Suche löschen...
Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 13.09.1890
- Erscheinungsdatum
- 1890-09-13
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-189009139
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18900913
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18900913
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1890
- Monat1890-09
- Tag1890-09-13
- Monat1890-09
- Jahr1890
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 13.09.1890
- Autor
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Erscheint täglich früh 6'/, Uhr. Neßirtlon und Expedition JohanneSqassr 8. Lprechkunden -rr Nrdartion: vormittag» 10—12 Uhr. Nachmittag» 6—6 Uhr. FIr tt« «Ilckp-d« ein,rl-ndtrr «»u»<cr>»t, «ich» sich t>« Vtedacti»» nicht »«rtmdUch. Annahme »er für tzte nS»ftf,I,en»e Numuicr hefttmmtr« Inserate 1» Wochentage« hi» 3 Uhr Nachmittag«» an Saun- un» -rstta,eu früh »i»'/,» Uhr. In -rn Filialen für Ins.-^nnahmr: Otto Klemm« Lartt«. tAlsred Haha). Uviveenistsstraße 1, Laut« Lösche, Kat-artueustt. 14 patt. undKöuitzlplatz7, nur bi» /.8 Uhr. tWMr.TWMM Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- und Geschäftsverkehr. NdonnementAhereiD vierteljährlich 4»/, Mt. tncl. vringkrloh« 6 Mt., darch di» bezog»« 8 Mt Jede einzeln« Nummer 20 Pi Belegeremplar 10 Pf. Gebübrr» für Extrabeil aaen (in Lageblatt-,Format gesalzt' «HN« PoskdeiSrderuiig SO Mt. «tt Poftbeforderaag 70 Mt. Inserate Saespaltene Prtitzeile SO Ps. Größere Schttften laut m>s. Preis»,rzelchniq. Labellattlcheru. Ztffrrnsatz nach höherm Tarif. Ueclantea mttar b»mNrb»ktto»«ftrtch di» «arlpalt. A»il«50Pt.,vord«,Famttt» «nach richten tt« S-efpalten« Zeile 40 M. gafarai, sind St« au dl, chIrdUi«« »u seade». — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung praanmoeraväo oder durch Post- aachnahme. WS. Tonnabend dm 13. September 1890. 84. Jahrgang. Zur gefälligen Beachtung. Unsere Erpedition ist morgen Sonntag, den 14. September, Vormittags nur bis V«V Uhr geöffnet. IUxpeüMou <les 1-vlpriixer ^uxedlatte«. Amtliche Bekanntmachungen. Bekanntmachung, die Anmeld«og zum evangelisch lut-erifchen Eon- sirmanven-Unterrtcht betreffend. Dir Eltern derjenigen Kinder, welche in dem kommenden Winter evangelisch-lutherischen Confirmandrn-Uutrrrichl ent gangen sollen, vez. deren Stellvertreter, werden hiermit er- ucht, die Anmeldung der Confirmanden bei den zum Con- irmanden-Unterricht berechtigten Geistlichen tu der Zeit vom 23. bt» rum 37. September d. I. und zwar wenn möglich persönlich, unter Zuführung des Kindes, andernfalls schriftlich bewirken zu wollen. Persönliche Anmeldungen werden von den Geistlichen an den Wochentagen Nachmittags zwischen äl und tt Uhr in ihren Wohnungen entgegengenommrn. Die Wabl deS Geistlichen steht den Eltern frei. Doch sind die Geistlichen gebunden, bei der Annahme von Confir- manden die zulässige Zahl nicht zu überschreiten. Diejenigen Confirmanden, welche bei keinem bestimmten Geistlichen angemeldet und zur Annahme gelangt sind, werden dem Pfarrer deS Kirchspiels, in welchem sie wohnen» mit dem Ersuchen zugewiesen werden, für ihre Aufnahme bei einem Geistlichen deS Kirchspiels Sorge zu tragen Löhne und Töchter, welche aufferhalo wohnen, bedürfen zur Ausnahme in den Confirmanden-Unterrickt einer von den Eltern zuvor zu erbittend»» Genehmigungs-Bescheinigung ihres heimathlichen Pfarrer«. Zur Entgegennahme von Eonfirmandeu-Lnmrldungrn sind bereit und berechtigt: I bei St. Thoenär 1) Superintendent und Pfarrer v. Pank, ThomaS- kirchhof 22. 2) ArchidiakonuS l)r. Suppe, Burgstraße 1. 