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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 02.11.1890
- Erscheinungsdatum
- 1890-11-02
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-189011022
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18901102
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18901102
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1890
- Monat1890-11
- Tag1890-11-02
- Monat1890-11
- Jahr1890
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 02.11.1890
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8. Kkiliie W FeiWM TUM md AiMi Nr M. Lmlq den 2. Wmbn 18S«. Fürst Bismarck «nd die badischen Vationallideralen. * AuS Karlsruhe wird den »Hamburger Nachrichten" geschrieben: ES scheint i» manche» -reisen »in gewisse- Aufsehen zu erregen, daß bet dem jüngsten Feste, welche- die NattonaUiberalen in Karlsruhe zu Ehren Moltke» veranstalteten, auch Fürst Bis marck in so hervorragender Weise geseiert worden ist. Gestatten Sie daher, Ihnen zur näheren Erläuterung dieses Umstande» Folgende- z» bemerken: ES ist im Allgemeinen in unserm Lande nicht Sitte, viel Per sonenkult»» z» treiben. Di« politischen Kämpft und Zerwürfnisse, die seit langen Jahrzehnten in Baden schärfer al- anderwärts ge- ivütyet haben, brachten eS im Lause der Zeit zu Wege, daü man sich daran gewöhnte, die Persönlichkeit mehr von der Sache z» trennen und dieser letzteren allein die größere Aufmerksamkeit zuzu wenden. Bon diesem Gesichtspunkte aus pflegen auch die badischen Nationalliberalen die Dinge im Landtage und noch mehr die Vorgänge im Reich zu betrachten. Sie haben mit tiefem Weh im Herzen den greisen Kaiser Wilhelm aus dieser Welt scheiden sehen, und haben ebenso aufrichtig den leider allzu frühen Tod des edlen Kaisers Friedrich betrauert. Aber sie haben doch einen schönen Trost in der Thatsache finden können, daß des neuen Kaiserreiches Herr lichkeit unerschütterlich und fest gegründet dasteht und daß cs keinem Feind je wieder einsallen dürfe, den Südwesten des Reiches zum Sptelball seiner Laune zu machen. Diese Zuversicht gründete sich in erster Linie darauf, daß der jugendliche Hohenzollernsürst mit fester Hand die Zügel der Regierung ergriff und daß die treueste» Paladine deS hochseligen Kaisers, vorAÜcm FürstBismarck und GrasMoltke, ihm mit den reichen Schatz ihrer Erfahrung zurSeite standen. Die national, liberal» Partei Badens, die ihr engeres Vaterland in einem Zeitraum von dreißig Jahren, unbekümmert um den Zwist und Hader anderer Parteien, durch treue Unterstützung der Regierung zu einem blühenden und wohlgeordneten Staatswesen emporhebe» half, blickte auch mit Stolz und Freude aus den Aufschwung der Verhältnisse im Reiche, der unter der Führung deS gewaltigen Kanzlers sowohl aus dem inneren, wie aus dem äußeren Gebiete überall glänzend hervortrat, und sie mußte deshalb ties erschüttert darüber sei», daß jener Mann plötzlich und ohne erklärliche» Grund sllr uns von der Leitung der ReichSgeschäste zurückzutreten sich genöthigt sab. Auch hier bedauerten die Nationalliberalen dies Ereignis in eriter Linie der Sache wegen, weil dem jungen Neichsschifs damit plötzlich der altersahrene und im Sturm erprobte Steuermann genommen worden war, und das zu einer Zeit, als er gerade dabet war, die letzten Klippen zu um schiffe», alS er das Werk, dem seine ganze Lebensausgabe