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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 23.01.1892
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1892-01-23
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18920123023
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1892012302
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1892012302
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1892
- Monat1892-01
- Tag1892-01-23
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Aborme«e«tSpreiS <» b« Hauptexp^itioa ob« de» im Etadt- bertri «d de» Vororten errichtete» Aus- i llbeiielle» abgeholt: vierteljährlich ^4L0, bei jweimaiiger täglicher Zustellung ins Hans 5L0. Durch die Post bezöge- sür Deutschland »nd Oesterreich: viertessährlich >l k.—. Direct» tägliche Vreuzbandjeadung i»« Ausland: monatlich ^ll S.—. Die Morgen-Ausgabe erscheint täglich '/,7 Uhr, di« Abend-Ausgad« Wochentags 5 Uhr. Lrdactioa und Lrpe-itiou: LohannrSgassr 8. Die ENxdition ist Wochentags ununterbrochen gedS»«t vo» früh 8 bi- Abend» 7 Uhr. Filiale«: vtt« ««««'S Sorli«. (Alfred Hahn), Universitätsstrah« 1, Laut» Lösche. taHariueustr. 11, part. und «»»igsplah 7. Abend-Ausgabe. Wger TagMalt Mzeiger. Lrgan für Politik, Localgeschichte, Handels- und Geschäftsverkehr. JnsertionspreiS Die 6 gespaltene Petitzcile 20 Pfg. Neclamen unter demRedactionsstrich <4ge- spalte») 50vor den Famtliennachrichten (U gespalten) 40»^. Grössere Schrille» laut unserem Preis verzeichnis!. Tabellarischer und Zissernsatz »ach höherem Daris. -7l.tra-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne PostbefLrderung ./t 60.—, mit Postdejorderuog 70.—. Ännatimeschlnß für Inserate: Abend-AuSgabe: Vormittag» 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittag- 4 Uhr. Sonn- und Festtags früh 8 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je ein« Halde Stunde früher. Inserate sind stets an di« Ertzedttto» zu richten. Truck und Verlag von E. P olz to Leipzig ^°41. Sonnabend den 23. Januar 1892. 8K. Jahrgang Zur gefälligen Beachtung. Unsere Erpedition ist morgen Tonntag, den 24. Januar, Bormittags nur bis tt Uhr iMnet. LxpeülUon <1«8 l-ofp/.lrror 'pnLseklLtto8. Lei-zig, 23. Januar. * Der BundeSrath ertbeilte in der am 21. d. M. unter dem Vorsitz de» StaatSsccretairS dcS Reichsschatzamts Frei herr» v. Maltzahn abgehaltenen Plenarsitzung dcn aus dem vorjährigen internationalen Postcongreß in Wien abgeschlossenen Verträgen, den AuSsührungSbestimmungen zu dem Gesetz über das ReichSsckuldbuck, dem Landcshausbalts-Etat von Etsaß- Letbringen für 1892/93 und dem Entwurf eines Gesetze- für Elsaß-Lothringen wegen Abänderung des Gesetzes über die Bereinigung de» Katasters vom 3l. März 1884 die Zu stimmung. Sodann wurde über mehrere Eingaben in Zoll- und Cteuerangelegenbeitcu Beschluß gefaßt. Mil der bereits erfolgten Ueberweisung der Vorlage, betreffend die Aendcrung der Dienst vorschriften und sonstigen AuSfübruugöbcslimmungcn zu dem Gesetz Über die Statistik des WagenverkchrS beö deutschen Zollgebiet- mit dem AuSlande vom 20. Juli 1879, an die Ausschüsse für Zoll- und Steuerwesen, sür Handel und Ver kehr und für Iustizwescn erklärte sich die Versammlung ein verstanden, nahm von der vorgclegtcn Nachweisung