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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 03.06.1890
- Erscheinungsdatum
- 1890-06-03
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-189006032
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18900603
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18900603
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1890
- Monat1890-06
- Tag1890-06-03
- Monat1890-06
- Jahr1890
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 03.06.1890
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3S48 zahlreichen Bauenvlrthschaftrn leicht »a begehend« Milch. Außer I den oben genannten zu Spaziergängen geeigneten Wäldern ist noch der anmuchige Park deS Herrn von Arniin und das nahe gelegene Pomßen zu erwähnen. I Das als Lustcurort bekannte und von der Natur so schön auSgesialtete stilleNie tzschhammerthal bei Station Mittweida. Markersbach im sächsische» Erzgebirge, von wo aus der 3700 Fug hohe Fichtelberg in 3 Stunden zu erreichen ist, ist allen Tourillen und Loininersn'chlkrn um so mehr zu empfehlen, als das Brr» pslegungshaus, Casino benannt, nicht nur conisorladel eingerichtete Zimmer und Kalt- und Warmwasser-Lader bietet, sondern auch durch Verrn Ernst Klippe «ine Bewirthschaitung auszuweise» hat, die in der liebenswürdigsten Weise sür Beschaffung guter Speisen und Ge. tränke bestens Sorge trägt. s Wenn schon früher Soolbad Arnstadt eine reg» Frequenz unter den Thüringischen Badern genoß, so stellte sich doch damals dem weiteren Ausbiuhen der Mangel an geeigneten Sommer- Wohnungen hemmend in den Weg. Dieses vinderuiß ist in neuerer Zeit durch eine Reihe schöner Billen und geschmort, voller Neubauten, die wie ein Gürtel di: Stadt umsasjen, vollständig hinweggerauml und der Badegast hat jetzt unter den, den mannigsatligslen Ansprüchen genügenden, zweckmatzigen und billigen Wohnungen ein« leichte Auswahl. Die Lage der Stadt ist äußerst gesund und reizvoll. Das edle Bauwerk der Liebsratten, kirche ubt aus jede» Gemüih durch seine harmonischen Formen eine» angenehmen Eindruck aus. Die sauberen, mit Trottoirs ver- sedene» Straßen, die grossen, mit den alterthümlichen Brunnen ge- zierien Platze, die hin und wieder mit Wein oder mit Bildern ge- schmückten väuser geben der Stadt einen freundlichen, anheimelnden Charakter. Die herrlichen Ltnden-Alleen, die fast ununterbrochen um die Stadt führen, die mit kunstsinniger Hand hergeslelllen städtischen Anlagen, durch welche die nächste Umgebung in einen Part ver wandelt erscheint, die wohlgepslegten Spaziergänge, die bequem zu dem nur wenig entsernlen Buchen- und Eichenwald sichren, dielen den Fremden den mannigfaltigsten Naturgenuß und die angenehmste Erholung. Auch an Sammelpuncten fehlt es nicht iu den zahlreichen, auf da- Beste eingerichteten und durch gute Bewlrthung ausgezeichneten GesellschaslS-Localen inner- und auherhalb der Stadt. Eine vorzügliche städtische Capelle, die ssich weithin deS besten Rufes erfreut, sorgt in fast täglichen Concerten sür ansprechende Unterhaltung. Auch hinsichtlich der Eisenbahn hat Arnstadt leichte Verbindungen nach allen Richtungen (Lberhvs, Elgersburg, Ilmenau), die in der nächsten Zeit noch eine besonders für Len Baoegast werthvolle Vermehrung erfahren wird durch die neue über Paulinzella nach Canlfeld führende Bahnstrecke, welche Arnstadt auch das herrliche Echwarzathal in kürzester Zer» erreichen lässt. Die Klosterruiue PaultnzeUe. Geschichtlicher Abrih nach authentischen Quellen nebst einem Grundrisse der Ruine und orchi> lektoaische» Erluuterunaen. Zweite umgearbcilete und vermehrte Auslage. Rudolstadt, Muller'sche Buchhundlung (Thevd. Eichhorn) >890. 8", carl. Beim Beginne der Reisezeit seien alle Besucher Thüringens aus diese kleine Schrift auimerksam gemacht. Das geschmackvoll ausgestaltete Büchlein, welches aus dem Titel «ine gute Photographie der Westseite der herrlichen likirchenruine, wohl des schönsten Bauwerkes Thüringen- in roniaiiijchem Stile, zeigt, sowie einen genaue» Grundriss der Klosteranlagen und eine Anzahl archi tektonischer Abbildungen bietet, hat sich seit seinem erste» Erscheinen schon viele Freunde erworben. Die neue Auslage ist bedeutend erweitert worden Namentlich der erste Abschnitt „Geschichte des Klosters Paulinzelle" ist in Folge der Ausfindung der Schrift deS Mönche« Sigebolo üoer das Leben der Kloslerstifterm Paulina völlig «ungestaltet worden. ch Salzbrunn (Schlesien), 3l. Mat. Die amtlich« Curliste 1 zählt heute 555 Personen an Curgästen mit Begleitung. Hierzu gemeldeter Fremdenverkehr 374 Personen, erzielst Gesammt-Frequenz lickst Personen. tz Zinnowitz, 6. Mai. Auch unser sreundllcher Badeort rüstet sich bereits sür die Saison, überall sieht man schaffen und wirken, um den Badegästen einen freundlichen Empfang und einen