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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 16.02.1890
- Erscheinungsdatum
- 1890-02-16
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-189002168
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18900216
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18900216
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1890
- Monat1890-02
- Tag1890-02-16
- Monat1890-02
- Jahr1890
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 16.02.1890
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-e > 4 Ktil«ik fl» KiMk iligckikl »fl Allski-kl Kt. 17, Zmlilli dt« 1K. Killim MV. Ideale. Von Gustav Kleinert. Nachdruck »ertöte». Martha Sonneborn war die zweite von fünf Töchtern de« Arzte« Doctor Sonnehorn. Ihr Vater war gerade wohl habend arnug, um ihr nach unseren heutigen Begriffe» »ine vorzügliche Erziehung ,u geben, vielleicht auch eine gediegene Auesteuer; wa« man so vermögen nennt, hatte sie nickt. Sie tonnte, wenn e« sein muhte, sieh auch aus sranzösisch und englisch Verständlich machen: sie spielte, ohne daß man daran hätte Wesentliche« au»setzen können, Eompositionrn von Chopin und Rudinsteia; sie malte Stillleben und Landschaften, bei denen man nicht aus den ersten Blick Mängel in Zeichnung and Farbengebung bemerkte; sie konnte sich in der Gesellschaft äv owiltda» rvbas vt gaibnackam aill, uaterhalten; tanzte sehr aut und sollte, wie man allgemein behauptete, auch in der Küche. wenn ^ sich nicht gerade um schwierigere Probleme handelte, so ziemlich fertig werbe» können. Die Ansichten, eb Martha eigentlich hübsch sei, gingen au«einanber. Die einen fanden sie zu schlank, di« ander« meinten, daß ihre Figur zu ihrem niedlichen, wenn auch etwa» blassem Gesicht gaa» gut Paffe. Ihre Freundinnen hielten ihre Lugen sitr »u groß; indessen kann ein Mädchen eigentlich gar nicht zu große Augen haben, und dann haben auch di, Freundinnen darüber am allerwenigsten «in richtige« Unheil. Die meisten Herren sanken diese großen Lugen daher auch „nicht Übel", aber ein wenig „mokant". Trotzdem war Martha vom t8. bi» zum 2l. Jahre sehr beliebt und brauchte aus Bällen um Tänzer, , nicht verlegen zu sein. Da» will jedoch nicht viel sagen. Wa« I Bildung kennen lernte. ^ aber bei weitem mehr zu ihren Gansten spricht: drei junge! . Da« Zeugmß muß man nach diesem Selbstgespräch dem Männer in höchst achtbaren Leben,stellungen hatten sich be-1 langen Paul Held geben, von sich selbst übermäßig ein- reit, um ihre Hand beworben: und «a« in den Augen der »'nonimeu war er nicht. Und er hatte gar nicht einmal Herrenwelt weniger zu ihren Gunsten spricht. sie hatte all, Eh'g fflr se,ne Verhältnisse so be checken zu sein. Sr war drei Partien oha« ersichtlichen Grund abgelehnt. Darüber. > j'»t Ingenieur in den großen Stahlwerken, verdiente acht- ' ^ ' hundert Thaler und konnte e« noch einmal viel weiter bringen. obwohl er nur so mit Lch und Krach da« Einjährige be standen, während seine damalige» Schulkameraden, die diel gescheckter waren al» er. und vier Jahre studirt hatte», nur mit Mühe u»te»kommrn konnten. Darüber brauchen wir un« indessen auch nicht zu Wundern. Paul war eben ein durch und durch praktischer Kops, der aus der Schule gar nicht einsehen konnte, wa» man eigentlich aut den vielen lateinischen und französischen Locabeln ansangen sollte, und dem e« auch ganz gleichgiltig war, ob die Schlacht bei Salami« 480 oder 580 von Milliade« oder Themistokle«, oder wie der alte Grieche sonst heißen mochte, gewonnen wurde. Daß man richtig deutsch können müsse, sei ja ganz in der Ordnung. s siehe da. wie galant wie lieb: Er wandte sich um und grüßte noch einmal