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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 21.10.1888
- Erscheinungsdatum
- 1888-10-21
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188810215
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18881021
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18881021
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1888
- Monat1888-10
- Tag1888-10-21
- Monat1888-10
- Jahr1888
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 21.10.1888
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Zweite Beilage M Leidiger Tageblatt und Anzeiger. 295. Sonntag dm 21. October 1888. 82. Jahrgang. Jur Lage. ** Berlin» IS. Ocrober. Der Kaiser erfreut sich, wie von zuverlässiger Seite nach Berlin gemeldet wlrd, de« besten WohlocftndenS, waS zu melden wir für unsere beson dere Pflicht halten, da, wie eS scheint, namentlich von sran vstscher Seite in tendenziöser Weise entgegengesetzte Mit eilungen in die Oefsentlichkeit gebracht werden. Der junge Monarch erträgt die nun schon mehrere Monate anhaltenden Reisestrapazen »n einer Weise, welche die Bewunderung der Italiener erregt, und wie Ludwig Pietsch der „Vossischen Zeitung" meldet, macht sich der Enthusiasmus bei Männern und Frauen oft in naivster Weise geltend, sobald die jugend- frische, prächtige Gestalt deS Kaiser- sichtbar wird. Dabei erledigt der Kaiser, wie sich auch der Laie durch die täglichen amtlichen Meldungen de- „XcichSanreigerS" leicht überzeugen kann, auch in der Ferne, wo er auch weilt, mit größter Pflichttreue alle laufenden RegierungSgeschäste. Täglich geht zweimal von hier und von Fricdrtchöruh ein Courier an ihn ab, und täglich sind drei CabinetScourirre fpeciell mit diesem Dienst betraut. An jedem Tage empfängt der Monarch aus diese Weise eine große Schatulle mit dringenden Aktenstücken, und er arbeitet in Rom oder Neapel mit derselben Regelmäßigkeit wie im Marmorplai» bei Pots dam oder in Berlin, lieber die inneren preußischen und deutschen Angelegenheiten hält Excellenz LueanuS die regel mäßigen Vorträge, während für die auswärtigen Angelegen heiten bekanntlich Graf Herbert BiSmarck seines Amtes wallet In ker „Tagebuch-Angelegenheit" sind in den letzten Tagen wieder verschiedene unrichtige Meldungen durch die Presse gegangen. Wir sind in der kchze, inSbesonvere die Nachricht eine» süddeutschen Blatte-, wonach der Kaiser sich gelegentlich seines AusenlhaltcS in München dahin au-gelassen haben soll, daß der Proceß Geffcken gewissermaßen im Sande verlausen würde, als völlig unbegründet zu bezeichnen. Alle-, was in dieser Frage über eine etwaige Meinungs verschiedenheit zwischen dem Kaiser und dem Reichskanzler behauptet wird, ist in den Bereich müßiger Erfindungen zu verweisen. Ganz im Gegentheil wird dem Kaiser aus seine ausdrückliche Anordnung über den Fortgang dieser Sache täglich von Berlin au- durch den Iustizminister telegraphischer Bericht erstattet. Auch wa« über eine Differenz in den Anschauungen der Herren von Friedberg und des Fürsten BiSmarck verlautet, ist lediglich Reporter ngerer Zeit sich dewoae schulterten Gesundheit wegen, den Abschied nachzusuchen Herr von Friedberg befindet sich freilich bereit» in vorgerücktem Lebensalter, gleichwohl dürste er jetzt am wenigsten geneigt sein, da» Demissionsgesuch zu erneuern, um nicht beliebigen Mißdeutungen Raum zu geben. Denn der gegenwärtige Justiz- minister hat sich von jeher durch seinen Tact ausgezeichnet und seine besonder» Befriedigung darin gesucht und gesunden, an