gewidmet war, durch eine Ordnung und Ausgleichung der inneren Berhältnisse in glorreicher Weise, wie er begonnen, auch zur» Abschluß bringen wollte. Nun, das sollte ihm leider nicht vergönnt sei», und mau wird sich in das Unvermeidliche zu fügen haben, wenn nicht die Vorsehung durch unerwartete und vielleicht unerwünschte Errig niffe es anders fügt. Aber geradezu unverständlich muß eS unS hier in Baden erscheinen, daß derselbe Mann, der noch vor wenig Monaten der Heros seines Volkes war und von Kaisern und Fürsten ausgezeichnet und geehrt wurde, wie Niemand je zuvor, daß der nun plötzlich wie von der Erdoberfläche verschwunden betrachtet werden soll, ja, daß man nicht mehr der Geschichte ibr Recht lassen, sondern verschweigen soll, wer der wirkliche Schöpfer der Größe und Macht des neuen Kaiserreichs gewesen ist und waS ihm das deutsche Volk, WaS ganz Europa ihm zu danken hat. Nein, wir Badener denken anders. Wir werden eS nicht zugeben, daß der erste und größte deutsch« Mann an den vornehmsten Tugenden eines Volke-, der Dankbarkeit und Gerechtigkeit, »Weiseln soll. Für unS bleibt Fürst Bismarck genau der selbe, der er vor dem 18. März d. I. gewesen ist, und wir werden unS das Recht nicht nehmen lassen, ihn zu bewundern und zu feiern, wo sich uns die Gelegenheit dazu bietet. DaS führende Organ der badischen Nationallibe raten, die „Badische LandeSzeitung', hat schon vor Kurzem dieser innigen Ueberseugung unserer Partei mit der offenen Erklärung Ausdruck gegeben: „Die Verabschiedung deS Fürsten BiSniarck se ein höchst beoauerlicheS Ereignis für unser politisches Leben gewesen und e< sei bisher nichts geschehen, waS diese ihre Anschauung in irgend eiuer Weise al- eine irrige hätte erscheinen lassen können Ta- ist nicht allein die Meinung de- leitenden Blatte-, sondern die der ganzen Partei, und wer daran noch hätte zweifeln wollen, dem würde die Festrede, welche einer der Führer unserer Partei. LandgerichtSdirector Fieser, bei der längsten Moltkeseier aus den Fürsten Bi-marck gehalten hat, wohl eine« Besseren belehren. Diese Worte sind der Ausdruck der Gesinnung unserer ganzen Partei und sie verdienen, hier ausführlicher wiedergegeben zu werden. Der Redner sagte: „Wenn heute au- Tausend und Abertausend Herzen dem Feld marschall Moltke Dank entgegengebracht würde, wenn alle Fahnen der Berliner Regimenter in die Wohnung Moltke's getragen würden und der Kaiser und die Fürsten ihm ihre hohen «Sympathien ent- gegenbringen, Einer fehle doch im festlichen Lortege, der Genius Deutschland-, wie ihn Moltke in einer Ansprache einst genannt Fürst Bismarck I Er wolle keinen Mißten in die Gesellschaft bringen, aber Wahrheit sei «S, daß Fürst Bismarck von seinem weltgeschicht lichen Posten zurückgetreten sei mit Bitterkeit im Herzen. Angcnagt vom Zahn der Verleumdung verschiedener Parteien, säße der groye Mann, der Deutschland, gestützt aus seinen Zeit und Verhältnisse richtig erfassenden Kaiser Wilhelm I., groß und einig gemacht, heute einsam und allein in Barzin. Doch überall, wo heute deutsche Männer den Grafen Moltke feierten, da werde auch er genannt, er, Bismarck, der Staatsmann, der Einzige, der als solcher von sich sagen könne, daß ihm die Feder nicht verdorben, waS das Schwert gut gemacht. Er bedauere den Moment der Verblendung, der die Verdienste eine- Mannes, wie dieser, von gewissen Seiten bemäkle und benörgle, aber