gemüth- lichen Ausenthalt zu bereiten. Und an Badegästen dürfte es auch in diesem Fahre nicht fehlen, da unser Ort sich mehr und mehr ent faltet und der Ruf desselben als gesundes, herrlich gelegenes Seebad in immer weitere Meise dringt. War früher die Verbindung init Zin- nowiy eine beschwerliche, so ist jetzt schon viel ausgcbote», um de» Ver kehr zu erleichtern, bequeme Chausseen führen von Wolgast und Herings- darf nach u»serm Ort und von Eröffnung der Saison ab (15. Juni) ist auch eine tägliche Dampfcrverbindung Karnln-Zinnowitz eingerichtet. ES ist hier Alles vorhanden, um Gesundheit und Erholung zu finden. Völlige Ruhe herrscht überall, der Strand mit den Bädern ist reizend gelegen und die nahen Buchen- nnd Kiesern-Wälder gewähren den migenehmslen und gesundesle» Ansenihalt. Für Diejenigen, welche direct au der See zu wohnen wünschen, bietet sich hierzu im Hotel „Strondhalle" «Pächter: Th. Willer ans Stettin) Gelegenheit. Die Einrichtung des Hotel- ist in jeder Weise vorzüglich und auch die Küche ist in der vorigen Saison schnell beliebt geworden. Aber auch die in dem alte» Torfe und in Neu-Zinnowitz belegen«» Hotels bieten Alles aus, um den Gäste» den Aufenthalt angenehm zu machen, und aufferdem ist kein Mangel an schönen, lustigen Privai- Wohnungen, welche besonders in All-Zinnowiv noch sehr billig zu haben sind. Auch der Gemeinde-Vorstand, welchem in Gemeinschaft mit de» Herren Aerzten die Leitung des Bades obliegt, sorgt stets sür Hebung und Verbesserung der Ladeeinrichtungen und giebt be reitwilligst icdc gewünschte Auskunft über das Bad. Richtigkeit desselben bestätigt «nd di« Entlastung beantragt worden, einstimmig Genebmtgung Al» zweiter Abgeordneter für die dies jährige Bundes-General-Verjammlung wurde Kamerad Weber ge- wählt und jedem der beiden Vertreter 20 -E Diäten bewiüiat. ES gelangten dann noch verschiedene geschäftliche und inner« Vereins- ongelegenheiten zur Besprechung und Erledtgnug. Univerfitätsverein Nother Löwe. ' Am versloffenen Sonnabend feierte der Verein für Ge schichte und geschichtliche Hilfswissenschaften an der Universität Leipzig „Rother Löwe" sein XV. Stiftung»- fest. Vormittag- lt Uhr fand sich im Adlersaale de» Coburger Hots eine stattliche Festveriammlung, an ihrer Spitze eine Anzahl Professoren hiesiger Universität, ein. Ter Vorsitzende, Herr e»n,l. für. Alben CocctuS, eröffnete die Festsitzung mir einem Berichte über den Verein seit seinem Bestehen, wobei er besonders die allmülige Entwicklung und die Umwandlungen, welche der Verein im Laufe der Jahre durchlebt hat, hervoryob. Daraus ergriff der Biblio thekar de» Verein». Herr »ruck, tiiat. Hermann Barge, das Wort zu einem Vorträge über „die Beziehungen deS Großen Kurfürsten zu Ludwig XIV". Der Redner füdnc auS, daß der Verein sich vornehmlich die Erforschung der deutschen Vergangenheit zur Ausgabe gestellt habe. Daher habe er auch das Thema zu seinem heutigen Fesivortrage der Geschichte de- deutschen Volk« entnommen, Kaum «ine Gestalt wäre hier sür die Betrachtung geeigneier als die deS Großen Kurfürsten, der in einer Zeit diplomatischer Ränke doch eine offene, selbstlose, von allgemeinen höheren GesichtSpuncten geleitete, durch und durch deutsch« Politik getrieben hätte. Besonders trete diese Selbstlosigkeit und der bcwunderungswcrthe Opsermuth z» Tage tn den Beziehungen, in denen er zu Frankreich und Ludwig XIV. gestanden habe. Redner schilderte in interessanten Ausführungen diese wechselseitigen Be ziehungen eingehend an der Hand der historischen Thatsacheu und erntete damit allseitigen reichen Beifall. Hieraus ersolgte die Vorlage des ne« erschienenen Jahrbuchs, eines stattlichen Prachibandes von 456 Seiten mit 2L Tafeln mit zum Tdeil rein historischen, zum Theil dem Gebiete der geschicht lichen Hilfswissenschaften entnommenen Aufsätzen. An die Festsitzung schloß sich ein gemeinsames Mittagsmahl der Mitglieder an. Der Abend wurde durch einen Festrommers im Coburger Hos auSgesüllt. Derselbe wurde vom Vorsitzenden mit einer schwungvollen patriotischen Red« aus Ihre Majestäten den deittschen Kaiser und den König von Sachsen eröffnet. Den Willkommensgruß, den Herr stuck, bist. Barge den an iveienden Gästen entgegengebracht hatte, erwiderte zunächst Herr Professor b)r. Maurenbrecher mit einem Salamander aus das Wohl des Vereins, wobei er tn sür den Verein ehren vollster Weise dessen wissenschastliche Thätigkeit anerkannte und de» Werth eines akademisch-historischen Verein« sür das Geschichts stiidinnl bervorhob. Daraus überreichte der am Vormittag zum Ehrenmitglied des Vereins ernannte Herr Geheime Medicinalralh Proscffor i>r. Schmidt eine prächtige Lade als Erinnerungsgabe sür diesen Tag. Einen wahren Sturm der Begeisterung ries die Red« de» Herrn Privatdocent Itt. Busch aus Sk. Durchlaucht den Fürsten Bismarck hervor. Noch