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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 19.01.1891
- Erscheinungsdatum
- 1891-01-19
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-189101198
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18910119
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18910119
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- Images teilweise schlecht lesbar
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1891
- Monat1891-01
- Tag1891-01-19
- Monat1891-01
- Jahr1891
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 19.01.1891
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Erscheint täglich früh 6* */, Uhr. Krdaclion und Lrpr-Uioa Jvbavaregaff« 8. Lprkltilluiidrn drr Nedarlion: Vormittag« 10—1L Uhr. NachmillagS 5—6 Uhr. flr »»»««,,»« »t»»,t«ntt»7 Vt-«ui--n»u »mch« «Ich tu et«»,cl-«» »>»I »rre-adttch. »«««»«ne »er für tzir nöck.»sol,rnd, Nnmmrr brstimiutrn Jnsrrate an Wechrntage» bt» 3 Uhr Nachmittag«, anLom»»nS grstlageu sriih bis' ,S lihr. 3» den /ilialrn siir I»s.-.Xnnal>mr: ktt« Klcmni« Lorttm. zAltrrtz Hahn», Universliätsirraßr 1, Lauts Löichr, Katharinensn. 1« pan. und KönigSplatz 7. nur bt« '„3 Udr. IS. Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- und Geschäftsverkehr. Montag dm 19. Januar 1891. SlbonnementSprets vierteljährlich 4»/, Mk. ln AU-Leipzig, incl. Brinierlohn 5 Mk., durch dl« Po!» bezogen s Mk. Einzelne Nru. 20 Vs. Vrlegeremxlar 10 Pf. Gebühren für Etztrabeil >»a«a sin Tngeblatt-Format gesalzt! ohne Pvßbesör^eriing 60 Mi. «itt Postbesördernng 70 Mk. Jusiratr 6 gespaltene Pctitzeile 20 Pf. Größere Fchnsten Innt uns. Preisverzeichnis. Tadellarischeru. Ziflern-atz nach hierin Tarif Urilamen unter dem Red actio »«strich dt« Sgespalh Zeile50Ps.,vor denFamilien Nachrichten die ügesvaltene Zeile 40 Pf. Jn'erat« sind siet- an die t?!.srl>ttton z» senden. — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung praennineraniio oder durch Post» Nachnahme. 85. Jahrgang. Amtliche Bekanntmachungen. Holzaurlion. Tieu»tas. den 26 Januar o., sollen von Vormittags 9 Uhr an aus dein Mitleiwaldläüage in Bbld. 30 a de» Burgaucr Forst revier« im ..vcrschlaffrnr» Holze" dicht am Ncur» Lchüyrn- dause Stmtr. Eiche». Nutzschette I. u. H. EI. LS 157 Eichen - 22 Buchen - r>V. » Eichen - 7'/. » Rüstern- u. 35 - Linden - vrrnnschette unter den im Termin« öffentlich au-diingenden Bedingungen und der üblichen Anzahlung an Lrt und Stelle meistbietend verkauft werden. Zusammenkunft: au der verschlossene» Brück« am Nene» Schützenhause. Leipzig, am 12. Januar l«9l. TeS Rath» F-rstdr-utattan. Gefunden oder als herrenlos angemeidet rcsp. abgegeben wurden in der Zeit vom 1. bis 15. Januar 1891 folgendes zum Tkeil vennulhlich vo» früher verübten Diebstählen herrührcnde Gegenständ«: eine galdrnr Tciilmüuze in der Groß« eines 20->t-Sti!ckkS, eine silberne Taschenuhr, ein goldener Ring mit gelbem Siet», rin goldener Lhrring, ein goldener Uhrschlüssel, ein silbernes Anhängsel, ein Arinreis, ein Taschenmeiser, ein Er- innerungskrrnz v. I. 1666, ein LeidhauSichein, Porten,»». naieS und bezw. Beutel mit über 86 -öl, 16 ./t 71 12 66 und 5 11 sowie mit geringeren Be trägen, ein grüner Beutel und 6 verschiedene Portemonnaies ohne Inhalt, eine iligarren'vihe mit Etui, 3 Billardbälle (ein rolher, 2 weiße). 