaar nicht begegnen zu müssen. Er wandert wieder vom Fenster zum Ofen, eS ist eine Unruhe über ihn gekommen, wie er sie seit Jahren nicht ge kannt. Nein, hier ist eS zn heiß — und dort der dumme Flockenlanz — zum Schreibtisch also, er braucht ja nicht gerade jetzt bas Lied, das nicht einmal hübsch componirt ist, nein, gewß nickt, vorzunehmen — ein anderes also, daS ilm aus andere Gedanken bringt. „Zu spät" liest er, „Lied sür eine Altstimme von Walter Bending — Text von Heine". — „Natürlich!" brummt er, setzt sich und greift »ach der Feder. Es klopft. „Herein!" erst wie gewöhnlich, dann barscher. Wer jetzt auch kommt, er wird ihm unangenehm sein — „Entschuldige» Sic", sagt eine Frauenstimme und er sieht, bevor er sich umwendet. an seinem Schlasrock hinab. O. er hat stets aus gut« Manieren gehalten, er ist ja der Sohn eine» srühvcrsiorbenen Bürgermeisters au- einem Lanb- städlche». An Tamenbejuche ist er allerdings nickt gewöhnt und Die, alte und junge Musiker, welche ihn sonst aussuchen, verzeihen ihn« schon — er stottert etwas, vielleicht ist die Eingetretene eine Dilettantin — bringt EompositionSverjuche — „liebe,Häufung an Arbeit", murmelt er hilflos und wirst säst den Sesset um, »ach welchem er soeben eine einladende Handbeweguiig macht. Die Dame schöpft Athem, warum steigt sie auch drei Treppen empor, »,» ihn zu belästigen, »och dazu nnt Vieser Anhäufung von Pelz um de» HalS. „Ah —" sagt sie. sich setzend, „und nun guten Tag Herr Till!" und eine breite Hand, ebenfalls in Pelzbekleidung, streckt sich ihm entgegen, obwohl er nur die Fingerspitzen be rührt, fühlt er. w>e warm sie ist. „Habe die Ehre —" murmelt er, und etwas unwillig klingt auS Lein sonst unverständlichen Nachsatz da« Wort „dienen", „Sie kennen mich wirklich nickt?" wird ihm entgegnet »nd als solle seinem G'däcktniß »ackgebols?» werden, der Schleier ganz entfernt. E»> stark gerötbeteS, volles Gesicht, blonde Haare, braune, vo» der Fülle der Wangen etwas be einträchtigte Augen, breite Lippe», die jetzt ei» süßliches Lächeln versuchen. „Wirklich — nickt!" ist die Antwort. Nun suchen die Bucke den Boden. -,» ziemlich breiter Fuß schiebt sich unter den, Gewände hervor, eni Seufzer verklingt — „trüber hieß ick Mali Schmidt." „Ah —" „Einmal — kannten wir uns recht gut!" Johannes Till sieht hinüber — ja, die Flocke» tanzen noch immer, er weiß aber nickt mehr, ist er noch derselbe, welcher voibin — er möchte die Hand ausstrecken, ui» sich zu vergewissern, ob die Gestalt da vor ihm wirklich au» Fleisch und Blut besteht, ob ihn nicht ein toller Spuk narrt. „Damals — hätten Sie mich nicht verleugnet. Herr T>ll — und so. so sehr kann ich mich doch nicht verändert haben," sagt Frau Mali. „Nein, o »ein —' er stammelt etwa- und setzt dann ganz unniotivirt hinzu: „Wie mich das freut, freut — Frau Müller —" ihm ist cS wie eine Erlösung, daß der Name seines ehemaligen Gegners ihm einsällt, und zugleich kommt er sich erbärmlich vor, daß er innerlich so gar nichts von Freude verspürt, und koch ist die „Mali seiner Träume" un vergessen geblieben, wie er ja selber vorhin constalirl hat. Und sie sitzt vor ihm! „Die schöne, unvergeßliche Jugendzeit!" sagt die rundliche Frau und versucht eiu Lächeln und hebt die Auge» nach dem Plafond, der eine» Riß hat seit der Stund», in welcher Herr Till hier unten so lockende Tanzweisen gespielt hat, daß ihnen die Füße der Dienstmädchen in den Mansarden nicht wider stehe» konnten. „Ja — ach