3) Erster Diakonu» und Divisionöprrdiger lüo. Vr. von Erregern, Gottschedstraße 6, III. 4) Zweiter Diakonu» vr. Krömer, Burgstraße 3. II bei St. Nicolai r 1) Pfarrer V. Hölscher, Nicolaikirchhof 3, I. 2) ArchidiakonuS vr. Binkau, Nicolaiktrchbof 3, II. 8) Erster Diakonu« Schuch, Nicolaikirchbof 3, HI. 4) Zweiter Diakonu« Ebrling, Ntcolainrchhof 3, II. Ül. bei St. Matthäi r 1) Pfarrer P. Kaiser (in der Küster« der Matthäikirchr). 2) ArchidiakonuS Pesch eck, An der Pleiße 9 g. 3) Erster DiakonuS vr. Kühn, Leibnizstraße 4, II. 4) Zweiter DiakonuS Fritzsche, Ranstadt. Steinw. 13,111. IV. bei St. Petri: 1) Pfarrer V. Hartung. Albertstraße 38, I. 2) ArchidiakonuS Sell, Albertstraße 38, Ü. 3» Erster DiakonuS Toirme, Albertstraße 38, III. 4) Zweiter Diakonu« Eckardt, Hohe Straße 16, HI. V bei der Lutherkirche: t) Pfarrer H. von Seydewitz (in der Sakristei der Lutherkirche). VI bet der St. Andreasgemeinde: 1) Pfarrer vr. Schumann, Kaiser Wilhelmstraße 23, II. 2) Diakonu« Teichgräber, Kronprinzstraße 23 L, I. VII bet St. Johannis: Pfarrer Tranzschel, Salomonstraße IS. Vlll. bet St. Jacob: Pfarrer Vr. Michaeli«, Thalstraßc 1?. Auf die Confirmanden des Kirchspiel« St. MarcuS in Leipzig-Reudnitz findet diese Bekanntmachung kein« Anwendung. Leipzig, den 20. August 1890. Königliche Superintendent«« I. v. Pank. Wegen Reinigung der Geschäftsräume bleiben Mittwoch, den 17. dfS. Mt«, die «tadtcaffe, dte SttftungSbuchhalteret und die Sportelcaff« 1 geschloffen. Leipzig, den 10. September 1890. Der Rath der Stadt Leipzig. Hehler. Iunck. Gewölbe-Vermiethung. Da« in dem der Stadtgemeinde Leipzig gehörigen. Haus grundstücke ReichSstra-k Nr. 7 rewtS neben dem HauSeingange gelegene DerkaufSgewülbe soll vom I. Oktober d. IS. an gegen rinhalbjährltche Knn- DienStag, den 1«. September d. I., Bormittags II Uhr, auf dem Rathhause, 1. Etage, Zimmer Nr. 8, an den Meistbietenden anderweit vermicthet werden. Ebendaselbst auf dem großen Saal« liegen di« ver miethungS- und BersteigerungSbedingungen, sowie da» In- ventarium des zu vermicthciiden Gewölbe« schon vor dem Termine zur Einsichtnahme au«. Leipzig, den 11. September 1890. Der Rath der Stadt Leipzig. Ia 64 l6. Heßler. Wagner. La« Grundstück, Folium 247 deS Grund« und Hyvolhekenduchs kur die Stadt Leipzig (NeichSstraße Nr. LI), soll aus Antrag der Besitzer öffentlich venteiacrt werden, und die Versteigerung »in 22. Leptembrr diese« Jahre», varmtttag» 11 Uhr, an Unterzeichneter Gettchttslelle, Zimmer Nr. 80, stattfinden. Die BettaufS-Bedtnguugra und ein Auszug au» dem Grund- und Hypothekeubuch« hängen am Gettchttbret« au«. Leipzig, am 22. August 1890. Königliche« Amt«g«richt. Abihetiung V. Srctionl. MauoSfeld. Bekanntmachung, die Verlegung des Poltzeiamte» in da« neue Poltzeigebäude betreffend. Nachdem da« neue Polizeigebäude, Wächter- straffe Nr. 3, soweit fertiggestellt ist, um in Betrieb ge nommen werden zu können, soll von nächstem Montag, dem 18. d«. Mt«, an, mit der Verlegung der Expedi tionen de« Polizriamte« au« den alten Gebäuden am Nasch markt und in der Reichsstraße nach dem neuen Gebäude be gonnen werden, und zwar sollen zunächst die Expeditionen de« Meldeamtes, dann die übrigen Poltzeiexpedt- tionen dahin verlegt werden. Während de« Umzug-, welcher voraussichtlich eine Woche in Anspruch nehmen wird, können nur die dringlichen Sachen expedirt werden. Da« Publicum wird deshalb im eignen Interesse ersucht, Antrag» auf Aus fertigung von Zeugnissen und LegitimatioaSpapieren, wir Pässen, Paß- und Jagdkarten rc., nicht erst zu dem Zeitpunkt, zu dem solche gebraucht