von weitem Dann verschwand er in einer Seitenstraße. . * . Pank Held, der e« der schlanken Martha ans den ersten Blick angetban, lag in seiner Wohnung auf dem Sopha. Weiß der Kukuk, sagte er zu sich selbst, wa« diese möbluten Zimmer für eine erbärmlich« Emrichtnng sind. Aus diese« winzigen Sopha hier wo soll man da mit seinen Beinen bleiben. Setzt man sich aus so'n Ding von Stuhl da kracht da» in allen Fugen: den Schädel rennt man sich an der Decke ein und da» Bett da mag für eine Katze ein ganz geräumiger, angenehmer Aufenthaltsort sein, für mich stimmt da» alle« hier nicht. Wenn ich mich mal verheirathen sollte, da könnt« ich solche Sächelchen wahrhastig nicht gebrauchen. Und rin solch niedliche« Ding wie da« Leine Mädchen, da« ich da heute Nachmittag am Fenster wiedergesehen und der ich gar sehr zu gefallen scheine, auch nicht. Wa« die Kleine wieder für Augen machte, al« st« mich fahl Aljo ein» Eroberung. Habe sonst bi»hrr noch wenig Furor, hei de« Damen armacht, muß ich sagen; die gehen meisten« auf di« Seite, al« wenn ihnen rin schwere« Fuhrwerk begegnet«. Und di« Kleine reißt da« Fenster aus und staunt hinter mir her. Da« muß ja ein närrische« Ding sein. So. als» die Tochter von dem SanilätSrath Wonneborn oder Sonneborn, wie mir mein College sagte; sehr seine Familie und sehr feine Bildung merkwürdig. Malen sol" machen, wenn hatte ihn unterhalten. Denn wa« hätte er auch zu allem, dem lagen sollen. Er konnte Beahm«. Böcklin. Gäbe, Piloly. die Symphonien, Rhapsodien. Meerjungfrauen, Centauren und wo« sie ihm Alle« erzählt halte, kaum dem Namen nach. Er war sich dabei unheimlich dumm vorgekommen ^ und wenn er so seine Ignoranz in allen diesen hübsche» Dingen «ingrstehrn mußte, da dättr er liebe, ans dem Schwung- rad der großen Maschine gesessen, al« neben dem interessante» blonden Mädchen da aus der Verschvnerungsbanl. Und trotz dem. sie batte ihm gewaltig imponirt. diese« niedlich; schlanke I Geschöpschen; nur mußte er sich immer wieder wundern, daß sie e« volle zwei Stunden bei einem so langweiligen Mensche» wie ihm aurgehaltrn. Noch arößer war aber seine ver- wunderung, al« sie ihn beim Abschiede gefragt, ob er morgen wieder ein halbe« Stündchen — die zwei geschlagenen Stunden hatte sie eia halbe« Stündchen genannt — in den Anlagen spazieren ain^r. Da er aber mit einem gewissen Schrecken an die Piloth scher, Symphonien und dergleichen dachte, so hatte er geantwortet, daß er leider von zwei bi« sechs Dienst habe, obwohl er gar nicht einmal jo sehr gebunden war. ..Da« macht nicht«," hatte sie daraus gesagt, indem sie ihn eigenthümlich mit ihren großen neugierigen Lugen angesehen, „da könnten wir un« ja rin viertel sieden am PulverhäuSchen Wiedersehen, vor dem wir heute Nachmittag gesessen." Wie! kam nur da« kluge, vornehm« Mädchen dazu, ihn so entgegen kommend zu behandeln? Sie mußte ein ganz sonderbare«! Interesse an ihm nehme», denn e« gab doch gewiß verschiedene !alen soll sie auch noch, na. di. würde Lugen Untere,,« an tym nehme», denn e« gad doch gewiß ver,ch,eben, si, mein verständniß für derartig, höhere H««n in der Stadt, mit denen sie sich bester über Farben- ' iöne, Klangmalereien, Coloristen und Coloraturen unterhalten La» schmeichelte ihm natürlich sehr, wenn r« von daß sie auch einem jungen hoffnungsvollen Mediriner «inen Korb gegeben, war ihr Vater geradezu bestürzt geworden. Vena «ne vortheilhastere Partie würde sie, ihr Vater hatte ihr da» wohl hundert Mal vorgestelll, überhaupt wohl nicht wieder machen können. So war Martha, wie gesagt, ein undzwanzig Jahre alt geworden und hatte die HeirathS. candidatcu der Stadt durch ihr Verhalten entschieden stutzig gemacht: E« hatte keiner