ja!" entgegnet ihr Gegenüber und sucht ver gebens in den breit gewordenen Zügen daS Ideal jener Tage. „Wie glücklich man ist — und wie dumm!" ruft Mali jetzt und lehnt sich zurück und sixirl Johannes. „M ising und Gold kan» man nicht unterscheiden, weil beides glänzt — aber, lieber Herr Till, die Reue kommt »ach und nicht- schmeckt bitterer als die!" „Haben Sie —" sängt er an. um die Pause auSzufüllen. denn cö ängstigt ihn plötzlich, daß ein fenchler Schimmer in die braunen Augen dringt und ein Zucken um den Mund läuft — den er einmal beinah? geküßt hätte — und zu seiner Erleichterung wird der Satz von seiner Besucherin vollendet. „Ob ick bereut habe? Ein Leben lang, lieber Herr Johannes, das kann man ja beinahe sagen, nickt wahr, denn wir stehen nun Beide in der Reise — in»ner, gleich nachdem, als —" sie hustet leicht und bringt ein weißes Tuck auS dem Muff. „Versprechen tbun die Männer Himmel und Erde — aber die, welche eS mit den Worten haben. daS sind die Schlimmsten! Er war ja ein ganz geschickter Maurermeister — mein ehemaliger Mann! Aber zu Hause — nicht mit ihm zu lebe», Herr Johannes — und wieviel Thräne» ich geweint habe, so viele Notenköpse haben Sie dock nickt ge schrieben, daraus gehe ick jede Wette ein. Es hat denn auch nicht lange gehalten mit unS Beiden — er ging nach Amerika — und denken Sie nur, nichts bat er von sich hören lasten und die Scheidung war nickt z» ermöglichen — bis jetzt endlich, vor einem Jahre, sei» regelrechter Tobkensckein eintras und noch eine ganz hübsche Erbschaft für meine» Jungen!" Sie ist auS dem schmerzlichen Tone in einen eifrigen ge kommen, zupfte den Handschuh von der Neckten und schiebt sie ihrem ehemaligen Anbeter hin und der saßt sie halb ängstlich, als Wiste er nicht, was damit z» beginne» sei. DaS ist ja sehr bedauerlich — und Sic habe» -ine» Sobn?" „Um den komm' ick. Herr Johannes! Ich bi» Ihnen ab und an wohl noch begegnet, mich schienen Sie nickt kenne» zu wollen, aber ich — ich kannte Sie. Und nun, weil der Veit gar nicht zu bändigen ist, in keiner Schule gut lhut und nur Lieder und Spaße im Kopse hat, dachte ich, Sie würden mir den Gefallen schon thun und den Jungen einmal prüfen — wenn sonst nichts auS ihm wird, zur Musik taugt er wohl noch. Früher lobten Sie meine Stimme, Johannes." Sein Zimmer ist ihm vorhin so gar behaglich erschienen — wie komml'S denn jetzt, daß er lieber draußen dem Sturme Stand hielte? Früher — und heule! DaS liebliche, frische Mädckenbild, daü vorhin vor seinen Blicken erschienen ist — und diese rundliche Frau da, die unbarmherzig und lieblos von dem Manne spricht, um defsentwiUen sic ihn einmal ver lacht und getäuscht! „Lieder Johannes — ja, so batte ich schon ein paarmal zu Ihnen gesagt, ick weiß eS ganz genau — bis der kam, der mein Unglück geworden ist. Messing und Gold — was versteht denn solch ein dummes Mädchen vo» dem Werth eines ManneS. — Heute, heute müßt ich'« bester, daS brauch ick wobt nicht zu bctbenern. Und aus dem Sin» sind Sie mir nickt gekommen und daß Sie allein geblieben waren, das batte ich auch auSgckundschaftet Ach, wie ver lasse» sind S>e!" „Ich —" Johannes Till macht eine gewaltige Anstren gung — „ick sühle mich sehr wohl, ich kann nickt sage», daß ich entbehre — nein, gewiß nickt. Flau Müller! Sie lächelt überlegen, sie hat schon etwas SiegeSgeimsses in der Haltung. „DaS pflegt man so zu sage» — ich kenne daS. Aber einsam ist einsam — Sir sind's »nd ich bin es! Und