2 Nothwörterdücher von Langenjcheidt, ein gefütterter Handschuh, et» Filzhut, »in schwarzes runder. Barett, eine neue Unisormniütze, ein tchwarzes und ein dunkelblaues Kopftuch, 3 verjchleden» Müsse, »in schwarzer Achselkragen, 6 Schürzen und ein Hemd. 2 drauur Sommer-Ueberztrher, eia getragener Mantel, 1 Kinder- wagendecke, eine grüne Tisch- und Eommodendecke, ein Handkorb mit Garn, Strümpfen und Eßwaaren, ein ge. füttener Guinmiichuh, zwet Bfrrdedeckcu, ein Borleae- schloß mit Schlüssel, «ine Wagenknpscl, ein eiserner Ltutzl- schlitteu, rin« Schubkarr«, «in« Waschlein«, ein Ausyaiter, 2 Handwagen. Die unbekannten Eigenthümer dieser Gegenständ« tverden hier- durch ausgesvrdert, sich zur Empfangnahme derselben in unserem Commissariat rechtzeitig zn meiden, andernfalls darüber nach tz. 239 de- B. G.-B. anderweit verfügt werden wird. Gleichzeitig fordern wir auch Diejenigen, welch« im vierten Quartale 1889 Fundgegenskände bet unS abgegeben haben, deren Eigenthümer nicht zu ennittein gewesen sind, auf, diese Gegenstände zurückzusordern, andernfalls auch hierüber den Siechten gemäß vc» fügt werden wird. Leipzig, den 16. Januar 18SI. Taa Poltzeiaml »er Stadl Let-ritz- Bretschneider. Ml. Nersteigerungs-Äusgebot. Im Wege freiwilliger öffentlicher Versteigerung behufs Erb- regultrung >oll die vom verstorbenen Rentner Varl Mehner zu Berka a,J. nachgelassene Hosraithe Nr. 308a Kat. Berka a.J., an der Weimarijchen Straße, 96 gm Wohnhaus, 30 gm Nebengebäude, 49 gm Hofraum, b » 68 um Bcetgartcn, Montag, den 26. Januar 1861, Nachmittags 2 Uhr, im Nachhause zu Berka a I. öffentlich durch unterzeichnet« Berichts- di-hörde versteigert werden. Die näheren Nachweisungcn über den BersteigerungSgegenstand und die BerkausSbetingungen liegen an den Wochentagen von 9 bi- 12 Uhr in unserer Gcrichtsschreiberei aus. Blankenhain i/Th, den S. Januar >891. Groirhrrzogl. S. Amtsgericht. Abthrilung II. H. Langethal. Leipzig, 19. Januar. * Gegenüber neuerding» in der Presse aufgctauchtcn Zweifeln bemerken die Berliner „Polit Nachr", daß der BnndeSrath in einer seiner letzten vorjährigen Sitzungen über die Pollziehung der Ausweisung von Aus ländern auS dein Reichs gebiet Berathungen gepflogen und Beschlüsse gefaßt hat. Tie betreffenden Vorschriften beziehen sich allerdings nur auf die Ausweisungen, soweit dieselben aus Grund der 88- 39, 284 und 362 des Straf gesetzbuchs erfolge», also wegen schweren Diebstahls, Beihilfe dazu. Kuppelei, gewerbsmäßigen Glücksspiel», LandstrcichknS, BettelnS, gewerbsmäßiger Unzucht u. s. w. Danach wird zunächst die Vollziehung der Ausweisung geregelt. Tie Ausweisung erfolgt entweder mittelst Transports oder durch Ertheilung eines ZwangSpasscS oder durch Be kanntmachung der AuSweisungSvcrsügiing. Die Art der Vollziehung wird durch die auswciscnde Behörde be stimmt, welche dabei zu beachten hat, inwieweit e» mit Rücksicht auf internationale Beziehungen erforderlich ist, zunächst mit ausländischen Behörden, eventuell auf diplo matischen Wege bebuss Uebernabme de» AuSzuweisenken in Verbindung zu treten. Ist anzunebmen, daß der AuSge- wiesene der AuSwrisung nicht ohne Anwendung körperlichen Zwange- Folge leisten werde, so ist die Ausweisung im Wege des Transporte- zu vollziehen. Sodann werden nähere Be stimmungen über die drei Arten der Ausweisung-Vollziehung getroffen und schließlich bestimmt, daß von jeder auf Grund der 88 -39, 284 und 362 deS Strafgesetzbuchs gegen einen Ausländer verfügten Ausweisung dein Reichs kanzler Mittbeilung zu macken ist und daß die Polizei behörden der Bundesstaaten sich in den Ausweisung«- angelegenbeilen gegenseitig Beistand zu leisten haben. Soll ein AuSgewiesener bei dem Transport nack der RcichSgrcnz- slation durch das Gebiet eines anderen Bundesstaates bin- durchgrsührt werden, so ist die Durchführung von den Be Hörden diese» Staate» zu übernehmen, soweit