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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 09.02.1892
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1892-02-09
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18920209024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1892020902
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1892020902
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1892
- Monat1892-02
- Tag1892-02-09
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At»»»e«e«1SPreis k der HeRptrpvedition oder de» i« Stadt- »ob da» Vororte» errtchtetea Bo». u°beiiell», ad,«halt: mer«»iMrttch^i4^6; Hst mmmolioer tiglichar Zuktellu», m« H«a» » SLL Dorch di« Pakt bezoyen für Dkatjchliad und Oesterreich: viertel,äkriich u, . Dir«ct« täglich« Kreuzbaudjeuduug w- Illtiaad: «aaattich ^i 8.—. Ti« Morgen-Autgab« erscheint täglich '/,7 Uhr. di« Adrod-Balgad« wocheuta,« L Uhr. »tötttis« »> rrPttzitio«: L,tz«>e»««Ir 8 D»Ln»«dttion tst«och»ulag« »»«»terbroche» o« früh 8 dt» «b»d» 7 Uhr. ktt» tle««'- Lortl«. Mlfre» Hatz«). UalvrrsitLtsstratz« 1. L*«i« L-sche, lkchestienstr. Ich Part, «ch tSÄHtpla» 7. Abend-Ausgabe. eipMer.TllgMü Anzeiger. Lrgan für Politik. Localgeschichte. Handels- «nd Geschiistsverkehr. JnsertionspreiS Tie 6 gespaltene Petitzeile LO Pfg. Reklamen unter dem Redactioutslrich (»ge. spalten) 80^, vor den Familieunachrtchtea (6 gespalten) 40^. Größere Echristen laut unserem Preis- vcrzrichaiß. Tabellarischer und Ziffernsa, nach höherem Tarif. Sptra-Vrilageu (gesalzt), nur mit der Morgen-«usgade, ohu« Poslbesörderuug 60.—, uilt Poslbrsürderung ^l 70.—. Ännahmrschluß für Inserate: Abeud-AuSaabe: vormittag» 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittag» 4 Uhr. Sonn- und Festtag» früh d Uhr. Lei de» Filialen und Aunadmestelleo je «io» halb« Stunde früher. Inserate sind stet» an dt« Erpetzitt«« zu richtrn. Druck und Verlag von E. Pol» t» Leipzig 72. Dienstag den 9. Februar 1892. Leipzig, 9. Februar. * Au» Berlin wird gemeldet, daß die portugiesische Re gierung ihren Gesandten in London in außerordentlichem Auf träge dorthin gesendet hat. um über die Lage der portu giesischen Finanzen eine umfassende Darlegung zu geben, welche die diesseitige Regierung zur Wahrung der deutschen Interessen für erforderlich erachtet hat. Der Gesandte wird beute Nachmittag im Auswärtigen Amte vom Freiherrn von MarschaH empfangra werden. Einstweilen ist von einem deutsch-portugiesischen Handelsverträge thatsächlich noch nicht die Rede. * Zur Beurtheilung der Lage geht der Münchener -Allz. Zta." „von gut unterrichteter Seite" aus Berlin folgende Information zu: „Die Parole, daß die Krisi« brigelegt sei, ist notorisch falsch. Generell läßt sich die Lag« als völlig unklar bezeichnen. Eine Schwenkung d«r Nationallibrralen hat nicht stattgesunden, lieber den Inhalt der Unterredung de» Kaiser» mit Herrn v. Bennigsen sind die Parteigenossen de» Letzteren nicht insormirt. Dir Schwierig, ketten betreff» der Bolksschnlvorlage bestehen fort, wtgrn der Dissidenten scheinen sogar neue Schwierigkeiten vom Lrntrum zu erwarten zu frin. auch in den Personalfragen ist eine Brnderung nicht eingetreten." Dagegen meldet man von anderer Seite, daß man mehr und mehr für wahrscheinlich hält, daß die preußische Schul- gesetzvorlage, fall» r< infolge des Widerstand» der äußersten Rechten und