Lust sich den vierten Korb zu hole». Ob nun m Folge ihrer musikalischen oder ihrer künst lerischen Veranlagung, ob in Folge ihrer gesammten geistige» Richtung, Martha hatte sich, obwohl sic doch kein Vermögen besaß und daher auch keine au«nahm«weiseu Ansprüche machen konnte, von dem Manne ihrer Wahl ein ganz bestimmte«, . . , . , . - - - ... ^ Bild gemacht; und wenn sie diese« sogenannte Ideal nicht! ^« wozu Lussatze lang und breit nach- wenigsten» annähernd in der Wirklichkert anträfe, so wollte sie ledig bleiben und nach ihre« Vater« Tobe aus irgend «ine Weise für sich selbst sorgen. Derartige überspannte Ideen, wie so etwa« von praktischen Müllern genannt wird, haben übrigen« viele jung« Mädchen so vom l7 —lS. Jahre. Und warum deun auch nicht? Sie sehen da« Leben noch im rosen rothen Lichte vor sich, haben eine ganze Reihe von Romanen «lesen, wo nicht nur von solchen Idealen die Rebe ist. sonder» dir sich auch stet« — tm Roman selbstverständlich rur rechten Zeit persönlich einfinden. Nach dem IS. Jahre können die jungen Märchen ja immer noch früh genug in ihren Anforderungen weniger anspruch-voll werden. Und da« thu» sie denn meisten» auch vom 2l. Jahre ad, werden recht glücklich mit einem Manne, der auch nicht dir Spur von einem idealen Rom an Helden au sich hat, und lachen später selbst, wenn da» Aeltcste so fünf, sich« Jahre alt ist. Über die komische Idee, sich in der Phantasie da« Bild eine» Gatten mit allen nur denkbaren Eigenschaften au-zumalen und dann irgendwo in der Wirklichkeit antreffea zu «ollen. So lange e« sich »u» um ganz phantastische Überspannte Ideal« bandelt, geben di« jungen Mädchen dieselben auch eben so schnell aus. wie st« sich dieselben i» ihre« Köpfchen au«aedacht haben: bei Martha indessen hatte da« Ideal, da« ruweisen, daß Wallenstein an dem Kaiser in Wien verrath begangen, da« wollte ihm nicht in den Kopf. Wa« ging idn Wallenstein an. Wenn der den Kaiser verralhen hatte, so war er ja auch dafür in irgend einem böhmischen Nest« maffacrirt worden, und damit war dir Sache erledigt. So nach zwei hundert Jahren noch lange Aussätze in der Schule darüber zu schreiben, da« sei einfach lächerlich. Da lobe er sich denn doch die Mathematik, da könne man doch etwa« mit anfangrn, und da sehe man doch auch Resultate. Diesen seinen brillanten Leistungen in der Mathematik hatte er e« denn auch allein zu verdanken, daß die Lehrer ein Auge zudrückten und ihm da« Einjährige gaben. Und e« wäre ewig schabe gewesen, wenn sie diese« Auge nicht zugedrtlckl hätten, denn aus diese Weise konnte er aus einem Technikum sich nach seiner be- sonderen Richtung hin weiter auSbildea, um dann in die Praxi« zu treten. Hier sahen seine Vorgesetzten bald, daß sie an ihm einen Mann hatten, der zu gebrauchen war. Und wenn der technische Herr Direktor, der fünf Jahre die poly technische Hochschule besucht und zwei grunbschwer« Examen bestanden hatte, über irgend einen maschinellen Uebelstand in Verlegenheit gerieth und gar nicht mehr wußte, wa« da zu thun sei, so übersah Paul den Fall mit einem Blick und gab die nöthigen Anordnungen. Und wenn die Arbeiter mal sie sich von dem Manne machte, dem sie ihre Hand wiche» da, gehl so nicht, so bewie, ihnen Paul sofort durch wollte, ganz bestimmte concret« Formen angenommen, Ha sie s öie That, daß e« doch si> gin^. In Folge dessen hatte er sich und machen, werde«. für wie . de» Orte m Garnison lagen, wo sie in Pension gewesen, j gehen. Beflügelten Fuße» eilte sie die Treppe hinab und be kannt». dem jungen Mädchen auch etwa«, wie sollte er sagen, un» genirt und ehrsam-spießbürgerlicheu Verhältnissen nicht gerade angemessen war. Di« Sache wurde pikant, aber trotzdem