eS giebt Sinn- den. wo sich der Mensch nach eiiicin milfühlenken Wesen sehnt." Johannes schaut aus seinen Flügel und legt die Spitzen seiner Finger gegeneinander — schlanke, weiße Hände hat er, so ganz das Gegeutheit von den breite», fleischigen seiner Be sucherin. „Die Arbeit!" wirst er ein und säst zur Seite und bebt den Manuscriplboge», den er abschreibcn soll — „zu spät" — jo. ja — so sieht» da: „Es kommt zu spät, was Du mir läch Ist, Was Du mir seuszest, konimi zu spai! Längst find gestorben die Grumte. Die Du so grausam eia» verschmäht." Und wie er das liest, kommt eine Art Mutb über ihn. — der der Wakrheit. „Irren ist ineuschlich — Frau Müller! und wenn's Ihnen geschah, wer weiß, zu weste» Beste» daS gewesen!" Sie kneift die L Ppen zusammen und schüttelt den Kopf, ^e versteht glücklicher Weife de» Sinn nicht. „Nun er tokl ist und ick meine F>e>beit habe, kommt »och einmal eine ordentliche Jugend über mich", menit sie. „nun will ich auch iiock angeiiebme Tage haben, da« ist doch begreiflich." „Warum sollten Sie sich die nickt machen?" Sie itebl aus. blicki »n Zimmer umher und meint: „Nach Junggesellen- wirtklchast sieht'S dock auS, so ein Mann hat immer, wenn er allein ist, etivaS Hilfloses! Und Sie gerade waren so recht sür'S Häusliche geschaffen — meine Mutter sagte eS immer. Wir wüsten nun wieder gute Freunde werde», Johannes — und Sie werden mich besuchen und dann werben wir von der schönen Zeit —" sie kichert kalb verschämt und wendet sich ob uiid setzt dann hinzu: „Gut gewesen bin ich Ihnen — und gut beliebe» auch. 1l„v wie ich Sie kenne, sagen und fragen Sie nickt — Sic haben immer so etwas Stilles gehabt. Na, ich bin ja nicht mehr sechzehn Jahre — und kann'» also eingestehen." „Sehr fchnicichelbast — in der That —" er legt seine Linke fest aus das Notenblatt, wie zu einer Art Bekräftigung. „Also aus Wiedersehen — ich habe hier gleich der Kürze wegen weine Wohnung ausgeschrieben. Sie notirten immer sorgfältig Alles — ja, ich kenne noch jede Ihrer Gewohnheiten, lieber Johannes." Sie streicht an dem Seidenkleide herab. „Meine Freunde meinen, ich wäre auch noch eine gute Partie, mein väterliches Eiblheil war groß. Und vier An träge habe ich in drei Monaten gehabt — aber solch '»e Ber- nunskheiratb, nein, zu der bringt mich Keiner wieder — da von Hab« ich genug. Ach, Johannes, wenn man mir nicht damals zugeredct hätte, wer weiß, wie eS noch gekommen wäre!" Ob eS eine wirkliche Thräne ist, die sie fortwischt? Er denkt an de» Abend, wo ihn ein brennendes Augenpaar an schaute, dessen Glanz ihm schöner deuchte als Eteriieiflchein. Frau Mali, venvutwcte Müller, wendet sich langsam nach der Thüre. Ec folgt ihr bi- in den dunklen Corridor, wo sie noch mals aus ihn einspricht, er beantwortet wie ein Automat noch diese und jene Frage »nd steht und hört, wie sie hinnb- geht und jede Treppenstuse unter ihrem gewichtigen Tritt knarrt — dann alhinel er frei aus und kehrt i» sein Zimmer an seinen Schreibtisch zurück „flu spät kommt Deine Gegenliebe! Es fallen aus mein Herr herab Vill Deine heißen Liedesblicke Wie Sonneiisirahleii aut ein Grab" recitirt er. Seine Wirthiu ist so taub, daß er ihr nur schrift lich seine Wünsche anSdrücken kann, drum versaßt er einen UkaS, der kurz und bündig bestimmt, daß jene Besucherin niemals wieder zu ihm gelassen wird, und dann stellt er sich nochmals ans Fenster, guckt in de» Sckneewirbcl und sagt, als sei eine schwere Bürde von ihm