de» Centrum- nicht gelingt, wesentliche lklenderungen durchzusetzrn, in dieser Tagung gar nicht zu Stande kommen und bi» zur nächsten hinausgeschoben werden wird. * Der Cultu-minister Graf Zedlitz hatte bei der erste« Lesung de- Volksschnlgesrtz-Entwurfr- in Bertheidigung seiner Vorlage und zur Kennzeichnung seiner Stellung zu den Selbstverwaltung-organen sich auch auf die Thatsache be rufen, daß er Ehrenbürger der Stadt Posen sei. Ta kommt nun au- Posen ein Bericht über eine Sitzung de- torligcn Lehrervereins, der auch der Erste Bürgermeister Witting beiwohnte, und dieser Bericht ist gerade mit Bezug aus jene Berufung de« Herrn Cultu-minister« von besonderem Interesse. Verhandelt wurde in der betreffenden Sitzung dc» Verein- über da» BolkSschulgesetz. Im Verlaufe d«r Debatte nahm auch Herr Witting da» Wort, berührte dir Simultanschulrn und fuhr dann »ach dem Bericht« der -Pos- Ztg-" fort: „Der Vorsitzende hat Ihre Aufm»rksomk«it ganz b«so»drr« auf unsere Verhältnisse hingelenkt, und ich halt« diesen Punct in der That sür äußerst wichtig. Sie alle, katholisch« und evangelisch« Lehrer, werden wohl darin einig sein, daß »ine Aendernng de» Systeml da« Unheilvollste sllr unsere Commune sein würde. Es ist mir stet- als etwa« Unmöglich«- «rschien«», daß ein Kann, d«r in unserer Mitte geweilt hat, unsere Gchul- »»rhLltnIsse genau kennt, unser Ehrenbürger tst, wirk- lich im Staub« fein könnte, mit rauher Hand hinein- jugreisen in unser blühende« Schulwesen. Und dies ist wodl auch der Grund, weshalb wir es unterlaffen haben, zu dein lilesetzeulwurse Stellung zu nehme». Sollte meine Meinung aber eine irrige sein, sollte das Schulgesetz ia Wahrheit zur Wirklichkeit werden, dann hoff« ich, daß dir Lehrer auf dem Posten sein werden, im Verein mit der Bürgerschaft und der städtischen Vertretung unser Schulwesen verthtidigen zu Helsen." * Tic vom nationalliberalen Verein in Siegen berufene, auch von Freisinnigen und Freieonscrvaliven besuchte Versammlung, in welcher Patzig Berlin, Munter, Kreuz- Siegen u A. sprachen, beschloß eine niotivirle Resolution egen den Schulgesetzentwurf, sprach beiden liberalen Iarieien und den Krciconscrvatiocn für die würdige ent schlossene Bekämpfung deS Entwurfs Dank aus und die Erwartung energischer erfolgreicher Fortsetzung deS Wider stande-. Die von dem erste» Redner festgestcllte That sache, daß der Vertreter deS Wahlkreises. Stöcker, am 27. Februar !88l im Antrag Windihorst be kämpfte, was er am 2st. Januar 18l)2 im Entwurf Zedlitz freudig begrüßte, rief lebhafte Erregung hervor. * Voin ultrainontanen llcbermuth schreibt die „Kölnische Zeitung": Aus einem Katholikentage hat man u»S eine Zukunft auügcnialt, in der Deutschland al« Vormacht de» Katholici-mu- berufen wäre, den Kirchenstaat wieder aufzurichtrn mid etwa durch einen neuen Kreuzzna da- gelobte Land aus den Händen der Ungläubigen zu befreien. Auch der Landtags- und ReichStagSabgcorducle I>r. Karl Bachem hat in einer Rede in Crefcid sei» Grmütk weit geöffnet und die HerrschastShossnungen verrarheii.die so manche ullramontanc Brust bewegen. Der CentrumSabgeordnctc eiilwickeitc nämlich die Gründe, welche die Centrumüpartei bewogen haben, für die Handcl-verträge zu stimmen, folgendermaßen: „Die Centriimspartei stimmte diesen Handelsverträgen au« zwei Gründen zu. Was uns in erster Linie ivinvalhisch berührte, war. daß auch auf dem Gebiete