über die dm einzelnen Bundesstaaten diS Ende December 1891 über wiesenen Beträge an ReichS-Silber-, Nickel- und Kupfermünzen Kenntniß uud übergab den Entwurf eines Gesetze- für Elsaß- Lothringen über die KreiSstraßen und den Entwurf eines CheckgesetzeS den zuständigen Ausschüssen zur Vorberathung. * Der BundeSrath soll sich demnächst mit einem Gesetz entwurf über die Bestrafung ocS BerralheS mititairischer Geheimnisse zu beschäftigen haben. Motivirt wird der selbe damit, daß die bisherigen Bestimmungen nickt für alle Fälle auSrcichen. In der dem BundeSrath schon vorliegenden gegen dir Zuhälter gerichteten Novelle zum Strafgesetzbuch ist, wie man hört, auch eine Bestimmung enthalten, daß die Bermirthung von Wohnungen an weibliche Personen, welche wegen gewerbsmäßiger Unzucht einer polizeilichen Aufsicht unterstellt sind, straflos bleibt, wenn die Vcr- miethung unter Beobachtung der hierfür erlassenen polizei lichen Vorschriften erfolgt. * Die ultramontanc Presse gefällt sich immer mehr in chnisckem Frohlocken, daß cS gelingen werde, den neuen preußischen Volksschulgesetzentwurf zu Stande zu dringen und damit einen der heißesten Wünsche des Klerika- li-mus, die Schule völlig in die Gewalt der Kirche zu bringen, zu erfüllen. Eine derartige höhnische Siegeszuversicht be- tuvdet die beute uns zugcgangene „Kölnische Volks Zeitung" meinem Artikel mit der Ueberschnft: „Tie Aussichten der iöolk-schul-Borlage", worin namentlich in Rücksicht auf die Haltung der .Freuzzcitung" die bestimmte Hoffnung zum Ausdruck gelangt, daß die konservative Partei dem Eentrum Hecressolge leisten und damit sür daS Gesetz die erforderliche Stimmenmehrheit beschaffen werde. Die Kölnische Volks-Zeitung" sagt u. A.: Tie parlamentarische Lage ist insbesondere für da- end liche Zustandekommen deS Volksschulgesetzes durchaus nicht ungünstig. Man kann in gewissem Sinne sagen: jetzt oder nie! Die aus giebigen Erörterungen der letzten Jahre haben die Anschauungen bezüglich der wichtigsten grur.dsätzlickten Fragen geklart, und der Wunich, au Stelle der schwunkcndcu Verwaltungs-Praxis feste gesetz liche Normen zu setzen, ist sehr lebendig. Wir verkeimen gewiss die Schwierigkeiten nicht, welche einer Verständigung über einzelne recht behenklich« Pnnctr der Vorlage sich enigegeiisicllen: aber Liese Schwierigkeiten sind nicht unüberwindlich, und wir hoffen, daß man mit Eifer nnd gutem Willen a» deren Beseitigung in der Eommission herantreten wird. DaS Scheitern der Vorlage würde eine» sehr unliebsamen Rückschlag aus die Stellung des gegenwärtige» Regie- rungS-Systems ausüben und nur de» Unzufriedenheits-Poli tikern dienen, welche aus verjchicdencn Gründen dem „neue» Curse" Steine in den Weg werten möchten. Wie es scheint, rechnet man tiberaler- seitS darauf, daß aus dieser Stimmung heraus der liberale Wider stand aus dcn Reihe» der Conservalivcn Verstärkung erhutle» werde. Tie Haltung der „Kreuzzeitung", welche ja gegenüber den Handelsverträgen in der schärsjlen Opposition stand, läßt nicht darauf schließen, daß man im conservaliven Lager den Grasen Zedlitz und die wichtigen Interessen, welche er an erster Stelle zu vertreten hat, Dinge entgelten lassen werde, welche aus einem ganz andern Bret stehen. Nun wir werden ja sehen, ob