viele Ansvrachen von Vertretern befreundeter studentischer Vereinigungen und von Carlelvereinen wechselten mit zahlreichen studentische» Liedern ab und hielten die Versammlung bis spät nach Mitternacht in gehobenster und heiterster Stimmung beisammen. Ltndnee, de» Fernando Herr Brock. Bo» Zusamwenspiel war gut, die Jnscenirung und Ausstattung erwiese» sich al< stilvoll. Tie Darsteller bemühten sich, dem Charakter und der Stimmung des Drama- gerecht zu werden. Die anwesende Goethegemeinde dankte ihnen dafür wiederholt unter lebhaftem Beifall. Der Vorstellung wohnten auch Jdre königlichen Hoheiten der Großherzog, die Frau Großherzogin und der Erbgroßherzog bei. — Nach der Fesworstellung fand noch ein gemüthltche« Beisammensein der Mitglieder stall, wobei noch manch geistreiche« und witzige» Wort gesprochen wurde Auch di« diesjährige Versammlung bot den Anwesenden viel des Anregenden und einen kräftigen Ansporn zum Weitrrstrebea aus der Bahn der idealen Goeihepslege. — Bad Em», 4 . Juni. Die Frequenz unseres Curorte», welche vom Beginn der Curzett an nichts an Lebhaftigkeit zu wünschen übrig ließ, bat in den letzten Tagen eine solche Ausdeh nung angenommen, daß die Fremdenliste, welche früher im Laus« des Monats Mai nur zweimal wöchentlich erschien, seit dem ver- stoffenen Mittwoch täglich auSgrgcbcn werde» muß. Heute ver zeichnet dieselbe bereit» einen Besuch von 3341 Personen, nämlich von 1874 Curgästen und 1467 Passanten. Unter den Curgästen sührt die Liste den Prinzen Hugo und die Prinzessin Elisabeth von Schönburg ans Dropßtg, den belgischen StaatSminister Victor Teich, die GenerallieutenantS von Schleinitz aus Berlin und von Roehl auS Hannover, den Dichter Ernst von Wildenbruch, den Direktor de- ReichSgesunddeitsamI« zu Berlin, 4>r. Köhler, und den erblichen Reichsraih der Krone Bauern Herrn von Deusier aus Kitzingcn auf. Der Erbprinz und die Frau Erbprinzessin von Anhalt treffen Mitte dieses Mvnais ebenfalls zu längerem Cnrausenthalte hier ein, wo gegen der Ankunst Ihrer Majestät der Kaiserin Auguste Victoria erst im Juli eutgegrngeseben wird. Heute verweilt eine große Reisegesellschaft, aus den Mitgliedern deS Vereins der Grund besitzer zu Hamburg, im Ganzen 300 Personen, bestehend, in unserer Stadt. Unsere Curcommissio» veranstaltet zu Ebre» der nordische» Gä»e beule Abend nach voranSgegangenein Militairconcert das großartige Schanjpiel einer bengalischen Beleuchtung des Bäderle!- bcrgrs. Die Kaiserregatta aus der Lahn findet dieses Mal auS- „alnnsweise früh, bereits am 22 Juni statt. Tie Leitung dcrielben hat die Frankfurter Rudergesellschaft „Germania", welche auch den im vorigen Jahre siegreich bebaupteten Katserpreis iWandervreiS, von Kaiser Wilhelm I gcstisieter Ehrenpreis) zu verttiridigen bat, übernommen. ES finden 7 Rennen statt. An Meldungen sür die Kaiserregatta sind seitens nachstehender Rnder- vcreine emgegangen: Hanauer Rudergesellschaft „Hassia", Saar- brückeiier Rnderclub „Saar", Mainzer Rnderverein, Wetzlarer Ruder club, Düsseldorfer Ruderverein, Bonner Ruderverein, Gießener Ruder- gesellschast, Franksuricr Rudergesellschast „Germania", Kölner Ruder- verein, Offenbachcr Rnderverein, Neuwiedcr Rudergesellschast und Kreuznachcr Rnderverein. Lachsens Mlilair - Vereins - Lund. * Leipzig, 2. Juni Gestern Vormittag fand unter zahlreicher Beibriltgnng die erste diesjährige Bezirlsr ersammlung der Milstairvereine des Leipziger Bezirks im Cpeiscsaale der Central- Halle statt. Die Versammlung, welch» Herr Oberst Kaensler mit seiner Anwesenheit beehrte, wurde vom Bezirksvorsteher Wen dt »ach einer kurzen Begrüßung mit einem Hoch aus Se. Majestät König Albert eröffnet, in das die Kameraden begeistert tinslimmien Von einer Besprechung des gedruckt vorliegenden »nd jedem Kame raden ausgehändiglen Jahresbericht» wurde abgcirhen und derselbe von der Versammlung genehmigt. Hervorzuhcben ist, daß die nus Anlas; deS 800>abrigrn Regierungssudtlaums von Sachsen» Milltnirvereinsdiind veranstaliele Sammlung etwa 12 OOO ergeben bat Se. Majestät der König Hai hierzu eine» na,«hasten Beitrag überwiesen nnd genehmigt, daß diese» Capital zu einer Wettin JubiläuiiiS-StffGng Verwendung findet. Die Zinsen gelangen am StistungStage an Hilssbedürslige, über M Jahre alte Kameraden zur Vertheilung. Dem Leipziger Bezirke geborien am Jahresichkuffe 78 Vereine mit lt>73ck Mitglieder» au. Vier Vereine, Crostewitz, Löbnitz, Kainpsgeiiossen zu Leipzig »nd „König Albert" zu Groitzsch erhielien in, vergangenen Jahre löniglichen Fahiienschmuck verliehen. Der Cassenderichl fand ebenfalls, nachdem seiten» der Revisoren die Generalversammlung der Goethe-Gesellschaft. n. X Weimar, 1. Juni. Ta» Festessen, welches gleichfalls in dem mit der Trtppel'schti» Goethebüste nnd prangendem Grün ge schmückten Saale der ErholungSgesellschast