des Handel- mit Oesterreich ein ähnlicher Bund geschaffen wurde, wie er aus rein politischem Gebiete bereits bestand. Es tst von jeher das Bestreben der Katholiken Deutsch lands gewesen, ein geeinigte« Deutschland herzustellen. Die» ist aber nicht möglich ohne Oesterreich. Man nennt das die groß- deutsch« Politik, welche im Jahr« 1866 zuerst unterbrochen wurde. Sie ist wieder ausgenommen worden mit der Gründung de- Drei bundes und hat eine Ergänzung gefunden durch de» Abschluß der Handelsvertrige. Wie di» Dinge in Europa liegen, gehören da» Deutsch« Reich und Oesterreich zusammen; sie sinv anseinander an gewiesen nicht allem durch die Jnterrsscn der Selbsivertheidigung, londern auch infolge der Gemeinsamkeit der Abstammung der meisten BevölkerungsthrUe. Wir sind von Natur deutsch und sreuen uns, deutsch zu sein, ebenso sind die Lesterrricher deutsch in ihrer groben Mehrheit und wollen auch deutsch bleiben. Es ist dies erklärlich, «e»a mau sich die Thatsache vor Augen hält, daß die Nationen heutzntag« immer mehr zu« Selbstbewußtsein kommen; es wollen auch alle Deutschen sich vereinigen. Wir haben es auch stets be- donert, daß Oesterreich nicht mehr zum Deutschen Bunde gehört, veil da- österreichische Kaiserhaus treu am katholischen Bekennt nisse hält." Der ultramontane Abgeordnete hofft also, daß der ge schichtliche Proceß, der 18«k mit der Verdrängung Oester reich« au« Deutschland abschloß, vor einem neuen Gerichtshof wieder ausgenommen werde und zn ciuem entgegengesetzten Wabrspruch führen werde. Er verbrämt den Ausdruck dieser Hoffnung mit einigen deutsch-nationalen Redensarten, aber er ist ehrlich genug, zuzugeben, daß derconsessioneile Gesicht-punct, da- konfessionelle Machtintercsse sür ilm maß gebend sind. Oesterreich muß wieder in Deutschland hinein, damit die Macht d«S UltramontaniSmuS auf unerschütterlich« Grundlagen gestellt werde. Daß alsdann die Tage der Hvhen- zollcrn gezahlt wären, macht dem Herrn wenig Kummer; er erhebt die 6oiinauia iii-eckonla ans den Schild und steckt unserer geschichtlichen Entwickelung damit ein richtunggebendes Ziel auf. Und eS ist gut so! Unsere Ullramontanc» müssen anfangen, laut zu denken, wenn in Berlin endlich die Augen aufgeben sollen. * vor dem DiSciplinarhosc (Vorsitzender Wirklicher Geh. Rath Meinecke) hat, wie schon gemeldet, am Sonnadend die Verhandlung gegen den Wirklichen Geb. Nalh Grase» Limburg Stirum wegen seines bekannte», im Tecember in der „Kreuzzcilung" veröffentlichten Schreibens über die Handelsverträge staltgefnndcn. Gras Limbnrg-Slirum führte seine Verlbeitigung in Person. DaS Erkenutniß lautete nach der „Nordd Allg. Zlg." auf Dienstentlassung, d. i. Ver lust der GebaltSanrechte und der Führung des Gcsandten- titclS. — De», verurtheilten steht die Berufung an das SlaatSministerium zu. * Ueber den Eindruck, welchen das Verfahren gegen den Grafen Limburg-Stirum in Italien macht, wird gemeldet: Rom, 8. Februar. Im freiheitlichen Italien erscheint der neue deutsche „Euro" olS wahrhafte Reactton, die Verurtheilmig de- Grasen Limburg-Slirum als neues Zeichen derielben. Tic ministerielle „Tribima" sagt: „Schwere innere Krisen stehen un mittelbar bevor, falls das Schulgesetz nicht zurückgezogen wird, was nicht zu erwarten tst. Gras Eaprivi, der abwechselnd aus die Freisinnige», die Nationalliberalen und dt« üonservativcn losjchlägt, wird bald aus