hatte er jetzt schon ein« Heidenangst vor dem Pulverbäuochen, obwohl, wie si, ihm scherzend versichert hatte, daß schon seit langen Jahren kein Pulver mehr darin ausbewahrt werde. Paul batte sich bisher nur herzlich wenig uni da« Ewig- Weibliche gekümmert, er hatte noch nicht einmal eine erste L>ebe gedeckt; er war daher um jo empsänglicher für die sinnige Ausmunteiung. welche ihm dtrse« gewandte, artige kleine Mädchen entgeaenbrachte. Und er war roch so unschuldig bei rer ganzen Geschichte. Warum sollte er sich für da« Mädchen, da« ihn au» unbekannten Gründen so augenscheinlich begün stigte und sein blöde«, thvrichte« Benehmen .so nett fand', nicht ein wenig erwärmen. Sie würde ihn schon wieder in Gnaden entlasten, wenn sie seiner überdrüssig werbe. Und da« könne ja nicht au«bleiben. Er selber aber werde schon nicht an unglücklicher Lieb« sterben, dazu habe er recht wenig Talent. Al« er am folgenden Nachmittag kurz nach sech« am Pulverhäu-chen anlaagt«, fand er Martha schon auf der Bank sitzen. Sir ging ihm lebhaft und freudig erregt entgegen und reichte ihm di« Hand, al« wenn sie sich schon seit Wochen gekannt hätten. „S>e habeo «lso doch Wort gehalten, Herr Held; ich dachte schon...." „Ja, aber wie sollte ich denn nicht. Da» verstehe ich nicht." „O, ick Hab« Sie doch gewiß gestern recht gelangweilt mit meiner tbönchten Vorliebe für Musik, Malerei und der gleichen Dingen, die Ihnen fern liegen und auch fern liegen müssen." „Im Tegentheil, Fräulein . . . Martha. Erlauben Sir. daß ich Sie so nenne?" Sie nickte ihm vergnügt zu. „Da« alle« muß doch leben Interesfiren, Vena Si« darüber sprechen," fuhr er fort. „Sie Schmeichler i Nun jeien Sie mal ehrlich. Sie denken gewiß nicht gut von mir, daß ich mit Ihnen hier so zwang!«» zusammen komme; denn da« schickt sich eigentlich nicht für ein junge« Mädchen." „Sie brauchen sich vor Niemandem zu fürchten und ver stehen sich schon Respekt zu verschaffen." Ihre Augen leuchteten, ein zarte» Roth lag auf ihrem nied lichen Gesichtchen. Ein leichte« Zittern durchlief ihre schlanke Gestalt. wenn sie fühlte, daß seine Luge» bewundernd an ihr dingen. — Ach, da öffnete sich dir Thur, jetzt schon, warum schon jetzt. Ihr Papa trat in« Zimmer. Martha stellte ihn vor. er wurde zum Esten geladen und unterhielt sich vortrefflich mit dem SanitätSrath Man sprach sehr bglt von den neue» großartige» Maschinen in den Stahlwerken »nd von den neuesten Erfindungen aus industriellem lIebscle überhaupt Paul vergaß daher vokländig da« Ave Mqria und die arme Martha und diese hatte beim Abschiede an der HauSlhÜre kaum Gelegenheit ihm zuzuflüsteru, ob er nicht morgen Nachmiltag um sech« eben bei ihnen vorlpreche» würde. — An, andern Nachmittage war da« verliebte Mädchen in fieberhafter Aufregung. Sie konnte die Zeit gar nicht erwarten, wenn er komme» würde. Sie versuchte zu spielen, die Zeit wollte nicht vrrrinnrn. Sie arbeitete an einem kleinen Aquarell, e« wollte ihr nicht« gelingen; sie schlug ein Buch auf. aber sie kam nichl über die ersten Seiten hinau«. Ob er sich wohl heute erklären würde? Oh, über diese» großen, starken, blöden Man», der nicht einmal den Muth hatte, diesem kleinen artigen Mädchen zu sage«: Ich habe dich lieb, Marth«, willst vu meine Frau werden. Und sie hatte e« ihm doch nicht sehr schwer gemacht. Er hülle ja gar nicht« zu sagen brauchen. Wenn er sie an seine Brust gezogen, sie hätte auch diese stumme, süße Sprache verstanden. Erst halb sech«. Also noch eine lanae, lange halbe Stunde. Da klopft e« «n der Thür, sie fährt ängst lich in di« Höhe, «in furchtsame« Herrin und Paul staut vor ihr. .Sie kommen schon jetzt, «h, da« ist lieb von Ibne, Sir können sich nicht