und i» wie weit deutsche conservativc Männer cS mit ihrem Gewissen zu vereinbaren wissen werde», einen gesetzlichen Umsturz, bei dem vorwiegend die Interesse» der römischen Kirche gewahrt sind, mit hcrbei- fübren zu Helsen. * Zn der am 20. d. M. in Berlin abgehaltenen Ver sammlung der Ortsgruppe Berlin des „Allgemeinen Deutschen Verbandes" hielt der Reichstags- und LandtagS- abgeordnste von Kardvrfs dcn angeküudigtcn Vortrag über die „Zwecke und Ziele des Allgemeinen Deut schen Verbandes" Ter geschätzte Parlamentarier erörterte zunächst die Bcdürsniß- frage eines derartigen nationalen Vereins. Man solle meinen, daß nach der Erhebung der Jahre 1870 7t das Nationalgesühl genug erstarkt sei, um einen solchen Verband als uiinvthig er scheine» z» lasse». Aber leichter sei es ein Vermögen zü er werbe», als dasselbe zu erhalten; leichter einem Volle zu Macht und Ansehen zu gelangen, als sich dauernd aus dieser Hüde zu halten und fortzuschreiten. Ter Redner zeigte nun an einer Reihe von Beispielen aus der alten und neueren Geschichte, wie dir Macht stellung und Herrlichkeit ruhmreicher Völker oft in überraschend schneller Weise in Trümmer gegangen sei, und daß daher auch wir trotz unserer gegenwärtigen Stärke allen Grund habe» darauf zu achten, wie die Errungenschaften der letzten Erhebung zu erhalten und zu mehren seien, um nicht der Entartung und dem Rückgänge anheim zu fallen. Man müsse, so führte der Vortragende im Einzelnen aus, die deutsche Wahrhastigkeit, Zuverlässigkeit und Treue mehr den» je pflegen, alle Richtungen, weiche dem Bvikc seine Ideale nehmen wollten, seien rücksichtslos zu bekämpfen, dagegen sei sür die Rein heit der Muttersprache und die Ausbildung des vaterländische» Ge schichtsunterrichts in der deutschen Schule energisch einzutrclen. Auch der fröhliche Wagemuth, welcher bereits untere Altvordern aus gezeichnet, möge den Deutschen erhalten bleiben und sei schon aus diesemGrunde eine kräftige Cvlonialpvlitik entschieden zu empfehlen, um dem deutschen Volke seine Energie zu erhalle» und vor Erschlaffung zu bewahren. Eine lebendige Verbindung mit den zahlreichen im Auslande lebenden Deutschen sei von Wichtigkeit und man müsse Alle- daran setzen diese Elemente au das alte Vaterland zu fesseln. Aus diesen Gesichtspunkten sei die Begründung des „Allgemeinen Deutsche» Verbandes", so meinte der Redner, alS ein Glück zu de- zeichne», da dessen Hauptaufgabe in der Belebung deü Vater- tä »bischen Bewußtseins in der Hcimath und in der Fremde, in der Zusammenfassung aller deutschen Elemente ans der Erde sür diese Ziele und in der Förderung einer tdalkrästigen deutschen Jnlercssenpoltlik in Europa uud über See bestände. Wie sehr mau mit den Ausgabe», welche sich der „Allgemeine Deutsche Verband" gestellt dal, das Richtige getroffen habe, gehe aus der überaus zahlreichen Vetbeiligung der Deutsche» im Auslände hervor und Mitglieder desselben befanden sich jetzt vsl in großer Zahl in allen Thcilen der Welt. Aber auch im Jnlande habe der Verband ein äußerst dankbares Feld sur seine Tbätigkeil und er fordere alle Mitglieder hierdurch aus, sür die Ausbreitung desselben mit Eiter und Hingebung zu wirken. Mit den Worten Nasser Wilhelm 1.: „Es ist Licht geworden in Deutschland, sorgen