das Centrum allein angewiesen und schließlich von Allen verlassen sein." * Das Urtheil in der Di-ciplinar-verbandlung gegen den Landrichter Lirbmann in Frankfurt a. M erging auf das niedrigste vorgesehene Strafmaß, die Ver mahnung deS Angeklagten. Es bandelt sich um eine eidlich beschworene Zeugenaussage deS Vr. Liebmann, daß in einer Ianuarnacht l8l>0 die nächtliche Ruhe durch drei hin- und hersahrcnte Locomotivcn der Frankfurter Localbabn gestört worden sei. Die vor dem Schöffengericht gegen eine Straf Verfügung der Polizei geführte Verhandlung endete mit der Freisprechung des beklagten BahndirectorS. Anläßlich vcr schictcncr in einem Berliner Blatt gegen vr. L. erfolgten Angriffe klagte dieser gegen das Blatt. Dasselbe wurde aber »ach Antretcn des Wahrheitsbeweises unter harter Ver urttieilung des Kläger- freigesprocbcn. Schließlich wurde Herrn Dr. Liebmann ein großer Urlaub gegeben und daS DiSeiplinarvcrfahrcn gegen il>n eröffnet. * Ueber den Tod des Grafen de Launay wird aus Berlin geschrieben: Gras de Launah ist seinen langen Leiden erlegen; die letzten Nachrichten über sein Befinden liehen bereits das Unabänderliche erwarten, das nun eingetreten ist. Mit ihm scheidet von der politischen Schaubühne und aus dem Leben zugleich der italienische Staatsmann, der aus das Engste mit den Schickialen der dentichen Nation verwachsen erscheint. Man konnte ihn bereits seit Jahr zehnten zu Len „Unseren" rechnen; denn von den 72 Jahre», aus die er sein Leben gebracht hat, hat er 37 Jahre in amtlicher Stellung in Berti» verbracht. So kannte und liebte er Berlin, Preußen und Deutschland ebenso, wie seine savoyische Heimath und Italien. Ei» freundlicher Zufall fügte eS. daß er in Berlin auch seine diplomatische Lausdahn begann: eS war in der Mille der vierziger Jahre, als Graf Ross, hier sardinischer Gesandter war, der Gemahl der weltberühmten Sängerin Henriette Sonntag. Von jene» Zeiten an, sie liege» nun ein halbes Jahrhundert hinter uns, datiren die ersten Erinnerungen deS Grasen Launay au« und an Berlin: dann hat er sich einige Jahre an ve» ichiedencn Hüsen als Altach« und Lcgalionssecrelair umgesehe», wäbrend in Berti» olS sardinischer Geiandter Marquis de Ricci »hatig war. Der Berliner Posten erschien damals de» jardinische» Kammern als ein so unbedeutender, dah sie die Mittel für die Gesondtschast verweigerte». Sie glaubten, ihre Regierung könne und müsse sich mit einem Ministerresidenten begnügen und als solcher ward dann am 16. Juni 185,3 Gras Launan hier beglaubigt. Der gemeinsame Gegensatz gegen Oesterreich lieh aber doch sür Berlin eine Rangerhöhung wünsche» und so erhielt Graf Launa» am 13. August I8ö6 seine Bestallung als Gesandter, eine Stellung, die er bis zum 8l. Januur 1865, bekleidet hat. Er sah das Ministerium Manicuffel verschwinde», durchlebte die Neue Aera, begrüßte den König Wilhelm am Krvnunastage in Königsberg, war Zeuge der Coiisllctszeit und des schleswlg - holsteinischen Krieges. Es tritt für seine Berliner Wirksamkeit alsdann eine zweiiährige Pause ein, während deren Gras Le Barral de Monleauvrard hier als ltalieniscber Gesandter stinglrte In seine Amtsführung fällt das preußlsch-italienische Bündniß und der geincinsame Krieg gegen Oesterreich im Jahre I8G1. Am 11. April 1867 übernahm Gras Launay von Neuem den Berliner Posten, um sh» ohne weitere Unterbrechung bis zu seinem Tode zu