nicht zwischen den brthriligten Bundesregierungen Uber Mittel der Durch führung, namentlich wegen Einführung und Ueberwachung de» Ei>enbabntranSporte- etwa» Andere» vereinbart ist. Die Kosten de» Transporte» trägt, abgesehen von anderweitigen Vereinbarungen, jeder Bundesstaat, insoweit al« dieselben rur Beförderung durch sein Gebiet aufzuwenden sind. Di« Kosten de« Transporte» durch außrrdeutschr» Gebiet oder auf de« Seewege trägt da« Reich. -- * Am Freitag Abend verschied zu Berlin nach längerem Leiden der Wirkliche Geh. OdcrrcgierungSralb a. D. Herr Kört« im 72. Lebensjahre. Der verstorbene wird in den weitesten Kreisen lebhaft bedauert werde», da er fick in seinem thätigrn Leben durch ein ebenso große« Maß von wirk lich humanem und 'iebeiiSwnrdigein Wesen, wie von Gewissen haftigkeit und Pflichttreue die allgemeine und nngciheilte Ver ehrung und Liebe erwarb. — Herr Körte widmete sich dem juristischen Staatsdienste. Er war. nachdem er mehrere Jahre al» Rechtsanwalt in Flatow (Wcstprcußcn^ tbätig ge wesen, alsdann Mitglied de» damaligen AppellaiionSgcrichl« in Glogau. In der letzteren Stellung genoß er das Ver trauen seiner Mitbürger in so hohem Maße, daß dieselben ihn in baS Stadtverordneiencollegium wählten. In diesem siibrlc er den Vorsitz, und i» Anerkennung seiner Verdienste um die Stadlernannlen ibn dcrMagistrat und ric Sladtverortnctcnznm Ehrenbürger von Glogau. Auch die treue Frcnnbsckast, die de» Verstorbenen mit dem Präsidenten von Rönne verband, stammt auS der Glogaucr Zeit. AiS aus LaSker'S Antrag 1873 die bekannte Eisenbahii-UniersuchungSEommisslon nieder- gesetzt wurde, ernannte die SlaatSregierung Körte, tcr mittlerweile in La« Kammcrgcricht versetzt war, zum Mit- glieke derselben. Hierdurch gelangte Körte aus einen ver- ättderlen AmlSweg. In Anerkennung seiner bei der Tbätig- keit in der UnicrsnchungS-Commissioii bewiesenen Tüchligteit für die Lösung der schwebenden Eisriibalmfragen suchte ihn der Reichskanzler für da- RcickScisenbabnaml zu gewinnen, und Körle ging ans die ibm gemachte» Anerbietungen ein. Er winde Mitglied dcS NcichSeisenbabnamleS und blieb in demselben bi« zu seinem vor zwei Jakren eosoigicii Rücktritt an« dem' Staatsdienste, nachdem er seit Eonennnng de« frühere» Präsidenten v. Maybach zum prcnßischen Eisenbahn- minister die Geschäfte dcS ReichseiseirbahnanilcS als Vor sitzender geleitet hatte. Die Enttäuschungen, welche Körte in dieser Stellung erlebte, warfen oft dunile Schallen auf daS Leben des vortrefflichen Beamten und Menschen. * Der Provinziallandtag der Provinz Hannover ist am Sonnabend Rachmittag durch den Lbcrpräsidrnten von Bennigsen geschlossen worden. * * » * Im böhmischen Landtag erklärte Kviczala NameuS de» Altezeckenclubs, dir Czrchen würden für die Lrntcoenlru» ratb-vorlagc stimmen, bei der dritten Lesung aber proto- eollarisch erklären, daß alle anderen Ausgleich-Vorlagen gleich- zeilig erledigt werden müßten oder cm einziges Gesetz zu bilden hätten. Die Altczcchcn wurden die Mandate nicht »icderlegcn, weil der Bestand der Altczeckeiiparlci notl,wendig sei und siir die Zukunft die Unterstützung von Verdündclen sichere, Weiche sonst der Ration verloren geben würden. * AuS Amsterdam, 15. Januar, wird der „Vossischen Zeitung" geschrieben: Wükrend in allen größeren und kleineren Plätzen deS Lande« daS ausrichligc Streben herrscht, fei es aus dem Wege der Privat- wohithüiigkcli, fei cs durch Jnangrisfnahine öffentlicher Arbeiten, die unter de» ärmeren und arbeitenden Llasse» herrschende Noth zu lindern, verichmaht es die Gemeindebehörde der Residenz, leibst