wir, daß cS Tag bleibe" schloß Herr vo» itardorjs seinen mit Bei fall ausgenommeucn Vortrag. ^ * Der Verein der Ritter dcö eisernen Kreuzes, der seinen Sitz in Berlin bat, erläßt an alle Inhaber des eisernen Kreuzes folgenden Aufruf: Kameraden! Mehr als SO Jahre sind verflossen, seit wir uns aus den blut getränkten Schlachtfeldern Frankreichs das Ehreincicheu des ciicrinn Kreuzes, welches unsere Brust schmückt, erwarben. Mehr als die Halste, vielleicht schon zwei Dritte, dieser Kameraden ruhrn beute im Grabe. Aber auch au uuS Ueberlebenden sind die Strapazen des Feldzuges — haben doch viele von uns schon 1864 und 1866 »sstgekämpst — nicht ohne Wirkung geblieben. Täglich geben viele von uns im besten MaiineSalter zur großen Armee und wohl alle spüre» an dem schnelle» Nachlassen ihrer Arbeitskraft, daß ihre Erwerbsfähig- keil weder mit dem Lebensalter, noch mit dem vielfach durch körper- liche Leiden gesteigerten Auswandc sür die Lebensbedürfnisse in Einklang steht. Ter Unterzeichnete Verein, welcher in seiner Grundveste aus der Liebe und Treue zu Nasser und Reich beruht und durchaus keine Schwächung bestehender itriegervereine bedingt, sonder» vielmehr durch Anlehnung an dieselben unter Heranziehung vieler »och ausserhalb derselben stehenden Kameraden eine Stärkung er zielen wird, bezweckt daher das materielle Wohl seiner Mitglieder und ihrer Angehörigen nach Kräften zu fördern, da die früh erlöschende Arbeitskraft »usercr Kameraden dies nicht oder nicht in genügendem Maße zu Ihu» ve>iuug. Als das nächst zu erreichende Ziel wird sür die Inhaber des eisernen Kreuzes vom Feldwebel abwärts ein Ehrensold erstrebt, zu welchem Zweck bereits eine Petition an den Reichstag erlassen wurde. Um die Erreichung der Ziele de- Verein? planmäßiger und nach- balliger betreibe» zu können, wird beabsichtigt, seine Wirksamkeit über ganz Deutschland auszudehne» und ergeht daher an alle Kame raden, welche unsere Bestrebungen zu unterstützen bereit sind, die dringende Bitte, ihre genaue Adresse an unsere» Vorsitzenden Herrn SchimanSki, Berlin 8., Sehleiermacherstraße 4, einscnde» zu wollen. Mit kameradschaftlichem Gruße der Verein der Ritter des eisernen Kreuzes. Berlin, im Januar 1892. * Zwischen Preußen und Hamburg wird, dem „Hol- sleinschen Evurier" zufolge, zur Zeit über die Abtretung der Insel Wilhelm Sburg von Preuße» an Hamburg verbanteit. — Tie zu dem preußischen Regierungsbezirk Lüneburg gehörige, zwischen der Norder- uud Südcr Elbe ge legene Insel Wilhelmöburg mit dem gleichnamigen Kirchdorf zahlte im Jahre 1885 5048 Einwohner, Aus der Insel wird starker Gemüsebau, Viehzucht und Fischerei betrieben. Außerdem befinden sich aus der Insel eine Schiss-wcrfic und chemische Fabriken. Der an der Norder Elbe gelegene Tbcil der Insel Wilhelmöburg mit den Ortschaften Klein-GraSbrok und Klein-Pente und der Moorwerdcr an der Spaltung der Norder- und Südcr-Elbe gebören schon jetzt zu Hamburg. In der gegenwärtigen AbtrctnngSfrage dürste es sich wabr- scheinlich um dcn gegen Harburg zu gelegenen Theil der Insel bandeln, * Dem Vcrnebmen nach bezweckt der dem BundeSratbc zugegangene Gesetzentwurf über die Kreisstraßen Etsaß- Lolbr ingenS alle diejenigen Straßen, bezüglich deren an erkannt ist, daß sie für teil allgemeinen