verwalten. Wenn er bisher als Gesandter beim König von Preuße» beglaubigt war. so ward er am 23. Januar t8i'»8 Vertreter Italien) dein. Norddeutschen Bunde, am 2». April 1871 heim Deutschen Reich. Im Jahre 1873 wurde die Gesondtschast zum Range einer Botschaft erhoben; am 5,. März 1878 ward der Botichasicr voin König Umberto neu beglaubigt. Seit Kaiser Wilhelm I. heimgegangen, aiebt eS außer Fürst Bismarck keine» zweiten, der den großen Um- schwung der Zeiten, die große Wandlung der Tinge, dereb Zeuge wir seit vierzig Jahren gewesen sind, an sich selbst also erfahren hat, wie der nun aus unserer Mitte genommene Gras Launay. Sßelch' ein« Fülle der Ereignisse mußte doch rintreten, um den sardinischen Geschäststrager beim König von Preußen in eine» italienischen Bvlschasler beim deutschen Kaiser zu venvandeln. In dem Wechsel des Titels liegt ein gutes Stück Sßellgeschichie ein geschlossen. Im Grasen Launav, dem warmen Verehrer deutscher Sitte, deutscher Sprache, deutscher Cultur hat LaS deutsche Bolk einen treubewührtcn, wannen Freund verlören. * Aus München wird aenieldct: Der frühere EentrumS» führer OberlandeSgerichtSraty Ko pp ist gestorben. * Die Unlerbandlunge» deö Or. Schnicukal mit dem öster reichischen Ministcrpräsidcnlen Grasen Taaffc in der böb- mischenAuSglcichöangclegenbeitsind noch nicht beendet, die Negierung bat aber bereits eine» Ausweg gesunden, um über die ersten Klippen binwcgzukvinmcn. Es ist damit sür die Lösung der Ausgicicbsfrage allerdings nicht daS Min deste geschehen, doch darüber läßt sich Oesterreichs Premier keine grauen Haare wachse». Wenn nur Zeit gewonnen ist, wird für das Weitere schon Gott und der bekannte glückliche Zufall sorgen. Es wirk eben einfach „forlgcwurstelt", wie folgende Meldung der „Voss. Zig." zeigt: Prag, 8. Februar. Zwischen dein czechischen Feudaladel und der Regierung erfolgte eine Vereinbarung, wonach erster» zu- Die verliebten Ehegatten. ^ Bon Meta Schoepp. Ila-bruil »erioien. »Und da- ist Dein letzte- Wort?" .Mein letzte«!" .Und Du wirst e« niemals bereuen —" »Bon einem Mann befreit zu sein, der mir jede Stunde meine« Leben« verbittert? Nie, niemal-! Mit Ungeduld werde ich der Stunde der Erlösung entgegensehrn! .Martha!" Grollend, drohend Nang da-, wie da« Herauf ziehen eine» Gewitter-; er war vom Sopha aufgesprungen und stand nun, ein Riese an Kraft und Gestalt, dem zier lichen. reizenden Elfenfigürchen gegenüber, da- mit über der Brust verschränkten Armen, den schönen Lockenkopf trotzig in den Nacken geworfen, furchtlos zu ihm aufsah. .Willst Du daS, wa-Du eben gesagt Hast, wiederholen?" »Gewiß, wenn r« Dir Vergnügen macht; ich gehe morgen m vr. Fenger, der mein Anwalt sein wird, um ihm da- Nvtbigc mitzutheilen und bleibe, bi- die Scheidung erfolgt ist, bei Kate Wiegand. Die Tbatsacke einer beiderseitigen un überwindlichen Abneigung ist wohl schwerwiegend genug und macht ein fernere« Zusammenleben unmöglich. E« war rin k»m pu, den wir unS da zu Schulden kommen ließen und nun so gut e« geht au-ziigleichrn suchen müssen", fügte sie mit leichtem Achselzucken hinzu. »Diese Heirath rin sau» pas?" .Natürlich, wa- sonst? Hättest Du mich sonst soviel gequält?" Da- klang wie durch Thräncn, und in der That zuckte e« verrätherisch um die Purpurlippen und um die schillernden Nixrnaugen legte sich rin Schleier, Er bemerkte e< nicht, er sah nur dir trotzige, versllhrrrische