gestern Nachmittag ,4 Uhr slaiisand, nahm unter außerordentlich zahlreicher Be- theiligung einen animirten und harnionische» Berlaus. Die Reih« der Toaste eröffnete Herr SlanlSminister Exc. Frhr. v. Groß, welcher, an knüpsend an die Festrede de» Vormittags, die innigen persönlichen Beziehungen zwischen den Trägern der Krone von Sachsen-Weimar und Preußen betonte und deren Verdienste um die durch die Namen Weimar und Berlin repräientirten kulturellen und nationalen Be strebungen hcrvorhob. Sein Hoch, von der Versammlung mit lubelndem, donnerndem Beifall ausgenommen, galt dcm Freunde des Großherzog», dem Schirmhcrrn des Reiche», Sr. Majestät dem Kaiser vo» Deutschland. DaS Hoch aus Ihre künigl. Hoheiten de» Großherzog und die Großherzvgin von Sachsen- Weimar brachte der Viccpräsidcnt der Geiklstchaft Herr Geh. Rath Exc. v. Lveper ans. Derselbe schilderte die Bemühungen »nd hervorragenden Verdienste des großhcrzoglichen Hauses um die „Goelhe-Gcsellschast", insbesondere die;c»igen des Großherzogs und der Frau Gcvßhcrzogin um die Begründung der Gesellschaft und der Goelhe-Sanimlungen. Stets im Geiste Karl Augusts wirkend, seien dieselben rastlos bemüht, die humanen Bestrebungen der Gegenwart zu fördern. Herr Paul Heyse erwähnt, daß er, obwohl Mitglied deS Ausschusses, das crile Mal der Generalver- sammlnng beiwohne. Er habe sich immer für ein „unnützes" Mit glied der „Gvethe-Gesellschast" gehalten, da er zu deren Forschungen nichts habe beitragen können, und auS diesem Grunde müsse er ffch «IS einen Laie» gegenüber den Forschern der Gesellschaft bezeichnen. Aber im Sinne des Gocihe'sche» idealen „Strebens nach dem Höheren, Reinen, Unbekannten" könne auch er sich einen Schüler und gläubigen Jünger des Altmeisters nennen. Er bekenne sich von ganzcin Herzen zur idealen Goeihepslege, zur Verehrung des großen Menschen und des größten Dichters. Gegenüber den vielfach ins Gemeine hcrabziehenden Be>lrebungen neuester Lilcratnrrichtungen sei gerade der CuliuS de» Goeihe'schcii Geistes ein Schutz und Schum unserer höchsten literarischen und humanen Güter. Deshalb erhebe er sein GlaS aus das Wohl und Gedeihen der „Goethe-Gesell - schast". Herr Geh. Hosrath Ruland gedachte alsdann des ab wesenden l. Vorsitzenden der Gesellschaft, des Herrn Reichsgerichls- Präsidenten 4>r. von Simsv», in wann rinpsundenen ehrenden Worten. Er schilderte dessen treue, glühende Goethe-Verehrung, dessen unermüdliches Aushalten bei ernster Thätigkeit behufs Aus- und Ausbau-; des Verein» und der Goethe-Forschung. In be redten Worten weist Redner daraus hi», wie gerade der all- verehrte Simson von Ansang a» bestrebt gewesen sei, daß die Gesellschaft die ihr drohende» Klippen Venneide, daß dieselbe in ihren Bestrebungen nicht über Maß und Ziel hinausschteße. Um nun den Gefühlen des Dankes und der Verehrung sür den Abwesenden Ausdruck zu geben, habe der Vorstand und der Ausschuß beschlossen, ein Bearüßungsteleazlamm an Herrn Ilr. v. Simson zu senden, worin dir innigsten Wünsch« für die Be- sesligung der Gesundheit deS verehrten Vorsitzenden und für ein frohe», glückliche» Wiedersehen im nächsten Jahre ausgesprochen werden solle». Die Anwesenden stimmte» diesem Vorschläge unter braiisendcm Jubel bei, woraus der Redner ein dreifache» Hoch aus den l. Präsidenten auSbrachie. Der Director de« Archiv», Herr l>r. Sn pH an, knüpfte tn seinem daraussolgenden Toaste an die Speise karte an, welche eine Abbildung des bekannten trefflichen Schoper'schcn Goethe-DcnkmalS im Berliner Thiergarten trägt. Redner nennt das Denkmal eine» der sinnigsten des Allmeister- mit dem schönsten Bild nisse desselben und bemerkt, daß sich für ihn daran eine besondere Er innerung knüpft. Vor ll Jahren nämlich Hab« er der Einweihung de» Denkmals bcigewohni; unvergeßlich sei für ihn der Ausdruck in den Mienen der Anwesenden gewesen, aiS die Hülle gefallen sei und das Monument in seiner ganzen strahlende» Schönheit und Harmonie Allen sichtbar geworden sei. Der Stimmung der Fest- Versammlung habe damals der Festredner der die»,ädrigen General versammlung, Herr von Loeper, welcher mit der Einweihungsrede beauslragt war, treffenden Ausdruck gegeben, „i'ro pnrrin" sei, soviel er sich erinnern könne, der Inhalt dieser Rede gewesen, welche einem welikiftorischen Ereigniß gegolten Hab«. Sechs Jahr« später sei Herr v. Loeper bei Gründung der Gesellschaft zum 2. Vorsitzen- den gewählt worden: seitdem lmbe er derselben eine unermüdlich« Thäligkeit gewidmet, wosür ihm der wärmste Dank der Ge «offen gebühre. Mit Anlehnung an den Aittncister ruft er ihm daher heute zu: „Er irbe lange, er lebe weit!" Herr Professor Erich Schmidt toastete nun in gehaltvoller, geistreich-humoristischer Red« aus Paul Heyse, den anwesenden Münchener Dichter, dabei an das seiner Zeit an derselben Stelle und bei derselben Gelegenheit