seinem Platze die Politik de» Reichskanzler- zu unter stützen. ES versteht sich von selbst, daß unter diesen Umständen alle Gerüchte über den etwaigen Nachfolger deS Ministers von Friedberg jeden HattS entbehren, wenn eS auch richtig ist, daß eventuell in erster Reihe Herr von Schilling in Be tracht käme. Freilich wird von anderer Seite mit nickt minderer Berechtigung der OberreichSanwalt Herr Tessen- dorfs genannt, welcher nicht nur in juristischen Kreisen alS ebenso tüchtiger wissenschaftlicher wie praktischer Jurist und Organisator, wie alS schneidiger Redner allgemein aner kannt ist. sondern auch in hiesigen Hof-und Regi'erungSkreisen hochgeschätzt wird und in bester Erinnerung stebt von der Zeit her, wo er alS Erster StaatSanwalt am Landgericht I m Berlin angestellt war. Gestern hat unter dem Vorsitz deS Staatsministers von Bötticher eine Sitzung deS Staatsministeriums statt- gesunden. Man wird nicht fehl gehen in der Aunahme, daß der Stand der Budget-Vorarbeiten und die parlamentarischen Dispositionen erörtert worden sind. An dem Termin deS 20. November für die Einberufung des Reichstag S wird, wie wir hören, scstgcstalten, und dürste die amtliche Bekann- mackmng im „ReickSanzeiger" breit- am nächsten Sonnabend, 27. October, zu erwarten sein. Herr Mackenzie. * Die nachfolgende, den „Berliner Politischen Nachrichten" »ur Veröffentlichung zugehende Zuschrift, betreffend die Mackenzie-Broschüre, bedarf keine- weiteren Commen- tarS, sie rechnet endglltig mit dem englischen Charlatan ab. Herr Professor Tob old schreibt: „Nur ungern und gedrängt von Bielen meiner Fackaenossen ent schließe ich mich, aus die seilen« Sir Morell Mackenzie'« veröfsent- lichte maßlose Schmähschrift „Friedrich der Edle und «eine Aerzte" eine kurze Erwiderung zu geben. Wo- zunächst meine Per- son betrifft, jo bin ich stolz darum» baß ein Mann von dem Charakter, der Gest> nunqSweise und den mangelnden Kenntnisiea Mackenzie'« seinem Grolle gegen mich dadurch Lust macht, daß er mich als einen nicht ebenbürtigen Laiyngologen und meine Leistungen sür vergessen erklärt. Eine Anerkennung seinerseits bäite mich nur herabgesetzt. Vor der Welt glaube ich durch meine stricte Diagnose, welche ich bei unterm zu früh Heimgegangenen Kaiser Friedrich am t8. Mai v I. leider zu stellen mich qenökhigt sah, in meinem Können und Wilsen hinlänglich gerechtfertigt zu sein, während Mackenzie lll Monate hin durch schwankte und selbst oder mit Hilfe seiner zahlreichen Heiser-Heiser immer nur von Katarrh und Perichandriii«. de» Begleit-Ericheinungen de- fortschreitenden Krebse«, zu schreiben und die Welt zu täuschen suchte, bi« da« unerbittliche Erqebniß der von ihm nicht ge- wünschten Sektion semcm Gebühren ein Ende bereitete. — Daß ich mich bei der Lonsultation am 20 Mai v I. geweigert haben soll, die intralaryngealr Operation behuf« E itlernung eine« zur mikroskopischen Uaieriuchung von ihm gewünichleii Probestückchen« vorzunrhmeu, „weil ich e« Nicht gekonnt hätte" oder, daß ich gar erklärt haben soll, „ich operirte nicht mehr", beruht aut ei »er ossenbaren Lüge und wird einsach durch das von Herrn Generalarzt Or. von Wegner geführte Protokoll widerlegt. Ich habe, wie auch Professor Gerhaidi die Overaticn nur au- dem Giunbe abgelehnt, weil ich »,einte, daß e« Sache de« Pivvonenten sei, sich selbst da« gewünschte Probe,iückchen zu de- schaffen. Wir unglücklich dieser Operation-versuch dann aber van Mackenzie au-gesührl wurde und welche« Zengniß manmller Ungeschicklichkeit derselbe dabei a» den Tag