Gestalt vor sich, die ibu auf der heutigen SoirSc fast zur Verzweiflung gekracht »alte; Alle lagen ihr zu Füßen, huldigten ihr, und mit unnachahmlicher Grazie, kaum zu begreifender Harm losigkeit nahm sie diese Huldigungen entgegen, hatte sür Jeden ein freundliche« Lachem, eine liebenswürdige Bemerlung, während er, ihr Gatte, von ihr selbst zwischen zwei Ball müttern postirt war, die ihn während zwei Stunden nicht von ihrer Seite gelassen hatten. Und al« er ihr bei ihrer Heimkrbr Vorwürfe gemacht, hatte sie ihn der Eifersucht, de« unbegründeten Mißtrauen- beschuldigt und am Ende — Trennung, Scheidung von ihm gefordert. Mit starken Schritten durchmaß er den bebaglichen Raum, streikte mit finsteren Blicken seine jetzt nachlässig im Schaukel- ftuhl lehnende Frau, ärgerte sich über ihre scheinbare Gleich giltigkeit und warf zuletzt wie von ungefähr die Frage hin: .Und di. Gesellschaft?" „Unbesorgt, mein Lieber", war ihr« spöttische Antwort, „die Gesellschaft hat mich schon lange genug bedauert, warum soll sie mir nicht einmal Glück wünschen?" ES war nicht recht von ihr, ihn so zu reizen, aber sie wollte sich rächen für all die traurigen Stunden, die seine Eifersucht ihr schon bereitet, fü» die Kränkungen, die ihr widerfahren; und e« erfüllte sie mit boshafter Freute zu sehen, wie auch er litt. Daß ihn diese Bemerkung so erbittern würde, hatte sie freilich nicht geglaubt. Mit einem Satz war er an ihrer Seite, seine Faust umklammerte ihr rosiges Handgelenk mit eisernem Druck, seine dunkeln Augen schossen Blitze und mit heiserer Stimme schrie er sie an: .Und da« wagst Du, Tu mir zu sagen? So waren Deine LiebeSbetbeurungrn Meineide, und ich, ich Rasender nahm sie für baare Münze! Du willst Dir Glück wünschen lassen! Hast vielleicht schon einen Nachfolger sür mich er koren, in dessen Armen Du den armen Narren verlachst, der drei Jahre lang Dich angebetet hat, wie einen Engel! Wage eS, versuche «-! Aber ich schwöre Dir, lieber todl zu meinen Füßen al- da-." Scheu sab sie ru ihm auf, sie fürchtete sich vor ihm; wie seine Zähne knirschten, so hatte sie ihn noch nie gesehen; er wäre wirklich im Stande Heftig entriß sie ihm ihre Hand und blickte zornig auf die dunkelrothen Flecken, die der Druck zurückgelaffen. „Sieh, wa- Du getban hast, mir, einer wehrlosen Frau! Und ich soll bei Dir bleiben, mich weiter mißhandeln und quälen lassen?" Mit einem Ruck hatte sie sich erhoben, den Stuhl zurückgrschleudert, der noch lange große Schwingungen beschrieb »nd stand ihm dicht gegenüber, die sprühenden Augen fest auf ihn geheftet, vergeben- den Sturm, der alle Leiden schaften in ihr zu entfesseln drobte, zu beschwichtigen suchend. .Ich Haffe Dich, ich verachte Dich!" rief sie zitternd vor Er regung und in diesem Augenblick haßte sie ibn wirklich. Ohne sich noch nach ihm umzusehen, war sie in ihr Schlafzimmer geflüchtet, hatte den Schlüssel umgedreht und noch lange lag sie auf den Knieen vor ihrem Lager» den Kopf in dir Kissen vergraben und schluchzte herzbrechend. Und Fritz? Als er die mißhandelte kleine Hand sah, hatte e« ihn getroffen wie ein Krulenschlag; die Faust, die so grausam gewcicn, ließ er auf den Kamin niedersauscn, daß krachend eine Base zu Boden flog, er verwünschte seine schrankenlose Heftigkeit, machte sich die bittersten Borwürfe und schlich auf den Zehen nach ihrem Zimmer. Ihr leise« Schluchzen schnitt