er hoffe, daß die Nation nie den Namen de- Fürsten Bismarck vergesse. (Stürmischer Beifall.) Mit fließender Rhetorik erinnerte Redner an die Ereignisse in den 40er Jahren, wie damals sich die Sehnsucht nach einem einigen Deutschen Reiche kund gegeben. Die Uneinigkeit der Nation und der Fürsten, ja der Fürst selbst, der damals auf dem preußischen Throne gesessen, hätten jene Hoffnungen zerstört. Die heiß ersehnte Einigung sei erst durch Kaiser Wilhelm I., BiSmarck und Moltke herbeigesührt worden. Kaiser Wilhelm l. habe seine Zeit verstanden und in Bismarck den Mann erkannt, der allein fähig war, ihm zum Ziele zu verhelfen und Das zu erreichen, was heute da sei. BiSmarck Hobe keine Siege, wie Königgrätz und Sedan, zu verzeichnen, aber waS er als Diplomat erreicht, sei das Höchste gewesen, was je zu erreichen möglich war. Der Präpotenz eines Napoleon I. hätte nur ein Kaiser Wilhelm I. und sein kühner Staatsmann BiSmarck ein Ende machen können. An der Hand der jüngsten geschichtlichen Ereignisse zeigt Redner in klarer Weise, wie der kühne Geist, die Idee zur Schaffung der Größe Deutschlands im Kopfe BiSmarck'- entstanden, wie Holstein die erste Veranlassung geboten, da- Werk zu beginnen, wie er mit dem Klein- taatrnthum gebrochen. Er habe erkannt, daß die Kiinpse zwischen Preußen, Deutschland und Oesterreich hätten auSgekämpft werden müssen, um Deutschland von jenem unglückseligen Duali-muS zu befreien und zu einigen. Keiner, wie er, habe e« verstanden, damal» die Russen und Franzosen srrn zu halten, er Hab» auch längst vorau-- lewußt, daß ohne Kampf mlt Frankreich in Deutschland keine rinigkeit zu erzielen sei. (Lebhafte Zsrimmung.) Redner erinnert in beredten Worten an die Schutz- und Trutzbündnisse, durch welche eS möglich geworden, Deutschlands Stellung zu sichern und zu er- halten. Allerdings hätten wir, wie Moltke gesagt, hierdurch an Liebe nicht- gewonnen, aber wir seien gegen den äußern Hag ge wappnet. Er, Bismarck, habe mit Moltke da- Deutsche Reich ge- chaffen und bi- heute vor den Rachegelüsten der Franzosen bewahrt, ihm verdanke Deutschland, ja ganz Europa den Frieden. BiSmarck habe auch den Parlicularismus siegreich überwunden, aber eS gebe leider noch genug Leute, die ihn pflegten und morgen könne man im Festhallcsaale auch von gewissen Leuten (Katholikenversammlung) zu hören bekommen, daß sie die besten Patrioten und die besten Kutschen Männer (! ?> wären. Fürst BiSniarck habe eS verstanden, jederzeit das Richtige zu treffen, und so sei eS ihm auch zu danken, daß er die Bestrebungen jener Leute gleich recht erkannt und seine Maßnahmen darnach eingerichtet habe. Mit der ganzen Wucht einer Persönlichkeit habe er sich auch hineingeworsen in den Kamps ,egen die Umsturzpartci (stürmischer Beifall). Ihm sei eS gelungen, ft machtvoll zurückzudrängen, nachdem er den Socialdemokraten init der Einführung des allgemeinen gleichen und unmittelbaren Wahl recht- und mit der Anbahnung der socialen Rcsvrinbestrebnnaen ihre Waffen genommen und sie zwang, sich auf den Boden de- Staates zu stellen. So sehe also Jeder den Fü stcn BiSmarck als den leitenden Genius Deutschlands in allen Verhältnissen. Er war eS, der nach den großen Siegen von 1866 und 1870 71 zu jeder Zeit für Alles den richtigen Blick gehabt und vor Allem das und nur das gethan habe, was die Möglichkeit eine- dauernden Friedens schaffen