gefeierte Storm-Jubiläum (in Gegenwart des Jubilars) erinnernd. Weiler folgten noch Hochs aus die Frauen (ausgebracht von Herrn Valentin, dem Vorsitzenden de- Frankfurter Freien Hochstifts), aus den Ausschuß und den Gesammtvorstand (Herr Bankier A. Holz aus Breslau) und aus den Schatzmeister l>r. Moritz iHerr Gymnasialdirector I)r. Lechaer aus Zweibrückea). — An da» Festmahl reihte sich eine Fe st Vorstellung im Hostheatrr. Es wurde Goethe s „Stella" gegeben. Voraus ging eine Aufsührnng der „TrugisäM Ouvertüre" von I. BrahmS. Di« Aufführung de» Goethc'schen Drama» war eine gute, obwohl da» Stück einen tieferen Eindruck nicht bervorries. Man hatte den späteren Schluß gewählt, wonach Stella sich vergiftet und Fernando sich dinier der Scene erschießt. Die «Iclla gab unsere Heroine. Frl. Jennicke (im Coslüur und nach dem Portrait der Corona Schröter), die CäctU« Fra» Hettstrdt, di« Lncte grau Orbaa- Lerufsgenossenschastliches Schiedsgericht. * Leipzig, 2. Juni. Der Eisendreher Joseph Figura hierselbst, welcher in der Maschinenfabrik von PH. Swidrrski beschäftigt ge- wesen, ist vom März 1888 an aus Veranlassung der Sächiisch- Thüringischen Eisen- und Stahl-Berussgenossenschast ärztlich behandelt worden, weil Figura seinen krankdaften Zustand aut einen angeblich am 47. oder 48. Februar 4888 in dem er- wähnlen Betriebe vorgekommenen Unfall bezog. Später hat die Berussgenossenschaft die Gewährung Irgend welcher Unfallenlschädigung abqelehnt, da ein Betriebsunfall im Sinne des Uirsallversicheriings- gesepes nicht vorliege. Ter Fall liegt insofern auch besonders inleressaitt, als sich die ärztlichen Gutachten selbst gegenllberstehen. Figura ist am 4. December I88S verstorben, in der Zwischenzeit auch nicht erwerbsfähig gewesen. Nach dem Tode Jigura's haben dessen Hinterbliebenen die Fortstellung des Verfahren» beantragt. Die Ursache des Leidens führte Figura aus das folgende Ereigniß vom 17. oder 18. Februar 4888 zurück. Bei dem Einivanne» einer 13—45 Centner schweren Welle ist eine angeblich 3—4 Eeutner schwere andere Welle im Wege gewesen und hat F. daS eine Ende dieser Welle, während da« andere Ende aus dem Erdboden liegen geblieben ist, angesaßt und dt« Welle zur Seite gerückt. Bei diesem Heben hat F. einen plötzlichen Knall im Unter- leibe aus der linken Seite verspürt, hiervon auch dem Werk- sührer mit dem Bemerken Mittheilung gemacht, daß ihm etwas geplatzt sei. Bis zum 40. März 4888 hat daraus F. die Arbeit noch fortgesetzt, dieselbe jedoch dann infolge der Schmerzen einstellen müssen. F. bat angegeben, daß er bis zu diesem Ereignisse völlig gesund gewesen sei. Ein im August 4889 abgegebenes ärztliches Gutachten sprach sich dahin aus, daß der Zustand F.'S als essentielle Herzschwäche auszusaffen sei und daß die Entstehung derselben mit groger Wahrscheinlichkeit aus die von Figura behauptete und oben bereits erwähnte Ueberanstrengung am 47. oder 48. Februar 4888 zurückzusühren sei, indem er hierbei eine Dehnung der Herzmusculatur erlitten habe. Ein wesentlich anderes Bild hat jedoch die nach dem Ableben deS F. vorgenoinmene Seclion ergeben. ES hat sich hierbei gezeigt, daß F. eine chronische Herzbeutelentzündung mit erheblichen Verwachsungen, sowie eine Herzsteischentzündung hatte, Erkrankungen, welche nach einem neuerlichen Gutachten während des Lebens schwer zu erkennen, ost die Erscheinungen einfacher Herzschwäche machen Der zu dem Termine zugezogenc Sachverständige, Herr Professor vr. meck. Hoffman» hier, legte in überzeugender Weise dar, daß von den Folgen eines Unfalles bei der Krankheit nicht die Rede sein könne. Die Ursache sei vielmehr eine schwere Lungenentzündung gewesen, welche die bei der Seclion Vorgefundenen Folgekrankbeilen nach sich gezogen habe». Das Schiedsgericht konnte unter diesen Umständen nicht dazu gelangen, den Bescheid der Berussgenossen schast abzuändern, hat vielmehr auch seinerseits die erhobenen An spräche abgrwiesen, zumal nicht einmal daS Vorhandensein eines Betriebsunfalles nachgewiesen worden ist. Der tn dem Betriebe von C. W. Jul. Blancke L Co. zu Merseburg beschäftigt gewesene Schmied Albert Behr daselbst hat am 9. Lctober 4889 einen der ausgestellten Betriebsdampskessel ge- reinigt; dieser Kessel ist ein Röhrendampskessel, da» Reinigen der einzelnen Rohre von Schlamm und Kesselstein geschieht mittelst einer Drahtbürste, welche an einer langen Eisenftange befestigt ist. Bei AnssUhrung dieser Arbeit hat Behr seinen Mitarbeitern gesagt, daß ihm plötzlich unwohl geworden sei, er hat gleichwohl seine Arbeit noch weiter fortgesetzt, ist jedoch am 40. Oktober 4889 verstorben. Aus Grund der erst einige Zeit nach Behr's Tode vorgenommenen Obduction der Leiche ist von den die Obduction vornehmendcn Aerzten ein Gutachten dahin abgegeben worden, daß der pp. Behr an einer inneren Krankheit