Verkehr größere Be deutung baden, der Selbstverwaltung der Kreise zu über geben Die Staatsstraßen, Bczirksstraßcn und Vicmalwege für den großen Verkehr und die Vicmalwege von gemein samem Interesse sollen nicht bloS als KreiSstraßen in da- öffentliche Eigeitlbum derjenigen Kreise übergehen, in welchen sie gelegen sind, sondern die Kreise sollen auch die Ver waltung der Straßen völlig übernehmen. Ferner ist in Aus sicht genommen, die Frobndc für Zwecke der KreiSstraßen abznschafieil. Damit würde einem bereits seit längerer Zeit im Rcicbslande bervorgetrctencn Wunsche entsprochen werde». * Die zweite würltcmbergischc Kammer bat die Wabl der klerikale» Abgeordneten Kicser, Eberbach und Buchen für ungitlig erklärt. » * »ft * DaS österreichische Abgeordnetenhaus nahm im weiteren Verlaus der Freilagssitznng die Resolution deö Zoll« ausschusscs an, in welcher die Regierung ausgefordert wird, alsbald mit der italienischen Regierung in directe Verhand lungen zu treten, damit der in tz. 5« dcS CchlußprolokollS des Handelsvertrages festgesielltc Vorbehalt revitirt und in einer den bezügliche» Interessen thnnlichst entsprechen den Weise abgcäntert und sür die italienischen Weine bei der Emfubr »ach Oesterreich ei» entsprechender fester Zollsatz vereinbart werde. Gleichzeilig wird die Re gierung ausgefordcrt, den österreichischen Wein bei dem iäoiieurrcnzkamps zu uiitcrstützcii. insbesondere durch Frachtbegünstigungen bei der Ausfuhr und durch Förderung des Verkaufes österreichischer Weine ans ausländischen Stapcl- plätzcn. Sodann wurde eine von Stalitz beantragte Reso lution angenommen, betreffend die Errichtung einer Bank für Echisscrei und Rbcterei, ebenso tie Resolution Erner'ü über dcn Anschluß Oesterreich Ungarns an die inlcrnationale Staaten-Uuio» zum gegenseitigen Schutze der Erfindungen, Marken und Muster. — Die letzthin in nuspeus« gelassene Resolution, betreffend die künftige» Handelsvertrags-Ver handlungen mit Serbien uud Rumänien, wurde dem Zoll- ausschuß überwiesen. * Nach einem PrzemySler Blatte wurde jetzt der mit einem Kostcnanswandc von 7 Millionen veranschlagte Ban der PrzemySler Festungswerke, den der Eorps- Eommaiidanl Gatgoczy als ganz überflüssig bezeichnet hatte, eingestellt. * In der italienischen Dcpntirtcnkammer erklärte der Ministerpräsident di Rndini in Veaiitwortung einer Inter pellation dcS Deputirten Diligcnti, die Regierung sei einem Tarifkriege abgeneigt, dieselbe werde die wirtbschafllichcii Inter essen dcS Landes wabre» und nach erfolgtem Abschlüsse dcS Handelsvertrages mit der Schweiz entsprechende Anträge stellen. Er (der Minister) bade keinerlei politische noch wirtl, schastlickc Animosität gegen Frankreich; er müsse jedoch die Würde des Landes und dessen Stellung ausrechtcrhalten. Das geflügelte Rad. 18) Roma» von Herma»» Heinrich. Nachdruck »erdete». (Fortsetzung.) Endlich nahte er sich der Brücke deS Rangir- bahnhoscs. Ein in der Ferne heranbransender Zug fesselte seine Aufmerksamkeit. Er blieb an der Barriere stehen und sah dem Zuge entgegen. Da bemerkte er, daß er nicht allein war. Bei dem Lichterscheinc des Bahnhofes sah er einen Mann, der sich aus das Hobe Geländer geschwungen batte und mit weit vorgebeugtem Oberkörper den Zug zu erwarten schien. Die