werden, sondern womöglich einige Tag» zuvor zu stellen. In dem alten Polizetgrbäude am Nafchmarkt wird für den I. Polizeibezirk (innere Stadt) »in» (Polizei- bezlrkSwache errichtet. Es befindet sich dieselbe im Par terre de« Gebäude« Naschmarkt Nr. 2, die mit derselben ver bundene Bezirksmeldestelle im Parterre de« anstoßenden Gebäude« Naschmarkt Nr. 1. Bei letztgedachter BeztrkSmeldestelle sind die poli zeilichen An- und Abmeldungen, welche sich auf die Be wohnerschaft de« I. Polizeibezirks (innere Stadt) beziehen, zu bewirken. Die An- und Abmeldungen der Meff fremde» hat jedoch wie bisher ausschließlich beim Haupt meldeamte, also nunmehr im neuen Poltzetgebänd« (2. Etage) zu geschehen. Die bisherige Polizeiwache de« V. Poltzeiheztrk« (Härtrlstraffe Nr. 4) wird bereits am nächste« Sonnabend, den 13. d«. Mt«., in da« neue Polizei gebäude verlegt. Die mit dieser Polizeiwache verbundene BeztrkSmeldestelle bleibt auch ferner bestehen und erhält ihr ExpeditionSlocal im Parterre de« neuen PolizeigebLu-.eS (rechter Flügel). Die polizeilichen An- und Abmeldungen, welche den V. Polizcibezirk betreffen, sind nach wie vor bei dieser Bezirksmeldestelle und nicht beim Hauptmeldeaml zu bewirken. Leipzig, am S. September 1890. Da« Polizeiamt der Stadt Leipzig. v. U. 4187. Bretschneider. Bekanntmachung. Die letzt« dieSjährigc Ausgabe von Karten zur Haupt- und Ftltalsynagogr findet Sonntag, 14. Srptcmdrr, vormittag« 1V—12 Uhr, in der Gemetndekanzlei (im Eynagogenqebäude 1 Treppe) statt. Ebendaselbst ist da« vom Rabbiner vr. Goldschmidt heran«, gegeben« Gebetbuch zu haben. Wir bitten, bei Empfangnahme der Karten di« bisherigen Karten und die Gemeindeiteuerquittungen mitzubringrn. Leipzig, 12. September 1890. Der Vorstand der Joraelittschcn SieltgtonSgemrtnde 1» Leipzig Erledigte BnrgermeilterlteUe. Die erledigt« Stelle eines Bürgermeisters für hiesige Stobt soll möglichst sofort auf die Dauer von 6 Jahren mit einem Juristen, welcher die in 8. 84 Abs. 2 der Revidirien Städleordnung zur An nahme eines selbstständigen Richlerainte» bez. zur Ausübung der Advvcatur vorgeschriebene Befähigung besitzen muß, neu besetzt werden. Das Einkommen dieser Stelle beträgt einschließlich des Fixums für Verwaltung des Standesamtes, die Uebcrtraaung der letzteren aus den zu Wählenden vorausgesetzt, jährlich 4000 .4l, wobei de- merkt wird, daß derselbe als Vorsitzender hiesiger Sparcasse «ine Caution von IOÖO zu hinterlegen hat. Bewerber wollen ihre Gesuche nebst Zeugnlffen und Lebenslauf, sowie mit der Angabe, zu weicher Zeit spätesten« ihr AmtSanttttt ersoigcn kan», bis zum 20. Geptemdcr 18V0 anher gelangen lassen. Markranstädt, den 26. Auaust 1890. Ler Stadtrath. I. B.: Ronntger. Deutscher und franMscher Locialismus. Der deutsche und französische EocialiSmu« sind zwei völlig verschiedene Erscheinungen. Geiiitinsam ist ihnen nur da« Streben nach der Umgestaltung von Staat und Gesellschaft in einer Weise, welche allen Menschen annähernd gleichen Antheil an den Annehmlichkeiten de« Leben« gewähren soll, aber über dir Bedingungen, unter welchen dieser Zweck erreicht werden soll, gehen die Meinungen weit auseinander. Der deutsche Socialdemokrat hat im Gegensatz zum französischen Socialisten die BewegunA weit tiefer und gründlicher angelegt als der französische Socialist, der sich in den Versammlungen aus Phrasen, im praktischen Leben auf Gewaltthätiakeiten beschrankt. Der deutsche Socialdemokrat hat von Anfang an sein Hauptaugenmerk aus di« Organisation gerichtet. In der festgefügten Organisation der Armee fand er da« Vorbild