und zwar an Verschwärung des Blind darmeS gelitten habe und der Tod durch Perforation des Blind darmeS erfolgt sei, dahingegen ist eS als nicht inehr mit Sicherheit zu ermitteln bezeichnet worden, ob die angeblich schwere von dem Vehr verrichtete Arbeit zur Beschleunigung des Ablebens desselben beigetragen habe. Auf Grund des Befundes hat nun die Säch sisch-Thüringische Eisen- und Stahl-Berufsgenossen schast die Renlenansprüche der Hinterbliebenen Behr» abgelehnt und das Schiedsgericht hat diesen Bescheid bestätigt, nachdem der zu dem Termine zugrzogcne Sachverständige, Herr Professor Ilr. meck. Hoffman», sich dein vorliegenden Gniachten der Arrzte allenthalben angeichlvssen und namenllich bervorgehoben batte, daß der Tod nicht die Folge irgendeiner Schädlichkeit gewesen sei, die mit der Arbeit in Zusammenhang stehe. Gerichtsverhandlungen. königliche» Landgericht. IV. Strafkammer. > Leipzig, 2. Juni. Am Wahltage, den 20. Februar, fuhren 20 Studirende der hiesigen Universität gegen '/-1l Uhr mit der Pferdebahn nach Connewitz, um dort die säumigen Wähler an die Urne zu holen. Sie vcrtheillen sich in die drei Wahlbezirke, in welche Connewitz cingetheilt war. Ter stuck, zur. Knacks uß aus Grimma war mit mehreren Commilitonen dem Wahllocal im Gambrinus" zngewiesen. Nach Angabe eines Schutzmanns war aber dort der ganze Wahlbezirk roth, auch waren, wie ihnen Herr ch., ein Milglied der Ordnung-Parteien, mitlheilte, dort keine Conirolliste geführt worden, so daß nichts zu machen war. Tie ttidentcn 7ili»ltt» deshalb mit Herrn Sch. nach einem zweiten Wohllocale, dem „Sächsischen Hos. Von dort aus wollten gegen Uhr Nachmittag» Knackiuß und ein anderer Student Schmied mehrere Wähler in der Brandslraße an ihre Pflicht mahnen. Sic gingen daher die Leipziger Straße herunter, ihnen folgten ungcsähr zwanzig Leute, welche schrien: „Scliecrt Euch nachLeipzig! Macht, daß Ihr au» Connewitz raus kommt." Es wnrdc» auch Steine nach den ruhig ihres Wege» gehenden Studenten geworfen, zu denen sich noch der Student Hennicke gesellt hatte. Als dieselben von der Leipziger Straße nach der Eliienstraße einbogcn, gcricth Schmied mit einem Anhänger der Socialdemokratie in Wortwechsel, aus die Aufforderung de» Herrn Knacksuß hin ließ er aber den Mann gehe». An der Ecke der Elisen- und Brandtstraße löste sich aus dem den Studenten folgenden Hausen ein Mann los, ging aus Knacksuß zu und vcr- setzie demftlben ohne irgend welche Veranlassung einen so heftigen Schlag in» Gesicht, daß Knacksuß eine An schwellung des rechten Auges und eine Zerreißung des Trommelselles davontrug. Knacksuß, dessen Auge hestig thränte, wandte sich nach seinem Angreifer um, dieser aber war von einem anderen jungen Mann fortgezogen worden. Knacksuß aber wurde von einem gewissen Heller an der Kehle ergriffen, welcher ihm zuries: „Ihr Hunde. Euch schmeißen wir aus Connewitz hinaus". ES entstand dann am Thatortc eine allgemeine Schlägerei. Knack- f»ß hob seinen Hut aus, der ihm bei dcm heftigen Schlage vom Kopse geflogen war und ging nach der Leipziger Straße zurück. Etwa lü Mann folgten ihm. die Studenten sichren dann mit der Pscrdebahn nach dem „Sächsischen Hos", wo ein Schutzmann stand. Mit diesem ging .Knacksuß dann nach der Elisensiraße zurück, dori fand sich aber Niemand mehr, denn der Tumult hatte sich jetzt »ach der Brandslraße verzogen, wo die bereits gerichtlich geahndeten Exceffe stattsanden. Nachdem noch der Herr Gemeindevorstand von dem Vorfall ver stSiidigt worden war, suchte Knacksuß ärztliche Hilft auf. Tie rechte Gesichtshälfte war bei ihm stark qeschmollen und gerötbet, bei An Wendung von Kaltwasser- und Eisumschläge» setzte sich zwar die Geschwulst, allein es hatte sich bei idm so starke» Ohrensausen ein- gestellt, daß Knackiuß am 22. in die Lhrenklinik des Herrn Prof pagen ging. Dieser consiattrie bei der Untersuchung, daß, während am äußeren Ohr nichts zu sehen war, da« rechte Tronimciscll in seiner vorderen Hälfte säst vollständig hineingcschlagcn war, die Ränder waren blutig. Im Lause seiner Tbätlgkcit bat der Herr Professor eine so schwere und weitgehende Verletzung nicht gesehen. DaS rechte Trommelsell des Geschlagenen war Küher nicht krank aewesen, was auch dadurch bestätigt wird, daß das linke Trommel fell keine Spur von Erkrankung zeigte. Mußte schon der Schlag ein besonder» deftiger sein, nm bei einem kranken Trommelfell eine derartige Zerstörung anzurichten, so erhöht sich die Gewalt, die zu derselbe» anaewkndet werden mußte, wenn ein gesundes Trommelsell derartig beschädigt werden soll, um ein Bedeutendes. Trotzdem ist es, nach den Aussuhrungen des genannten Sach verständigen. möglich und sogar wahrscheinlich, datz der Schlag mit der flachen Hand geführt sei» kann, nickt, wie der Verletzt« aniaugS glaubte, mit einem Stein. Doch es ist die