legte, bew,e« da von uns sestgestellte und in seiner Gegenwart zu Protokoll gegebene Ergebniß der B-rhtzung der rechten, gesunden Seite d-S Kehckopsralime«. Mackenzie hat schon srüher einmal bei geringschätziger Brnrtdeilung unserer Leistungen erklärt, daß eine derartige Lperolion in London jedrr Student auSjusükre» im Stande sei. Demnach steht alio Mackenzie nach seiner mißglückien Leistung noch unter seinen Studenten. — Ich dielt de» Versuch einer solchen Manipulation überhaupt sür nutzlos, da die Neubildung, selbst wenn sie nicht einen bö-arligen Cuarakier getragen hätte, unmöglich radikal vom Munde au«, vielmedr nur von außen, also durch Tracheotomie und Spaltung des Schildkni»pel« zu entsernen war. Ich operüe ja auch gern und Häufig im Innenraiim de- Keblkople« — ober — diese subtilen Operationen haben, wie ,n dem vorliegen den Falle, auch ihre Grenzen. Wir Laryngoloqrn müssen un« dann b> scheiben und die einschlägige» Fälle dem großen Gebieie der Chirurgie zu weilen, deren Vertreter durch den äußeren Trimm eine radikale Hilse zu schassen w ssen werben. Der Wertü der laryngo-ch riiraischen Leistungen wird dadurch wahrlich nicht beeinirächiigi. Wäre die von un- dringlich vorgeschlageuk Operatiou-metbodc, die Laryngofissur, zu gelassen und nicht durch Mackenzie hinierlrieben worden, io hätte der hohe Patient mit lehr großer Wahrscheinlichkeit noch eine Reihe von Jahren leben köuue» und — wäre dann eiwr ein Recidiv eingrtreten, jo blieb immer noch die zweite Etappe, die Riscetto» der linken Keklkovflälsie, eine Overatio»«m tdode, die dann freilich eine nicht io güniiige Chance sür den Erfolg geboten batte. Im Monat November waren beide Zeitpunkte durch Mackenzie'- Schuld verc,telt. Es blieb nur noch die Totalexstirpation de» Kehlkopfe- übrig, und hierzu Hobe» wir alle damals nicht mehr gerathen. Noch Eine» muß ich besonder- dervorheben. Da die Spaltung de- Schildknorpel« im Monat Mai nicht beliebt wurde, indem Mackenzie die w-ilerr Behandlung an sich zu ziehen wußte, hätte de,selbe, falls idm größere larhngo.chirurgische und allgemeine chirurgische Kenntnisse und Erfahrungen eigen gewesen wäre», dennoch aus guuai negativem Wege das Leben unseres damalige» Kronprinzen und späteren Kaisers wenigsten« um mehrere Monate verlängert sehen können, wenn er mit seiner und.-ilvolleu Zange und mir seinen vielen localen Manipulationen fern geblieben wäre und nur den unvermeidliche» Zeitpunkt der Tracheotomie abgewartct hätte, statt daß er, wie da« fast j-der gebildete Laie weiß, durch da« Monate lange Jniulliren de- KehlkopsrouiiieS den bösen Keim der Krankheit zum beschleunigten Wachsthum anregte und damit einen schnelleren AuSgang herbeiführte. Zum Schluß erkläre ich, abgesehen von den Unwahrheiten und Widersprüchen, in welchen Mack nzie sich bewegt, daS ganze von idm gelieferte Elaborat sür wisse,ischaitlich wcrihloS und den ganzen In halt desselben sür moralisch geradezu verächtlich; den» wenn z. B Mackenzie bei seiner großen Inferiorität aus dem chirurgüchen Gebiete einen Chirurgen von der unbestrittenen Höhe und Tüchtig keit. den reiche» Erfahrungen und dem hervorragenden Wißen eines v. Bergmann zu opponiren und ihm gar mit unwahren Beschuldigungen und Bcrdächiigungen k>ck entgegenzutreten wagt, so fehlt dasür eine parlamentarische Bezeichnung. ES ist außerdem in unlerm Vaterland« wokl noch nicht vor- gekommen, daß ein Arzt selbst und durch eine Schaar von Bericht erstattern seine angeblichen Leistungen und eine reclomenkoste Tar- stelliing seiner privaten Verhältnisse