für die systematische Durchführung seiner Absichten, und da« allgemeine Stimmrecht bol ihm die Handhabe, durch welche er sich in der Volksvertretung geltend machen konnte. Wie alle revolutionairen Bewegungen, so trat auch die social demokratische ursprünglich gewaltsam und unter Verachtung aller üblichen Formen auf, die Redefreiheit im Reichstage wurde ru Majestälsbeleidigungen auSgebeutct, dir Prrßlreihtit und die VrreinSsreiheit zu Ausschreitungen, welche daS Schllmmstr befürchten ließen, aber als Grundgedanke wurde doch stet« feslgehalten, daß der socialdrmokratische ZukunstSstaat nicht schnell und plötzlich aufgerichtet, sondern nur allmälig und unter Aufwendung von vieler Mühe und Arbeit verwirklicht werden könne. Ter Grundgedanke der französischen Revolution de« Jahre« 1789 war socialistisch, der „cnnttitt »ocial'' Rousseau « sanb in der Verkündigung der allgemeinen Menschenrechte seme prak tisch« Anwendung auf da« StaatSlebrn. Die Franzosen gingen ravical zu Werk«, sie verurtheilten den Adel zum Tode und vollstreaten diese« Urtheil auch in umfassender Weise, adcr endlich sahen sie ein, daß sie auf diesem Wege nickt zum mal« außer Kraft setzen läßt. Die ständische Gliederung der menschlichen Gesellschaft ist immer vorhanden gewesen und sie ist durch keine noch so rücksichtslose Gewalt zu beseitigen. Die Schroffheit der Ilebergänge kann ausgeglichen, die Gleichheit kann auf dem RechtSgebiete annähernd erreicht werden, wenigstens in der Theorie, die politischen Richte und die Forme» des Verkehrs im öffentlichen leben bilden eine annehmbare Grundlage für die Gleichberech tigung Aller, aber damit ist auch die Grenze der Gleich heit erreicht, darüber hinaus ist sie nicht mehr durch- zusühren. Diese Wahrheit erkennen die ivocialistrn nicht an, sie glauben in der Gemeinsamkeit aller menschlichen Thätigkeit da- Mittel entdeckt zu haben, durch welche« die volle Gleichheit der Menschen erreicht werden kann. Der erste Lehrmeister der deutschen Socialdemokraten für dir Ver wirklichung ihrer Ziele war Laffalle mit seinen socialistischen Schriften, besonder« über das eherne Lohngesetz, und sem Nachfolger war Marx, dessen Schriften Liebknecht neulich den Genoffen zum Studium empfohlen hat. Die Bedeutung dieser Schriften besteht darin, daß sic an die bestehenden Verhältnisse anknüpfrn und sich nicht auf philosophische Abstraktionen beschränken. Die Umwandlung der modernen Production ist da» Ziel, aus welche« sie lossteuern. Die französischen Socialisten haben im Jahre 187 l den letzten Versuch gemacht, ihre Gedanken zu verwirkliche», die Form de« Staates der Zukunft, die ihnen vorschnebt, ist die Commune, da« heißt dir Auslösung de« Staate« in lauter Gemeinden, welche jede für sich die socialistische Form de« Staat« ins Leben rufen und unter einander nur in losem Zusammenhänge stehen. Die Bemühungen der franzö sische» Socialisten erweckten damals in der ganzen Welt ein gewisse« Interesse, und Fürst Bismarck fand in der Bewegung sogar «in lebensfähiges Fundament, welches er mit der preußischen Städteordnung von 1808 verglich. Es ist allerdings ein berechtigte« Streben, daß dir Ge meinden ihre eigene Angelegenheit selbst besorgen wollen, und da« thun sie auch in Deutschland durchweg, während in Frankreich der Prasect di« entscheidende Sttmme auch in Gemeinde-Angelegenheiten hat. So aufgcfaßt, wäre die Lösung der socialen Frage durch die Selbstverwaltung gegeben. Da« ist aber nur die äußer« Form, welchr einen ganz anderen davon grundverschiedenen Inhalt birgt. Dir Pariser Commune war der