konnte. So habe er der deutschen Nation die Segnungen einer LOjühriaen friedlichen Entwickelung bereitet, aber er habe dabei dach AlleS gethan und dem Volke Alle- gewährt, — »nd er sage da» nicht nur als Liberaler, sondern auch alS Süddeutscher und als Badener — waS es vernünftiger Weise verlangen konnte (minutenlanger an haltender Beifall). Dclialb dürse Vas deutsche Volk, wenn eS den greisen Feldmarschall Moltke feiere, auch de» Fürsten Bismarck nie und nimmermehr vergessen. Auf der Brücke des stolzen Schiffe- „Germania" stehe der jugend liche Kaiser, am Steuer ein Mann, der als Soldat tüchtig, auch als Staatsmann schon schöne Erfolge erzielt; ob er aber das Schiff durch die Fluth der dochgehendcn Wogen leiten könne, müsse erst die Zukunst zeigen. Der Kaiser habe ja selbst gesagt: der CurS bleibe derselbe, also verdanken wir ihm auch noch dies; ihm, dem großen Maune, dem eisernen Kanzler, der Deutschlands Größe ge- schassen, dem Fürsten BiSmarck gelte sein Hoch!" Nicht enden wollender Jubel folgte der ausgezeichneten, vom Feuer tieser, inniger Empfindung und vaterländischen Geister ge tragenen Rede und die Versammlung sandte daraus unter erneuetem Jubel ei» Telegramm an Se. Durchlaucht ab. So die Zuschrift. Daß eS gerade die nationalliberalrn Kreise des GroßberzogthuniS Baden sind, au- denen diese Lkundgebungen erfolgen, verleiht ihnen ein erhöhte- Interesse Kunst - Gewerbe - Museum. * Neu ausgestellt ist «ine Throler reichgezierte Baurrnbett- stelle. DaS Gestell besteht au? den einfache», auch bei uns üblichen Holztheilen. Das Kopfstück endigt ebenso wie das Fußstück in ge- schweiften Linien, ist aber um «in gut Theil höher als da- Letztere. Mit der Kopfseite stand das Bett an der Wand; diese Außenseite ist deshalb nicht weiter berücksichtigt. Im klebrigen sind die sicht baren Flächen durch ein flach eingeschniltcneS Ornament geziert. Ter Grund desselben war ursprünglich roth gefärbt, wovon noch Spuren übrig geblieben sind. Die Zeit, in welcher diese Arbeit ge fertigt ist, läßt sich schwer angeben, da die angewandten Formen sehr eigenartig sind. gel ist, wie die „Dre-dncr königl. Finanzwachsections- die Spur gekommen. Der in Schönau bei HainSpach lange Jahre auf rafsimrtc Vermischtes. — In dem Gemeindeprvtokoll de- Städtchen-Hechingen soll sich ein fürstliches AuSschrciben vom 18. Februar 1725 eingetragen befunden haben, wodurch jedem Landmann, der einen Kobold, eine Nixe oder andere dergleichen Gespenster sangen und lebendig oder tott einliefern würde, eine Belob- nung von 5 fl. versprochen wird. Diese Belohnung sollte der Gcspcnsterjäger beim Oberstjägcrmeister in Empfang nehmen. --- Einem großen Schmu Nachrichten schreiben, der kaiscr lciter Krasa in Tel sehen auf Knopsfabrikant Laurenz Müller betrieb diesen Schmuggel durch Art. Die Waaren wurden nämlich per Eisenbahn und Post an sächsische Bewohner oder bahn- und postlagernd in Sachsen angewiesen, von diesen Orten Uber die Grenze geschmuggelt und in die Fabrik de- Genannten in der Nacht eingebrackit Der SectionSlcitcr fand bei der Hausdurchsuchung bedeuten de- Material vor und ließ ans den Grundbesitz de- Müller einen Betrag von 100 000 st. sicherstellcn. --- Die „Kölnische Zeitung" entnimmt einer Pariser Eheschließung«- und EbcscheidungSstatistik folgende Angaben: Die meisten Männer in Pari-verbcirathen sich im Alter von 25 und 26 Jahren, die Frauen