ihm in- Herz, voll Ingrimm preßte er den Kopf gegen den Thür- pfosten, und wagte doch nicht um Einlaß zu bitte», oder ibn gar zu erzwingen. Aengstlich lauschte er auf jede« Geräusch und kauerte am Ende nieder, um die Nacht in ihrer Nahe, in stet- steigender Srelenangst zu verbringen. Und nun war sic schon drei Tage von ihm getrennt. Sie lebte bei Käte Wiegand und er allein in der großen, eleganten Wohnung. Da die Drohung nun zur Wahrheit geworden, gab eS >a auch kein längere- Besinnen. „Natürlich ist c« am Besten so", sagte Martha zu ihrer Freundin, „diese ewigen EisersuchlSseenen hätten mich am Ende getödtet. Man ist doch sür die Welt nicht todt, wenn man vcrheirathet ist." „Er hat Dich aber sehr, sehr geliebt." „Und mich am letzte» Tage so mißhandelt, daß noch die Zeichen davon sichtbar sind. Nennst Du daö etwa Liebe? So lange cs zu ertragen war, habe ich eS ertragen, wenn eS auch manch' heißen Sturm gab, nun aber ging cs nicht mehr. Und ich Haffe ihn, ganz gewiß, ich hasse ihn!" Kate lächelte gulmuthig; daS klang schon ganz anders, als am ersten Tage ihrer Flucht, an dem sic der leidenschaftliche Schmerz, der fast krankhafte Zustand der Freundin wirklich gcängstigt hatte. So setzte sic ihre Hoffnung auf die Zu kunft und tröstete sich mit dem Gedanken an die Liebe, dir die beiden ihr so lieben Menschen stet« für einander rmpfunde» und die bei ihr seststebciide Gewißheit, daß Eins ohne die Anwesenheit des Andern vor Sehnsucht vergeben müsse. Daß darüber aber bereits der dritte Tag seinem Ende zugiug, setzte sie einigermaßen in Erstaunen .Du siebst blaß aus, Martha, wollen wir ein wenig promeliircn?" „Nein, ich bi» nicht gestimmt, wenn Du aber Lust hast, so laste Dich durchaus nicht stören. Ich werde unterdeß lesen oder sticken oder Deinen Flügel prüfen — eS giebt da genug Unterhaltung." .Aber ick möchte Dich nicht allein lassen." .Mir wird die Einsamkeit wohlthun; ich kann dann über meine Lage Nachdenken, eigentlich bin ich ja »och gar nicht zur Besinnung gekommen." Nun saß sie allein in dem Zimmer der Freundin; im Dämmerlicht übte eS einen so seltsamen, bestrickenden Zauber aus, fast so wie daS ihre daheim, wo sie auch so gern aus dem Ruhebett gelegen und geträumt halte. Wie cö wohl heute dort aussah? Ob Lene die Nippsigürchen alle abgestaubt und die Koben Alabastervasen auch nicht beschädigt? Ob Iocko frische- Wasser hat, er ist so daran gewohnt! Wie er sich sehnen wird, und immer vergeblich ihren Namen rufen, der arme Iocko! Fritz mag ihn nicht recht leiden, er kreischt ihm ru sehr und sie glaubt, daß er selbst auf den grüngesiederlcn Gesellen eifersüchtig ist. O, diese schreckliche Eifersucht! Wie glücklich batten sie sein können, wenn sie nicht immer einen dunkeln Schalten auf ihr strahlende« Glück geworfen. Im Grunde ist Fritz ja seelengut, ein prächtiger Mann, der jeden ihrer Wünsche mit Freute erfüllte. Wie man sie in ver ersten Zeit ihrer Ehe beneidet batte, es hatte ja keine von den vielen Müttern glauben wollen, daß sic, die kleine, verzogene Zwerg gestalt den Riesen an sich sesseln würde Eine Laune nannte man «, die bizarr genug war, um sic dem Kobold Martha zuzutrauen Und als e« dann doch Wahrheit wurde, da sagte man, daß ihr Reicht!»»» ihn angezvAe»! O» sie sollten nur gesehen habe», wie er sie geliebt hat und — zu leugnen ist eS nun einmal nicht — wie sie ihn geliebt! Und nun, eS ist