durch louiende Artikel in politischen Tagesblättern an die Ocffeullichkeit bringt. Ein Arzt, d:r in seiner Kunst tüchtig und in seinem Charakter ehrenhaft ist, bei schmäht bei u»S eine derartige Reclame und bedarf ihrer auch nicht. — Freilich dars man Herr» Mackenzie die Anerk nnung nicht versagen, daß er diese Reclame mit einer seltene» GeschäjlSgewanvt- beit viid vor nichi« zurückschreck nden Dreistigkeit grtiieb>n hat — Eigenschasteu, um die ihn kein deutscher Arzt beneiden wild. Pros. Tobold." * Mackenzie, der bereit- einmal im Juli durch Drohung mit den Gerichten da- Erscheinen einer englischen Ueber- setzungderamtlichendeutsche»Krankhe>lsgeschichte wirksam hiiitertricben, hat durch seinen Sachwalter nener- kiiig- den Verkauf der englische» Uebersetzung der deutsch n Scdrist mit einem Verleumduiig-proceß bedroht. Fiüber beabsichtigten englische Verleger die Uebe»sehu»g zu veröffent lichen, ließen sich aber abschrecke», jetzt handelt eS sich um den bloßen Verkauf der in Berlin hergestelllcn englischen Ue'cer- sctzung. ES scheint übr'gcnS, baß eS Mackenzie die-mal mit dem Proceß nicht sehr Ernst sei; er wünscht wchl nur abzu schrecken. sonst wäre eS ihm ein LeichleS gewesen, durch einen Gkheimpciizislen Exemplare auskauscn zu lasten und daraufhin mit dem Proteste vorzugehen. * Der Wortlaut de- von den Herren Gerhardt und v. Bergmann an den Ersten Staalöanwalt de- königlichen Landgericht- zu Duisburg gerichteten Antwortschreiben- ist nachstehender: „Wir beehren nn« auf Ew. Hochwohlgeboren gefällige« Schreiben vom 17. d. ganz ergebenst zu erwidern, daß wir Ihre Aufforderung, einen Strasauirag gegen den Arzt Mackenzie, Buchhändler Svaar- mann und Drucker Kühne zu stellen, glauben ablebn-n zn müsse '. Wir verkennen nicht, daß in den von Ihnen bezeichneten Stellen Acußerungen Vorkommen, welche nach d-m reuttch.n Lvrachgevrauaie al» Beleidigungen unserer Person onzaseden sind. Wir sind aber der Meinung, daß diele Beleidigungen aus denjenigen ziirücksalleu werden, von dem sie ou«gegangei> sind, und bah eine Entscheidung hierüber durch da» Gericht nur A-ußerlichkeiteu berühren würde. Die wissenickastliche Frage, die Wahrh-it und unsere Stellung zu Macke zie, kan» in erster Stelle ihre Lösung nur durch Männer der W ßensäiast finven und weiter da« grsammtr gebildete Publicum. Um rin solche« Uetdeil zu ermöglichen, ist e« von unserem Sland- puncl nur erwünscht, daß die Mackenzie'sche Broschüre dieselbe Ver breitung finde, wie die im Sommer erschienene» Berichte au- den Acten de« königlichen Hausmttttsterium«. C, Gerhardt. E. v. Bergmann." Mobilmachung des Ultrmnontaiiismus. ktl-6. Berlin, IS, Octobrr. Der Streit zwischen Staat und Kirche wurde beigelegt, indem über den Kops de« Cenlrum« weg und gegen den Wunsch und den W llen deS welsischen und preußenseindlichen Führers Kuier und Papst unter Mit wirkung anarsebenrr deutsch'r K'rchensursien sich verständiger». Die katholische Kirche erhielt eine freiere Stellung al- IN vielen katho lische» Länd rn, Stolz und mächtiger al« je erhob sie ihr Haupt, in dem Bewußtsein, im Wesentlichen Sieger gegen da« mächiige deuische Kaiser'eich geblieben zu sein. Däi.rend de« Kamv'e« wurde der Staat verlaßen von der äußersten Rechten und von der Linken, der alle- staatliche und proiestaniijche Bewußtsein abhanden ge- kommen >st Gegenüber der katbolischrn Mobilmachung datte sich in Folge der politischen Parteinnqen ein« feste protestantisch« Gegen- Itelluiig nickt bilden können Die« und die politische Lage der Welt zwang den