de» billigsten Anforderungen der Pflicht der Menschüchkeit Gehör zu geben. Schüchtern batten sich in der vorigen Woche einige ynndert Arbeiter aus dem Stadthause mit der Bille aiigcniclbct, de» auf den Straßen auigehäusten Schnee und Schmutz entfernen zu dürfen, »in einen beschcldenen Verdienst während einiger Tage zu haben. Man habe keine Arbeit zu vergeben, lautete der kurze Bescheid, und enttäuscht zogen Hunderte von Hungernden ab, wiewohl seit dem nunmehr ringclretenen Thauwellcr die Straßen deS vornehmen Haag in Grachten mit hohem, zähem Roth verwandelt sind, durch welchen man sich kaum hindurcharbeiien kann. Tie Abgewiesene» wurden aber von den Socialdemokraten init offenen Armen ausgenommen, in dem Ver- sammlungslocal derselben, Walhalla, erhielten sie Brod, und dann wurde eine Versammlung gehalten, in welcher die Enttäuschten ihrem Uninuth und ihrer Verzweiflung in gereizten Worten Lnft machten. Die Erbitterung stieg aber aus den höchsten Grad, als in der Versammlung ein Livreedtener vom Stadlhause einen großen Brief überbrachtc, der das Verbot der von den Hungernden nach ihrer Abweisung erbetenen Hauscollecte enthielt. Nur den ernst liehen Vorstellungen deS Vorsitzenden gelang es, die Ruhe zu er halten, denn allen Ernstes forderte ei» Anweiender die Arbeiter ans, alsbald zu Mord, Brandstiftung und Rand überzugehen. Tie Versammelten organisirten sich hieraus zu einem Umzuge durch die Stadt; auf den Fahnen, die vorangetragen wurden, las man: „Arinilih, ansteckende Krankheit" oder „Tie Schoßhüiidchen haben eine warme Decke, unsere Kinder lausen nackt" oder „Wir verlangen Arbeit und Brod" u. s. w. Aus der Maliebaan wurde eine zweite Versammlung unter freiem Himmel abgehaltcn, ein Man» stand auf den Schultern zweier Arbeiter und an einen Baumstamm gelehnt erinahnle er die Anwesenden, vor der Hand sich »och ruhig zn verhalten und sich mit dein schweigenden Protest zu begnügen. Dann ging es wieder stadteinwärts, unter Uesen, Schweigen schritten die Gestalten, denen Hunger »nd Kummer ans den Augen sah, einher, und als sie an das königliche Schloß ge- kommen waren, wollte es der Zufall, daß der Wagen gerade bereit stand, in welchem die Königin-Regentin ausfahren wollte. In der in Walhalla gehaltenen Versammlung waren sehr scharfe Worte darüber gefallen, daß rin Kmd von zehn Jahren ein IahreSrin- kommen von mehr al« anderthalb Millionen Gulden habe, während das Volk am Hungertuch« nage, und die Befürchtung einer Demon stration mußte deshalb sehr nahe liegen. Aber nichts Derartiges geschah, man begnügte sich, zweimal am Schloßt:!»« vorbeizuziehen, und al- zwischen der Nachhut des Zuges und dem königlichen Schlosse ein gehöriger Abstand lag, machte die Königin in ent gegengesetzter Richtung eine Spazierfahrt. Die Arbeiter kehrten wieder in das sociaidemokrotische Verein-loeal zurück, und hier wurde beichlosien, diele Aufzüge jeden Tag zu wiederholen, gelegent lich auch im Binnenhvs, wo die zweite Kammer ihre Sitzungen halt, einen Besuch abzustatlen. Bis zum Augenblick ist noch Alle» ruhig geblieben, aber man weiß nicht, was der nächste Tag bringen kann. Jedenfalls hat die Gemeindel'chörd« im Haag eine große Berank- Wörtlichkeit aus sich genommen. * Die belgischen BolkSauswicglcr, welche den Ver sa ssutigSrevisionSlärm angesttfict haben, weniger aus tlilkigennnyigem Interesse an dem organischen Ausbau der cvnsiitulionellc» Einrichlungen als bc'msS Untergrabung der bestehenden belgischen SlaatSversassung, sinken in der durch Liberale, Fortichrillicr und Denirkraicn nach sraiirösischcm Milskcr seit langen Jahren bearbeiteten