abgesallcn: „Welch ein Glück — daß damals das Glück an mir vorübersiog!" Zur Schulreform. * Die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" setzt ihre An regungen zur Schulreform fort. Das ossiciöse Blatt schreibt: Die Frage der Reform des höheren Unterrichts ist da- durch, daß der Eultu-minisier den Ausschuß sür deutsche Schul- resorm empsangen und hierbei Einiges über die Ansichten der Regierung in dieser Angelegenheit angebeuict bat. in ein neues Stadium gerückt. Es ist selbstverständlich, daß bei einer da- ganze deutsche Volk wenigstens nitttetbar berührenden, aus die Bildung der Ratio» einen uiiberechenbaleii Einfluß ausübenden Reform eine über aus vorsichtige Behandlung erforderlich ist, und der LuttuSminister hat sich denn auch daraus beschränkt, dem Verein sür Schulreform den Beweis, daß feine Anschauungen einer praktischen Durchführung fähig seien, anheim zu stellen. Jiidesten sind in dem Berichte, welchen der Ausschuß sür deutsche Lchiiliesorm über seinen Enipsang beim Unlerrichismiiiister erstattet hat, mancherlei Anregungen berührt, die einer genaueren Betrachtung zu mitrrzlehen eine lohnende Ausgabe sein dürslc. Als der bei Weitem wichtigste Gedanke erscheint die Erwägung, ob es sich nicht einpsehle» würde, die durch Erreichung eines gewissen ClasjenzieleS bedingte Erlangung der Berechtigung zum emjährigsreiwilligen Dienste auszuhtbeu und an Stelle derselbe» allgemein eiu außerhalb der Schule abzulegendeS Examen als dea eiazigeu Weg zu dieser Berechtigung einzufükreu. Wenn es sich auch nicht leugnen läßt, daß diese Neueinrichtung den höheren Schulen selbst in einem gewissen Grade zu Gute kommen würde, wenn eS auch den Aniche», hat, daß damit et» weienilicher Anreiz zum unnützen oder für die spätere Laufbahn zwcckloie» Beiuch Wegfällen würde, so sind doch auch erhebliche Be denken vorhanden, die nur in einer überaus großen Fürsorge für dir Gestaltung der Examina ansi -halb der Schule ihre Widerlegung finden köninen. Es müßie vor allen Dingen dem verderblichen .,Pirß"-Wesen, daS durch die Examina außerhalb der Schule eine gar nicht zn berechnende Nahrung finden würde, gesteuert werden, tonst liegt die Gefahr nahe, daß nach wie vor die Schüler aus einer höheren Lehranstalt eine gewisse fleit sitzen würden und dann, anstatt wenigstens das Ziel der Ober-Secunda zu erreichen, sich elwa ein Jahr vor dem Zeitpuncie, zu welchem sie das Zeugniß erreiche» wollen, nur süe daS Examen drille» ließen. Dam» wäre dann glücklich dasjenige, waS die Schüler aui den höheren Schulen in gründlicherer Weife sich zu elgen gemacht haben, in dem mechanische» Gedächtnißkram »ntcrgeqange» und die allgemeine Bildung würde einen uncweist'lhaslcn Sch den leiden. Die Einrichtung der außerbalb ver Schule abzuhaltenden Examina müßte, daS dürfte die erste Vorbedingung sür die Einführung der selben sein, eine derarnge sein, daß ein junger Mau«, der aus der Schule nichls Gründliches gelernt hat, aus Grund der in der „Presse" im Fluge angeeignclen Kenntnisse dasselbe mm» bestehen dürfe. Es müßie also eine wirklich nmiassende Piüsung statthabrn die sich nicht »iimer in denselben hergebrachien Bahne» bewegt; die Prü ung dürfte nicht in kurzer Zeit beendigt se>», sonder» müßte die verschiedenen Gebiete, je nach der Wahl des Prüflings, in einer Weise uiiisasseu, daß ihaüächlich der Stand der allgemeinen Bildung ermittelt werde« kann und wird. Sicherlich bleibt ein kurzes Examen vor fremden