denken, wie ich mich bi»her gelang weilt habe." Und sie tändelten und lachten; si« spielte, si« zeigte ihm ihre Bilder; eine ganze Stunde war schon verstriche«; »hr Papa konnte jeden Augenblick kommen. Sie war in yer- rweiselter Stimmung und warf sich mit einem Male aus daS Sopha und schluchzte. Paul stand erst ganz verblüfft da, dann nähert« er sich dem lieben weinenden Mädchen: „Men, Gott, warum weinen Sie denn mit einem Male, liebe Martha? Warum weinen Sie, süße« Mädchen?" „Ach, ich bi» so unglücklich, so namenlo« unglücklich l" .Unglücklich? Warum sind Sie unglücklich, Marlhat" Er war gemz nahe an sie hrranaetreken, beugte sich zu ihr und legte seine Hand leicht aus ihre Schulter. Sie zitterte und war ganz außer sich: „Weil . . . weil Sie ... so kalt gegen mich sind." .Halt? Ich kalt? Ja, wa- soll ich denn thun?"' Sie fuhr in die Höhe, schlang beide Arme um ihn, leate ihr Köpschen an seine Brust und flüsterte in höchster Er regung : „Kliffen sollst D» mich. Paul; ach nur einmal!" .Du könntest also meine Frau werde», Martha, wirklich Du wolltest?" Er haucht« einen Kuß auf ihre Stirn, bog ihr glühende« Köpschen zurück und sah ihr lange in» Auge. „Gewiß, Du böser Mann; da« hast Du nicht schon längst gewußt? Du liebst mich also auch ein wenig?" s „Wenn ich darf, o ja!" Jetzt folgte eine stürmische Scene überschwänglicher Glstck- jeligkeit. Sie bedeckte mit heißen Küsten seinen Mund und seine Augen, sank vor ihm aus die Knie und weinte vor Wonne. Er hob sie wie ein Kind in sciue Arme und trug sie durch da« Zimmer. Die Thür öffnete sich und der Papa wunderte sich nicht weoig über diese eigenartige verlobuiig-scenc. » >l« Martha ihrem ^aul den er^en Jungen schenkte, war er — da« heißt, nicht der kleine Junge sondern der große Paul — schon längst unter dem Pantoffel. Das war übrigen« eine eisern, Eonscqurnz der Tbatsachen. gegen welche der gute Paul machtlos war^ Martha hatte in ihrem Liebe«lebeu die Si« Hütte schon damal« für diese Recken eine ganz närrische Borlick« gehabt. und diese Schwärmerei steigerte sich noch, al» ihre zierlich« Person von den stattlichen Kriegern voll stäadia übersehen wurde. Al« ihr dort eine« Nachmittags zw«> Osstcirrr begegneten, denen sie schon früher ihre naiv merkte, wie er wieder »u dieselbe Seitenstraße riadog. Mil > klopfendem Herzen schritt sie hinterher, verfolgte ihn und sah, wie er in dem Thorr de« Stahlwerke« verschwand. Dir Tochter de« Buchhalter« auf vem Werke war ihr bekannt, die konnte ihr vielleicht über den ausfallenden jungen Mann Bewunderung offenkundig gezeigt hatte, Hörle sie, wie der «ine! Auskunft geben. Und so erfuhr sie denn auch wirklich seinen sagt«: „Da« dumme Ding da. die kannst du ja in deine Säbelscheide stecken." Da« hakte sie tief gekränkt, aber auch gleichzeitig den Entschluß bei ihr wach gerufen, keinen Mann zu heiratbrn, der ihr nickt imponirte, an dem sie nickt in Liebe „heranjsehrn" könne. Unglücklicherweise waren nun jene drei Bewerber, die sie so kalt und stolz abgewiesen, in Bezug aus Größe, Hchullernbrrite.martialisckenSchnurrbart und dergleichen schwere Uavallrrieeiaenschaften gerade da« Tegentheil von der Namen, daß er seit einigen Wochen am Ort« sei und hier al« Ingenieur anqestelll. Am andern Tage zur selben Zeit stand Martha vor dem Schaufenster einer Buchhandlung an der breite» Straße. Paul mußt« dort vorüber, wenn er zum Wert! ging. Bald kam er denn auch hrrangrschritten. Da« Herz schlug ihr bi« an den Hai«, al« er sich dem Schaufenster näherte. Jetzt blird er auch stehen. näherte. Jetzt blird er auch stehen. S'e Vorstellung, die sie ^ich von dein Manne ihrer Wahl gebilket! wagte »ichl ouszublicken. Er stand dicht neben