Möglichkeit, daß der Lhäftr einen Stein benutzt hat, nicht ausgeschlossen. Uri der ersten Untersuchung stellte sich auch heran», daß da» Hörvermögen de- Studenten Knacksuß bedeutend hernbg«mindert war Während er aus dem linken Ohr auf 800 «»noch ein Flüstern hörte, betrug diese Entfernung sür das verletzt» rechte Ohr nur 200 em. Bet der Unter- suchung am 29. März war die verletzte Stelle durch oengebilLetcs Bindegewebe verheilt, allein da- Ohrensausen bestand noch Dank sorgfältiger Pflege hatte sich bi» zum 9. April da» Ohrensausen indessen ganz verloren, auch die Hörsähigkeit aus dem rechten Ohr war wieder bi« zu 800 cm gestiegen. Der frühere Zustand des Ohre» ist jedoch noch nicht wieder hergestellt, denn die neu» Stelle im Trommelfell besteht nur au» einem Häutchen, das viel leichter zerreißt, wie das ursprünglich« Trommelsell. Schon unvorsichtige» heftige» Schnauben kann unter Umständen eine Zerreißung herbeisühren. Lange Zeit blieb der Thäter trotz der von der köntgl. Staatr aawaltichast au»gesetzten Belohnung unenideckt, am 29. April ward« er jedoch in der Person deS Schlosftrgesellen Friedrich August Magdeburg an» Ebersroda bet Freyburg entdeckt und verhaftet. Magdeburg wurde am 15. Oktober 4863 geboren und arbeitet« seit 4882 in der Maschinensobrik von K. in Connewitz gegen einen Wochenlohn von 48 Er ist seit 4887 verdetrathet und Baler von zwei Kindern. Wegen eine» kurzen Beines kam er vom Militairdienst frei. Er ist einmal wegen Beleidigung zu 40 Geldsirase verurthrilt worden. Er gestand zu, einen ihm unbekannten Menschen an der Ecke der Brand- und Elisenstraße eine Ohrfeige versetzt zu haben. Nach den Angaben, die er dcm Herrn Staats anwalt gegenüber macbte, soll der Geschlagene einen schwarzen Volldart getragen haben (Knacksuß hat dunklen Bollbart). Diese» Zugestäudniß widerries aber Magdeburg tn der heutigen Haupwerhandlung. Er stellte in derselben den Vorfall in folgender Weise dar. An» 20. Februar habe er bis Mittag gearbeitet. Gegen 2 Uhr sei er nach dem Eiskeller gegangen, um zu wählen: dann habe er mit einem gewissen Gericke tn der „Krone" ein Gla» Bier getrunken und sei noch in einem anderen Wahllocal gewesen. Gegen 4 Uhr habe er wieder nach der „Krone" gehen wollen, vor ihm her ging eine größere Menschenmenge mehreren Studenten nach. Diese gingen durch die Elisenstraße nach der Brandstraße zu. Er habe sich ge- ärgert, daß die Studenten dir Arbeiter zur Wahl aufsorderten, die wüßten schon allein, wa» sie zu machen hätten nnd deswegen sei er saus einen derselben zugegangen und habe ihn halb von hinten, halb von der Seite eine Ohrfeige gegeben. Einen Stein habe er nicht in der Hand gehabt. Nach der Thai habe ein junger Mann, den er nicht kenne, ihm zugerusen „komm" und ihn mit sortgezogen. Er kenne den Studenten, welchen er geschlagen habe, nicht. Aus Grund der Beweisaufnahme beantragte der Herr Staats anwalt die Bestrafung des Angeklagten noch H. 222 n (Körper- Verletzung mittelst eines hinterlfftigcn Uebersalls). Bei der Straf- ausmessung bot er, als straserschwerend das Motto zu berücksichtigen: den Terrorismus der Masse, welcher >eden politisch anders Denkenden durch rohe Gewalt zu unterdrücken sucht. Tie Vertheidnng erachtete nicht sür erwiesen, daß die That mittelst hinterlistigen Uebersalls geschehen sei, denn die Studenten, welche bereits vorher beschimpft und mit Steinen geworfen worden waren, Hütten sich jede» Angriffs versehen können und versehen müsse». Die politische Leidenschaft sei doch nicht besonders stras- wnrdig. (!) DaS Motiv zur Thai sei, ausnahmsweise ein gerechtes, aus politischer Ueberzeugung entsprungenes. (!!) Er wollte dabei die That keineswegs in Schutz nehmen, der Schlag sei eine Rohheit gewesen. Aber die That habe keine Verhinderung der Ausübung des Wahlrechtes bezweckt, sondern sei nur gegen die Studenten, welche gegen das UniversitätSgcsctz, welches ihnen jede politische Thätigkeit untersagt, sich vergingen, gerichtet gewesen. Tie Studenten hätten gewußt, daß sie sich in Gefahr begaben und hätten e» trotz dem gewagt, sie wären sogar in einen srrmden Wahlkreis gegangen. Der Unwille gegen die Studenten sci daher ein zu nach dem Partei- standpunct mehr oder weniger gerechtserttater. Der Herr Vertheidi- ger plaidirte hierauf in längerer Ausführung für eine genaue und gerechte Prüfung des Thatbesiandes. Der Standpunct, von welchem auS man daS Urtheil zu fällen habe, müsse der sein, daß „ein Schlepper den anderen geschlagen" habe. Ter Herr Präsident erblickte in einigen Ausführungen des Berlheidigers eine Kritik eines srüheren Urtheil» und verwarnte energisch denselben. Der Herr Bcrtheidiger bestritt in seiner Dnplic, eine Kritik anSgenbt zu haben, und behauptete, nur sür ein gerechtes Urtheil gesprochen zu haben. (Wir hätten des Vorfalls gar nicht gedacht, wenn wir nicht