Versuch, die Gesellschaft zu socialistren, er ist aber ganz ander« ausgefallen, ai« rr sich in den Köpfen der Socialisten gestaltet hatte, er enthielt kaum die ersten Anfänge zum Aufbau de« socia- listische« Staate«. Die deutschen Socialdemokraten, allen voran Bebel und Liebknecht, haben die Pariser Commune früher al« da« Höchste gepriesen, wa« bisher auf socialistischem Gebiete erreich« worden sei. Jetzt ist c« davon still geworden, weil sie wohl eingrsebcn haben, daß mit der Herstellung der Commune in socialistischer Beziehung so gut wie nicht« erreicht ist, daß die Sache vielmehr ganz ander« angefaßt werden muß. Nur die straffste Crntralisation könnte die Herstellung de« socialistischen Staate«, wie ihn sich die Bebel und Liebknecht vorstellcn, ermöglichen, die Verlegung de« Schwerpunkte« in die einzelnen Gemeinden würde Alle« in Frage stellen. Die deutschen Socialdemokraten haben im Laufe der Zeit mehr und mehr eingeseben, daß die internationale Seite der socialen Frage weit welliger in Betracht kommt, al« sie ursprünglich angenommen haben. Die Entwickelung de« Svciali-mu« in Deutschland, Frankreich, England ist eine durchaus selbstständige gewesen, und die gemeinsamen Be rührungspunkte liegen nicht in der Umgestaltung von Staat und Gesellschaft, sondern in den Interessen de« ArbciterstandcS, die allerdings in allen Staaten dieselben sind. Der Arbeiterschutz ist theilweise eine internationale Frage, weil sie eine wirtbschastliche Frage ist, welche das Wohl und Wehe von Handel und Industrie berührt. Deshalb ist auch Das, wa< in Frankreich von Seiten der dortigen Socialisten geschieht, wie sie von der Regierung be handelt werden und wie sich die Handhabung der Gesetze ihnen gegenüber stellt, für Deutschland in keiner Beziehung maß gebend. Die französischen Socialisten zeichnen sich in Ver ammlungen durch die unslnniastcn Reden aus, sie trennen sich tet« unter dem Rufe: ,Es lebe die sociale Revolution", aber ie haben eine heillose Angst vor der Polizei und dem Nilitair, und vermeiden e« auf jede Weise, mit ihnen in Streit zu grrathen, weil sie wissen, daß sie dock stet« den Kürzeren ziehen. SocialdrmokratischrVtrsamniluiiqen in Deutsch land haben «ine ganz andere Bedeutung al« die Zusammen fünfte der Socialisten in Frankreich. Bei uns ist stet« der Plan erkennbar, der da« Verhalten der Socialdemokraten bestimmt, mag dieser Plan auch noch so unsinnig »nv der Verwirklichung unfähig sein. Und weil das Vorgehen der Socialdemokraten planmäßig ist, deshalb erheischt eS auch systematische und energische Bekämpfung. Wie sich diese ent- wickeln wird, nachdem da« Sokialisirngtsetz leider außer Kraft getreten ist, wissen wir Noch nicht, aber da« ist klar, daß wir dabei nicht nach französischem Vorbild« verfahre» können. Die socialdemokratische Bewegung ist rin deutsche« Product und muß deshalb auch mit deutschen Mitteln und nach deutscher Art unter voller Wahrung der Autorität drr Gesetze und de« Staate» bekämpft werden. * Leipzig, 13. September. * Dem Kaiser wird drr türkisch« Botschafter am Ber liner Hose, Trfik Pascha, welcher Ende dieser Woche von Konstantinovel nach Berlin zurückkehrt, ein längere» Hand schreiben de« Sultan« Übrrbringen. Wie der „Tarik mitthrilt, spricht darin der Sultan dem Kaiser seinen Dank au« für die Glückwünsche zu dem Jahrestage seine« Regie rungsantritte« und seine bohr Genugtbuuna über da«Zustande kommen de« deutsch-türkischen Handelsverträge« Desgleichen berichtet der Sultan in dem Schreiben über mehrere kür sein« Negierung besonder« günstig« Erfolge, welche iu der Zeit