ösfciiiliche» Memniig den denkbar günstigsten Nährboden, aus welchem die Rein cultnren ihrer sorial-revolutionairen Ideen üppig gedeihen E» ist soweit gekommen, daß der KriegSminisler an, Freitag zur Einberufung von zwei Elafsen der Milizlruppen (Bürger- wehr) zu schreiten sich bewogen fand, eine Maßregel, die ausdrücklich mit der Voraussicht begründet wird, daß die Agitation für Verfassung«»evision irgendwie zu Ruhestörungen führen sollte. Die Besorgnisse müssen also w»hl schon einen sehr hohen Grad erreicht haben, sonst wäre di« Maßregel, die unter Umständen noch Oel in» Feuer gießen konnte, vielleicht besser unterblieben. Denn Erfahrungen vergangener Zeiten sollten eigentlich überall der Erkenntnis dauernden Eingang verschafft baden, daß Bürgerwebrmänner oder Milizen, wie man in Belgien, Nationalgardtstcn, wie man jn Frankreich sagt, eine bockst unzuverlässige und un brauchbare Gesellschaft bilden, deren Dienste im Ernsiiallc regclmLßig zu versagen pflegen. Mittlerweile nimmt die Erregung der Geinülber immer größere Tinien tonen an. Am nächsten Tien-iag findet die Wieder eröffnung der belgischen Kammerlagung statt und für beute Montag sind in Brüssel große Kundgebungen der liberalen, progrcssistische» und socialistisckcn Vereine projcclirt, bei denen c« leicht genug zu AnSschrkilnngcti kommen könnle. In Erwartung der bcvorstcbenkcn Tinge läßt der Janbagel seine Scantalslichl an den Sendbote» der Heilsarmee a»S, deren öffentliche Veranslallunge» in letzter Zeit von wachsen den Tumultsccnen begleitet worden sind. Lim TicnSlag soll ein Massenaufmarsch vor den, Parlamcnlsgcbäute stammten und den Gegnern rer VcrsassuiigSrcvisioii so zu sagen die Pistole auf die Brust gesetzt werde». In der Provinz berrschk iianient- iich in den Kreisen der sociaiislisch unlcrlviibitcii J»kuslr>e- arbciter, besonders tcr Koblenrcvicre, kumpsc Gäiiru»g', für diese Sorte vonLcuten bedeutet die Revision»!, ewcguiig nickt« Anderes a!S den Beginn dcS SlurinianfcS der Proletarier gegen die Steilung der Besitzende». Ter Stoff zur Eiilflanimniig der Leidenschaft ist von den Hetzern reichlich auigebäust; bei klarem Blick und kaltem Blut wäre ein AusdruM auch jetzt »och unschwer bitiianznbaileti, wo aber dootrinärcr llnvcr stand und parteipolitischer Fanatismus so »ttilinschränll bcrr scheu wie in de» Kreisen der belgischen Liberalen, bat die Sacke der Ordnung eine» doppelt schwicriaen Stand. Tic Regierung wird mit anßerzewöbnlichem Tact und Glück opcrire» müssen, wenn sic Verbinder» will, daß daS Nevi- sioiiSsicbcr dem Slaal-organiSmuS allzu bedenklich zusctzt. Es heißt übrigen», daß die Regierung die Kundgebung am DienSiag verboten habe. * Gegenüber den von Zeit zu Zeit regelmäßig wieder kehrenden Nachrichten über den angeblich ungünstige» Ge sundheitszustand de» junge» Königs von Spanien hat da» Madrider Eabinct endlich osficicll Stellung gc irom« m. ES hat jüngst die amtliche Mittbeillina nach Be-e?in gelangen lassen, daß der junge König ein geistig und körperlich durchaus normal sich entwickelnde« Kind ist, dessen Befinden zu keinen Besorgnissen irgend welcher Art Ver- aiilassuna bietet. Die fortgesetzten belinrnhigenden Nack richten scheinen nichts weiter ;» bezwecken, al» Unruhe zu stiften und der Monarchie die Wurzeln abzugrabcn; sic sind »icblS als ein verwerfliches Manöver der republikanischen Partei. * In dem letzten französischen Miiiisierratbe, welchem tcr Ministerpräsident Freycinet wegen seines noch immer fortdaucriiden Unwohlsein« nicht beiwohnte, berichtete der ArbkilSiiiiiiister über die Verhandlungen betreff« der Ermäßigung der Zuschläge