von Seiten des Vertheidigers dazu pro- vocirt worden wären. Der Berichterstatter.) Ter Gerichtshof ver- urtheilte de» Angeklagten nach tz. 223a zu 4 Jahr Gcsängniß unter Anrechnung von 2 Wochen der erlittenen Untersuchungshaft. Als straserschwerend wurde vom Gerichtshof die an den Tag ge- legte 'Rohheit und Feigheit, sowie die Schwere der Verletzung in Betracht gezogen. Auch war der Gerichtshof der Meinung, day das politische Motiv sür die That nicht darnach angethau sei, belobt zu werde». Der Gerichtshof bestand auS den Herren Landgerichtsdirector Lehmann (Präsid), Landgerichtsräthen Adam, Bursian, von Sommer iatt und Affcssor vr. Leißner. Die Anklage führte Herr Staatsanwalt Martini, die Vcrlhcidigung Herr Rechts- anwalt Gustav Hosmann, als Sachverständiger sungirte Herr Pros. Or. Hagen. * Von der V. Strafkammer wurde aus eingelegte Berufung der Tischler Friedrich Wilhelm Christian Paul aus Schöneseld, dem eine Hast strafe von 8 Tagen zudictirt war, welche das Schöffen gericht bestätigt hatte, von der Anklage des BoycottS frei- gesprochen, da die in Frage kommenden Aeußernngcn nicht mehr mit Sicherbcit scstgesicltt werden konnten. Das Schöffengericht Zwenla» hatte den Handelsmann Hermann Neu aus Retchenbach i. V. und das Schöffengericht Markranstädt den Tischler Richard Günther ans Knaulhaiu vo» der Anklage des BoycottS sreigesprochcn. Ta» königl. Landgericht hob infolge eingelegter Berufung auch diese beiden Urtheil« aus und vcrurtheiite Neu und Günther zu »c 4 Woche Hast. * Dresden, 2. Juni. Tie Anklage der versuchten räube rische» Erpressung rc. bildete den Gegenstand der Anklage in der ersten Verhandlung, i»it welcher henic die ca. 3 Wochen an- dauernde zweite Vierlk>;ahrsjltzung des königl. Schwurgerichtes eröffnet wurde. Aus der Anklagebank nahm der criminell noch unbestrafte, an, 20. März 4866 zu Leipzig geborene Stcinmetz- gchilsc Armin Felix Schmidt Platz, während als Hauptzeuge der «iöjahrige Gemeindevorftaiid und LanLtagsabgeordncte Heinrich Hei ni an» aus GrvßolbcrSdors sigurirt. Hcinionn bewohnt während der Landtagssession ein Quartier im Hause Grunaerstraße 30 und war i» der Nacht zum 42. Februar d. I. eben im Begriff, nach dcm Schlüssel zu suchen, um die Hauslhür auszuschlicßen, als der Angeklagte plötzlich von der Straße aus in Leu mit mehrere» Treppenstusen versehenen Raum vor der HouSihür trat und kategorisch verlangte, H. solle ausschließen. Unmittelbar daraus versuchte Schmidt, den Schlüssel wegzunchmen und dann verlangte er, der Zeuge solle mit ihm nach einer Kneipe gehen oder 50 Pscnnigc zahlen. Heimann getraute sich nicht, nach dem Porlcmonnaie zu greisen, weil er glaubte, der freche Mensch werde sich dasselbe gewaltsam ancigiirn und deshalb gebrauchte er die Nolhlüge: „Ich bi» der Schneider aus der 4. Etage und habe kein Geld; meine Frau giebt mir Abends nur soviel wie ich brauche!" Nunmehr zückte Schmidt »ach der Versicherung H.'S sein Taschenmesser mit den Worten: „Du mußt wissipi, mit wem Tu es zu thun hast, ich bin Jack, der Auffchlitzcr!" Gc- ängstigt durch das Auftreten des Angeklagte», trat pcimann aus die Straße zurück und seine Erregung steigerte sich,als er dort »och einen zweiten Mann bemerkte, der, wie sich bald ergab, zu Scbmibl gehörte und mit diesem zusammcngczech! hatte. Wenige Augenblicke später ersolgte die Arretur des Angeklagte» und soll Sch. hierbei dcm Nachlwachier Widerstand geleistet haben. Durch die heutige Beweisaufnahme wurde sesigeslellt, dag Sch. stark bctrniile» gewesen fit. Ucbrigens bestreitet derselbe ganz entschieden, daß er sich eines Messers bedient habe, wie er denn überhaupt seine Handlungsweise nur als einen schlechten Witz darzustcllcn beliebt. Die königl. Staatsanwaltschaft hielt die Anklage aus versuchte räuberische Erpressung nicht ausrecht.sand aber dasureineichwereBedrodung sür crwiescn,währc»ddicVerlheld>gu:ig in dem Gebühren Schmidt'» nur einen, allerdings hochgradigen groben Unfug erblickte. Im letzteren Sinne gaben auch tue Herren Ge schworenen ihren Wahrspruch ab und es wurde hiernach der An- geklagte zu 6 Wochen Haft verurtheilt, die als verbüßt zu bettachten sind. Von der Anklage deS Widerstandes ersolgte Freisprechung. Oeffenll. Verhandlungen derZtadtverordneten v«m 14. «ai 1ZL«.*> (Aus Grund des Protokoll» bearbeitet und milgelheili.) Tie von 47 Stadloerordnelen, dcm Herrn Bürgermeister Justiz, roth llr. Tründlin, sowie von den Herren Stadlrnlhen Heßler, Walter und Esche besuchte Sitzung erüffneie der Vorsitzende, Herr Vorsteher Justtzraih I)r. Schill, durch Mitthciiung folgender Rtgistranden-Eingängr: l». Miltheilung des Rathcs über die Schenkung eines Bildes der Nonnenmühlc seitens des bisherigen Pächters derselben. Das Bild liegt aus. -) Eiugegaugeu bei der Redactio» am SO. Mai.
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