ihr. I» hatte. Daß jie bei ihrer zierliche» F gur, ihrem kleinen blaffe» ! dem Schaufenster lag eine große Photographie de» Bilde« „In pikante» Gesichtchen mit,d«n großen braunen Augen aus Männer, I Liebe" von Marku« Stone: Aus dec Gartenbank in einer tie mit den alten Germanen wetteisern konnten, wahrschein lich nie «tuen nachhaltigen Eindruck machen würde, darüber dachte st« nicht «ach oder wollte sie nicht Nachdenken. Sie war eben innerlich überzeugt — da« sind alle Frauen, so lange sie keine zu schroffe gegenlheiligr Erfahrungen machen — daß sie Eigenschaften genug besäße. um den Man», der ihr ge fiel, auch zu fesseln uod für sich zu gewinnen, denn die Liebe, da« steht schon in der Schrift, vermag alle« Es mochte ei» Jahr 5" jein, seitdem sie den armen kleinen Medici««« s» schnöbe abgewiesen, da kam ihr eine« Tage« aus der Slrüße et» junger Mann entgegen, der ihr schon von weitem durch seine Figur auffiel. Und als sie aneinander vorbstginae», halt« ste ihm mit ihren lugen derartig ihr Wohlgefallen an ihm zu erkennen gegeben, daß der Unbekannte darüber ganz stutzig wurde und sich verschiedentlich nach ihr umsnh. D«s hätte st« natürlich nicht bemerke» können, wenn sie selbst »tchk auch «ach ihm umgeschaut hätte. Martha kam in gcm» «»sgeregter Stimmung nach Hause. Wer mochte ver Herr sei»? Er konnte noch nicht lange in der Stadt sein, sonst wäre er ihr gewiß aufaesalleu. Und nach ibr umaeschaut batte er sich sogar. Daß sie ihn dazu durch ihr auffällige« Benehme» veranlaß», fiel ihr nicht ein. Acht Lage lang hatte sie ibr« sämmtlicheo Mußestunden dazu benutzt, dem schönen Unbekannte« noch einmal zu begegnen, vergeben«. Also war es »obl nur rin Fremder gewesen, der vielleicht längst wieder abg««i- war. Und Ke häkle sich so gern noch «„mal an seiner verführerischen Erscheinung geweidet, gegen die sämmt- ljche Herren ihrer Heimathstadl so traurig« Figuren machten. Noch weiter« acht Tage schwelgt« sie in Erinnernng an den „herrlichen Fremdling", der jetzt in ihrer Phantasie «ine noch diel verführerische Gestalt annahm. I» schmachtrot-mela»- cholischer Stimmung, wie sie bei zweiundzwanziqjäheigen Mädchen, die von ihrem Zukünftigen träume». nicht selten ist, blickt« sie eine« Tage« durch da« Fenster ans die Straße hinab Da, sic konnte sich nicht täusch«», einen solchen Mann vergißt man ja nie w eder, da kam er leibhaftig die Straße hinab. Sie wa, gaaz starr vor Freud«, und, war e« Dirllichkeit oder war sie im Fieber, sein Blick streift« offenen Laube sitzt rin schlanke» sinnige« Mädchen, den Blick halb aus eine Handarbeit gerichtet. Ihr gegenüber, durch den Tisch von ibr getrennt, sitzt ein auffallend hübscher, jugendlich kräftiger Mann mit Iockeimütze und kurze» Reilstieseln. Die beiden schmollen, besonder» aber da« schöne Mädchen. Aber sie lieben sich bock. Di« schmollend-verliedle Stimmung ist sehr sein aus dem allerliebsten Bilde zum Ausdruck gebracht. Man bleibt unwillkürlich stehe», wenn man da» Bild zum ersten Male steht. „Wie gefällt Ibnen da« Bild, Fräulein Sonneborn? Sie suyr zusammen, erröthrte und antwortet« verlegen: „Da« . . . wollte ich Sie auch gerade fragen Herr Held." „Ah. da brauche ick mich also nicht vorzustellen." ..Nein, ich . . . kenne Ihren Namen seit gestern." Pause. fatal, wenn man fick so durch sriae ungewöhnliche Körpergröße von den meisten Mitmenschen unterscheidet." ,^O nein, da« wollte ich nicht sagen; ach, gerade... Sie sind mir döse?" „Was wollten Sie sagen? aerade ..." „Rein, nein, da» kann ich Ahnen nicht sagen." Sie sah ihn schelmisch a» und wurde roth. „Warum können Sir da« kenn nicht?" „Weil Sie sich ... daraus zu viel einbilden könnten." „Ich bin nicht eitel; habe