aus den Pcrsoneiivcrkclir und die Guterbesörderltiig mit Schnellzügen. Tie Verhandlungen geben dabin, die Eiienbabnen, welche vertragsmäßig bei Er mäßigung des Zuschlags nur zur Hcrabmindernng de« Pcr- sonenlaris« verpflichtet sind, auch zn einer Verringerung dcS FrachlcntarisS z» veranlassen. — Der Minislerralb bericib über den von dem Minister dcS Innern vorgelegten Gesetz entwurf. bclrcffend die Organisation der Municipal- Verwaltung von Paris. — Präsident Carnot »nlcr- zeicknete ei» Teeret, durch welches die Zabl der znm diplo matischen CorpS »nd zum ConsularcorvS gehörenden Personen sestgcslellt und u. A. die Zabl der Gcncralconsuln von 32 auf 40 erhöbt wird. — Tcr von dem Teputirten Mir (De partement Aude) eingcbrachle Antrag, betreffend die Er bauung eine« gcnicinsamen Parla»icntSgel'ä»deS, gebt dahin, die Kosten hierfür nicht nur durch eine StaatS- lottcrie, sondern auch durch den Verkauf von Staats domänen nnd Grundstücken aufzubringen. * Die Anfrage deS Aba. Pickou über die angeblichen Pläne der französischen Regierung in Tripolis wird morgen DienStag verkandelt werden und dürfte zu einer ausführlicheren Erörterung führen. Gras Armand (von der Rechten) wird sich sicherem Vernehmen nach daran bc thciligen. * Ter Gouverneur von New-Jerscy ist mit der ibm übertragenen Untersuchung de« Vorfall« ans dem deutschen Dampfer .Elbe" in Hobokc» rasch fertig geworden. DaS erklärt sich allem Anschein nach daraus, daß seitens der Hobokcner Polizei die Tbatsachcn selbst ebne Weitere» zugegeben worden sind und für die Verletzung be stehender Vertrags - Bestimmungen Unkenntniß als E»t- sckultigungSgrund angegeben worden ist. von der Polizei eine« Hasenplatzes, wo deutsche Schiffe seit vielen Jahren ihre eigenen großen Landestcllcn haben und beständig auS- u»d einsabren. wäre eS nun zwar nickt zu viel verlangt, wenn sie wüßte, wo die Grenzen ihrer Beslianisse liegen; in dessen wird man schließlich über diesen Punct binweggekicn und die Enlschnldiaung de« JrrthumS aiinehmeii könne», wenn damit die Gewähr verbunden ist, daß i» Zukunft ähnliche Ausschreilungen vermieden werden. Aber über einige andere Puncte wird man nicht so leicht hinwcggehcn können, wie der Gouverneur von New-Jersey eS gell,an z» haben scheint. Ter Bericht de« Gr äsen von Arco-Ballcy, de« deutschen Gesandten in Washington, ist bisher noch nicht widerlegt, auch nicht von» SlaatSsecrctair von Marschall in den Er klärungen, die derselbe vor einigen Tagen in der Bukget- eommission de- Reichstags abgegeben bat. In jenen, Bericht beißt eS, daß die Ossicierc des Schiffes, die in voller Uniform waren und also den Polizisten kenntlich sein mußten, mit Knütteln niedergeschlagen, und daß auch Mannschaften dcS Schiffes, die an der voranSgegangcnen Schlägerei am Lande gar nicht betheiligt gewesen waren, mißhandelt und verhaftet morden sind. Bestätigen sich diese Tbatsachcn, so muß die Polizei von Hoboken eine empfindliche Strafe treffen lieber die Angelegenheit wird der „Vossischcn Zeitung" gemeldet: * New-Dork, 16. Januar. Die Untersuchung ln Hoboken wurde gestern geichlossen. Der Gouverneur von New-Jersey sagt in seinem Bericht, er sei völlig überzeugt, daß di, Polizei von der Bestimmung de» Vertrage« mit Deutschland, derzusolg« der deutsch« Louful von einer Berbastung an Bord eine- Schiffe- ver- ständigt werdea müsse, aar keine Kenntniß halte. Er wird dem StaatSsecretoir Blaine einen Bericht über die Angelegenheit er- statten, worin er sagen wird, nach seinem Ermessen wäre die Polizei gesetzlich nnd kraft der Thatjachen berrchtiat gewesen, die von ihr gemachte