nach dem Besuch, Kaiser Wilhelm'« am Bo-poru- di« ottomanisch, Regierung erstell hat. * Drr erst« Srcretair bei der deuIsLrn Botschaft in Pari», LrgativnSratb von Schön, ist vom Urlaub zurückgekebrt und hat bis zum Wirdernutreffen des Botschafter« Grasen Münster in Pari» di« interimistisch« Führung der BotschastSgeschäfte übernommen. Der deutsche Gesandte am schwedrsch-norwe- sischen Hofe, Wirklicher Geh. LrgationSrath Busch, hat einen Irlaub angetreten. Denselben vertritt drr LegativnSsrcretair sreiherr von Wangenheim als Geschäftsträger. Der preußische gesandte in Darmstadt, Freiherr von Plessen, hat einen Irlaub angetrctrn. * Wir haben kürzlich eine Erzählung der ,Hamburger Nachrichten" über Vorgänge bei der Sedans eie r ans Helgoland mitgctheilt, wobei die Thrilnrhmer de« Fest- dinrr« e« abgelehnt baden sollten, «in Telegramm an den fürsten Bi-marck abzusenden, um nicht »oben anzu- toßen". — Jetzt veröffentlicht der „Hamburger Eorrrspondenl" in seinem Sprcchsaale die Zuschrift mehrerer Theilnrhmer jene« Feste«, die gegen die Darstellung der „Hamburger Nach- richten" Verwahrung einlegcn und behaupten, daß dem un politischen Charakter der Versammlung der Stempel der Demonstration aufgedrückt werden sollte. Wenn Widerspruch laut wurde, so galt er nicht der Sach«; in drr Verehrung für den Fürsten war Alle« einig. Die Leitung de« Festes habe weise getban, diese Anregungen, welche eine Störung deS festlichen Einvernehmens befürchten ließen, „unter den Tisch fallen" »u lassen. * Aus Elsaß-Lothringen schreibt man: Nachdem am 4. d. M. die Jagd eröffnet ist, steht man wieder viele Franzosen herübcrkommen, besonder- in Lothringen, um auf ihren Gütern zu jagen. In den beiden letzten Jahren war dies durch den Paßzwang unmöglich gemacht. Zur Zeit wird derselbe aber, obgleich er noch besteht, so milde auS- geführt, daß man e« den Inhabern von Iagdgründen nicht verdenken kann, wenn sie die Gelegenheit benutzen, zumal die Felbjagd in diesem Jahre sehr ergiebig ist. . * . * Au« Riga, 10. September, wird un« geschrieben: „Da nach der Verordnung de« Unterrichtsministers Juden nur in eschränkter Zahl aus Universitäten und anderen höheren Lehr anstalten zugelafsen werden, so kommt c« immer häufiger vor, daß dieselben ihren Glauben wechseln. So haben jetzt 19 Juden, um sich die Tborc unsere« PolytrchnicumS zu er schließen, den christlichen Glauben angenommen, und zwar sind 18 zur lutherischen Kirche Ubergetretrn, während drr neun zehnte sich in einer rusflch-orthodoxen Kirche taufen ließ." * Nach der „Augsburger Abendzeitung" gilt dir Ver lobung de« rumänischen Thronfolger« mit einer bayerischen Prinzessin al« sicher. * Nach einer Meldung de« „Rruter'schen Bureau«" au« Konstantinoprl wurde der armenische Bischof Tadjad OScanian beim HerauStreten au« der Kirche am Mittwoch Abend von einem jungen, mit einem Meffer bewaffneten Menschen unter dem Ruse „Brrräthrr" angrf allen. Der Bischof wurde am rechten Arme schwer verwundet. Die Ursache de« Attentat« soll Rache sein, weil die Zeugenaussage de« Bischofs Veranlassung zur Berurthcilung von Armeniern waren, die an den bekannten Auftritten in der Kirche zu Kum Kapu thrilgenommen hatten. Der Attentäter, der be kannt ist, konnte trotz Nachforschungen durch dir Polizei bis jetzt nicht gefunden werden. * Aus Mon«, 9. September, wird gemeldet: Trotz der unliebsamen Erfahrungen, die sie während de« eben abaelausenen Ausstandes im Bottnage gemacht, wühlen die socia listischen Hetzer kräftig weiter. Vorgestern fand in WarquignieS eine Delegirtensitzung der FSdSration