im Alter von 22 oder, merkwürdigerweise 27 Jabren. Bis in- 40. Jahr ver heirathen sich die geschiedenen Männer mit großer Leidenschaft; gar viele auch noch al- Fünfziger und einige wenige auch als Sechziger. Bei den geschiedenen Frauen schließt die Hoff nung auf einen neuen Bund gemeiniglich mit ihrem 40. Jahr ab. lieber diese Grenze hinan- sind die Ausnahmen von der Regel sebr vereinzelt, obgleich innerhalb eine« Jahre« drei Fälle festzustellen sind, wo geschiedene Frauen im Alter von mindestens 66 Jahren noch Gegenliebe fanden. Die meisten Männer lassen sich im Aller von 80—31 Jahren scheiden, die meisten Frauen dagegen im Alter von 35—39 Jahren — AuS Gent, 29. Octobrr, wird gemeldet: Die nahe Gemeind» Gentbrügge bot gestern dar seltene Schau spiel einer Menschenjagd. Tie Polizei hatte in Erfahrung gebracht, daß ein belgischer Deserteur; der sich drri vochn, in hiesiger Gegend ulnbcrgetrieben, in einem Hanse der Straße Van Orst in Gentbrügae »in Unterkommen gefunden habe, und begab sich daher gestern Morgen dorthin, um den Flüchtling zu verhaften. Dieser hatte jedoch Lunte gerochen und floh beim Herannahen der Häscher auf das Dach de« Hauses, welche- inmitten einer Reihe ganz gleich- artiger Gebäude liegt, so daß e- dem Deserteur ein Leichte- war, von einem Dach aus das andere zu springen. Die Verfolger besetzten die Eingänge de« Hauses in der Erwartung, dasi der Flüchtling sich schließlich ergeben und von seiner Höh« hrrunlersteigen werde. Mittags trug ein Mann au- dem Innern de- Hause» dem Soldaten ein Mittagsmahl und kurz nachher, alt es zu regnen begann, einen Schirm hinauf. Selbstverständlich hatte sich inzwischen aus der Straße eine Menge Zuschauer angesammelt, die »ine derartige drohende Haltung annahm, daß wettere acht Gendarmen zur Aufrechthaltung der Ordnung herangezogen werde» mußten. Des Neckens der Meng« und des eia Zeitungsblatt tn der Hand ruhig aus dem Dach» sitzenden Deserteur- überdrüssig, lehnte die Polizei endlich eine Leiter an da- HauS, auf welcher ei» Gendarm sich hinaufwagte. Zwar versuchte der Deserteur, letztere umzuwersen, aber es gelang ihm nicht, und bald stand der Wächter de- Gesetzes mit seinem Carabiner dem Flüchtling gegenüber, der nun von einem Dach aus das andere floh und sich schließlich an einen Kamin sesiklainmerte. Inzwischen war jedoch ein zweiter Gendarin hinaufgesiiege», dem eS mit Hilfe seines Genossen gelang, den Flüchtling dingfest zu machen und durch eine durch Wegräumung mehrerer Dachziegel hergestellte Oeffnung nach unten zu befördern. Als die Gendarmen mit dem Gefangenen draußen erschienen, wurden sie von der Menge ausgeschrieen und mit Steinen beworfen, al- es ihnen aber trotzdem gelang, mit dem Deserteur in einen Wagen zu steige», wuchs die Wulh der rohen Masse aus« Höchste. Tie Fenster de- liiiaaen- wurden zertrümmert und die Polizisten wie die Gendarmen durch Steinwünc verletzt. Bor dem Eingang der hiesigen Stadt sahen sich die Gendarme» gezwungen mehrere Schüsse auf ihre Verfolger abzugebe», wobei ein Schultind, ein Lehrling und zwei erwachten» Personen verwundet wurden Der Deserteur wurde im hiesigen ZcllengesLngniß untergebracht. - Vor Kurzem wurde in der „Kölnischen Zeitung" aus die von der „Moskauischen Zeitung" geschilderten Versuche einer A»S- breitung des griechischen Glauben- tn der deutschen ReichShauplstabt hingewiesen. Die Miltheilung, daß