Bewegungen deS ManneS schienen dem Doctvr verdächtig. Unbemerkt ging er näher. Jetzt war der Zug der Brücke ganz nahe. Mit den zwei feurigen Drachenaugcn brauste die Maschine heran. „DaS geflügelte Rad!" rief der Mann auf dem Geländer und machte eine Bewegung, die es unzweifelhaft ließ, daß er sich Hinab sturzen wollte. Aber schon batte ihn der Doctor gepackt. Mit dem ganzen Aufgebot seiner Kraft zog er den Wider strebenden zurück. Auf der Brücke begann ein Kampf, ein Kamps der Verzweiflung auf Seiten deS Lebensmüden, ein -Kamps kraftvollen LedenSmutbeS auf Seiten des DoctorS. Zwar seine Kräfte waren denjenigen seines Gegners nicht Aewachsen, aber er hielt sich an ibn geklamniert, fest entschlossen, lbn nicht frei zu geben, und sollte er selbst mit >hm zu Grunde zehen. Nun stemmten sich beide Gegner gegen das Geländer, nun lagen sie am Boden, der Doctor unten, aber der andere konnte sich, von dem Doctor umklammert, nicht aufrichten. Ta brauste der Zug durch die Brücke. Durch alle Fugen quoll der Dampf und hüllte die Kämpfer ein. Schon ver klang daS Geräusch deS ZugcS in der Ferne. Die Gefahr war vorüber und der Doctor gab den Lebensmüden frei. Beide sprangen auf. Der Unglückliche wandte sich ab uud lehnte sich tief athmend an da« hohe Geländer. „Sie sind gerettet", sagte l>r. Kemnitz. „Ich danke Ihnen nicht dafür", cntgegnete der Andere dumpf. Der Doctor horchte aus. Tie Stimme batte er schon einmal gehört Er trat nahe an den Unglücklichen beran und entzündete plötzlich ein schwedisches Streichholz. Der Schein fiel auf ein todtblcichcS Gesicht. „Gott im Himmel! Herr Rollmann!" Auch Gustav hatte den Doctor erkannt. »Lassen Sie «ich!" rief er. .Nein", rntzegnetr der Doctor mit einer Stimme, welche M da, Tiefen seine« Herzen« quoll ««d in de, da« rem«, menschliche Erbarmen zitterte. „Nein, lieber Herr Rollmann, ich verlasse Sie nicht. Ich werde nickt eher von Ihrer Seite gehen, als bis ich Sie in jeder Hinsicht gesichert weiß, in jeder Hinsicht, Herr Rollmann!" Er ergriff seine Hand. „Kommen Cie, mein armer Freund", sagte er und führte Gustav von der Brücke der Easerne zu. Den Ibeilncbmcnden Fragen des DoctorS gegenüber ver hielt sich Gustav zunächst schweigend. Aber bald schmolz sein Widerstand vor der Gemüthswarmc seines Begleiters. DaS war keine Neugier, die sich an Gustav bcrandrängte, daS war die reine menschliche Thcilnabme eines guten Herzens. Er begann zu antworten, erst stotternd und in einzelnen, abge rissenen Worten, dann mit ganzen Sätzen, bis endlich Her; und Augen zugleich übcrquollen. Der Doctor hörte erschüttere bis zum Ente zu, nur dann und wann durch eine leitende Frage die Unterhaltung anregend und belebend. Gustav schwieg. Sein Herz war ihm so leicht geworden. „Sie haben ganz Recht, Herr Rollmann", sagte der Doctor. „DaS Leben ist m der Tbat Sünde und Schuld. Die besten Menschen haben daS erfahren, und selbst in dcn Schriftcniener Männer, welche wegen ihres frommen Herzens heilige Männer genannt werden, finden sich Aussprüche, welche diese Erkcnntniß io erschütternder Weise zum Ausdruck bringen. Aber, lieber Herr Rollmann, daS ist nur eine Seite deS menschlichen Lebens. DaS Leben ist nicht nur Sünde und Schuld, eS ist auch Sühne und Versöhnung, und nur der bat sein