wenigsten« bi« jetzt keine Ver anlassung dazu gehabt. Also, Sie wollte» sagen, gerade meine auffallende Figur hat Ihnen .. . gefallen?" Ich hätte es Ihnen gewiß nicht verrathen; aber Sir dürfen mich nicht mißverstehen und nicht ..." „Sie sind so gut zu mir» Martha, da« ist mir etwa« Neue«." „Ah! Sie wollen mir doch nicht etwa wri« machen, daß Sie sich bisher noch nirmal« . . . für . . . niemal« für ei» Mädchen interesstrt haben? " „Noch niemal«; da« heißt, gestern Nachmittag zum ersten Male." „Ach Sie! So etwa» dürfen Sie mir nicht sage», wen» Sie da« nur so au« Galanterie thun." „Galanterie? Ich galant? Du lieber Himmel, wie sollte ich es anfangen, den Galanten zu spielen!" „Nein, ich glaub« es Ihnen. Sie sind nicht galant. Und da« ist gut. Denn ich kann sie nicht leiden, die aalglatten, eleganten und galanten Leute." Wenn er jetzt gefragt hätte: Können Sie mich denn leiden, liebe Martha, so würbe sie ihm leise und zäillich ein Ja zu- gestüstert habe», «r hätte sie on seine Brust gezogen, sie Hütte Ihre Arme sehnsucht-voll »m seinen Hat« geschlungen und ihn geküßt mit innig-sinnlicher Gluth. Aber er hatte nicht den Muth dazu. E« war nicht allein hinzusüqen, daß Paul sich sehr wohl bade, fühlte. Nicht nur unter dem Kruminstab, sondern auch unter dem Pantoffel ist gut wohnen, da« heißt unter dem Pantoffel einer Frau, die ehren Mann nur au« Liebe erwählt. Die Bekannten de« jungen Paare« hatten zuweilen ihre heimliche Frrude darüber, wie der große Paul der kleinen Martha unlrrtban war. Der würde sich keinen neuen Sammetkragrn aus seinen alten Urderziehrr machen taffen, ohne erst die Genehmigung seiner Frau einzuholrn, sagten die Leute spöttisch. Ader die Leute mögen reden wa« sie wollen, Paul war dabei glücklich und seine Frau auch, denn die Liebe der kleinen Marlha zu ihrem Manne zog immer neue Nahrung au« einem angtnchmk» Grad von Eifersucht, die sie so im Stillen hegte: denn sic glaubte, daß alle Frauen ihren Paul mit denselben verliebte» Augen ansähe» wie sic. Diese Liebe, zärtliche Eifersucht seiner Frau war Paul« größter Stolz uno die Revanche für den kleine» Pantoffel, unter welchem er — um un» recht schonend au»zudrllcken — zilterte. „Wa« gefällt Ihnen denn besonderö an dem Bilde?"! Scheu und Blödigkeit; in seine auskrimende Liebe zu diesem nahm si« V»e Unterhaltung wieder aus. I zarten Mädchen mischt« sich eine sonderbare Furcht, für die „Mir, »h, ich weiß nicht; da« Mädchen dort, finde ich,! er keine Erklärung hatte, die ihn aber mächtig gefangen hielt, sieht Ihnen ähnlich, mein Fräulein." > E« trat eine lange beklemmende, fast peinliche Pause ein. „Sie meinen, daß ich auch Talent zum Schmollen habe?" I Stumm gingen sie nebeneinander vor Stadt zu. Auch sie ,^Oh nein, ich meine nur so die Figur, indessen "!»var verstimmt, mit sich selbst unzufrieden, ärgerlich. Ach, „Sie sind sehr liebenswürdig, Herr Held. Solche Mädchen I wenn er sie nur ein ganz klein w«u,g liebte, dann war sie ja girbt es in Wirklichkeit nicht gar viele." ! sch,n zufrieden. Aber so kalt» förmlich und rrservirt wie er „Ebensowenig wie solch einen hübschen jungen Mann wie z war, da« kränkt« ji«. Diesen Mann, den ein glücklicher Zufall der dort." „Ich find« ihn nicht sonderlich hübsch S>« wagte et. da« Auge zu ihm auszuschlazen, aber nur j für einen Augenblick. „Sie machen jetzt ihre« Spaziergang. Fräulein Sonne« born?" „Ich wollte in die Anlagen." „Da könnten wir ja bi« zum Llahiwerk zusammen gehen" „Oh ja. aber . . . ." Sie gingen langsam neben einander zusammen — «:» > Stahlwerk vorbei in die stävtischen Anlagen. ihr entgegen geführt, sie wollte ihn nicht wieder verliere» Er begleitete sie bi« zu ihrer Wohnung. Da faßte sie sich ein