ehemalige preußische Ossiciere, ein Baumeister mit seiner gelammten Familie re. zur griechischen Kirche übergetreten seien, wurde von einigen Berliner Blätter» in Zweifel gezogen. Nun aber veröffentlicht das amtliche Blatt der russischen Regierung, der RegierungS-Anzeiger (Skr. 217 vom 17^5. Oktober) einen Bericht aus Berlin, in dem auS- fübrlich von dem Uebertritt eines sechsundvierzigjährigen ver> abschiedeten preußischen Lieutenants Wilhelm Gehken zur griechischen Kirche berichtet wird. Man erfährt au ßer amtlichen Mittheilung, daß Gehken bereits seit dem März dieses JahrcS als Hilfslehrer bei der Unterweisung der griechisch- orthodoxen Kinder der Potsdamer russischen (übrigens völlig deutsch gewordenen) Colonisten mitwirkt und daß er nun als Psalmen- sänger an der russischen Kirche in Potsdam angestelli worden ist Am 8. October wurde Gehken feierlich in dieses Amt cingesührt. Der russische BotschastSpriestcr Maltzew hielt vor Beginn deS Gottes dienstes eine Ansprache, in der er sich zunächst eines ihm vom Metropoliten von Petersburg, Isidor, ertheilten Aufträge- entledigte. Namen- diese« höchsten Würdenträger- der griechisch-russischen Kirche überbrachte BolschaslSpriesler Maltzew Herrn Gehken den Segen de« Metropoliten für seine nützliche und fruchtbare Lhätigkeit zu Gunsten der orthodoxe» Kirche und insbesondere für seine eifrige Mtwirkung an der Bearbeitung der deutschen Ausgabe der „Göttlichen Liturgie". Ferner wurde verkündet, dasi der Metropolit Herrn Gehken in den Elcrus der Potsdamer Kirche ausnehme und ihm ein Chorgewand verleihe, womit Gehken sofort bekleidet wurde. Nach dieser An sprach» vollzog Gehken den Gottesdienst und hielt eine deutsche Predigt über Johann den Theologen, die tiefen Eindruck hervor- gerufen haben soll. Hinfort wird Gehken stet- den bi; jetzt zwölf- mal jährlich slattfindcn Gottesdienst in der russischen Kirche zu Potsdam leiten; der RegierungS-Anzeiger spricht aber die Hoffnung aus, daß dem genannten Priester baldigst die Mittel geboten werden möchten, an allen Sonn- und Festtagen amtlich thäitg sein zu können. Eine allgemeinere Bedeutung haben derartige vereinzelte Sonderlichkeiten natürlich nicht. — Petersburg, 25. October. Auf seinem bei PleSkau gelegenen Landaute ist gestern der au-gczeichnete russische Goethe, und Lcssing-Uebcrsetzer Alexander Jachontow im Alter von 70 Jahren gestorben. Im Lyceum von Zar-koje Selo, wo einst auch Puschkin erzogen wurde, erbielt er seine erste Ausbildung und hier begann er bereits Lcssing' „Emilia Galotti" und einige Stücke von Goetbc'S „Faust in- Russische zu übertragen. Später trat er in de» Staats dienst, war dann viele Jahre Gymnastaldirector in PleSkau und endlich KrciSadelSmarschall. AuS den fünfziger und sechziger Jahren stammen seine als vorzüglich anerkannten Ucbersctzungen von Goetbc'S „Iphigenie" und „Tasso", sowie von verschiedenen Dichtungen Schiller'S, Lessing's und Heine'S. WaS seine eigene dichterische Dbätigkcit betrifft, so stand Jachontow ganz im Banne Nekrassow'S. — Eine andere russische Berühmtheit, deren Name auch von den deutschen EonvcrsationS-Lexika verzeichnet wird, ist ebenfalls i» diesen Tagen gestorben: das Ehrenmitglied der Petersburger Akademie der Wissenschaften, Peter v. Tschichatsckcw (gcb. 1812, gest. 13. October zu Florenz), der sich namentlich »in die gcognostische und botanische Erforschung