Fürsten Bi-marck vor Allem zur Nachgiebigkeit. Dennoch war da« Coitrum nicht zufrieden. Von dort au« wurde unauf hörlich in Rom selbst während der Verhandlungen gegen den Frieden«, ichiuß agittrt und intrigu rt. Als die Einigung dennoch erfolgte, wurde sie joiort sür ung nügend erklärt und wurd n weitere For derungen gestellt. Der Krieg sollte unter allen Umständen sort- dauera. Friedlich gesinnte katholische Kirchensürsten wurden direct oder indircct angegriffen und herabgesetzt. Aber das katholische Volk iah keine Bedrüngniß seiner Kirche mehr. Die Bischöie waren zurück,ekkhrt, die Geistlichen wieder eingesetzt in ihre Stellen, alle Beschränkungen der Miigrsetze weggesallen, selbst die Orden und Ordensbrüder nabmen ihre alte» Stellen wieder ein. Eine siiedliche Gesinnung begann, trotz Wmdtborst und der Hetzcapläne, ollmälig durchzudringeii. Die besonnenen und gemäßigten Kaiboliken waren befriedigt, freuten sich über das Erreichte und bear>fsen sehr wohl die Gefahren auch für die katholische Kirche in Deutschland, ivenn da» Lentrum seine ieindliche Polmk soriietzlc und die öffent liche Meinung zu der Ueberzeugunq gelangte, daß alles Entgegen kommen umsonst und mit der katholischen Kirche doch kein Friede zu halte» sei. Diese friedlichere Stimmung nannte der Führer der Welsen, Polen. Protestler und Unveriöbnlichen oller Art Versumpiung. gegen welche man unter allen Umständen ankämpsen müsse. Cs sollte eben kein Frieden werden in deuischcn Landen. Und so erfand er die Schul- frage. Die Kirche ist frei, nun soll sie die Schule unterjochen. Hier ist ein neues Kamvsob>ect. Li« belgische Tckulverwüstung ist die nur schwach verhüll,« Losung. Mit geringen, durch die Ver- hälinisse gebotenen Ausnahme» sind die Volksschulen in Preußen conikisionell. Sorgfältig beachtet die Schulleiiuag die Anforderungen der Eonsessioneu und zeig! sich überall als eine ergebene Pflegerin der Religion. Beschwerden werden nirgends aus dem Volke erhoben. I» der Zeit deS Kampier um das Dasein ist die Volks schule die volkStbÜmlichste und beliebteste Anstalt des Staat». Mit vollem Verirauen können die Ellern ihre Kinder den G-meivde- ichnleu überlassen. Hier wird nicht bloS die gelammte prolestantii'che Weit zusammeiistehen, hier kan» auch der Staat, wenn er nickt alle Fundamente, ans denen er gewachst» und groß geworden, Umstürzen will, niemals nur das Geringste »achgebcn, hier wird der Widerstand auch Untirstützunq finden in weile» Kreiien der katholischen Be völkerung selbst, vor Allem in denLehrerkreisen, die hier zuerst schuldig und verbunden sind, d'c staatSireundlichen Parteien zu unterstütze». Dennoch bei der vortrefflichen Orgaaisaiion de- CentrumS. bei der großen Mach siellung der kalholischcn Kirche ist die Gefahr nicht zu unterschätzen. Wer kann wißen, wohin die päpstliche Politik in den nächsten Jahren sich weudr» wird. Die Bbweiiung LedockowSli'S in Versailles, der Hilse gegen Italien mW die Occupaiion RomS forderte, ries die erite Mobil machung des Ulkramonian smuS und der allmächiigea Jesuiten gegen das neue deutsche R ich ücrvor. Dies ist der eigentliche Grund deS EullurkampjeZ. Heute scheint in Rum die Forderung de» Papste» nach einer Intervention wegen Italien auch von unserem thatkräs- t>qen Kaiser abgewiesen zu sein, weil sic «ine politische Unmöglichkeit ist und die Sicherbeit unseres Vaterlandes ans daS Aeußerste ge fährden würde. Wer weiß, ivi« »nn kommt! Schon ist in Bade» der Kamp! aus daS Heftigste euld annt. Schon begingen die Bischöfe in die Wahlen einzugrcise». Sih-n