Her; und fragte zaghaft: .Wollen Sir nicht mit hinauskommeo, mein Papa würde sich sehr freuen, Si« kennen zu lernen. Ach, bitte, kommen Sie «it." Da« Lang so weich und einschmeichelnd, so unwidersteblich. Willenlos fotzte er ihr. Ihr Papa war abgrrusen worden; die Haushälterin — ihre Mutter war schon vor Jahren gestorben — hatte in der Küche zu thun. ihre jüngeren Geschwister beschäftigten sich im Wohnzimmer, di; beide» waren also allein im Salon. Sie öffnete den Flügel und spielte da« >v« Maria. Er stayd entzück! hinter ihr. .Da« gefällt Ihnen nicht, e« ist zu schwermüthig. Soll ich . Paul lag wirder aus dem unglllcklichm Sopba. da« in alle» .. . di« ganz» Frnsteereih« ihre« Hause«. nu> traf er sie und I Fugen krachte. Cr war erst um vier Uhr zum Werk gekommen,! die .Aufforderung zum Tanz" spielen? — grüßte. Verwirrt, entzückt» selig, ihrer selbst nicht I denn Fräulein Martha hatte sich zwei Stunden mit ihm! Paul glaubte da« alle« nur zu träumen; mächtig, riß sie da« Fenster aus uod sah ihm »ach. Oh.'nntorhalteu. „Mit ihm'" ist «igeuttich nicht gaaz cvrrect, siel gab », sich »,m Zauber viose, wonnigen ganz berauscht Augenblicke hin. Mllltairisches. " Berlin. 14. Februar. Der Reichskanzler Fürst von Bismarck empfing gestern ui» l Uhr den Fommandcur der Garsde-Iäger-Bataillon«, Major Gras von der Goltz, >ind den Hauplmann von Rentzeli in genanntem Bataillon, welche die Ebre hatten, die von Letzterem verfaßte Geschichte kr» Garbe-Iäger-Bataillon« Sr. Durchlaucht zu überreichen Ter Fürst dielt die Herren fast eine Stunde lang bei sich, die Gelegenheit benutzend, die Erinnerung an die in den Reiben vcS Bataillon« verlebte Zeit auszusrischen, und vieler Persönlichkeiten au« jenen Tage» und mancher Erlebnisse ge denkend. " Lin Rundschrelbeu dt« französischen KrieaSmiaiste. S an die TorpScommandanten enchalt »achstebrnde Bestimmungen, welche der V rdrellung der ln Drunchlaod mit dem Name» „Inslneuza" belegten, in dem Schreiben mil „la ilrippe", also einem guten deutsche» Lutdruete bezeichnetea Krankdeit entgeaeii- wlrken sollen: Die Dauer der Uebuugen in freier Luft soll jo lehr beschränkt werden als mit Rücksicht auf die Zweite der AaSdildnng irgend vereinbar ist; während derselbe» sind die Mannschaften mSglichst ln Bewegung zn Hollen; e< darf jedoch nicht ouhrc Acht gelassen werden, daß ein verständige« Lran»rc» ein gute« Ver wahrung-mittel gegen dir Krankhrit tlt. Womöglich sollen die Uebungen in gedeckten und geschlossenen Räumlichkeiten vorgenommcn werden. Wenn die Krankheit in einen, Drupprnlheil« um^ch greift. Io dars der coiiimandirende General die Ausgabe von Ldee uud Zucker (3 x bezw. IO x für den Man» und den lag) naordnen; dar Beiränk wird Morgen« und Nachmittag« Mischen den Mahl- ! zeite» verabreicht ssür die Leichtkranken werd n in den Lasecuen ! besondere Räumlichkeicn eingerichtet, w ich gehüria z» erwärmen sind, da die Kälte der Krankliett Voischub le stet. ?lu« dtejem «runde in besonder« daraus zu ach,«,,, daß Erkrankte bei ihrer Ueberführuna ln da« Lazoreth vor Erkältung geschützt werden. Er krankungen der Atl,m»ag«werk«zeuge und von Manalchoste» von schwächlicher Lrlbe«beschassenhei! ist vornehmlich AusmerNamkeit zu schenken, kowrit dcr Dienst eS erlaubt, sind Beuilaubuageo, namentlich weniger starker Leute, vorzuaehmeo. * Dt, Inlautrriediviflonrn. welch« die Vrsotznng von Parst« bilde», wneve, bt«l>«r »ach Verlaus von drei Iadrrn adgelvst: ein Erlaß de« Krlegsminister« vom 2« Decemb-r t88S. welchen der Militair-Gouoerneur General Sanssier zur Kennlaitz brinal, verjum. > daß der Wechsel in gnknnf« nach zwritähtt-em «asealhatt, l» y>
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