Leben voll auSgelebt, der durch die Schuld zur Versöhnung, durch den Schmerz zum Frieden hindurch- gcdrungeii ist." „Ja, Frieden!" ries Gustav, „wenn ich ihn aus dieser Welt noch finden könnte!" „Sie werden ihn finden", sagte der Doctor so bestimmt, daß eS Gustav war, als ob die Gewißheit eines glücklichen Lebens von seinem Begleiter in sein Herz überströmte. „Freilich nicht auf dem Wege, den Sie emschlagen wollten. Sie machten die Rechnung Ihres Lebens und fanden, daß die Schuld groß war. Anstatt sie nun zu bezahlen, wie es unter ehrlichen Leuten Sitte ist, wollten Sic die Rechnung einfach zerreißen und sich ihren Verpflichtungen entziehen." „Ich sah eben, daß sie zu groß war, daß ich sie nicht be zahlen konnte", antwortete Gustav. „Sind Sie Soldat gewesen?" fragte der Doctor. „Ja, Kürassier", rntgegnete Gustav. „Nun gar! Was würden Sie zu einem Soldaten sagen, der einen wichtigen Platz zu verthr,digen hat und nur des halb seinen Posten verläßt, weil er die anstürmende FeindeS- macht für zu groß und seine Niederlage für gewiß hält? Hat er nicht vielmehr die Pflicht, um jeden Preis seinen Posten zu behaupten? Den Tapferen unterstilvt daS Glück, sagt ein alte- lateinische» Sprichwort. Oft ist die Gefahr klsmrr, al« sie auf de» erst« Blick erschemt, u»d «a» hat Beispiele, daß ei» Einzelner durch eine große Ucbermacht sich glücklich durchgeschlagen hat." „Daö ist richtig", sagte Gustav. „Und deshalb, mein lieber Freund, geben Sie zurück und nehmen Sie den Kamps mit dem Leben wieder auf. Sie haben nicht bedacht, daß Frau und Kind ein Recht aus Sie baden, Sie haben nickt bedackt, daß Ihre Sacke noch keineswegs verloren ist. Wenn auch die staatliche Behörde zunächst Ihre Erfindung abgclcknt hat, so ist doch nickt auSgcichlvssen, daß dieselbe noch zur Geltung kommt. Ich selbst bi» gern bereit, wen» Sie mir vertrauen wollen, meine ganze Kraft dafür cinznsctzc». Und sollte der Erfolg doch auSblciben, so sind Sie ja auf die Erfindung nickt angewiesen. Sie sind ein ge schickter und starker Arbeiter. Es würde mir nickt schwer werden, in der Maschinenfabrik meines Freundes Sander eine Stelle für Eie zu gewinnen." „Ach!" antwortete Gustav seufzend, „wenn man seine ganze Kraft und seine ganze Hoffnung auf etwa« gesetzt bat und eS schlägt Alles fehl — Sie können sich nicht denken, wie weh das thul!" .„Ich weiß cü wohl", sagte der Doctor sehr ernst, indem seine Gedanken zu Amalie und Dorner schweiften. „Ick kenne dcn Schmerz, sür eine schöne und herrliche Sache vergebens gearbeitet zu haben, so gut wie Sie, aber die Flinte ins Korn Werse ich deshalb noch nickt. Ich bin sozusagen ein LeidcnSgcnosse von Ihnen, wenn mein Unglück auch anderer Art ist. Aber da fällt mir ein, Sie brauchen Geld." „Sie sind zu gütig", entgegnelc Gustav. „Nein, das kann ich nicht annehmeii." „Bon mir sollen Cie cS auch nickt anncbmcn, lieber Herr Rollmann. Ei» deutscher Schriftsteller, wie ick, sammelt keine Schätze, die Motten und Rost fresse», und dankt Gott, wenn er leidlich durchkommt. Aber ich kenne eine Dame, eine ebenso reiche als wohlthätige Dame, die Sie auf meine Empfehlung hin gern unterstützen würde. Nehmen Sie da- an?" „Von Herzen gern, natürlich nur als Darlebn und gegen Zinsen." „DaS mögen Sie mit der Dame selbst