Kleinasiens Verdienste erworben hat. Bo» seinen Schriften babcn be sonderen Werth seine „Reise im Altai" (1845) und sein acht bändiges Werk über „Kleinasien" (1853—68). Er war auch Mitglied der Akademien der Wissenschaften von Berlin und München. — Militairischer Gewissen-biß. In den October- tagcn deS JahrcS 1813 hatte auch die Kirche zu Zuckel- bauscn, welche erst 179l unter großen Opfern der Gemeinde renovirt worden war, außerordentlich gelitten. ES mußte später Alles wieder neu angeschasit werden. Unter Anderm hatte rin französischer Ossicicr den Auftrag gegeben, die hölzernen Pfeifen der Orgel herauSzunebme» und ;»m Wach- fener zu benutzen. Um si> merkwürdiger ist dabcr die Art der Neue, welche dieser Ossicicr später deshalb an den Tag legte, indem er zwei Thaler einschicktc mit der rcumüthiaen Bitte, das Geld als Ersatz für die verbrannten Orgelpfeifen annehmen zu wollen. Ei» ähnlicher Fall kam im dreißig jährigen Kriege in Stötteritz vor. wo ein schwedischer Ouar- tiermeisier wegeu Beraubung der Kirche al- Entschädigung ünf Tbalcr schickte, nachdem dir Schweden schon einige Tage abgezogen waren. Literatur. Da- vom Hanptman» Lebnert bearbeitete, schon t» fünf Aus lagen verbreitete Handbuch sür den Trudpenfübrer hatte nach der kürzlich erfolgten Herau-gabe der wichttasten Dienstvorschriften ein« umsaffend« Umarbeitung nöthig, die der Verfasser in der soeben bei E. S. Mittler St. Sohn, Königliche Hosbuckihandtung tn Berlin, Kochstrab« 68-70, erschienenen »enen, sechsten Auslage zugleich zu einer wesentlichen Bereicherung de« Werke» zu gestalten gewußt hat. DaS jetzt aus da» Doppelte de- bisherigen Umsange- vennehrte „Handbuch'' enthält neu eine große Menge aus die Ver bindungen der Eommandvbehörden und Truppen, aus Aufklärung«, beseht», auf Vorposten, Unterkunft und Verpflegung bezüglich« Notizen, die zugleich in besondere Abschnitte übersichtlich zusammen- >eordnet sind. Die Fortentwickelung de» Inhalts ist «ne so all- eitige, daß man diese Sammlung des Wissenswerthrn in der Lruppensührung jetzt al» rin kurzes Handbuch der Taktik, ja wegen einer eigenartigen Anlage, seines scharspräcisirten Inhalts, als einen chnellcn und sicheren Berather de- OsficierS für Krieg und Manö ver, bet Generalstabs- und Uebungsreisen, beim KriegSsptei und den verschiedenartigsten Wintrrorbeiten bezeichnen darf. Da- Novemberhest der von Paul Lindau heran-gegebrnen, tm Verlage der Schlesischen Vuchdruckeret, Kunst- und Ver- tagSanstalt, vormals S. Schottlaender (A-G.) in Breslau erscheinenden Monattschrtst „Nord und Süd" wird durch eine prächtige Novelle von Eduard Engel in Berlin eröffnet. Sie spielt in Ncu-Gricchenland, da« der Verfasser, wie sein Buch „Griechische Frühlingstage" beweist, gründlich kennen gelernt hat. — ES folgt Albert Traeger, dessen Portrait dem Hefte beigegeben ist, mit einigen ties einpsundenen Gedichten „Am Meer". — Wetrkamp tu Breslau chlägt tn einem, mit großer Sachkenntntß geschriebenen Aufsatz „über Schulreformen tm Ausland» und ihre Bedeutung für uns", ein gerade unsere Zeit ganz besonder» lebhaft tnteressirendeS Thema an. — G. Diercks in Berlin unlerziebt die Bedeutung Helgolands sür da» Leutsche Reich einer eingehenden Untersuchung. — Ter schwedische Schriftsteller Ota Hanssvn entwirft rin äußerst interessante- Bild von dem Leben und Schaffen de» dänischen Dichters I. P. Jakodsen. — In