doch schrecklich, nun ist Alle« vorbei! Er wird nicht mehr auf dem Löwenfell vor der Ottomane knieen, um mit ihr zu kosen und zn tändeln, er wird, sie nicht mehr auf den starken Armen durch die weite Zimmerflucht tragen und seine» Kops in ihrem duftenden, üppigen Goldhaar verstecken Tic lauschigen Thcc- slundcn, da er mit seiner ausdrucksvolle», sympalbischc» Stimme ihr vorgelcscn oder Geschichten aus seinem wildbeweglc» Leben erzählt, die Morgcnpromcnaden und Spazierfahrten, seine liebe volle, aufopfernde Fürsorge — alles ist vorüber, siir immer vorbei: Vielleicht sitzt er jetzt auch im Dämmerlicht nur bereut seine Heftigkeit, er bat nun einmal ein so lcidenschastlichcs Tempera ment und — eigentlich möchte sie ihn auch nicht anders haben — eS war neulich nur gar zn arg gewesen, und sie ist auch so heftig, so trotzig, sie kan» nickst »achgebcn, sic, das verwöhnte Kind deö LupnS. Aber wenn er »un versuchen würde, sie zu vergessen, wenn Andere eS aus sich »ebmc», ibn de» Verlust weniger empfinden zu lassen. — Martha fühlte plötzlich, wie ein kalter Schauer ibrc» Körper überrieselt, sie springt auf, sie weiß kaum, was sie vor bat. Jetzt siebt sic bereits vor dem Spiegel, um, ohne bincinznscbc», mit zittern den Händen das zicrlicke, blumcngcschmücktc Hütchen auf die Locken zu drücke», sic will ja nickst zu ihm — o nein, nur das HauS scheu, wo sic so glücklich war. Lene sagen, daß Fritz die gewohnte Ordnung nicht vermissen dürfe, und Iocko guten Tag sage», svnst bekümmert sich ja Keiner um ihn! Ihr Herz klopft zum Zerspringen, der Alhem droht sie zn ersticken und sic ist dock, sv langsam die Stufen hinangcstiegen. Und nun pocht sic leise, kaum hörbar und wundert sich, daß doch schlürfende Schritte sich eilig der Thür nähern. Lene ? Ja, die gute, treue Seele ist'S, wie ihre verweinten Augen aus leuchten und sie die kleine, sich ihr entgegenstreckente Hank mit Küssen bedeckt! Sie glaubt ja doch nickst waö Martba stotternd bervordringt, daß sie etwas vergessen bade — sie erzählt, wie der Herr die ganze» Tage selbst Iocko gefüttert habe und jede Stunde neues Wasser gegeben, und in ihrem Boudoir sei ein prachtvoller Blumengarten entstanden, damit sie sich freue, die liebe, gnädige Frau, wenn sic zurückkomml! Und seit drei Tagen bat er nickst geschlafen, der arme Herr, und säst nichts gegessen und sieht wirklich ganz krank au«! Martba glaubt zusammenzubrechcii, er ist krank — wo ist er? Und ohne Auscisthalt eilt sie vorwärts durch die dunkeln, einsamen Räume, die sie so traurig angäbncn, durch daS trauliche Wohnzimmer — wo ist er nur — die Tbür ihres Boudoirs ist nur leicht angclehnt — scbückstern fast tritt sie näher — da sieht sie i» dem zunehmenden Dämmer licht seine Riesengestalt vor der Ottomane knieen, das Haupt i» den Händen vergraben. „Fritz!" und sic kniet »eben ihm und lackst und weint und schmiegt sich wie ein Schutz snck,cntes Vögelchen an seine Brust. „Vcrgicb mir, Fritz, vcrgieb!" fleht sie schluckzcnk und blickt zu ihm auf. Er ist wie im Traum, er preßt sie an sich und streicht langsam, zögernd über ihr Haar, ob cs auch kein Trugbild seiner Sinne sei. Aber dann springt er auf und zieht fic wortlos, erschüttert zn sich empor, und als ein zitternder Lichtstrahl sein Antlitz streift, sicht Martha in seinen treuen, dunkele» Augen ein« Thräne schimmern.
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