wir un-vorl Dankbar erkinncn wir an, daß die coniervattve Partei, welch« schließlich doch imme, fest bleiben muß, wenn eS sich um die großen staatlichen und naiio nalen Jnierisien handelt, den Schulantrag Windthorst ein stimm g abgelehnt hat. Wir verirauen, daß sie ln diesem Entschlüsse auch für die Zukunft un-richütterlich bleibt. Wir sind sicher, daß ein großer Theil der katholische» Bevölkerung in diesem neuen Kampfe keine Heeressolge leistet. Aber der Landtag wird auf süns Jahre gewählt. Da kan» viel Unvorhergesehene» sich ereignen. Mögen die dcutichgesinnten Wähler, welche in diesen gesährlichen Zeilen nicht den Krieg, sondern ren Frieden im Innern suchen, treu zusammen halten, kleine MeinungSve schiedenheilen bei Seite laßen, der Regierung unsere» junacn Kaiser« mit Vertrauen entgegenkommen und vereint ave un versöhnlichen Friedenrsiörer von der Wahlurne anSschließcnl vermischtes. ---- Antonienhüttc, 17. Ockober. Am 14. d. früh vermißte man, wie der „Kattowltz-r Zeitung" geschrieben wird, den bei einer unterirdischen Maschine beschäftigten Maschinenwärter Mathias Kloska von hier. Sofort ein Unglück vermulhend, suckle man nach und fand denselben auch nach längerer Zeit todt im Sumpfe d«< Förderschachte» ans. Allem Anscheine nach ist Kio«ka, al« er am Abende, um se ner Arbeit nachzugrhen, in die Grub« einsuhr, au- Ver sehen in den Sckackt gestürzt, wo er also gegen 13 Stunden gelegen hat. Der Verunglückte war ein braver und fleißiger Arbeiter, er hinterläßt eine Frau und vier unmündige Sinder. --- Braubach a. Rh-, im October. ES wurde kürzlich auS Frciberg i. Sachs, berichtet über die aus den fi-califcben Muldenhütten bei Freiberg im Bau begriffene ISS m hohe Esse zur möglichsten Verminderung de- schädlichen Einflüsse- deS Hüttenrauchs. Die Höbe einer Este allein giebt nun aber an und jür sich nock kein Bild von der wirksamen Höhe dc- Essenkopfs über dem Terrain der Umgegend. Eine an und sür sich niedrigere, aber hochgelegene Este kann die schädlichen Gase bester abführrn als eine höhere Este, welche von bergigem oder kugeligem Terrain umgeben ist. Die Höhe de- Esien- kopfeS über Berg und Thal der Umgegend ist allein maß gebend sür die Bcurtheilung der Wirksamkeit der Este be;w. der Verminderung de- schädlichen Einflusses de- Hüttenrauch-, Aus dem hiesigen Blei- und Silderwerk ist man im August d. I. mit einer Anlage fertig geworden, welche wohl, was die Höbe de» Essenkopse» Uber der Hüttensohle betrifft, unerreicht dastehen dürste. Der Fuß der an sich nur 50 m hoben Este liegt aus dem höchsten Berg der ganzen Umgegend und >78 m über der Hüttensohle, der Effenkopf also 224 m über derselben. Die Verbindung der Hütte mit der Este ist durck einen, den Berg hinauf geführten, 800 m langen Canal her.gestellt. Die runde Este hat unten 4>/, m Durchmesser außen und 1'/, m lichten Durchmesser oben. Es wäre interessant, zu e»sahren, ob und wo eine höhere Anlage aus- gcsührt ist. ---Madrid, 15. October. Neben dem immer noch Blasen auswersenden Proceß Varela sind jetzt zwei andere SenfationSprocesse in der Schwebe. In oem einen Fall ist ein reicher Advocat von Ptasencia, Euslaquio Campo Barravo, in» IrrenhauS gesteckt und dort at» todt gebucht worden. Nun plötzlich erscheint ein Mann, den Freunde und Verwandte sür denselben Campo erklären, der indessen nach seiner Geisteskrankheit sich nicht auf seine Vergangenheit be sinnen kann, aber doch überredet wird, gegen den Richter Cruz, einen erbitterten Feind de» Campo, den die öffentliche Meinung sür Den bült, der