ausmachen", rnt- grgnete der Doctor Die beiden Männer waren während deS Gespräch» weiter- aeaangen und standen jetzt an dem KrcuzungSpunct der Bulow- und der Potsdamerstraße. ,Hirr trennen sich unsere Wege", sagte der Doctor. Er nahm Gustav « beide Hände, drückte sie herzlich und sah ihm mit leuchtenden Augen in« Gesicht. „Lassen Sir uns also ringen und schaffen, mein lieber Herr Rollmann, und unser Losungswort für alle Zeit: Durch Kampf zum Frieden! Aus Wiedersehn, Herr Rollmann!" Der Doctor wandte sich zur Maaßenstraße hinauf, während Gustav dem Dmorwitzplatz« zugmg. Sri» Hsrz brarmt« v«u den Worten, die er gekört batte. Er tbat daS Gelübde, sich der eben erfahrenen Menschenfreundlichkeit Werth zu zeigen und Alle« wieder gut zu machen. Freilich, wenn alle Menschen den» Doctor ähnlich wäre», so wäre ibni der verzweifelte Ge danke gar nicht erst gekommen Und Trndche», wenn sic ihrer Bitterkeit nur kalb so viel Güte bcimischei, wollte, wie der Doctor ihm gezeigt batte, was müßte daS für ein Leben werten! Nun batte sie ihm ibr Sparkassenbuch überlassen, sie batte ibm aus die nachdrücklichste Weise gezeigt, daß sie an eine Trennung von ihm nicht denke. Aber wie oft würde sie ihm diese« Opfer nun wohl vorwerfen I Schweren Herzens stieg er in den Keller hinab. „Guten Abend." „Guten Abend, Gustav." So weich batte ihre Stimme lange nickt geklungen. Er setzte sich und sagte: „Ich bab'S besorgt. Er ist mir Deinem Sparkassenbuch zufrieden gewesen und wird die Ereeutiv» zurückiielnncn. Natürlich gebe ick Dir daS Geld wieder. Ick werde eine Stelle in einer Maschinenfabrik an nehmen. Tan» wird sich ja Manches macken lassen." Trutckcil sah Gustav mit eineni so traurigen unk dock so liebevollen Blick an. „Ach Gustav, Du brauchst mir nichts wicderzilgcbc». Wa« mein ist, ist Dein." „Wie? Du hast doch aber für Dich gespart " „Ja — aber es war Unrecht von mir. Nimm es mir nicht übel, Gustav." Er sab seine Frau betroffen an und sagte kein Wort „Ich habe Dir überhaupt manches Unrecht angcthan. Meine Heftigkeit — ich babe eS ja nie so böse gemeint. Nimm eS mir nickt übel, Gustav!" „Trndckcn!" rief er mit leuchtenden Augen. Er stand auf, zog sic in großer Bewegung an sich und sagte: „Laß da», Trudchen! Kein Wort mehr davon! Auch ick habe Manches gut zu macken. Wir wollen das Alte vergessen, nnd nicht wahr, vo» beute ab soll es heißen: Friede ans Erden!" Anna batte Recht gehabt. Die beiden Ehegatten hatten sich heute Abend viel zu erzählen, wobei sie einen Zeugen nicht brauchen konnten >» vr. Kemnitz konnte an diesem Abend nicht zur Ruhe kommen, denn alle seine Gedanken waren wieder auf Amalie von Brcikenbach gerichtet. Ihr wollte er Roll- mann empscblenj aber ob sie schon zu Hause sein mochte, ob er ibr schreiben oder sie besuchen sollte, diese Fragen drängten sich durch seinen Kops und verlangten Beant wortung. Endlich entschloß er sich zur schriftlichen Mit- tbeilung. Eine solche konnte keinen Argwohn erregen, und wenn Amalie noch im Bade weilte, wurde ihr der Brief einfach nachgeschickt. DaS war der sicherste Weg Er setzte sich und schrieb, aber er konnte seine Gedanken nickt klar in Worte fasse», >md al« er fertig »ar, faad er dm Brief so grschLfls»
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