Verhaftung vorzunehmen; sie Hab« uur den Irrthum be- langen, daß sie es unterlassen b»be, den deutschen Eonsul in Hoboken >avon zu benachrichtigen. * Einer Meldung de» „New-Aork Herald" zufolge wird der StaatSsecretair Blainc in wenigen Tagen an- fangen eine neue diplomatische Rote vorzubereiien, welche an den Gesandten der Vereinigten Staaten in London, Lincoln, gerichtet werden wird Er wird darin Mr. Lincoln zur MitthcÜnng an Lord Salisbury sagen, wa» der Präsident von dein Vorgehen der britischen Regierung, die Bering» Meer-Frage an« dem Bereiche der Diplomatie aus die GcrichlSI'öse zu übertragen, denll. Aus dem tteichstlige. XID. Berlin, 17. Januar. Tie »ationaiiiberale Fraktion hat in der gestrige» ReichStagsabslimmung über die Ge- treidezötle mit Ausnab,ne der beiden Abgg. Hasledt undHoffinann- Lachsen gegen den Antrag Richter gestimmt. ES ist Lies freilich Nicht so zu versiehe», als ob sich damit alle mit Nein Sliinmenden sür eine dauernde Beibehaiiung der hohen Getreidezülle hätten er- l.aren wollen. Tie »alionaUiberale Partei dal in den Zollfragen zn alle» Zeilen geacniäpiiche Meinungen in sich vereinigt. Gegen daS Zollgesetz vom 22.Mai lkvÄ milder Erhöhung des Wetzen- undRoggen- zolls aut 3 .ät stimmten 20,dafür 23 Naiionatliberale. Gegen da» ^oli- geietz ooi» 2l. Tecbr. 1887 mit der Erhöhung des Weizen- und Roggen zolls ans 5>./i s»minien 67, sür dassethe R» Nationalüberale. Lhne Zweifel wurde auch jetzt ein erheblicherer Theii der natioiiatliberalen Fraction, namentlich der norddeulschen Mitglieder, als er hei der geangen Abilimmung zum Ausdruck gekommen ist, eine Ermäßigung der Geireidezölle wünschen. Allein dein Anirag Richier zuzusliinine», koiinlen sic!, auch diese nicht enischließe», weil l» dieiem Antrag auch noch andere Tinge enlhallcn waren zAushehuiig der Auskubrprämien sür Zucker, Beietligung der Privilegien bei der Brannlweinbesleuerung und ivdann auch, weil die gegenwärtige empfindlich« Silualion sür ei» Volum des Reichstags gegen die Gelreidezölle durchaus nngeeignet er- sReincn muß. Bon diesem Gesichtsviinel ging der Abg. Lecheiliäuikr aus, als er bei der gestrigen Abslimmnng Namens eines TheilS feiner poüli'chcn Freunde erklärte, sie seien mit einer Ermäßigung der Gelreldezölle durchaus einverslaiiden. „Ta indes» Abg. Richter erklärt hat, daß er in eine Trennung seines Antrags nicht willigen würde, und bei der vorgerückten Zeit verzichte ich aus die Eindringling eines besonderen Antrages. In, lirbrigen sind wir der Meinung, daß eine geregelte Reform dcS Zolltarifs nur aus dein Wege der internationalen Vereinbarung rathsain fei." — Bei der gestrigen Abstimmung über die Gelreidezölle hat auch ein Mitglied de« Centruins, Abg. Porjch, für den Antrag Richter gestimmt. Marine. * Berlin, 17. Januar. S.M.Schiff „Carola", Com- mandani Corveitcn-Capitain Valette, wird am 20. Januar von Zanzibar auS die Heimreise anlrelcn. "Hamburg, 13. Januar. Eine wissenschastliche Erklärung über die Ursachen, wodurch Sturm welle» auf See durch NnSgicßen von Qcl beschwicl'Itat werben, hat der hiesige ausgezeichnete Tirector des pbnsilalißßen Etaatslaboratoriuins 1>e. Söller in einer Versammlung des Nautische» Vereins gegeben. Redner hob zunächst hervor, daß die Wissenschaft mil der auiiallende» Naturerscheinung »och nicht ganz im Klaren sei. Tie weitern Erklärungen könnte» indeß nur im Laboratorium, nicht auf See gcwvuncn tverden. Als Grundursache sei da« Folgende anzunebnicn: AuS den Molceiilarldcilchen de« Wasser-, weiche immerfort in Bewegung wären in allen Richtungen, durch einander, übereinander, wirbelnd, schießend, sich