Examinatoren, zudem noch von verhältnißmäßig jungen Leuten abgelegt, nur ein wenig genügender Maßstab sür die Ermittelung des Ltande- der Bildung, und wenn nicht dieses Bedenken völlig bese ligt ist. Io liegt auch die Glatze nahe, daß weniger begabie, aber Loch genügend ge bildete junge Leute in ungerechter Weise vo» e uer Vergünstigung ausgeschlossen werden würde», auf die sie einen redlich erworbenen Anspruch haben. Vielleicht wäre eS z» empsehlen, daß unier Mit- Wirkung der Leiter der Anstalt?» — wie dies ja jetzt annähernd l ei benz. nigen schulen g schielU, die mit der Erlannung drr Berechtigung des einjährigen Di »stes ihr Ziel erreichen —Regierunge-Prusuiigs- comniliiionett die Examina obhitlte». Die wenigen Andeutungen, welche über die obige Frage gemacht sind, haben die öeoeulend.u Schwierigkeiten gezeigt, welche der Ein führung eines einheililchen, außerhalb der Schule abzulegenden Ex im ns zur Erlangung der Berechtigung zum einfädrig-sreiwilli ien Tiefst enlgegenstehe», womit indessen nicht gesagt werden soll, daß dicirivlN abiolitt unüberwindlich seien. liniere Lchulveiwallung. welche mit AlMiicrksainkeit die Ent nickelung des Schulwesen: leitet, und welcher Schäden desselben nicht verdorge» bleiben, wird uorigens nach reiflicher Erwägung aller einichlägige» Verhältnisse, »ach Prüiunq der Vorlheile und Nack- theile einer solchen Einrichtung ihre En ichlüsse fassen, »nd man darf zu derselben daS Vertrauen hegen, daß sie den richtigen Weg zu finden wissen wird. Litera!ur. In der Reihe colonialer UebersiMtS- und Spccialkarien, durch deren Herausgabe das Geographische Institut zu Weimar estrig zur Förderung der Kennt» ch unserer Colome» bezuirugen be strebt ist. »inuitt die von genaniiiein Jnst'iltt-? publicirie l2 blättrige „Tprcialkartc von Tentsch-Litnflfta" durch ihren Umfang und ihre delailline Beai beuun .swrise de» ersten Platz ein. Ramenllich augen blicklich, wo das Untern,hm,n »um Enflade E m i» PajchaS bezw. zur Giundiinq einer temich-oll flikamichen Sreiiglsellichastiür diewettesten Kreise der Gebildeten in Deuischlond ,ni Vordergrund aller afrikanischen Inter Isen steht und Freund wie Gegner gleichmäßig beschäftigt, dürste jene Karle i» hohem Grade willkommen geheißen werden, da sie ein klares und sehr eingehendes Bild der sür die Emin.Pascha- Expedition in Frage kommenden Gebiete bildet. Die Weimarer .,-pecialtartc von Deutich-Ostasrika" umsaht 12 Blatt, welche in 6 Lieserunge» u 1'/, erscheinen. Vier Vieser Lieferungen sind bereits auSgeqebcn und die Publicalion der beiden letzten wird von der Verlagehandlung als baldigst vorstehend bezeichnet. Unter den 'chon erschienenen Blättern befinden sich u. A. gerade jene, welche Emi» Paschas Gebiet und die anstoßenden Länder enthalten. — Die Karle ist im Maßstab vo» 1 : 300000V gezeichnet, wäbrcnd eine beig-sügte speciellere Nebenkarte der bereits unier kaiserlichen Schutz gestellten Gebiete den noch eingehenderen Maßstab von 1 : l 000 000 auiweist. flum Bergluch mit bekannten ein- heimischen Verhältnissen ist serner aus einem Nebeukärlchen ein Theil von Deutschland in gleichem Maßstabe dargestellt. Grohes Lager in schwarzen» farbigen und weißen Seidenstoffen jeder Art und jeder Preislage, rxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxrr H Ansgesucht schone (Qualitäten und Farben! Höchste Neuheiten! H weitgehendste Bürgschaft für gute» Tragen! 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