ihn im Irrenhause todt erkläre» ließ, gerichtlich vorzugrhen. Da« große Vermögen ist längst verlbeilt, doch erbieten sich einige verwandte de- Wieder« inSlebeiigerufenen, ihm die Erbschaft zurückzuerstatten. In dem anderen Falle bandelt e» sich um einen dreifachen Mord, desienlwegen der Sohn einrS angesehenen Dorfbewohners alS schwer verdächtig verhaftet wurde. AIS nun der vermuthtlche Verbrecher in Freiheit gesetzt und der Procrß niedergeschlagen wurde, richteten 847 Familienhäupter de- aragonischcn TbateS Aezcoa eine Bittschrift, die zugleich eine furchtbare Anklage schrift gegen unsere NechlSübung ist, an den Iustizminister. Hohe politische Einflüsse sollen sich sür den verniulhlichea Mörder geltend gemacht haben, so baß derselbe in Freiheit ge setzt und der dreifache Mord ungeahndet blieb. Tie 847 Männer fordern ein neue« Strafverfahren und schließen mit der Versicherung, daß die Wurde der spanischen Recht-« instjtutionen em Einschreiten nolhwcndig erheische. —c>. Oberst von Prendel. Nach der Völkerschlacht bei Leipzig wurde der russische Oberst von Prrnvel, einer Tiroler Aoelssamilic entsprossen und berühmt als schlauer und kühner Parteigänger, Stadtcommandant von Leipzig. Ter Oberst hatte sich bald mit den Honoratioren der Stadt in freundliche- Einvernehmen gefetzt und in seinem Quartier, dem Hotel de Saxe, einen gesellschaftlichen Verkehr arranglrt, bei dem eö auch an Spielabrnden nicht fehlte. Al- Oberst Prendel Leipzig verlassen mußte, indem er nach Altenburg commandirt wurde, gestand er selbst, der Leipziger Umgang hätte ihn erst zuin adgehobelten Menschen gemacht. Charak teristisch ist nachstehender, im Original bei der Ausstellung de» „Verein- sür die Geschichte Leipzig-" zur Erinnerung an dir vor 75 Jahren rrsotgle Völkerschlacht auSgeleater Brief, den er von Altenburg an seinen Freund, den Kramermeister und Tabak-Händler Kreller, ver sein Geschäft im Bar- sußgäßchen — damals Besengäßchen genannt — batte, schrieb. Er lautet in buchstäblicher Wiedergabe wie folgt: „Atteiiburg den 9/2l. Juni >8l4. DaS Blitz Hagel unk Donnerwetter soll in die Krellersche Tabak Fabrik fahren, wenn ich die bestellte» 12 Pfund Tabak nicht schnell eihalte, und zwar jedes Pfund m Glauben Sie nicht, daß die Kosaken mall in Leipzig waren. Soviel für heute Freund Prendel." — Merkwürdig ist, daß Prendel, der in Petersburg ,», höchsten Grcisenalter starb, bi« zu den letzten Lebcntlagen seine Erinnerungen an Leipzig i» warmem Herzen bewahrte. Noch auf dem Todtenbettc trug er seinem Sohn, wenn wir un- recht erinnern, einem Rittmeister in russischen Diensten, auf, der lieben Stadt Leipzig seinen letzten Gruß zu brttigen Der Sohn that die- bald nach de- Vater- Tode, bei einem Besuche Leipzig-, durch eine Mitiheiiung im Leipziger Tageblatt. Wie un« dünkt, geschah die- in den vierziger oder Anfang fünfziger Iabren. Zwei sxappaitte Portrait- des Obersten Prendel, ein Bruflbilv und ein kleines Rciterbilv, kann man sich nebst erwähntem Briefe auch in genannter AnSslcUung ansrhen. ein Packet, zum letzten von Ihrem WIWM» - < ' ^ ''''l ' , '5,. ' V ^ Mttllrch, As Einfarbige tuchnrtige Neiberkoffe, Dollgriffige, solide Qualitäten in hochmodernen Saison-Farben. VlotoriL, 100 Cm breit ...... d. Mir. 1 ^ 00 ^ 6Iivvlvt 8»mnrL. Köper-Mewkbe lOZ Cm. br. - - 1-50- 6Iivv1ot Mston, Serge-Gewebe 105 - - - - 2 - 25 - Olievlotloe, Diagonal-Tuch 105 .... 2 - 50 - k'lorlN», Fantasie-Gewebe . 105 - . , . 2 - 80 - twINer», Satiu-Tuch 105 Cm. br. d. 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