drehend, bilde sich in dein Wasser eine sogenannte Spaniiungsschicht, welche aus die Unterlage eine» Truck ausübe. Jede feine Flüssigkeit besitze eine solche LberflSchenIvannung, welche je »ach deren Beschaffenheit größer oder geringer sei, bei Waster z. B. viel größer alS bei Lei, bei Salzwasser großer a!S bet Sußwaster, und um so stärker, je reiner das Wäger. Bei Qel sei die Lberstächen- ipanniing viel geringer, die Zähigkeit dagegen viermal so groß al ben» Wasser. Hieraus erkläre sich di» Erscheinung, daß das Wasser l'kßrebt sei, einen ans dasselbe fallende» Lellropse» mit größter Schnelligkeit auseinander z» reißen, eine Schnelligkeit, weiche mehr als 2 in in der Seeunde betrage. Ein Liter gute- Lei, bei welchem die Ticke der Spannnngsschicht auf etwa ein zwauzig- tausendslel Millimeter berechnet sei, während bet manchen Leien diese Schicht auf daS Zwanzig-, ja Dreißigiache steige, bedecke auf Sec eine Fläche von 20 >100 gm oder eine» Kreis von etwa 160 n> Turchmesicr. Turch die Zähigkeit de- Leie- werde aber dem Meeres- wasfer die durch den Wind hervorgrrufene Rauheit beseitigt und da mit werden dem Wnsier die Aiigrisf-pnncte de- Windes ans das selbe genommen. Daher komme es, daß beim Leien der See zwar nicht bie Welleiibildiing, wohl aber da« Ueberköpsen der Wellen, die Bildung von Sturzseen und Kämmen verhindert werde. Je zäher das Lei, desto größer die Wirkung; zu große Zähigkeit verhindere indes» wieder die rasche Verbreitung, und so seien denn wohl gute Fischöle am besten. Petroleum in rasfinirtem Zustande sei ganz nutzlos, rohe- Petroleum ickion eher verwendbar. Die Erscheinungen der ttammbildting treten sofort außerhalb der Lclfläche wieder hervor und die Wirkung schwindet bald, wenn nicht fortgesetzt Lei verwandt wird. Hierzu sei nun eine gewisse Menge nöthig, zn viel Lei da gegen vollständig nutzlos. In der Nähe von Küsten in der Brandung könne daS Lei nur geringe Wirkung haben. * Contreadmiral a. D. Reinhold Werner veröffentlicht in der „Hamburger Börfen-Halle" einen Artikel von dem slrate- glichen Werth von Helgoland, worin er sich im Anschluß an einen Aufsatz de« früheren Qberstlieulenant« Wagner vom Ingenieur- corpS im Decemberhest der „Preußischen Jahrbücher" dahin erklärt, daß Helgoland allerdings eine sür die Verihcidigung de» Reiches Ivcrlhvolle Erwerbung fei. * Die erste Schießübung aus der Jahde Im Jahre 1891 mit 3,7^m-Revolverkaiioneit und dem Revoivcrgewehr wird in der zweiten Hälfte des Monats Februar, den Monaten Marz und April von Bord des Tenders „Hay", vom Torpedoboot oder der Tampspinasse.abgehalleu. Ti« Uebungssläche umfaßt das Barcler Ties. Neues Theater. Leipzig, 19. Januar. Unsere Bükme bat diesmal mit der Grillparzer-Frier nicht nur de» Diener nnd Ber liner Bübncn, sondern auch dem Gedenktage deS Dichter« nachgcliinkt; e» vätte sich die« bei rechtzeitige» Vorbereitungen jedenfalls vermeiden lasse», denn die Indisposition eines Dar steller« oder einer Darstellerin gab nickt Anlaß zu dieser Verspätung. Daß die Aufführung am Geburtstage Calderon'S stattfand, konnte dafür keine Entschädigung bieten, denn eS bandelte stch ja um ein Stück Grillparzer'», nickt »m ein Sliick Caldcron'S, wenn sich auch der österreichische Dichter an da» Vorbild de» spanischen angeschlossen, al» er sein Schauspiel „Der Traum ein Leben" dichtete. „Zum Gedächlniß Grillparzer'»" kann man an jedem Tag im Jabr Stücke diese» Dichter» aussühren, wenn man die Gedenktage de» Kalender» nicht respectiren will. ^ Da» spanische Vorbild war allerdings brstimmeud auf
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