die finsterste Zeit de« Mittelalter« versetzt uns Fridolin Hoffman» tn Köln mit seinem aus gründlichsten Studien süßenden Aussatz: „Zur Geschichte der Inquisition im Languedoc im 13. und 14. Jahr- hundert." — Eine knappe, spannend geschriebene Novelle: „Der Eumeniden Macht" von Julius Gesellbosen bildet den Schluß der größeren Beiträge. Ihnen folgen, wie gewöhnlich, zahlreiche, von kundiger und sachverständiger Hand verfaßte Besprechungen der neueste» Erscheinungen des Büchermarkt-, Für die diesjährige Weihnachtszeit wird unsern Lesern ein prak- lischer Führer bei den WeihnachtS-Einkäusen geboten, wie die- noch selten der Fall war. Im Verlage von Paul Neff in Stuttgart erscheint soeben ein reich illustrirter Stuttgarter Weihnacht»- katalog, der aus circa 200 Quart-Seiten ei» Berzeichniß der vor züglichsten Werke sür den Weihnachtstisch enthält. Der Katalog, an und sür sich schon ein prachtvolle» Bilderbuch, bringt nur Gute« und Schöne», ja, man kann sagen, nur Vortreffliches; die ge diegensten, von den ersten Schriftstellern und Künstlern geschaffenen Werke hoben darin eine Stelle gesunden. An der Hand dieses an Fülle und Mannigfaltigkeit der Gaben unübertroffenen Weihnckchts- katalogS kann Jedermann sür jedes Alter und sür jeden Geschmack Festgeschenke auswählcn, durch die er sich und dem Beschenkten große, dauernde Freude bereitet. Für die reiche AuSwabl, die dieser mit etwa 400 großen und kleinen Abbildungen geschmückte Katalog bietet, bürgt der Ruf der darin vertretenen Firmen: Union, Deutsche BerlagSgesellschast, I. G. Cotta'sche Buchhandlung, Deutsche BerlagSanstciit, Ad. Bonz L Comp., I. Ebner'sche Buch- Handlung, Ebner L Seubert, I. Engelhorn, Evangelische Gemein schaft, K. F. Glaesscr, G. I. Göschcn'iche Verlag-Handlung, Greincr H. Pfeiffer, Alb. Heitz, E. Hoffmann'sche Verlagsbuchhandlung, Jul. Hoffman», Alb. Koch, W. Kohlhammer, Carl »trabbe, Felix KraiS, Jos. Kürschner'-; Selbstverlag, H. Laupp'sche Buchhandlung, Levy SL Müller, F. Loewe, I. B Metzter'sche Verlagsbuchhandlung, Paul Neff, W. Nitzschke, Rieger'sche Verlagsbuchhandlung, Schickhardt Sc Ebner, Schmidt L Spring, K Thienemann'S Verlag, Süddeutsche VerlagSbuchbandlung, Süddeutsches Verlags-Institut, Gustav Weise, A. Zimmer'« Verlag, G. A. Zumsleeg. Der Katalog kann durch jede Buchhandlung für 1 ,-l, am bequemsten gegen Einsendung des Betrag» in Briefmarken bezogen werden. Gelüstete via-krn. Allerlei Tharakterköpse von M. G. Conrad. (Leipzig, Verlag von Wilhelm Friedrich, K. R. Hosbuchhandler.) Bericht kter »tr Arequenz im Asyl sür männliche Obdachlose, Thalstraße Nr. 28. In der Zeit vom 25. October bi» 1. November 1890. Nacht vom Borge« sprochen Ausge- noinmen Zurück gewiesen 25.Oct. zum 26. Oct. 39 38 1 26. - » 27. - 51 50 I 27. . » 28. » 43 43 — 28. . » 29. « 37 34 3 2!». . . 42 42 — 30. - - 3t. - 50 47 3 81. . » 1. Nov 37 3? 299 291 8 Bericht über dt« Kreanenz im Asyl sür weiblich« Obdachlose Friedrichstraße Nr. 17. In der Zeit vom Vorae- Iprocyen Ausge nommen Zurück gewiesen I. di- 31. Oktober 1890 7« 76 — Ich hatte Gelegenheit, einen großen Posten Ooi»rv«iL«i» spottbillig "WG einznkaufen, und offerier davon zu nachstehenden Preisen: Saqueltes S 4« Mk ! klsgsnle Visiles u. pslolot» Näckei- !» «N> - ! M Einen Posten I Meter nur t fVIK. Grimm. Stemmeg 3, 6^1*1 Grimm. Steinmeg 2.
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