Boraine statt, aus welcher die soctalbemokrattschen Arbeitervereine von Luesmes, JcmappeS, Fra- merieS, PalurageS, Wasmes. Quarrgnon, La Bouverie, WaSmuSl, Boi« de Boussu und WarquignieS durch ihre Hauptsprechcr vertreten waren. Letzter» beschwerten sich zunächst über die ihnen von der gemäßigten Presse gemachten Vorwürfe, worauf befchlosfen wurde, für die Folge sämmtliche Vertreter dieser Presse von den Arbetter- vcrsammlungen auSzuschiteben. Linen bessern Beweis, daß di« von den Gegnern der Socialdemokraten erhobenen Beschuldigungen be- gründet sind, hätten die socialistischen Agitatoren nicht liefern rönnen; sie geben eben zu, daß ihr Bebahren selbst in Belgien, dem Lande der „Freiheit", das Licht scheut. Im klebrige» bildete der auf den 14. d. nach Brüssel vrnisene Longreß oder vielmehr der auf diesem »u ver kündende allgemeine Ausstand den Hauptgegcnstand der Tagesordnung. Der bekannte Wühler Fouviaux erklärte, daß der allgemeine Ausstand dos Einzige sei, was man aus dem Evngrrfi durchsetzen müsse. Selbst»«» stündlich handle »S sich um einen Ausstand sämmtlicher Arbeiter, nicht allein der Kohlenbergleute. Nur er könne dem unteren Stand Hilfe bringen, alle sonstigen Mittel seien nicht- als ,,Pflaster auf hölzerne Beine". Der Genosse von Fauviaux. Marmoille, ersuchte die an wesenden Vertreter, tn ihren Kreisen di« schon mehrfach ausgetretene Meinung zu bekämpfen, daß der Au-stand schon am Ik. September beginnen werde, damit nicht wieder eine theilweise Einstellung der Arbeit erfolge. Das Zeichen zur allgemeinen Niederlegung der letzteren solle vielmehr erst gegeben werden, nachdem di» Kammern bei ihrem nächsten Zusammentritt da» allgemeine Stimmrecht ver- warfen hätten. In diesem Sinne safite denn auch die Versammlung Schlüsse stellten die Socialisten noch ihre Landidaten für die am nächsten Sonntag stattfindenden Wahlen zu den Gewerbe- und ArbeitSkamrnern In TueSmeS und Flbnu aus und bewilligten den während de» letzten AuSstandeS wegen Angriffen wider dir Freiheit der Arbeit verhafteten Ruhestörern »tne Unterstützung aus drr Taffe der FLdbration Boratnr. * In Portugal ist e« am vergangenen Sonntag sowohl in der Hauptstadt Lissabon als auch ,n Ovorto zu argen Ausschreitungen und heftigen Zusammenstößen zwischen den Republikanern und den Truppen gekommen. Die Organe der republikanischen und progressi stischen Parteigruppen hatten während drr vorangegangenen Tage unter dem Eindruck der Erkrankung de« König« und der offenkundigen Unentschlossenheit der Regierung eine heftig« Agitation gegen da« coloniale Abkommen mit England eingeleitrt und zu großen Kundgebungen für Sonntag ans- gefordert. Auch bisher regierungsfreundliche Blätter unter stützten diese Bewegung, indem sie die Bestimmung de« Ver trage«, daß Portugal kein Stück von seinen afrikanischen Be stdungen ohne die Einwilligung England« an eine fremde Macht abtreten dürfe, al« die schmachvollste Demüthiguna be- ttichneten, dl« Portugal je erlitten habe. Dir Geographische Gesellschaft hatte in ihrer Sitzung von Freitag Abend eben- fall« da« Abkommen al« unaemebmbar erklärt, so daß die Opposition in den beiden Hauptstädten de« Lande« die ge- sammte öffentliche Meinung auf ihrer Seite batte. De, Plan ,u Sonntag war nun der, daß die Republikaner und die Nbrisien oppositionellen Brrrtne Lissabon« am Vor mittag in vier verschiedenen Versammlung-localen Reso lutionen gegen den Vertrag fassen, sich dann auf dem Platze de« Dichter Camoen« zu einer gemeinschaftlichen Protrstver» I» i/
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite